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Archiv "Arzt-Patient-Kommunikation: Schulung stärkt die Patienten" (26.09.2014)

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A 1646 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 39

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26. September 2014 konnten, ist die ambulante psycho-

onkologische Versorgung der Pa- tienten, vor allem an der Schnitt- stelle von der stationären zur am - bulanten Versorgung, noch nicht sichergestellt.

Auch im Bereich der niederge- lassenen Psychotherapie muss die psychoonkologische Versorgung derzeit noch als defizitär bewertet werden. Krebspatienten müssen auch in Ballungsräumen immer noch mehrmonatige Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz in Kauf nehmen.

Psychoonkologische Leistungen in die ASV

Um eine hochwertige psychoonko- logische Versorgung langfristig und flächendeckend sicherstellen zu können, bedarf es dringend einer Neuregelung der Finanzierung die- ser Angebote für Krebserkrankte und ihre Angehörigen. Eine gere- gelte und zuverlässige Vergütung psychoonkologischer Leistungen im stationären und ambulanten Be- reich ist unabdingbar.

Ein möglicher Ansatz wäre die bessere Abbildung psychoonkolo- gischer Leistungen in der Ambulan- ten Spezialfachärztlichen Versor- gung (ASV) nach § 116 b SGB V.

Die AG Psychoonkologie der Deut- schen Krebsgesellschaft hat dafür einen konkreten Vorschlag erarbei- tet und dem Gemeinsamen Bundes- ausschuss zur Kenntnis gebracht.

Darin wird gefordert, dass Krebs - patienten mit subsyndromalen Be- lastungen bis zu zwölf Gespräche antragsfrei im Rahmen der ASV er- halten sollen. Dies würde eine er- hebliche Verbesserung der psycho- sozialen Versorgung Krebskranker mit sich bringen und präventiv eine Chronifizierung psychosozialer Be- lastungen sowie die Verschlimme- rung hin zu psychischen Störungen

reduzieren.

Prof. Dr. rer. med. Susanne Singer, Dr. med. Andrea Petermann-Meyer, Dipl.-Psych. Alf von Kries für die AG Psycho -

onkologie der Deutschen Krebsgesellschaft

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Das Positionspapier im Internet:

www.aerzteblatt.de/141644

Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit3914 oder über QR-Code

V

iele Patienten sind mit Arzt- gesprächen nicht zufrieden.

Sie verlassen die Arztpraxis und stellen fest, dass sie nicht alle Fra- gen haben stellen können, sei es weil sie sich nicht getraut haben oder weil der Arzt den Eindruck vermittelt hat, dafür keine Zeit zu haben. Befürchtungen oder auch für die Behandlung wichtige Beob- achtungen eigener Symptome hat der Patient nicht so ausführlich ein- gebracht, wie es sinnvoll gewesen wäre. Die American Medical Asso- ciation schätzt, dass 80 Prozent der medizinischen Fehler auf Kom- munikationsstörungen zurückzufüh- ren sind. Verschiedene Studien be- legen dar über hinaus die ökonomi- sche Relevanz einer ungenügenden Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten und den positiven Einfluss gelungener Kommunikati- on auf Adhärenz und Behandlungs- ergebnis.

Die Arzt-Patient-Beziehung ist – wie jede partnerschaftliche Kom- munikationssituation – eine Dyade, in der beide Seiten Verantwortung für das Gelingen der Verständi- gung tragen. Während jedoch die Kommunikationskompetenzen der Ärzte häufig untersucht wurden und viele entsprechende Schu- lungskonzepte vorliegen, gibt es nur vergleichsweise wenige Ansät- ze zur Förderung der Kommunika- tionskompetenzen der Patienten.

