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Archiv "Gesundheitsreform – Arzneibudget: Politik und Kassen in der Mitverantwortung" (30.08.1999)

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ie Kassenärztliche Bundes- vereinigung (KBV) wird ihr angedachtes Notprogramm zur Einhaltung des Arznei- und Heil- mittelbudgets für das Jahr 1999 nicht weiterverfolgen. Sie muß dies auch nicht mehr, denn seit dem 17. August gibt es ein „Gemeinsames Aktions- programm“ – vereinbart zwischen der KBV, den Spitzenverbänden der Krankenkassen und dem Bundesge- sundheitsministerium.

Nach viereinhalbstündiger Be- ratung erzielten die Verhandlungs- partner eine Einigung, über deren Bewertung durchaus unterschiedli- che Auffassungen kursierten. Für die Bundesgesundheitsministerin kenn- zeichnet sie das „Ende eines Kon- flikts, der vielen Patientinnen und Patienten angst gemacht hat, ob ihre Versorgung mit notwendigen Arz- neimitteln gewährleistet ist“.

Der Vorsitzende der KBV, Dr.

med. Winfried Schorre, wertete die Vereinbarung anders: „Mit der Eini- gung haben wir die Verantwortung für die im Jahre 1999 notwendigen massiven Einsparungen in der Arz- nei- und Heilmittelversorgung zwi- schen der Politik, den Krankenkas- sen und den Kassenärzten geteilt.“

Während die Krankenkassen keine offizielle Stellungnahme abga- ben, nahm die pharmazeutische In- dustrie kein Blatt vor den Mund:

„Das ist nichts anderes als die Fort- führung der Arzneimittel-Verord- nungseinschränkungen des geplan- ten KBV-Notprogramms mit neuem Namen“, meinte der Bundesfachver-

band der Arzneimittel-Hersteller.

„Auch der Name ,Gemeinsames Ak- tionsprogramm‘ ändert nichts an der Tatsache, daß es sich nach wie vor um ein Notprogramm zur Einhaltung des Arzneimittelbudgets handelt.“

Zu Erinnerung: Mit dem GKV- Solidaritätsstärkungsgesetz hatte die neue Regierung für das Jahr 1999 ein Arznei- und Heilmittelbud- get in Höhe von knapp 39 Milliarden DM eingeführt. Die festgeschriebe- ne Ausgabengrenze basiert auf dem Budget des Jahres 1996, erhöht um 7,5 Prozent. Nach Auffassung der KBV reicht das vorgesehene Ausga- benvolumen nicht aus, um eine Arz- neimittelversorgung auf dem ge- wohnten Niveau zu gewährleisten.

Diese Bedenken hatte sie wieder- holt gegenüber dem Bundesgesund- heitsministerium geäußert – aller- dings ohne Erfolg.

Nervosität bei der Politik

Da das Gesetz für den Fall einer Budgetüberschreitung eine kollekti- ve Regreßpflicht der Kassenärzte in Höhe von bis zu fünf Prozent des Budgets (also maximal rund 1,8 Mil- liarden DM) vorsieht, stellte die Kassenärztliche Bundesvereinigung Überlegungen an, was zu tun sei, wenn die regionalen Budgets ausge- schöpft sind. Dies dürfte nach der- zeitiger Datenlage bei den meisten Kassenärztlichen Vereinigungen ab November der Fall sein. Mit einem Notprogramm (das Deutsche Ärzte-

blatt berichtete) sollten dann gleich- sam die „Notbremse“ gezogen und die Arzneimittelverordnungen auf ein Minimum reduziert werden. Ein Programm, das für erhebliche Un- ruhe in der Bevölkerung und stei- gende Nervosität bei der Bundesre- gierung sorgte. Bevor nun die KBV mit den bisherigen „Gedankenspie- len“ Ernst machen konnte, lud die Bundesgesundheitsministerin zum Gespräch. Das daraus resultierende Aktionsprogramm sieht folgende Maßnahmen vor:

