Berliner Charité
Stasi-Major gekündigt
Vorstand räumt Fehler ein.
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er Klinikumsvorstand der Charité-Universitätsme- dizin Berlin hat sich am 13. Ju- ni auf Anraten einer Untersu- chungskommission von dem leitenden Mitarbeiter Her- mann P. (Name geändert) ge- trennt. Die „Zumutbarkeit ei- ner Weiterbeschäftigung“ sei nicht gegeben, urteilte die ei- gens zur Untersuchung der Personalentscheidung einge- setzte unabhängige Kommis- sion. Hermann P. hatte in der DDR hauptamtlich im Range eines Majors für das Mini- sterium für Staatssicherheit (MfS) gearbeitet und war vom Vorstand der Charité Anfang dieses Jahres in lei- tender Funktion eingestellt worden.„Wir haben die Lage falsch eingeschätzt“, räumte Chari- té-Vorstandsvorsitzender Prof.
Dr. med. Detlev Ganten jetzt ein. Hermann P. hatte sich
bei seiner Bewerbung offen zu seiner früheren Tätigkeit beim MfS bekannt. Eine Re- gelanfrage bei der Birthler- Behörde hätte seine Anga- ben bestätigt, berichtete Gan- ten. Hinweise auf persönliche Vergehen des Kandidaten hätten sich nicht ergeben. Der Mitarbeiter sei ausgewählt worden, weil er von zahlrei- chen Bewerbern am geeignet- sten erschien.
Klinikbeschäftigte hatten sich dann über den rigorosen Führungsstil von Hermann P.
beschwert und über seine Per-
son recherchiert. Nach Be- kanntwerden der Vergangen- heit von Hermann P. forder- ten einige in einem offenen Brief an den Charité-Klini- kumsvorstand die Rücknah- me der Einstellung des Ex- Stasi-Majors. Auch der Cha- rité-Personalrat, der über die Stasi-Tätigkeit des Mitarbei- ters nicht informiert war, for- derte dessen Kündigung.
Dass der Vorstand diesen Forderungen nun nachgekom- men ist, nennt Dr. Jens Schö- ne von der Stiftung zur Auf- arbeitung der SED-Diktatur
„die einzige richtige Ent- scheidung“. Der Vorstand hät- te bei der Einstellung des ehemaligen Stasi-Majors eine
„überraschende Naivität“ an den Tag gelegt. Bundesweit ist Schöne keine Einstellung von ehemaligen hauptamtlich tätigen Stasi-Mitarbeitern im öffentlichen Dienst bekannt.
Selbst ehemalige Inoffizielle Mitarbeiter würden dort nicht beschäftigt.
Hermann P. war jahrelang bei der Hauptabteilung IX/3 des MfS tätig und für – aus DDR-Sicht – „Wirtschaftskri- minalität“ zuständig. Er er- mittelte unter anderem gegen DDR-Bürger, die Geschäfts- verbindungen mit Personen in Westdeutschland unter- hielten. Dabei führte er auch Vernehmungen im berüch- tigten Stasi-Gefängnis Ho- henschönhausen durch. Seine
„juristische Ausbildung“ er- hielt Hermann P. lediglich an der MfS-Hochschule in Potsdam.
Jetzt darf sich der Ingeni- eur auf eine hohe Abfindung von der Charité freuen, denn sein aufgekündigter außerta- riflicher Vertrag wurde über fünf Jahre geschlossen. ER A K T U E L L
Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 278. Juli 2005 AA1921
COX-2-Inhibitoren
Bextra „suspendiert“
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ie europäische Arzneimittelagentur EMEA hat die Zulassung für den COX-2-Inhibitor Valdecoxib (Bextra®) suspendiert. Für andere COX-2-Inhibi- toren werden Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen präzisiert. Die Untersuchung war im November 2004 nach der Marktrücknahme von Rofe- coxib (Vioxx®) eingeleitet worden.Seit April 2005 beschäftigte sich die Behörde im verstärkten Maß mit Bextra, nachdem bekannt geworden war, dass zu kardiovaskulären Risiken die Gefahr von schweren Überemp- findlichkeitsreaktionen auf der Haut hinzukam. Der Hersteller Pfizer hatte Bextra daraufhin freiwillig vom Markt gezogen. Der jetzige EMEA-Beschluss ist deshalb nur der behördliche Stem- pel auf ein zwei Monate altes Schrift-
stück. Die „Suspendierung“ darf übri- gens nicht mit einem Entzug der Zulas- sung verwechselt werden. Das Medika- ment könnte bereits in einem Jahr wie- der auf den Markt kommen. Dann will die EMEA die Daten, welche der Her- steller in der Zwischenzeit zur Sicher- heit erhebt, auswerten. Dabei wird es vor allem um die Bewertung der Haut- reaktionen gehen. Sie sind laut EMEA der Grund für die nach derzeitiger An- sicht ungünstige Nutzen-Schaden-Re- lation.
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ür Parecoxib sieht die EMEA dage- gen derzeit eine günstige Nutzen- Schaden-Relation, was auf den ersten Blick einigermaßen erstaunlich ist, denn Parecoxib ist ein Prodrug von Val- decoxib. Parecoxib werde jedoch nur parenteral appliziert und auch nur kurzfristig eingesetzt, so die Behörde.Neben Valdecoxib und Parecoxib hat die EMEA ebenfalls die in Deutsch- land zugelassenen COX-2-Inhibitoren
Celecoxib und Etoricoxib bewertet.
Diese erachtet sie als kontraindiziert bei Patienten mit etablierter ischämi- scher Herzerkrankung und/oder zere- brovaskulärer Erkrankung sowie bei peripherer arterieller Verschlusskrank- heit. Darüber hinaus spricht sich die EMEA für verstärkte Warnhinweise aus bei der Verordnung von COX-2-In- hibitoren an Patienten mit kardialen Risikofaktoren.
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udem sollten diese Wirkstoffe nur in der niedrigsten wirksamen Dosie- rung und über den kürzestmöglichen Zeitraum verordnet werden. Trotz aller Risiken, so betont die EMEA, sei das Nutzen-Risiko-Verhältnis der meisten COX-2-Inhibitoren positiv. Im Wind- schatten der COX-2-Inhibitoren waren in den letzten Monaten auch Bedenken zur Sicherheit aller nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID). Hierzu hat die EMEA eine Überprüfung an- gekündigt. Rüdiger Meyer Akut„Wir haben die Lage falsch eingeschätzt.“ Auf Druck der Beleg- schaft der Charité muss der ehemalige Stasi-Major gehen.
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