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Archiv "Strahlentherapie bei Mammakarzinom: Alternativen bei der Bestrahlung" (26.04.2013)

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A 830 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 17

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26. April 2013

STRAHLENTHERAPIE BEI MAMMAKARZINOM

Alternativen bei der Bestrahlung

Auf eine brusterhaltende Operation folgt im Allgemeinen die adjuvante Bestrahlung.

Wird die Strahlendosis konventionell fraktioniert, dauert die Therapie inklusive Boosts sieben Wochen. Neue Fraktionierungskonzepte verkürzen die Therapie, ohne dass mit mehr Spätschäden am gesunden Gewebe zu rechnen ist.

G

esundes Gewebe und maligne Tumoren unterscheiden sich in der Strahlenempfindlichkeit. Die strahlenbiologischen Unterschiede werden bei der Dosisfraktionierung genutzt: Gesundes Gewebe kann subletale Schäden in den Bestrah- lungspausen weitgehend reparieren, die Erholungszeiten bei malignen Zellen sind für vergleichbare Re - paraturvorgänge häufig länger. Die Unterschiede sind in den 1970er und 1980er Jahren intensiv untersucht worden und werden mit strahlen- biologischen Isoeffektmodellen be- schrieben, heute meist mit dem line- ar-quadratischen Modell (α/β-Mo- dell). Der α/β-Wert charakterisiert die Fraktionierungsempfindlichkeit eines Gewebes und beträgt, je nach Gewebe, zwischen zwei bis drei Gray (Gy) für radiogene Spätfolgen am Normalgewebe. Bei Maligno-

men wurde bis vor wenigen Jahren generell ein hoher α/β-Wert ange- nommen, für schnell proliferierende Tumoren ist ein hoher Wert bestä- tigt. Für die klinische Praxis folgt daraus, dass mit möglichst kleiner Fraktionsdosis von 1,2 Gy bis 2 Gy und einer Wochendosis von neun bis zehn Gy bestrahlt werden sollte, um gesundes Gewebe optimal zu scho- nen und Spätfolgen zu vermeiden.

Strahlenbiologie bestimmend für Fraktionierungskonzepte

Die mit dem linear-quadratischen Modell getroffenen Voraussagen wurden in prospektiven randomi- sierten Studien bestätigt. Seit Mitte der 1980er Jahre gilt deshalb die konventionelle Fraktionierung (täg- lich werktags eine Bestrahlung mit 1,8 Gy bis 2,0 Gy Einzeldosis) als Standard für fast alle kurativen Be-

handlungen. Hypofraktionierte Re- gime, also weniger Fraktionen mit höherer Einzeldosis, waren und sind – von Spezialfällen abgesehen – palliativen Situationen vorbehalten.

Die Lehrbuchmeinung, dass Tu- moren generell durch hohe α/β- Werte charakterisiert sind, wurde ab Ende der 1990er Jahre für das Pros- tatakarzinom kritisch hinterfragt. Bei sehr niedrigen α/β-Werten, also Wer- ten kleiner als diejenigen für Spätfol- gen am umgebenden Normalgewe- be, ist eine Hypofraktionierung nach dem Isoeffektmodell sinnvoll. Mitt- lerweile haben mehrere Studien ei- nen niedrigen α/β-Wert beim Prosta- takarzinom bestätigt. Bisher ist aber unklar, ob dies auch für andere Tu- moren gilt, vor allem solche mit langsamer Proliferationskinetik.

Die adjuvante Bestrahlung ist heute für die meisten Patientinnen mit Brustkrebs indiziert. Nach brust - erhaltender Operation wird die gan- ze Brust mit einer Dosis von 50 Gy bestrahlt. Bei konventioneller Frak- tionierung folgt dann eine Boost- Bestrahlung auf das Tumorbett, so dass dort eine Gesamtdosis von 60 bis 66 Gy erzielt wird. Diese The- rapie ist sehr effektiv: Die lokalen Rückfallraten liegen unter fünf Pro- zent nach zehn Jahren. Die lokale Tumorkontrolle ist also mindestens ebenso gut wie bei Mastektomie, das Risiko für Nebenwirkungen ist ge- ring, auch im Vergleich zu anderen in der Behandlung des Mammakar- zinoms angewandten Verfahren.

