POLITIK
Einig waren sich die Delegierten des Ständigen Ausschusses der Ärzte der Europäischen Gemeinschaft (jetzt: Europäische Union) in der Ab- sicht, mittel- und osteuropäische Staaten zu unterstützen. Ein entspre- chender Antrag wurde von Dr. Jo- seph Kearns, Großbritannien, erläu- tert. Geplant ist, daß eine kleine De- legation (drei Personen und ein Mit- glied des Brüsseler Sekretariats) un- ter Leitung des Vizepräsidenten des Ständigen Ausschusses, Prof. Dr.
Manuel E. M. Macedo, mehrere ost- und mitteleuropäische Staaten be- sucht. Dr. Otmar Kloiber von der Bundesärztekammer erläuterte die Aufgaben der Besucher: „Wir über- nehmen in erster Linie Repräsentati- onspflichten und wollen gleichzeitig unsere Gesprächsbereitschaft signa- lisieren." Auch Dr. Manuel Sanchez Garcia (Spanien) von der Europäi- schen Vereinigung der Krankenhaus- ärzte (AEMH) betonte, daß diese In- itiative moralische Hilfestellung lei- sten müsse. Allerdings soll das CP zur Wahrung seiner Unabhängigkeit die Reisekosten für die Besucher möglichst selbst übernehmen. Mit diesen Vorschlägen erklärten sich al- le Delegierten einverstanden.
Anträgen der tschechischen Ärz- tevereinigung, der tschechischen Ärztekammer und der rumänischen Ärzteorganisation auf Zulassung als Beobachter-Delegationen wurde nicht stattgegeben. Zunächst soll überprüft werden, welche dieser Or- ganisationen den Kriterien des Stän-
TAGUNGSBERICHT
digen Ausschusses entspricht. Ein- stimmig votierten die Delegierten für die Aufnahme des lettischen Ärzte- verbandes als Beobachter-Delegati- on. „Diese Organisation ist von der Regierung unabhängig und vertritt ausschließlich Ärzte", begründete Dr. Karsten Vilmar, Präsident der Bundesärztekammer, die Befürwor- tung des Antrages.
Verbot des Organhandels
Einmütig verurteilt wurde von allen Delegierten der kommerzielle Organhandel. In diesem Zusammen- hang wurde besonders auf Mißstände in Gefängissen hingewiesen, wo Ge- fangenen eine Verkürzung der Haft- zeit in Aussicht gestellt wird, wenn sie Organe zur Verfügung stellen.
Es wurde außerdem klargestellt, daß der Arzt sich nicht gesetzlich bindend an ein Patiententestament halten müsse. Mediziner sollten un- ter allen Umständen in erster Linie ihrem Gewissen folgen. Niemals dür- fe die Berücksichtigung des letzten Willens aktive Euthanasie begünsti- gen.
Zu einer Diskussion kam es da- gegen über einen Antrag, der Konse- quenzen der zunehmend begrenzten Mittel im Gesundheitswesen zum In- halt hatte. Uneinig waren sich die Delegierten vor allem über folgenden Satz: „Die Rationierung der Gesund- heitskosten darf nicht zu Euthanasie
oder sozialer Diskriminierung füh- ren." Elisabeth Villette, Frankreich, sprach sich für diese Formulierung aus: „Man sollte sich nicht scheuen, eine klare Sprache zu sprechen." Da- gegen war vor allem die britische De- legation der Ansicht, daß der Begriff
„Euthanasie" nicht in einen Zusam- menhang mit der Gesundheitsökono- mie gehöre. Der von der belgischen Delegation eingebrachte Antrag wur- de nicht angenommen
Neue Satzung
Auf Verärgerung bei der deut- schen Delegation stieß besonders ein Antrag der Europäischen Vereini- gung der Fachärzte (UEMS), bei dem es um die Vereinheitlichung der Weiterbildung in der Inneren Medi- zin geht. Dieser Antrag, der von der UEMS im Oktober in Berlin verab- schiedet wurde, sieht unter anderem vor, daß für die Bereiche der Inneren Medizin (Innere Medizin, Kardiolo- gie, Endokrinologie, Gastro-Entero- logie, Nephrologie, Pneumologie, Rheumatologie) eine mindestens sechsjährige Weiterbildung absol- viert wird. Deutschland, Spanien, Frankreich und die Niederlande for- derten die Rückverweisung dieses Antrags an den Ausschuß. In Deutschland seien ausschließlich die Kammern — und nicht die UEMS — für die Weiterbildung zuständig, sag- te Vilmar. Die deutsche Delegation vertritt außerdem die Ansicht, daß eine Überspezialisierung der moder- nen Medizin nicht gerecht würde.
Kritisiert wurde außerdem vor allem, daß das Papier dem Ausschuß nicht rechtzeitig vorgelegt worden war.
Schließlich beschäftigte sich das Comit6 permanent auch mit eigenen Belangen. Der Ständige Ausschuß beschloß, die Amtszeit des Präsiden- ten (nach Beendigung der griechi- schen Präsidentschaft im Jahr 1995) von drei auf zwei Jahre zu verkürzen.
Der Sitz des CP ist bei derjenigen Mitgliedsorganisation, die den Präsi- denten stellt. Der Sitz des Sekretari- ats bleibt in Brüssel. Damit ist jetzt der Weg frei für die Aufnahme derje- nigen EFTA-Staaten, die dem Euro- päischen Wirtschaftsraum (EWR) beitreten werden. Kli
Ständiger Ausschuß der Ärzte der EG
Aufnahme
der EWR-Staaten
Die Plenarversammlung des Ständigen Ausschusses (Comit6 permanent, abge- kürzt CP) der Ärzte der Europäischen Gemeinschaft beschäftigte sich in Cascais, Portugal, im November unter anderem mit ethischen Problemen, Fragen der Weiterbildung, einem geplanten Besuch von Delegierten des Ausschusses in Mittel- und Osteuropa sowie der Aufnahme verschiedener Organisationen als Beobachter-Delegationen. Außerdem gab sich das Komitee eine neue Satzung.
Al-3200 (20) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 48, 3. Dezember 1993