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Bei Hochrisikopatienten: COX-2-Hemmer plus PPI

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Die Diskussionen über die Risiken von nichtsteroi- dalen Antirheumatika und den Stellenwert der COX-2-Hemmer (Coxibe) bei der antientzündlichen Schmerztherapie wogen seit Jahren hin und her.

ARS MEDICI hat darüber mit Christoph Beglinger gesprochen. Tenor: Die Fakten sind seit Langem be- kannt, man müsste sich nur konsequenter an ihnen orientieren. Wichtigster Rat: Die Therapie hat sich nach dem Risikoprofil des Patienten zu richten.

Und: Bei Hochrisikopatienten bieten ein Coxib plus ein Protonenpumpenhemmer den besten Schutz.

ARS MEDICI:Ist die Angst vor gastrointestinalen Nebenwirkun- gen unter der Einnahme von nichtsteroidalen Antirheuma- tika (NSAR) nun zu gross, oder wird umgekehrt das Problem von den Kolleginnen und Kollegen eher unterschätzt?

Prof. Dr. med. Christoph Beglinger: Das Risiko von Komplikatio- nen unter der Behandlung mit nichtsteroidalen Antirheuma- tika wird eher unterschätzt. Weil das Alter ein Risikofaktor ist, die Hausärzte aber auch viele junge Patienten mit NSAR

behandeln, bei denen keine schwerwiegenden Zwischenfälle auftreten, drängt sich das Risiko offenbar nicht so sehr ins Bewusstsein. Wir Gastroenterologen hingegen sehen das an- dere Ende des Spektrums, die vielen älteren Patienten mit schwerwiegenden Blutungen.

ARS MEDICI:In welchen Situationen und bei welchen Patienten ist denn nun Vorsicht geboten?

Beglinger: Eigentlich ist das seit Jahren bekannt: Bei jedem Patienten, der ein nichtsteroidales Antirheumatikum erhält, ist ein Risikoprofil zu erstellen. Die wichtigsten Elemente dieses Risikoprofils sind das Alter – die Grenze, ab der das Risiko exponentiell ansteigt, liegt bei etwa 65 bis 70 Jahren –, die gastrointestinale Vorgeschichte, also beispielsweise ein Ulcus ventriculi in der Anamnese, und die Begleitmedikation, zum Beispiel zusätzliche NSAR wie etwa Acetylsalicylsäure, aber auch Steroide, Antikoagulanzien oder Diuretika.

ARS MEDICI:Wie gross ist das Risiko wirklich, das heisst, wie viele der Patienten, die NSAR über längere Zeit einnehmen, entwickeln Nebenwirkungen? Wie viele davon sind gastro - intestinaler Art, und wie viele sind schwerwiegend?

Beglinger: Das Risiko gastrointestinaler Schleimhautläsionen beginnt ab Tag 1 der NSAR-Medikation. Wir konnten anhand von Endoskopien nachweisen, dass nach Einnahme von 50 mg Diclofenac 40 Prozent auch der jungen Probanden innert 24 Stunden Läsionen der Magen-Darm- Schleim haut entwickeln. Natürlich stellen sich nicht bei allen Komplikationen ein, aber immerhin 3 Prozent der Patienten werden symptomatisch. Bei älteren Patienten muss man unter NSAR mit 1 bis 2 Prozent ernst- haften Komplikationen – Ulzera oder Perforationen – rechnen.

Bedenklich ist dabei, dass die Mortalität bei Magen-Darm- Ulzera bei älteren Menschen bei rund 10 Prozent liegt. Nicht unbedeutend angesichts der grossen Zahl mit NSAR behan- delter Patienten. Zu den wichtigsten nicht gastrointestinalen gehören die kardiovaskulären Nebenwirkungen. Sie treten bei allen nichtsteroidalen Anti rheumatika in etwa gleichem Um- fang auf, mit Ausnahme von Naproxen und Acetylsalicylsäure, die kardial eindeutig besser verträglich sind. Zu überwachen ist zudem die Nierenfunktion – vor allem bei älteren Patienten mit Hypertonie, speziell, wenn sie Diuretika einnehmen.

ARS MEDICI: Gibt es Begleitumstände, zum Beispiel Komor - biditäten, die medikamentenunabhängig als Risi kofaktoren für gastrointestinale Komplikationen wirken?

