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Archiv "Gesundheitsreform: In der Warteschleife" (15.09.2006)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 37⏐⏐15. September 2006 A2343

P O L I T I K

E

in Saxophon-Quartett unter- hielt mit launigem Jazz. Dazu gab es Gegrilltes und Süßes zum Nachtisch. Die Stimmung beim AOK-Sommerfest in Berlin war gelöst – trotz Gesundheitsreform.

Fast schien es, als hätte man sich mit dem umstrittenen Gesetzesvorha- ben abgefunden. Zu früh, wie sich zeigte. Denn noch am selben Abend machte die Nachricht die Runde, die Koalitionsspitzen hätten den Re- formstart um drei Monate nach hin- ten verschoben. Zu den überrasch- ten Gästen des Empfangs zählte auch Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Sie wurde tele- fonisch unterrichtet.

Schon einen Tag später musste sie den Beschluss verteidigen. Bei den Haushaltsberatungen im Bundestag bezeichnete Schmidt die Verzöge- rung als „verkraftbar“. Es sei richtig, intensiver über die Materie zu bera- ten. Gemeint ist damit vor allem der geplante Gesundheitsfonds, gegen den insbesondere CSU-Chef Ed- mund Stoiber bei den Beratungen des Koalitionsausschusses oppo- nierte. Gestrichen werde das Vorha- ben wohl nicht, aber die Ausgestal- tung komme noch einmal grund- sätzlich auf den Prüfstand, sagte ein SPD-Parlamentarier dem Deutschen Ärzteblatt. Die Koalitionspartner hätten sich augenscheinlich verga- loppiert.

Notwendige Atempause Tatsächlich bringt die Verschiebung des Reformstarts für die Koalitionä- re die dringend benötigte Zeit zum Luftholen. Der ursprünglich geplan- te Husarenritt über die parlamenta- rischen Hürden hätte eine fundierte Debatte im Rahmen des Anhörungs- verfahrens unmöglich gemacht. Für die Koalitionäre ist der Kurswech- sel dennoch problematisch. Denn

während keineswegs klar ist, ob die festgefahrenen Verhandlungen mit der selbst verordneten Pause wieder in Gang kommen, wird im Gesund- heitswesen die Kritik an der Reform weiter angeheizt. So kündigten nach Krankenkassen und Krankenhäu- sern nun auch die Ärzte massive Proteste an.

Der Grund: Im aktuellen Gesetz- entwurf des Bundesgesundheitsmi- nisteriums wurden für Vertragsärzte entscheidende Passagen der Eck- punkte uminterpretiert. Und dies, wie es scheint, mit dem Segen der Union. So heißt es auch bei CDU und CSU hinter vorgehaltener Hand, dass es für die im Gesetzent- wurf angelegte faktische Fortfüh- rung und Ausweitung der Budgetie- rung für vertragsärztliche Leistun- gen keine Alternative gebe (siehe nachfolgender Beitrag). Wer keine Deckelung der Ausgaben wolle, müsse auch Vorschläge machen, wie die dann steigenden Kosten gegen- finanziert werden könnten. Dass mit dieser Sichtweise die ursprüngli- chen Reformeckpunkte der Koaliti- onsspitzen konterkariert werden, scheint dabei nicht weiter zu stören.

Bundesärztekammer und Kassen- ärztliche Bundesvereinigung wollen dies nicht hinnehmen. Sie unterstüt- zen die für den 22. September ge- plante Großdemonstration der Ärz- teverbände in Berlin. Ebenfalls in der Hauptstadt will die Bundesärz- tekammer am 24. Oktober einen außerordentlichen Deutschen Ärz- tetag abhalten. „Wir werden auf dem Ärztetag klar benennen, wo die Politik unserer Meinung nach hin will: nämlich zu mehr Staats- und Zuteilungsmedizin und zu mehr Ra- tionierung und Bürokratisierung“, sagte der Präsident der Bundesärz- tekammer, Prof. Dr. med. Jörg-Diet- rich Hoppe. Man werde sich auch

nicht scheuen, die Vergütungspro- blematik anzusprechen. Denn die grundsätzlich zu begrüßende Ver- tragsgebührenordnung in Euro und Cent solle offensichtlich die Amtli- che Gebührenordnung für Ärzte er- setzen. „Das geht so nicht. Die Ge- bührenordnung muss genauso wie bei anderen freien Berufen moder- nisiert werden. Sie ist die eigentli- che Vergütungsbasis.“

Nach aktuellem Zeitplan würde der außerordentliche Deutsche Ärz- tetag in die entscheidende Phase der Reformgesetzgebung fallen. Die Koalitionäre gehen davon aus, dass im Oktober ein Fraktionsentwurf in den Bundestag eingebracht wird.

Dem Vernehmen nach bestehen vor allem die unionsgeführten Bundes- länder darauf, dass zusätzlich ein Regierungsentwurf auf den Weg ge- bracht wird. Dieser würde eine zweimalige Beratung des Gesetzes im Bundesrat erforderlich machen.

Weitere Verzögerungen sind dabei nicht ausgeschlossen. Schließlich machen viele Landesfürsten keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegen den Gesundheitsfonds. Die Koalitionäre könnten die Zeit nutzen, um noch einmal grundsätzlich über die Re-

form nachzudenken. I

Samir Rabbata

GESUNDHEITSREFORM

In der Warteschleife

Die Gesundheitsreform wird verschoben. Ärzte müssen sich dennoch auf Einschnitte einstellen. Auf einem außerordentlichen Ärztetag wollen sie Stellung beziehen.

Berliner Proteste:

Die ärztlichen Ver- bände wollen beim 4. nationalen Protest- tag am 22. Septem- ber in Berlin wieder Zehntausende Ärzte mobilisieren. Die Bun- desärztekammer plant darüber hinaus für den 24. Oktober einen außerordentli- chen Ärztetag.

Foto:dpa

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