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Archiv "Über fällige Steuersenkungen noch nicht entschieden" (23.08.1979)

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Bericht und Meinung NACHRICHTEN

Über fällige Steuersenkungen noch nicht entschieden

SPD und FDP werden es schwer haben, die immer drängender vor- getragenen Forderungen nach Steuersenkungen schon zum 1.

Januar 1980 noch lange abzuleh- nen. Dabei hat die Koalition vor- erst noch nicht die Initiativen der Opposition zu fürchten, auch wenn dadurch allgemein die Er- wartung einer Entlastung der Steuerzahler geweckt wird. Nach- dem zunächst einmal die Forde- rungen nach „Lohn-Nachschlä- gen" abgewehrt worden sind und die Gewerkschaftsführungen sich verantwortungsbewußt gezeigt haben, stellt sich für die Bundes- regierung verstärkt die Aufgabe, die Rahmenbedingungen für die nächste Lohnrunde zu verbessern.

Dies geht nur mit der Steuerpo- litik.

Es ist wohl kein Zufall, daß sich Bundeskanzler Schmidt bislang nicht öffentlich gegen steuerliche Erleichterungen ausgesprochen hat. Es ist anzunehmen, daß der Kanzler den Forderungen nach Steuerentlastung doch noch nachgeben wird, wenn er die Chance sieht, damit zu gesamt- wirtschaftlich vertretbaren Lohn- und Gehaltsabschlüssen zu kom- men, was im Wahljahr 1980 wieder zu sinkenden Preisraten führen könnte. Schmidt weiß natürlich, daß die Wahlchancen von Franz Josef Strauß wesentlich steigen würden, wenn die ölpreisbedingte Verteuerung in eine allgemeine Lohn-Preis-Spirale einmünden und das wirtschaftliche Wachstum gefährden würde.

Wie ernst der Kanzler diese Gefahr nimmt, zeigt sich daran, daß er die wichtigsten Gewerkschaftsführer im Urlaub zu sich gerufen hat und in der zweiten September-Hälfte zusammen mit den Arbeitgebern noch einmal zu einer „konzertier- ten Runde" zusammenkommen will.

Für die Antwort auf die Frage, ob 1980 schon wieder die Steuersätze ermäßigt werden sollen, dürfte al- so die gegenwärtige wirtschaftli- che Entwicklung und deren Ein- schätzung für 1980 wichtiger sein als die politische Konstellation in Bonn. Zunächst wiegeln zwar SPD und FDP, Matthöfer, Lambsdorff und Frau Funcke, hartnäckig alle auf das Jahr 1980 zielenden Initia- tiven ab, aber dies bedeutet noch nicht die endgültige Entschei- dung. Die steuerpolitischen und wirtschaftlichen Daten sprechen jedenfalls eher für eine neue Steu- erkorrektur. So wird die nächste Lohnrunde in doppelter Hinsicht vorbelastet: Die Teuerungsrate hat von 4,5 Prozent überschritten, und sie wird weiter steigen.

1980: 12 Prozent Lohnsteuerplus Im Juli-Index hat sich noch nicht voll die letzte Benzinverteuerung niedergeschlagen. Hinzu kommt, daß die Preise in den Vergleichs- monaten des Vorjahres, im August und September 1978, noch jeweils um 0,3 Prozentpunkt gesunken waren. Selbst wenn die Preise im August und September stabil blie- ben, so würde die Statistik den- noch im Oktober eine Teuerungs- rate von mehr als 5 Prozent aus- weisen. Im Bundeswirtschaftsmi- nisterium hat man deshalb die Sorge, daß die Preise im Spät- herbst um etwa 6 Prozent über de- nen des Vorjahres liegen könnten.

Es ist kein Zweifel, daß dies die nächste Lohnrunde schwer bela- sten müßte, selbst wenn für das nächste Jahr ein Abflachen der Preiskurve bei stabilitätsorientier- ten Lohnarten zu erwarten wäre.

Hinzu kommt aber, daß von 1980 an die Steuerprogression wieder hart zufaßt. Die Wirkung der letz- ten Steuerentlastungsgesetze ist weitgehend verpufft. Die Steuer- schätzer rechnen für 1980 mit ei-

nem Anstieg der Lohnsteuerein- nahmen von mehr als 12 Prozent.

