müsse sich aber erst noch zeigen, so Prof. Michelle Welch, En- dokrinologin an der Universität Texas in San Antonio.
An unerwünschten Effekten traten mit dem Twinkretin wie bei GLP-1-RA vor allem dosisabhängige gastrointestinale Pro- bleme auf (Nausea, Erbrechen, Diarrhö), die aber meist leicht bis moderat waren und hauptsächlich transient zu Beginn auf- traten. Außerhalb von Studien werde der Wirkstoff vorsichtiger titriert, wodurch man dem noch besser begegnen könne, so Gi- orgino. Da die große Mehrheit der Teilnehmer keine gastroin- testinalen Probleme hatte, sei die Gewichtsabnahme auch nicht wesentlich darauf zurückzuführen.
Klinisch bedeutsame oder schwere Hypoglykämien waren insgesamt sehr selten. Es gab laut der vortragenden Experten bislang keine Signale für ein erhöhtes Todes-, Pankreatitis-, Krebs- oder Retinopathierisiko mit Tirzepatid oder für eine Im- munogenität des Wirkstoffs. Die Rate an Studienabbrüchen we- gen unerwünschter Wirkungen war mit dem Twinkretin etwas höher als mit den Komparatoren.
Wie schafft der Wirkstoff das?
Auch Drucker zeigte sich beeindruckt von den Ergebnissen.
Diese Daten seien unter den besten Phase-3-Daten, die die dia- betologische Gemeinschaft je bei Menschen mit T2D gesehen habe. „Wir würden alle gerne wissen wie Tirzepatid diese HbA1c- und Gewichstreduktion bewerkstelligt. Die kurze Antwort ist:
Ich weiß es nicht.“ Es könne an einem Crosstalk zwischen GIP- Agonismus und GLP-1-Rezeptor oder GLP-1-Agonismus und GIP-Rezeptor an der Betazelle oder im Gehirn liegen, an einer Rezeptor-Sensibilisierung oder -Desensibilisierung. Oder es könne auch sein, dass der Ko-Wirkstoff „einfach ein enorm gu- ter“ GLP-1-RA ist, dem die GIP-Aktivität nur noch etwas hin- zufügt. Dass der GIP-Effekt eine Rolle spielen könnte, dafür lie- ferte eine aktuelle Studie an GLP-1-Rezeptor-Knockout-Mäusen
einen Hinweis. Darin verlor sich der gewichtsreduzierende Ef- fekt von Tirzepatid völlig, nicht jedoch die Verstärkung der In- sulinsensitivität [4]. Dies müsse noch weiter und auch klinisch erforscht werden, so Drucker. Spannend werden dürfte auch ein Direktvergleich mit Semaglutid 2,4 mg/Woche, das im Juni 2021 in den USA für Adipositaspatienten auf den Markt kam und ebenfalls beeindruckende Gewichtsabnahmen ermöglicht.
Kardiovaskuläre Endpunktstudie läuft bis 2025
Zum SURPASS-Programm gehören 3 weitere Studien im asia- tischen Raum sowie der CV-Outcome-Trial, eine ereignisgetrie- bene kardiovaskuläre Endpunktstudie, die 2025 abgeschlossen sein soll. Darin wird Tirzepatid bei 12.500 Typ-2-Diabetes- patienten mit kardiovaskulärer Vorerkrankung head to head mit Dulaglutid 1,5 mg/Woche verglichen. Primärer Endpunkt ist die Zeit bis zum Auftreten eines 3-Punkt MACE aus kardio- vaskulärem Tod, Myokardinfarkt oder Schlaganfall. Zudem wird das Twinkretin in Phase 3 bei Adipositas (SURMOUNT) und in Phase 2 bei NASH (SYNERGY) geprüft.Sarah L. Pampel Literatur
1. Rosenstock J, Wysham C, Frías JP et al. Lancet. 2021 Jun 25;S0140- 6736(21)01324-6. doi: 10.1016/S0140-6736(21)01324-6.
2. Frías JP, Davies MJ, Rosenstock et al. N Engl J Med. 2021 Jun 25. doi:
10.1056/NEJMoa2107519.
3. Ludvik B, Giorgino F, Jódar E et al. Lancet. 2021 Aug 6; https://doi.
org/10.1016/S0140-6736(21)01443-4.
4. Samms R et al. J Clin Invest. 2021 Jun 15;131(12):e146353. doi:10.1172/
JCI146353.
Quelle: Symposium „Next Chapter in Incretin-Based Therapies – Tirzepatide, a Novel Dual GIP/GLP-1 Receptor Agonist - Results from the First Phase 3 SUR- PASS Clinical Trials“ am 29.6.2021, 81. Scientific Sessions der ADA (virtuell).
American Diabetes Associaton Scientific Sessions 2022
Die ADA-Jahrestagung im kommenden Jahr soll vom 3.-7. Juni 2022 auch wieder als Präsenzkongress in New Orleans, Louisiana/USA stattfinden.
DARE-19-Studie
SGLT-2-Hemmer sicher bei COVID-19-Patienten
Die Hoffnung, dass auch hospitalisierte Patienten mit COVID-19-Erkrankung von organprotektiven Effekten eines SGLT-2-Hemmers wie Dapagliflozin profitieren könnten, hat sich in der DARE-19-Studie nicht erfüllt.
Aber die Therapie ist auch bei ihnen sicher.
DARE-19 ist die erste randomisierte kontrollierte Studie, in der mit Dapagliflozin ein SGLT-2-Hemmer (SGLT-2-H) in seiner Wirkung auf den klinischen Verlauf bei hospitalisierten, zum Aufnahmezeitpunkt allerdings nicht kritisch erkrankten Patien- ten mit SARS-CoV-2-Infektion und kardiometabolischen Risiko- faktoren geprüft wurde. Forscher um den US-Kardiologen Dr.
Mikhail Kosiborod aus Kansas City hatten die Hoffnung, mit Da- pagliflozin auch bei COVID-19-Kranken einem Organversagen vorbeugen und die Gesundung günstig beeinflussen zu können.
Die von Kosiborod beim virtuellen ACC- sowie ADA-Kongress vorgestellte DARE-19-Studie bleibt den Beweis eines protektiven Nutzens von Dapagliflozin bei COVID-19 aber schuldig – auch
wenn die Ergebnisse tendenziell, nicht statistisch signifikant, zu- gunsten des SGLT-2-H ausfielen.
Zumindest eine Lehre lässt sich nach Ansicht der Autoren aus der Studie ziehen: Angesichts einer numerisch geringeren Rate an schweren Komplikationen inkl. akute Nierenschädigung mit Dapagliflozin, das zudem gut vertragen wurde und sich als si- cher erwies, werde die gelegentlich zu hörende Empfehlung, SGLT-2-Hemmer im Fall einer COVID-19-Erkrankung sicher- heitshalber abzusetzen, durch DARE-19 nicht gestützt. ob Quelle: Late-Breaking Clinical Trials II, 16.5.2021 beim ACC-Kongress, Mittei- lung der American Diabetes Association vom 27.6.2021 zum ADA-Kongress
aktuell
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In|Fo|Diabetologie 2021; 15 (4)