DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
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uch wenn es hundertmal gesagt worden ist, vor- sichtshalber sei es noch einmal wiederholt: Schwarze Schafe, die wirklichen Betrü- ger und Abrechnungsmani- pulateure unter den Kassen- ärzten, werden von der Ärzte- schaft nicht gedeckt. Aber auch das muß festgestellt werden: Wer unschuldig ist, muß geschützt werden, gera- de dann, wenn er in einen fal- schen Verdacht geraten ist.Und ein Drittes: Die Ärzte- schaft wird sich weiterhin da- gegen verwahren müssen, insgesamt in ein falsches Licht gesetzt zu werden. Doch das geschieht.
An dem bösen Spiel waren zwei Ministerien besonders beteiligt: das Bundesarbeits- ministerium und das nord- rhein-westfälische Sozialmi- nisterium. Aus Nordrhein- Westfalen stammte jener Be- richt einer behördlichen Ar- beitsgruppe, in dem alle er- denklichen Betrugs-(aber auch Irrtums-)varianten auf- gelistet sind. Das Bundesar- beitsministerium hat minde- stens zweimal unrühmlich von sich reden gemacht, in- dem es die Justizbehörden und die Krankenkassen anzu- stacheln versuchte, den Ärz- ten noch schärfer auf die Fin- ger zu sehen. Noch Mitte Juli war aus dem Bundesarbeits- ministerium eine statistische Übersicht über Ermittlungs- verfahren in die Presse ge- langt, die alles andere als se- riös ist, sich aber trefflich zur Stimmungsmache eignet.
Doch lassen wir das. Es gibt Positives zu vermelden:
Im Bundesarbeitsministerium haben sich Ärzte und sonstige Beteiligte des Gesundheits- wesens getroffen. Es wurde vereinbart, für die einzelnen Bereiche, so auch für den am- bulanten Sektor und das Krankenhaus, Arbeitsgrup- pen einzurichten, die dem Komplex „Abrechnungen"
nachgehen werden. Vom Bundesarbeitsministerium
Abrechnung:
Licht in
die Grauzone!
wurde zugesagt, bei künfti- gen Beratungen auch Vertre- ter des Bundesjustizministeri- ums hinzuzuziehen: Es hat sich nämlich herausgestellt, daß die Lage von den Ermitt- lungsbehörden von Bundes- land zu Bundesland unter- tschiedlich gesehen wird. Of- fenbar gibt es Staatsanwalt- schaften, die schon Betrug wittern, wo andere noch eine zulässige Abrechnungspraxis sehen. Und da gibt es Staats- anwälte, die bei Verdachtsfäl- len (die sich hinterher viel- leicht als harmlos entpuppen) mit einem Polizeiaufgebot die Arztpraxis besetzen, während andere das Augenmaß behal- ten.
Der nordrhein-westfälische Sozialminister hat sich inzwi- schen mit den Ärzten zusam-
Todesanzeigen stören nur.
V
or allem im Süden Italiens ist es üblich, statt durch Todesanzeigen in den Zeitungen die Öffentlichkeit über einen Todesfall mit schwarzgerahmten Plakaten an den Mauern und Haus- wänden der Stadt zu infor- mieren. Um nun nicht Touri- sten zu vergraulen, hat der Bürgermeister von Reggio Calabria dieses Brauchtum für die Dauer der Reisesaison verboten: Die Fremden sollen in ihrer Reisefreude nicht durch die Erkenntnis gestört werden, daß in Reggio Cala- bria auch gestorben werdenmengesetzt. Man ist überein- gekommen, daß die ärztliche Selbstverwaltung bis Jahres- ende dem Ministerium Vor- schläge macht, wie Betrüge- reien zu entdecken und zu ahnden sind und wie die viel- berufene Grauzone zu durch- leuchten ist.
Was jene Grauzone angeht, so wird die ärztliche Selbstver- waltung auch selbstkritisch prüfen müssen, ob sie genug getan hat, um den Kassenärz- ten unmißverständlich zu sa- gen, was wann abgerechnet werden kann und was nicht.
In einem Pressegespräch hat der 2. Vorsitzende der Kas- senärztlichen Bundesvereini- gung, der auch Vorsitzender der KV Nordrhein ist, Dr. Rolf Thier, geäußert, die Schulung der Kassenärzte und auch der prüfenden Mitarbeiter der KVen müsse intensiviert wer- den. Vieles sei schlicht aus Unkenntnis geschehen. — Der Einführungskurs in die kas- senärztliche Tätigkeit — bei vielen Kassenärzten ohnehin lange zurückliegend — oder schriftliche Informationen rei- chen wohl nicht aus. NJ
kann. — Denjenigen Reisen- den, die sich nicht nur für die Sonne, sondern auch für Land und Leute interessieren, wer- den damit aber auch wichtige Erfahrungen entzogen, zum Beispiel diese:
Vor einiger Zeit waren die Wände in Taormina mit einer ungewöhnlich großen Anzahl von Todesanzeigen für einen
„Avvocato" gepflastert. Bei näherem Hinsehen entdeckte man dann gleich verschiede- ne Auftraggeber: Neben der Familie trauerte auch die christdemokratische Partei Taorminas, die sozialistische und sogar die kommunisti- sche Partei um ihr hochver- dientes Mitglied. Erst im Tode kam also die tatsächliche Wendigkeit des Verstorbenen ans Tageslicht . . . bt
Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 31/32 vom 1. August 1986 (1) 2121