Dabei wird unterstellt, daß die Brutto-Lohn- und -Gehaltssumme um etwa 6,5 Prozent anwachsen wird. Dies bedeutet also, daß die Steuereinnahmen schon 1980 wie- der fast doppelt so schnell steigen wie Löhne und Gehälter. Von der Progression werden heute aber nicht mehr nur Spitzenverdiener erfaßt; die Masse der Arbeitneh- mer wird getroffen. Die Einkom- men der Arbeitnehmer wie der al- ler anderen Erwerbstätigen wer- den 1980 kräftig durch den Preis- anstieg und die Steuerprogression gekürzt. Ohne Zweifel würden die Chancen für stabilitätsorientierte Tarifabschlüsse wachsen, wenn zum Beispiel die Steuerprogres- sion so entschärft würde, daß Steuereinnahmen und Einkom- men annähernd gleichmäßig stiegen.

Eine solche Maßnahme müßte in die konjunkturelle Entwicklung passen. Die Bundesbank hat die Sorge, daß eine solche Steuersen- kung zu einer erhöhten Kreditauf- nahme, zu steigenden Zinsen, ei- ner zusätzlichen Nachfrage und damit auch steigenden Preisen führen könnte. Diese Sorge ist si- cherlich begründet, insbesondere dann, wenn man die Konjunktur- einschätzung der Notenbank übernimmt. Sie spricht von einem kräftigen, sich selbst tragenden Aufschwung, sie sieht wachsende inflationäre Gefahren und glaubt, daß der Ölpreis-Schock überwun- den werden kann. Aus heutiger Sicht ist dies sicherlich richtig. Al- le Konjunkturindikatoren, wie Pro- duktion, Auftragseingänge, Ex- port, Investitionspläne der Unter- nehmen und Kreditexpansion, zei- gen aufwärts. Die Bekämpfung der Preissteigerungen muß also Vor- rang haben.

Die Gefahren, die von einem be- grenzten Anstieg des Defizits aus- gingen, wären jedoch geringer einzuschätzen als die Gefahren, die von einem inflationären Lohn- datum ausgelöst werden könnten.

Es ist aber nicht zwangsläufig, daß das Defizit steigt. Die Steuersen-

2116 Heft 34 vom 23. August 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Bericht und Meinung NACHRICHTEN

kungen könnten auch durch Aus- gabenkürzungen und durch Ab- bau von Subventionen, kurz:

durch eine sparsame Ausgaben- politik ausgeglichen werden. Dann ergäbe sich lediglich eine Verlage- rung von Kaufkraft vom Staat zu den privaten Haushalten. Dies wä- re ein erwünschter Vorgang, denn er führte zum Abbau der ohnehin überhöhten Staatsquote, während bei einem Verzicht auf Steuersen- kungen die hohe Staatsquote durch die heimlichen Steuererhö- hungen zementiert würde.

Der Konjunkturoptimismus der Bundesbank wird freilich nicht von allen Sachverständigen ge- teilt. So hat das Münchener Ifo- Institut für 1980 eine neue Kon- junkturabschwächung vorausge- sagt, die Ende 1980 in eine Sta- gnation mit wachsender Arbeitslo- sigkeit münden könnte. Das ['to- Institut nimmt an, daß wegen der ungünstigen Entwicklung in den USA und der Abschwächung in anderen wichtigen Industrielän- dern der Export, der heute zum Wachstum wesentlich beiträgt, 1980 zurückgehen wird. Die Ifo- Leute glauben auch nicht, daß die private Nachfrage die Konjunktur noch stützen kann. Auch am Bau- markt wird ein Nachlassen der Nachfrage befürchtet. Das ft-In- stitut zeichnet wohl ein zu düste- res Bild. „Hellseher" gibt es nicht, meinte der Staatssekretär des Bundeswirtschaftsministeriums, Schlecht, dazu. Ohne Zweifel wür- de eine Steuersenkung zu der Pro- gnose des Ifo-Instituts besser pas- sen als zur Konjunkturdiagnose der Bundesbank.

Die Position der Parteien zur Fra- ge der Steuersenkung läßt sich wie folgt zusammenfassen:

SPD: Bundestagsfraktion und Par- tei wenden sich bislang gegen ei- ne Steuersenkung. Jetzt müsse die Konsolidierung des Haushalts Vor- rang haben, damit bei neuen wirt- schaftlichen Schwierigkeiten zu- sätzliche staatliche Maßnahmen eingeleitet werden könnten. Matt- höfer hält die Steuerentlastung 1981 wegen des rasanten Anstiegs

der Belastung der Arbeitnehmer für unausweichlich. Im Frühjahr 1980 solle geprüft werden, inwie- weit eine solche Steuersenkung konjunkturell vertretbar sei. Matt- höfer sagt nicht, an welche Steu- ermaßnahmen er denkt. Es fällt auf, daß der Minister ständig von der überzogenen Belastung der Arbeitnehmer und nicht von der Belastung anderer Gruppen spricht.