Und dies, obwohl das Befähigen des Patienten zu effektiver Kom- munikation die Patientenaktivie- rung steigert und vorliegende internationale Interventionsstudi- en – insbesondere bei chronischen Erkrankungen – vielversprechende

Resultate aufweisen. Zudem liegen Studienergebnisse vor, die darauf hinweisen, dass eine Verbesserung der kommunikativen Fertigkeiten über Ärzteschulungen nur dann zu einer höheren Arbeitszufrieden- heit führt, wenn sowohl Patienten als auch Ärzte geschult werden;

wird nur für eine der beiden Gruppen ein Kommunikations- training durchgeführt, zeigen die Ärzte oft mehr Stress und Unzu- friedenheit.

Diese Befunde waren der Anlass für eine Freiburger Forschergruppe um Prof. Dr. phil. Dipl.-Psych. Erik Farin-Glattacker (Institut für Quali- tätsmanagement und Sozialmedi- zin, Universitätsklinikum Freiburg), im Rahmen eines vom Bundesmi- nisterium für Bildung und For- schung geförderten Projekts eine Patientenschulung für Kommunika- tionskompetenzen in Arztgesprä- chen (genannt: KOKOS-Schulung) zu entwickeln.

Zielgerichtet kommunizieren, kompetent auftreten

In der Gruppenschulung KOKOS lernen chronisch kranke Patienten und Patientinnen und deren Angehö- rige, zielgerichtet zu kommunizie- ren, kompetent aufzutreten und die knappe Zeit im Arztgespräch best- möglich für sich nutzen. KOKOS vermittelt den Patienten mittels kur- zer Präsentationen, Übungen und mit einem moderierten Erfahrungs- austausch aktive Kernkompetenzen für das Kommunizieren in Arztge- sprächen.

Die Schulung wurde bei Selbst- hilfegruppen in der Region Süd - baden erprobt. Sie thematisiert in ARZT-PATIENT-KOMMUNIKATION

Schulung stärkt die Patienten

„Das habe ich nicht verstanden, Herr Doktor. Können Sie mir das bitte genauer erklären?“ Die Förderung der Kommunikationskompetenzen von Patienten in

Arztgesprächen ist nützlich – für Patient und Arzt.

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26. September 2014 A 1647 zwei Modulen (je zwei Stunden)

folgende Inhalte: sich richtig auf das Gespräch vorbereiten, (Rück-)Fra- gen stellen, eigene Wünsche und Meinungen äußern, Feedback ge- ben und das Arztgespräch nach - bereiten.

Durch die Schulung ergab sich bei vielen Patienten ein Umdenken von „der Arzt sollte das tun/sagen“

zu „auch ich kann mit meinem Verhalten das Gespräch so beein- flussen, dass der Arzt entspre- chend reagiert“. Eine Möglichkeit zur aktiven Beeinflussung schein- bar unbeeinflussbarer Umstände, wie knappe Zeitressourcen im Arztgespräch oder Vergessen, sind beispielsweise eine ausführliche Vor- und Nachbereitung des Ge- sprächs. Dabei sollen unter ande- rem Ziele für das anstehende Ge- spräch notiert und priorisiert wer- den. Selten haben sich Patienten vor dem Gespräch überlegt, wie sie ihre Fragen an den Arzt formu- lieren sollen: geschlossen oder of- fen? Beides hat seine Vor- und Nachteile, wie durch Übungen her - ausgearbeitet wird.

In KOKOS wird auch das Argu- mentieren in Arztgesprächen ge- übt. Denn nur mit einem guten Ar- gument kann ein Patient seine Meinung begründen und vom Arzt eine adäquate Reaktion erwarten.

Wann und wie man seinem Be- handler wertschätzendes und kon- kretes Feedback gibt, sowohl posi- tives als auch negatives, kann als Königsdisziplin im Kommunizie- ren angesehen werden und wird deswegen ausgiebig im Rollen- spiel vertieft. Bisher haben sich in jeder Schulung freiwillige Rollen- spieler gefunden, die der KOKOS- Ärztin (diese Rolle wird von einer Schulungsmoderatorin übernom- men) Feedback geben.

