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Archiv "Gesundheits-Strukturgesetz: Die Ärzteschaft erarbeitet eigene Reformvorschläge" (04.09.1992)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Die Ärzteschaft erarbeitet eigene Reformvorschläge

In der kommenden Woche in Köln und Bonn:

Außerordentlicher Ärztetag und Kassenärztetag

Die Auseinandersetzung der Ärzteschaft mit den Seehoferschen Re- formplänen geht weiter: Zwar gilt scharfer Protest gegen die Vor- stellungen des Gesundheitsministers noch immer als angebracht.

Doch da den Vertretern der Ärzteschaft die Probleme innerhalb der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bewußt sind, mehren sich inzwischen Bestrebungen, den kritisierten Gesetzesvorhaben eigene, anders gelagerte Lösungskonzepte entgegenzusetzen.

S

owohl innerhalb der KBV als auch innerhalb der Bundesärz- tekammer kursieren derzeit Diskussionspapiere zur Reform der GKV. Daß es nicht immer einfach ist, die verschiedenen Auffassungen in den jeweiligen Organisationen un- ter einen Hut zu bringen, zeigten die Debatten um ein eigenes Reform- konzept des Berliner Ärztekammer- Präsidenten Dr. Ellis Huber. Huber denkt bekanntlich nicht nur gerne unkonventionell, sondern auch laut.

Deswegen waren seine Reformvor- stellungen schon landauf, landab verbreitet, bevor die Bundesärzte- kammer auf der entsprechenden Vorstandssitzung ihr Konzept erar- beitete.

Besondere Aufmerksamkeit in der Presse erregten weniger die strukturellen Ideen Hubers als viel- mehr seine Sparvorschläge:

• Das durchschnittliche Ein- kommen eines Kassenarztes bzw. ei- ner -ärztin bei üblicher Arbeitszeit sollte bei 150 000 DM pro Jahr oder 90 DM pro Arbeitsstunde liegen;

• die bisherigen Kosten der Arzneien aus Apotheken sollten bis 1995 um 20 bis 30 Prozent gesenkt werden; zudem sollten sich Patien- ten an den Kosten eigentlich über- flüssiger Arzneimittel entsprechend selbst beteiligen.

Insgesamt, so errechnete Huber, ließen sich durch diese und weitere Budgetierungen 12,15 Milliarden DM sparen — mehr Geld also, als es selbst Minister Seehofer wünscht.

Inzwischen ist jedoch ein Vor- standskonzept zustande gekommen, das die Vorstellungen Hubers inte- griert (siehe Interview mit Dr. Kar- sten Vilmar auf den folgenden Sei- ten) und das dem Außerordentli- chen Ärztetag vorgelegt werden soll.

Darin wird eingangs betont, daß die Entwürfe zum Gesundheits-Struk- turgesetz „trotz einzelner, strukturell richtiger Ansätze" insgesamt in eine falsche Richtung weisen: Sie stellten den Einstieg in die zentralbürokrati- sche Planwirtschaft im Gesundheits- wesen dar und ordneten medizini- sche Erfordernisse politisch-ökono- mischen Interessen unter.

Den Seehofer-Vorstellungen stellt die Bundesärztekammer das Leitbild einer sozialverpflichteten

Gesundheits-Strukturgesetz

Selbstverwaltung gegenüber: „Die deutsche Ärzteschaft erwartet vom Staat und von der Krankenversiche- rung die Aufgabe von Vorurteilen und unangebrachtem Mißtrauen bei der Gestaltung einer effektiven, hu- manen und wirtschaftlichen Gesund- heitssicherung für die Bevölkerung."

Konkret werden in dem Diskus- sionspapier des Bundesärztekam- mer-Vorstands folgende Ansätze entwickelt:

C) Ablehnung von Arzneimittel- budgets, statt dessen: Ausbau und Präzisierung der Orientierungsgrö- ßen für die Wirtschaftlichkeitsprü- fung, Entwicklung von Empfehlun- gen zur rationalen Arzneimittelthe- rapie sowie Ausbau der Pharmako- therapieberatung durch die ärztliche Selbstverwaltung, Selbstbeteiligung der Patienten bei in ihrer Wirksam- keit umstrittenen Arzneimitteln.

C) Ablehnung der Altersgrenzen für die Kassenzulassung, statt des- sen: Förderung von „Senior-Junior- Praxen.

® Ablehnung einer Qualitätssi- cherung per Rechtsverordnung, statt dessen: Freiwilliger Aufbau einer entsprechenden Einrichtung bei den Spitzenorganisationen der Ärzte- schaft.

® Anerkennung des Rechts der Versicherten, unmittelbar fachärztli- che Versorgung in Anspruch zu neh- men. Aber: Akzeptanz gesetzgeberi- scher Vorstellungen, wonach die un-

mittelbare Inanspruchnahme eines Facharztes mit einem Selbstbeteili- gungszuschlag versehen werden könnte.

® Reform der Krankenhaus- strukturen: Förderung von Kollegial- struktur und kooperativem Beleg- arztwesen. Aufhebung des Selbstko- stendeckungsprinzips nur dann, wenn neue leistungsgerechte Vergü- tungsformen eingeführt werden.