Beglinger: Der entscheidende Risikofaktor bei Komorbi - ditäten ist fast immer die Begleitmedikation. Möglichst zu

Interview

ARS MEDICI 20 2011

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Bei Hochrisikopatienten:

COX-2-Hemmer plus PPI

Interview mit Christoph Beglinger, Universitätsspital Basel

Bei jedem Patienten, der ein nichtsteroidales Antirheumatikum erhält, ist ein Risikoprofil zu erstellen.

Zur Person

Prof. Dr. med. Christoph Beglinger ist Chefarzt der Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie am Universitätsspital Basel.

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vermeiden ist die gleichzeitige Gabe von Steroiden. Diure- tika, die zusammen mit NSAR, und übrigens auch Coxiben, eingenommen werden, erhöhen zudem das Risiko einer aku- ten Niereninsuffizienz.

ARS MEDICI: Was kann man als Hausarzt vorkehren, um Probleme mit NSAR zu vermeiden?

Beglinger: Es gibt mehrere Möglichkeiten. Man kann auf die Therapie verzichten. Man kann auf klassische Analgetika vom Typ Paracetamol oder Tramadol ausweichen. Man kann die NSAR-Therapie mit Schleimhautprotektoren, das sind in der Regel Protonenpumpenhemmer, kombinieren. Auch Arthrotec®, eine Kombination aus Diclofenac und Miso - prostol, ist akzeptabel. Man kann auf COX-2-Hemmer umstellen – mit oder ohne Schleimhautschutz.

ARS MEDICI:Wie sieht es mit der gastrointestinalen Toxizität von NSAR aus im Vergleich zu den im Handel befindlichen Coxiben?

Beglinger: Im Bereich des oberen Magen-Darm-Trakts besteht in Kombination mit einem PPI kaum ein Unterschied zwi- schen einem Coxib und einem NSAR. Erst distal des Liga-

mentum Treitz erweisen sich die Coxibe als eindeutig ver- träglicher. Allerdings sind ernsthafte Läsionen im Bereich des Dünndarms oder des Dickdarms eher selten und führen, wenn nicht gerade Divertikel bekannt sind, auch selten zu Komplikationen – ausser gelegentlich zu einem chronischen Eisenmangel. Eindeutig die beste protektive Wirkung hat eine Kombination aus COX-2-Hemmer und PPI. Hochrisiko-

patienten – also ältere Menschen mit einer Ulkusanamnese und/oder kritischer Begleitmedikation – sollten unbedingt mit Coxiben plus einem PPI behandelt werden.

ARS MEDICI:Gibt es Unterschiede zwischen den auf dem Markt verbliebenen COX-2-Hemmern Celecoxib und Etoricoxib?

Brachte die MEDAL-Studie neue Erkenntnisse?

Beglinger: Eigentlich nicht; die Fakten sind bekannt. Etori - coxib wurde in Europa von der EMEA im Jahr 2004 zu gelas- sen unter der Bedingung, dass es beim kombinierten Studien - endpunkt – kardiovaskuläre Nebenwirkungen und gastro - intestinale Komplikationen – besser abschneidet als die Anti rheumatika vom Typ der NSAR. Etoricoxib gilt denn auch als wirksam, wie allerdings auch Celecoxib. Ihre Nebenwirkungsprofile sind praktisch identisch.

ARS MEDICI:Was würden Sie dem praktischen Arzt, der vor- belastete Patienten mit entzündungshemmenden Analgetika behandeln muss, als Rat mit nach Hause geben?

Beglinger: Das Wichtigste: Für jeden Patienten sollte man ein Risikoprofil erstellen. Patienten mit geringem Risiko für gast- rointestinale Komplikationen erhalten ein NSAR oder einen COX-2-Hemmer, aber keine Schleimhautprotek- tion. Risikopatienten, das heisst Alter über 70, Ulkusanamnese, Antikoagulation, Acetylsalicyl- säure, Steroide und so weiter, benötigen hingegen eine schleimhautschützende Begleittherapie. Wel- chen Stellenwert dabei die in der Entwicklung befindlichen Kombinationspräparate einnehmen werden, ist nicht sicher absehbar – am schnellsten verfügbar wird vermutlich die Kombination von Naproxen und einem PPI sein. ❖ Das Interview führte Richard Altorfer.

Eindeutig die beste protektive Wirkung hat eine Kombination aus COX-2-Hemmer und PPI.

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ARS MEDICI 20 2011

Interview

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