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Posttraumatische Belastungsstörung bei jedem vierten intensivpflichtigen COVID-19-Patienten

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Academic year: 2022

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psychopraxis. neuropraxis 4 · 2021

227 Erhöhter Stresslevel

Posttraumatische Belastungsstörung bei jedem vierten intensivpflichtigen COVID-19-Patienten

Um die psychischen Folgen der Pandemie zu untersuchen, haben Forscher über 30.000 Deutsche befragt. Ein weiteres Ergebnis neben der hohen PTBS- Erkrankungsrate: Coronaskeptiker fürchten COVID-19 genauso wie alle anderen.

F Coronaskeptiker und -leugner fürchten sich genauso vor COVID-19 wie die Allgemeinbevölkerung, und ein Viertel der schwer Erkrankten leidet im Verlauf unter einer posttraumatischen Belastungsstörung ( PTBS). Das sind nur zwei Befunde, die Forscher von der Universität Duisburg-Essen bei einer deutschlandweiten, weitgehend internetbasierten Befragung von über 30.000 Bürgern erhoben haben.

Beim Deutschen Kongress für Psy- chosomatische Medizin und Psychothe- rapie berichteten sie jetzt darüber. „Wir haben eine Zeit, die ist ganz anders“, sagte Studienleiter Prof. Dr. Martin Teufel, Direktor der Klinik für Psychoso- matische Medizin und Psychotherapie, LVR- Klinikum Essen, bei einer Presse- konferenz. Jeder habe in der „somati- schen Krisensituation“ der Pandemie gemerkt, welche Auswirkungen sie auf die eigene Psyche haben könne.

Die Daten aus der fortlaufenden Studie decken die Zeit von April 2020 bis März 2021 ab. Stresslevel in der All- gemeinbevölkerung seien vom ersten Lockdown an eigentlich durchgängig erhöht gewesen, so Teufel. Bis zu 65 % der Befragten gaben höheren psychi- schen Distress an, bis zu 45 % höhere generalisierte Angst, 60 % ausgeprägte Corona-Furcht und bis zu 15 % ver- mehrte Depressivität.

Zunehmender Erschöpfungszustand

Dass Letztere mit dem zweiten Lock- down ab November 2020 sogar noch zunahmen, ist nach Einschätzung des Facharztes für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie einem

zunehmenden Erschöpfungszustand zuzuschreiben.

Auch international gehe man von einer etwa 30-prozentigen Depres- sionsrate aus. „Das heißt noch nicht, dass die klinische Diagnose einer Depression erfüllt ist“, räumte Teufel ein. „Viele Menschen machen das gut und kommen da auch gut raus.“

Psychisch besonders belastet waren Frauen, Jüngere und Menschen mit vorbestehenden psychischen Erkran- kungen. „Die Kontrolle war weg“, sagte Teufel. Das spiele bei Angststörungen eine Rolle. Während Furcht (etwa beim Überqueren einer roten Ampel über- fahren zu werden), schützend wirke, sei das bei generalisierten Angststö- rungen nicht mehr der Fall.

Die Zahl der Menschen mit schwerer generalisierter Angst habe sich in der Pandemie verdoppelt. Anstatt nur vor

der Ansteckung mit dem Virus hätten Menschen „plötzlich ganz viel Angst bekommen, vor ganz vielen Dingen“.

Schreibtherapie gegen PTBS Besonderen Schaden nahmen 25 % der schwerkranken, intensivpflich- tigen COVID- Patienten: Trotz kör- perlicher Genesung traten bei ihnen durchschnittlich ab 100 Tagen nach erfolgreicher Behandlung Symptome einer PTBS auf. Das massiv bedrohliche Erlebnis, keine Luft mehr zu bekommen, kommt dabei, ähnlich einem Flashback, als Intrusion zurück: Plötzlich ergreift die Patienten ein Gefühl von Hilflosig- keit, Ausgeliefertsein, Kontrollverlust.

Gegensteuern lässt sich etwa mit einer angeleiteten Schreibtherapie. Pa- tienten arbeiten dabei das Erlebte neu auf, um die Kontrolle über ihre Affekte zurückzuerlangen.

8 Das massiv bedrohliche Erlebnis, keine Luft mehr zu bekommen, kann bei intensiv- pflichtigen COVID- Patienten eine posttraumatische Belastungsstörung auslösen

©Tempura/Getty Images/iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

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psychopraxis. neuropraxis 4 · 2021

228 aktuell

Quelle: www.

aerztezeitung.de/

Dr. med. Bianca Bach

Unter den Befragten waren auch über 400 Coronaskeptiker. Zum Teil wurden sie von Teufels Team auf Inter- netforen kontaktiert, wo sie sich über das vermeintlich nicht existierende Virus und Verschwörungstheorien aus- tauschten. Es stellte sich heraus: Sie fürchten sich genauso vor Corona wie die Allgemeinbevölkerung. Sie gaben sogar mehr Depressivität und genera- lisierte Angst an.