Vor allem in Ländern mit starker Zentralisierung der Strahlentherapie und entsprechend langen Fahrwegen zu Therapieeinrichtungen (zum Bei- spiel Kanada) besteht ein großes In- teresse an verkürzten Behandlungs- regimen. In diesen Ländern wählte ein relevanter Anteil von Patientin- Eine Mammakar-

zinompatientin wird für die Strah-

lentherapie in die richtige Position gebracht.

Foto: laif

M E D I Z I N R E P O R T

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26. April 2013 A 831 nen eine Mastektomie als Alterna -

tive zu brusterhaltender Operation, weil die obligate Nachbestrahlung aus logistischen Gründen kaum möglich war. In den 1990er Jahren wurden deshalb in Kanada und Großbritannien mehrere Studien durchgeführt, in denen hypofraktio- nierte Behandlungskonzepte, zum Beispiel 16 Bestrahlungen mit 2,66 Gy, mit der Standardtherapie vergli- chen wurden. Die Gesamtdosis wur- de dabei, abhängig von der Höhe der Einzeldosis, reduziert auf circa 40 Gy. Die Hypothese hinter dem Konzept: gleiche Tumorkontrolle trotz geringerer Gesamtdosis und keine stärkeren Nebenwirkungen trotz verkürzter Behandlungszeit.

Diese Hypothese wurde zu- nächst international sehr skeptisch gesehen, schien sie doch mit dem linear-quadratischen Modell nicht vereinbar. Mittlerweile aber liegen Langzeitbeobachtungen von meh- reren Tausend Patientinnen vor, die die Isoeffektivität von hypofrak - tionierter Bestrahlung der ganzen Brust (16 Fraktionen mit 2,66 Gy, Gesamtdosis circa 42,5 Gy) und normfraktionierter Bestrahlung (25 oder 28 Fraktionen, Gesamtdosis 50 Gy) belegen. Aus den Studien- daten kann man einen α/β-Wert von 3 bis 3,5 Gy für die Tumorkon- trolle bei adjuvanter Radiotherapie des Mammakarzinoms abschätzen.

Rückblickend ist den kanadischen

und britischen Studien damit ver- mutlich eine Punktlandung ge- glückt, denn mit einer Verkürzung der Therapie der ganzen Brust auf 15 bis 16 Fraktionen in drei bis dreieinhalb Wochen ist wahrschein- lich die kürzeste, gerade noch mit Isoeffektivität ver einbare Behand- lungszeit erreicht. Weitere Verkür- zungen durch Hypofraktionierung scheinen aktuell unrealistisch. Bei Behandlungszeiten von zwei Wo- chen und weniger wurden in Pilot- studien deutlich mehr Nebenwir- kungen beobachtet, die Studien wurden vorzeitig beendet.

Gezielte Dosisinhomogenität ermöglicht simultane Boosts

Unabhängig von der Fraktionierung bei der Bestrahlung der ganzen Brust besteht seit kurzem die Möglichkeit, den bisher immer sequenziell, also im Anschluss an die Bestrahlung der Brust, applizierten Boost schon während der Bestrahlung der Brust simultan zu verabreichen. Diese Technik, der simultan integrierte Boost (SIB), erfordert eine gezielte Dosisinhomogenität im Zielvolu- men, die mit modernen Planungs- programmen und Geräten ermög- licht wurde. Auch dadurch kann die Behandlungszeit verkürzt werden.

Aufgrund dieser Entwicklungen hat die Organgruppe Mammakarzi- nom der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) zusam-

men mit der Österreichischen Gesell- schaft für Radioonkologie (ÖGRO) eine Empfehlung für Fraktionierungs- regime bei der adjuvanten externen Strahlentherapie nach brusterhalten- der Operation und den Einsatz der SIB-Technik erarbeitet (Kasten) (1).