FDP: Die FDP hat im Juni ein neu- es Steuerprogramm beschlossen, daß schrittweise von 1981 an ver- wirklicht werden soll. Danach sol- len die Bagatellsteuern abge- schafft, die Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer verlagert, die Werbungskostenpauschale angehoben, der Paragraph 7 b des Einkommensteuergesetzes, also die Sonderabschreibungen für Ei- genheime, familienfreundlicher- gestaltet und die Gewerbesteuer weiter abgebaut werden. Zur Poli- tik der FDP gehört auch die Forde- rung, die Lohn- und Einkom- mensteuerzahler von Zeit zu Zeit zu entlasten, um inflationären Steuererhöhungen entgegenzu- wirken.

CDU/CSU: Bei der Opposition steht die Forderung nach einer Ta- rifreform im Vordergrund. Ziel ist ein gleichmäßig progressiver Tarif, der von Zeit zu Zeit leicht der infla- tionären Entwicklung angepaßt werden kann. Der bayerische Fi- nanzminister Streibl hat einen Ta- rifvorschlag gemacht, der zu steu- erlichen Erleichterungen von etwa 8 Milliarden DM führen würde. Da- neben gibt es die Bestrebungen, die Gewerbesteuer abzubauen, den Kinderbetreuungsfreibetrag, der von 1980 an gilt, zu einem wirksamen Kinderfreibetrag um- zuwandeln, den 7 b familien- freundlicher zu gestalten, die Ab- zugsfähigkeit der Vorsorgeauf- wendungen zu verbessern und kleineren und mittleren Betrieben eine steuerfreie Investitionsrückla- ge einzuräumen. Alles zusammen wird nicht zu verwirklichen sein.

Die Opposition wird, wenn sie ernst genommen werden will, Prioritäten setzen müssen. wst

Wirkungsvolle Hilfe mit Jugendmarken

Die Stiftung „Deutsche Jugend- marke e. V.", Bonn, erzielte durch die seit 1962 in jährlicher Folge herausgegebenen Sonder-Post- wertzeichen „Für die Jugend" Zu- schlagerlöse in Höhe von insge- samt rund 97,2 Millionen DM. Al- lein 1978 beliefen sich die Zu- schlagerlöse der Jugendmarken zum Motiv „Luftfahrt" durch die beiden Ausgaben „Deutsche Bun- despost" und „Deutsche Bundes- post Berlin" auf 8,3 Millionen DM.

Wie die Stiftung Deutsche Jugend- marke mitteilte, konnten mit Hilfe der Zuschlagerlöse 1978 insge- samt 42 Projekte finanziell geför- dert werden. Darunter sind 20 zen- trale oder überregionale Jugend- bildungs- und Jugendfreizeitstät- ten; drei zentrale Fortbildungs- stätten für Mitarbeiter in der Ju- gendhilfe; sieben Projekte für Be- hinderte und benachteiligte Kin- der und Jugendliche, heilpädago- gische Einrichtungen und ähnli- che Institutionen sowie 12 Maß- nahmen der Jugendhilfe. Auch für den Sammler sind Jugendmarken ein beliebtes Anlageobjekt. Zwar sind die Preise der nicht mehr gül- tigen Jugendmarken aus den Jah- ren 1963 bis 1967 durchweg kon- stant geblieben, doch die danach erschienenen Ausgaben haben deutlich angezogen. So etwa die Serie „Greifvögel", die 1973 für 2,45 DM am Postschalter zu haben war und heute im „Michel-Kata- log" mit 13,50 DM notiert. Eine komplette Sammlung aller Ju- gendmarken-Sätze seit 1951 wird heute im „Michel" mit 268 DM ta- xiert; nominal war sie für 38,20 DM bei der Post feil. HC

In einem Satz

Kuren — Im ersten Quartal 1979 registrierten die Träger der gesetz- lichen Rentenversicherung rund 250 000 Anträge auf Kuren; das sind 15,6 Prozent mehr als im sel- ben Zeitraum des Vorjahres. EB

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 34 vom 23. August 1979 2117

Referenzen

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