c konsequente Umstellung der Arzneimittelverordnung im generi- kafähigen Bereich auf das untere Preisdrittel;

c konsequente Umsetzung der Verordnungseinschränkungen nach

§ 34 Abs. 1 SGB V („Bagatell-Arz- neimittel“, die Red.) sowie der Arz- neimittelrichtlinien durch Konkreti- sierung der davon betroffenen Wirk- stoffe sowie Festlegung eines Verfah- rens für Ausnahmetatbestände;

c Vermeidung des Einsatzes teurer Schrittinnovationen mit nicht gesichertem therapeutischen Zu- satznutzen;

c Einholung von Zweitmeinung bei bestimmten Präparaten mit im einzelnen Behandlungsfall umstrit- tenem oder nur geringfügigem the- rapeutischen Zusatznutzen;

c Erarbeitung eines vergleich- baren Maßnahmenkatalogs für Heil- mittelverordnungen.

Darüber hinaus sollen die Kas- senärzte gezielt über den therapeuti- schen Nutzen, die Indikation und die A-2123

P O L I T I K LEITARTIKEL

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 34–35, 30. August 1999 (15)

Gesundheitsreform

Arzneibudget: Politik und Kassen in der Mitverantwortung

Gemeinsames Aktionsprogramm gesteht indirekt zu, daß

die Budgetierung zu Leistungseinschränkungen führt. Hoppe bezeichnete die jüngsten Gespräche zur Gesundheitsreform als Fehlschlag.

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Preiwürdigkeit von Arznei- und Heil- mitteln informiert werden. Die Kran- kenkassen sollen die Versicherten dar- über in Kenntnis setzen, daß die Ärzte das Wirtschaftlichkeitsgebot, insbe- sondere zur Verordnung preisgünsti- ger Mittel, beachten müssen.

Tatsächlich ist dieses „Gemeinsa- me Aktionsprogramm“ über weite Strecken identisch mit den bisherigen Überlegungen der KBV zu ihrem Notprogramm. Lediglich die ohnehin umstrittene Einführung von „Warteli- sten“ und die Ausstellung von „Not- rezepten“ fehlen. Die Politik und die Krankenkassen haben mit dieser Ver- einbarung somit indirekt zugestan- den, daß das Arzneimittelbudget nur durch äußerste Sparsamkeit bis hin zur Leistungseinschränkung eingehal- ten werden kann. Ein klarer politi- scher Erfolg für die KBV; immerhin ist jetzt am Beispiel der Arzneimittel- budgets deutlich geworden, daß zu eng gefaßte Budgetierungen zu spür- baren Einschränkungen der Versor- gungsqualität führen.

Was aber, wenn das Budget trotz des Aktionsprogramms nicht einge- halten werden kann? Andrea Fischer beharrt auf der Regreßpflicht. Wie auch immer die Frage nachher tat- sächlich entschieden werden sollte:

Den Kassenärzten ist anzuraten, die zum Teil drastischen Vorgaben des Aktionsprogramms penibel einzuhal- ten. Auf diese Weise können sie we- nigstens nachweisen, alles in ihrer Kraft Stehende getan zu haben.

Reformdiskussion: Starre Haltung des Ministeriums

Einen Tag nach der Einigung zum Aktionsprogramm waren die Spitzenorganisationen der Ärzte- schaft erneut zu Gesprächen über die anstehende Gesundheitsreform 2000 mit der Bundesgesundheitsministerin zusammengekommen. Ein Treffen, das der Präsident der Bundesärzte- kammer, Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe als Fehlschlag bezeichnete.

Hoppe zeigte sich enttäuscht von der

„starren Haltung des Ministeriums“.