Zur Integration von ambulanter und stationärer Versorgung wird vorgeschlagen, die beiden Bereiche personell zu verknüpfen, das heißt, Krankenhausärzte verstärkt zur Teil- nahme an der kassenärztlichen Ver- sorgung zu ermächtigen. Zudem wird angeregt, niedergelassenen Ärzten das Praktizieren in Räumen von Krankenhäusern zu ermöglichen sowie die gegenseitige Mitbenutzung beispielsweise von Großgeräten und Operationseinrichtungen.

® Organisationsreform der GKV: Überprüfung sowohl des Ver- sichertenkreises der GKV als auch des Leistungsumfangs. Vorschlag:

„Nach einer Ubergangszeit ist einem größeren Bevölkerungskreis eine Entscheidung für einen selbst ge- wählten Versicherungsschutz nach Einführung einer allgemeinen Kran- kenversicherungspflicht zu ermögli- chen." Außerdem werden Kostener- stattungstarife für Versicherte ab ei- ner bestimmten Einkommenshöhe angeregt.

Dt. Ärztebl. 89, Heft 36, 4. September 1992 (19) A1-2835

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Außerordentlicher Ärztetag

Donnerstag, 10. September 1992, 9 Uhr Köln, Gürzenich, Martinstraße

Tagesordnung:

Einziger Tagesordnungspunkt ist die Beratung über den Entwurf des

„Gesundheits-Strukturgesetzes 1993". Es sprechen

• der Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärzteta- ges, Dr. Karsten Vilmar, sowie

• der Erste Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr.

Ulrich Oesingmann.

Geladen sind die 250 Delegierten des Deutschen Ärztetages als ge- wählte Vertreter von nunmehr fast 300 000 Ärztinnen und Arzten und

— soweit es der Raum zuläßt — natürlich auch alle anderen Ärztinnen und Ärzte Deutschlands.

Kassenärztetag

Mittwoch, 9. September 1992, 14.30 Uhr Bonn-Bad Godesberg, Hotel Maritim,

Godesberger Allee

Tagesordnung:

1. Begrüßung durch den Vorsitzenden der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Horst Kohne

2. Referat des Bundesministers für Gesundheit, Horst Seehofer: Vor- stellungen der Bundesregierung zur Sicherung und Strukturverbesse- rung der gesetzlichen Krankenversicherung

3. Referat des Ersten Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesverei- nigung, Dr. Ulrich Oesingmann: Standpunkte der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zu den Vorstellungen der Bundesregierung 4. Statement des Präsidenten der Bundesärztekammer und des Deut- schen Ärztetages, Dr. Karsten Vilmar

5. Diskussion der Teilnehmer des Kassenärztetages mit Minister Horst

Seehofer ❑

KBV: Alternativen aus eigener Sicht

Die Kassenärztliche Bundesver- einigung will gleichfalls mit eigenen Vorschlägen den Uberlegungen See- hofers entgegentreten. In einem 30 Seiten starken Papier hat der KBV- Vorstand Vorschläge für alternative Regelungen zum Strukturgesetz er- arbeitet. Danach will die KBV nach wie vor keine Gesamthaftung der Kassenärzte für die Einhaltung eines bestimmten Arznei- und Heilmittel- budgets akzeptieren. Auch die vor- gesehene weitgehend alleinige Bin- dung der ambulanten Versorgung an den Grundsatz der Beitragssatzstabi- lität wird nicht hingenommen.

Das Papier, das zahlreiche kon- krete Änderungsvorschläge zu Ein- zelbestimmungen enthält, soll auf der Vertreterversammlung am Vor- mittag des 9. September in Bonn ab- schließend beraten und beschlossen werden. Seehofer selbst, der sein Kommen für den Nachmittag dessel- ben Tages angekündigt hat, wird dann wohl handfeste und für die Än- derung des Gesetzentwurfs ausfor- mulierte Positionen der Kassenärz- teschaft mit in sein Ministerium neh- men können: zur Richtgrößenverein- barung, zu Zulassungsfragen, zur Al- tersgrenze, zur Datenerfassung und zu allen anderen Bestimmungen, die für die Kassenärzte relevant sind.

In der Zwischenzeit hatte der Bundesgesundheitsminister bereits den Dialog mit den Kassenärzten auf breiter Basis gesucht. Eine von See- hofer initiierte Zusammenkunft mit den Ersten Vorsitzenden der Kassen- ärztlichen Vereinigungen der Länder in Berlin kam jedoch nicht so zustan- de, wie es der Minister geplant hatte.

Die Vorsitzenden der KVen sagten geschlossen das gemeinsame Ge- spräch ab. Ihre Begründung: „Ge- spräche mit dem Bundesgesundheits- minister sollen nur durch den Vor- stand der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung geführt werden." Der KBV-Vorstand, so die Ersten Vorsit- zenden, sei das allein zuständige Ver- tretungsorgan und genieße obendrein das volle Vertrauen in der sachge- rechten Wahrung der Interessen der Kassenärzte gegenüber den Gesetzes- plänen der Bundesregierung. th/JM

A1-2836 (20) Dt. Ärztebl. 89, Heft 36, 4. September 1992

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