Sorgen ernst nehmen

Der scheinbare Widerspruch zu ihrer Ablehnung von Schutzmaßnahmen

spiegelt einen eigentlich ganz nor- malen, hier überhandnehmenden Mechanismus der Angstbewältigung:

Verdrängung. „Wenn ich sage: ‚Das gibt’s gar nicht‘, dann muss ich auch nicht mit der Sorge umgehen.“

Statt diese Menschen zu belehren und so in eine Position zu bringen, in der sie das Gefühl haben, sich ver- teidigen zu müssen, ist es besser, ihre Sorgen ernst zu nehmen und eine evi- denzbasierte Auseinandersetzung anzubieten. Information zu suchen und zu erhalten, entpuppte sich übri-

gens in der Untersuchung insgesamt als gute Entlastungs-Strategie.

Hinweis des Verlags. Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröf- fentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

psychopraxis. neuropraxis 2021 · 24:227–228 https:// doi.org/ 10.1007/ s00739- 021- 00744-x

© Springer-Verlag GmbH Austria, ein Teil von Springer Nature 2021

S2k-Leitlinie für Diagnostik und Therapie der Multiplen Sklerose

Am 10. Mai 2021 veröffentlichte die Deutsche Gesellschaft für Neurologie die aktualisierte und erwei- terte S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Multiplen Sklerose ( MS). Neu sind unter anderem konkrete Angaben, ob, wann und welche der verlaufsmodifizierenden Immuntherapien indiziert sind.

So werden zunehmend neue Substanzen der letzten Jahre Eingang in die tägliche Praxis finden, wodurch die individuell angepasste Behandlung der Multiple Sklerose-Patientinnen und -Patienten weiter verbessert werden kann.

F Durch die intensive Multiple Sklerose-Forschung in den letzten Jahren gibt es neue Erkenntnisse zur Diagnostik und zahlreiche neue The- rapieoptionen, sodass eine Aktualisie- rung der Leitlinie von 2012 erforderlich wurde. Herausgeber dieser vollständig überarbeiteten, erweiterten Leitlinie ist die Deutsche Gesellschaft für Neu- rologie ( DGN) [1]. Beteiligte Fachge- sellschaften und Organisationen sind die Schweizerische Neurologische Gesellschaft ( SNG-SSN), die Österrei- chische Gesellschaft für Neurologie ( ÖGN), der Berufsverband Deutscher Neurologen ( BDN), der Berufsverband Deutscher Nervenärzte ( BVDN), die Deutsche Fachgesellschaft für Aktivie- rend-therapeutische Pflege ( DGATP), die Deutsche Gesellschaft für Gynä- kologie und Geburtshilfe ( DGGG), die Deutsche Multiple Sklerose Gesell-

schaft ( DMSG), der Deutsche Verband für Physiotherapie ( ZVK), die Gesell- schaft für Neuropädiatrie ( GNP), Neu- rologyFirst, eine unabhängige Initiative von Neurologinnen und Neurologen sowie die Neuromyelitis optica-Studi- engruppe ( NEMOS). Erstmals haben an der konsensbasierten S2k-Leitlinie auch Betroffene bzw. Patientenvertre- terinnen mitgearbeitet. Leitlinienkoor- dinator und federführender Autor war Prof. Dr. Bernhard Hemmer von der Universitätsklinik der TU München.

Was ist neu?

Die Multiple Sklerose-Diagnostik wurde durch die Revision der McDo- nald-Diagnosekriterien 2017 verein- facht (Liquoruntersuchung sowie MRT- Untersuchung mit definierten Sequenzen; erweiterte Labordiag- nostik nur bei entsprechendem kli-

nischem Verdacht). Neu wurden der Multiplen Sklerose verwandte Erkran- kungen wie die Neuromyelitis-optica- Spektrum-Erkrankungen ( NMOSD) und die MOG-IgG-assoziierten Erkran- kungen als eigenständige Krankheits- entitäten aufgenommen.

Die verlaufsmodifizierenden MS- Medikamente ( DMT/„disease modifying therapies“) wurden in drei Wirksam- keitskategorien eingeteilt – anstelle des bisherigen Behandlungs-Stufen- schemas. Die Eingruppierung erfolgte anhand der Schubratenreduktion aus den Zulassungsstudien. Zur Wirksam- keitskategorie  1 gehören Betainterfe- rone, Dimethylfumarat, Glatirameroide und Teriflunomid, zur Kategorie 2 Clad- ribin, Fingolimod sowie Ozanimod und zur Kategorie  3 Alemtuzumab, CD20- Antikörper (Ocrelizumab, off label Ritu- ximab) und Natalizumab. Mit zuneh-

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