Es habe sich nichts bewegt. „Wir ha- ben der Ministerin goldene Brücken gebaut, aber sie hat sie nicht genutzt“, kritisierte Hoppe. Josef Maus A-2124

P O L I T I K LEITARTIKEL/AKTUELL

(16) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 34–35, 30. August 1999

m 26. November entscheidet der Bundesrat über die Ge- sundheitsreform 2000 der rot- grünen Bundesregierung. Lehnt die Länderkammer das Gesetz ab, hat der Vermittlungsausschuß von Bundestag und Bundesrat nur noch bis zum 17.

Dezember (letzte Sitzung des Bun- desrates) Zeit, eine Kompromißlö- sung zu finden. Vor diesem Hinter- grund gewinnen auch die fünf Land- tagswahlen im Herbst an gesundheits- politischer Bedeutung, da sie die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat entscheidend verändern könnten.

Proteste gegen die Budgetierung

Die Vertreter der Gesundheits- berufe haben den Stellenwert der Landespolitik erkannt und in den mei- sten Ländern bereits Bündnisse ge- schlossen, um regional über die Fol- gen eines unbefristeten Globalbud- gets und den geplanten Machtzuwachs der Krankenkassen zu informieren.

Am 14. Juli kamen mehr als 20 000 Interessierte auf dem Münche- ner Marienplatz zusammen, um gegen die Gesundheitsreform zu demon- strieren – eingeladen hatten Organi- sationen der Gesundheitsberufe in Bayern. Das Bremer Bündnis eröffne- te seine Informationskampagne am 21. Juli auf dem Marktplatz der Han- sestadt. In Nordrhein-Westfalen ar- beiten 25 Organisationen zusammen.

Ihre Forderung an die Landesregie- rung, die Reform im Bundesrat zu stoppen, unterstrich Bündnis-Spre- cher Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Ärztekammer Nordrhein sowie der Bundesärzte-

kammer, am 18. August bei einer Pressekonferenz im Düsseldorfer Landtag. „Über den Bundesrat besit- zen die Länder, die wichtige Kompe- tenzen in der Gesundheitspolitik ha- ben, maßgeblichen Einfluß auf die Entscheidungen“, sagte Hoppe.

Das Niedersächsische Bündnis für Gesundheit will sich am 2. Sep- tember in Hannover der Öffentlich- keit präsentieren und seine Vorstel- lungen zur Gesundheitsreform dar- legen. Eine Großveranstaltung in Dortmund plant die „Aktionsgemein- schaft Krankenhausberufe“, zu der auch die Ärztekammer Westfalen- Lippe gehört, für den 3. September.

Vor dem Wiesbadener Landtag soll am 8. September ein Aktionstag statt- finden – initiiert von den 18 Organisa- tionen des hessischen Gesundheits- bündnisses. Am 12. September star- ten die Organisationen der Gesund- heitsberufe in Thüringen eine ge- meinsame Unterschriftenaktion mit dem Titel „Gleiches Recht auf Ge- sundheit in Ost und West“. Am 15.

September plant der „Runde Tisch der Gesundheitsberufe“ in Mecklen- burg-Vorpommern eine Demonstrati- on vor dem Landtag in Schwerin. Für denselben Tag bereiten die 40 betei- ligten Organisationen des Bündnisses in Rheinland-Pfalz einen Aktionstag in der Mainzer Innenstadt vor.

Auch in Baden-Württemberg, Berlin, Sachsen und Schleswig-Hol- stein wurden bereits regionale Bünd- nisse der Gesundheitsberufe gegrün- det – konkrete Termine für Veranstal- tungen liegen jedoch noch nicht vor.

In den übrigen Ländern sind Zusam- menschlüsse geplant, Sondierungsge- spräche haben teilweise bereits statt- gefunden. Jens Flintrop

Bündnis Gesundheit 2000

Aktivitäten in den Ländern laufen auf Hochtouren

Umfassende Reformen im Gesundheitswesen bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Dementsprechend bedeutsam sind die Bündnisse der Gesundheitsberufe in den Ländern.

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