Danach können Behandlungsregime mit moderater Hypofraktionierung und einer Gesamtbehandlungszeit von circa fünf Wochen bedenkenlos angewandt werden. Weitergehende Verkürzungen der Strahlentherapie auf drei Wochen sollten nur im Rah- men von Studien erfolgen. Mehrere Therapiestudien zur Kombination von Hypofraktionierung und SIB beziehungsweise der intraoperati- ven Strahlentherapie sind weltweit angelaufen, auch in Deutschland:

unter Koordination der Arbeitsge- meinschaft Radioonkologie der Deutschen Krebsgesellschaft.

Prof. Dr. med. Jürgen Dunst, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Lübeck, Präsident der DEGRO Prof. Dr. med. Marie-Luise Sautter-Bihl, Städtisches Klinikum Karlsruhe, Organkommission Mammakarzinom der DEGRO Prof. Dr. med. Felix Sedlmayer, Universität Salzburg, Präsident der ÖGRO

Für die adjuvante Bestrahlung nach bruster - haltender Operation empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO):

Standard für alle Patientinnen ohne Ein- schränkungen ist die konventionelle Fraktionie- rung mit sequenziellem Boost (Bestrahlung der ganzen Brust mit 50 Gy in 25 bis 28 Fraktionen, anschließend Boost bis 60/66 Gy mit fünf bis acht weiteren Fraktionen). Die Gesamtbehand- lungszeit beträgt sechs bis sieben Wochen.

Alternativ kann die Bestrahlung der gan- zen Brust auch hypofraktioniert durchgeführt werden (mit circa 16 Fraktionen und Einzel - dosen von circa 2,66 Gy). Der Boost erfolgt dann wie bei konventioneller Fraktionierung sequenziell. Diese Therapie kommt nach der

aktuellen S3-Leitlinie infrage bei älteren Pa- tientinnen, die prognostisch günstige Tumoren haben (Durchmesser < 5 cm, kein lokoregio- naler Lymphknotenbefall) und keine Chemo- therapie erhalten. Die Gesamtbehandlungszeit beträgt viereinhalb bis fünf Wochen.

Bei Nachbestrahlung der Brust mit kon- ventioneller Fraktionierung kann der Boost auch als simultan-integrierter Boost (SIB) ap- pliziert werden. Dabei wird das Boostvolumen bei jeder Fraktion der Brustbestrahlung mit ei- ner geringen zusätzlichen Dosis bestrahlt. Die Fraktionsdosis im Boostvolumen soll bei 28 Fraktionen 2,1 Gy für Low-risk-Tumoren und maximal 2,25 Gy für High-risk-Tumoren betra- gen. Voraussetzung für die SIB-Technik sind

moderne Bestrahlungs- und Planungstechni- ken. Die Gesamtbehandlungszeit beträgt fünf bis fünfeinhalb Wochen. Diese Therapie ist bis- her zwar nur in Phase-I/II-Studien geprüft wor- den, aber die Modifizierung der Dosis-Zeit-Be- ziehung ist geringer als bei hypofraktionierter Bestrahlung mit sequenziellem Boost, so dass die Organkommission diese Therapie als effek- tiv und sicher einstuft.

Eine Kombination von hypofraktionierter Bestrahlung der ganzen Brust mit SIB ist tech- nisch möglich; dadurch verkürzt sich die Be- handlungszeit weiter auf drei Wochen. Diese Therapieform ist bisher aber nicht ausreichend untersucht und sollte nur in klinischen Studien erfolgen.

WIE DIE VERSCHIEDENEN MÖGLICHKEITEN ZU BEWERTEN SIND

LITERATUR

1. Sedlmayer F, Sautter-Bihl ML, Budach W, et al.:

Is the simultaneously integrated boost (SIB) technique for early breast cancer ready to be adopted for routine adjuvant radiother apy?:

Statement of the German and the Austrian Societies of Radiooncology (DEGRO, ÖGRO).

Strahlenther Onkol 2013; 189: 193–6.

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Referenzen

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Wilfried Budach, Direktor der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Düsseldorf und Mitglied der DEGRO-Arbeitsgruppe