Aus Sicht der Schulungsleiterin- nen ist der Bedarf auf Patientenseite gegeben und die Nachfrage sehr groß. Die meisten chronisch kran- ken Patientinnen und Patienten wollen wissen und erlernen, was sie selbst aktiv tun können, um für sich den größten Nutzen aus einem Arzt- gespräch zu ziehen.

Die Schulung wurde in einer Pi- lotstudie mit fünf Selbsthilfegrup-

pen auf Akzeptanz und mögli- che Verbesserungsmöglichkeiten ge- testet. Dazu wurde den Teilneh- mern am Ende jedes Moduls ein Evaluationsbogen ausgeteilt. Die Bewertung der Schulung spiegelt die gute Atmosphäre während der Schulungsdurchführung wider und zeigt, dass die Schulung einen wichtigen Beitrag zur Patienten- kompetenz leisten kann. Um es mit den Worten eines Teilnehmers zu sagen: „Ich halte Ihre Schulung für sehr wichtig, um Patienten im heu- tigen Gesundheitswesen, in dem immer mehr Eigenverantwortung von den Patienten erwartet wird, auf Gespräche mit Ärzten gut vor- zubereiten.“

Bessere Vorbereitung künftiger Arztbesuche

Die meisten Teilnehmer der Schu- lung konnten dabei einen persönli- chen Nutzen aus der Schulung zie- hen. Insgesamt gaben 74 Prozent

(N = 68) nach Modul 1 und 60 Prozent (N = 45) nach Modul 2 an, dass die Schulung ihr Verhalten in zukünftigen Arztbesuchen beein- flussen wird. Die Teilnehmer nah- men sich vor, ihr Arztgespräch besser vor- und nachzubereiten, auch schriftlich, und im Arztge- spräch aktiver zu sein. Dazu ge- hört auch, dass sie an Barrieren für aktives Gesprächsverhalten ar- beiten wollen. Sie möchten – wie die Patienten es formulierten –

„den Konflikten nicht auswei- chen“, „selbstsicherer auftreten“

und „mutiger sein“. Bereits im Modul 2 gaben schon über ein Drittel der Patienten an, dass sie Schulungsinhalte von Modul 1 vor allem zur Vorbereitung bereits an- gewendet haben.

Praktische Übungen in der Gruppe sind hilfreich

Es wurden aber auch kritische An- merkungen gemacht. Einerseits fan- den es einige Teilnehmer schwierig, sich so lange zu konzentrieren, was die Komplexität des Themas Kom- munikation unterstreicht. Deshalb erscheinen für bestimmte Patienten- gruppen kürzere und dafür häufige- re Schulungseinheiten sinnvoll. An- dererseits wurde der Wunsch nach mehr Beispielen, mehr Zeit für per- sönlichen Austausch innerhalb der Gruppe sowie mehr Übungen, wie etwa Rollenspiele, deutlich. Dies zeigt das In ter esse der Teilnehmer am Thema, aber auch die Bedeu- tung von praktischen Übungs- und Diskussionsmöglichkeiten, die sich gut in einer Gruppenschulung um- setzen lassen.

Dies bestätigen auch die Teil- nehmer: 91 Prozent würden die Schulung KOKOS weiterempfeh- len. Darüber hinaus wurde die Meinung geäußert, dass möglichst viele Patienten die Chance erhal- ten sollten, eine solche Schulung

zu machen.

Dipl.-Psych. Erika Schmidt, Dr. Dipl.-Psych. Andrea Schöpf, Prof. Dr. phil.

Dipl.-Psych. Erik Farin-Glattacker Institut für Qualitätsmanagement und Sozial- medizin, Universitätsklinikum Freiburg,

erika.schmidt@uniklinik-freiburg.de

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Informationen zum Forschungspro- jekt: www.aerzteblatt.de/141646 Bislang gibt es

vergleichsweise wenige Schu- lungskonzepte zur Förderung der Kom- munikationskompe- tenzen von Patien- ten.

Foto: Uniklinikum Freiburg

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