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Archiv "Das Gesundheitswesen Vietnams" (06.02.2009)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 6⏐⏐6. Februar 2009 A239

T H E M E N D E R Z E I T

am Empfangstresen der Klinik die Eingangsgebühr sowie die Kosten für die Behandlung zu zahlen.

Während es nur wenige Schritte von der Klinik entfernt nicht mehr als ei- ne einfache Nudelsuppe für 50 Cent zu essen gibt, funkeln in den schicken Behandlungsräumen von Phuongs Klinik millionenschwere Geräte von westlichen Industrieunter- nehmen – kostenfrei zur Verfügung gestellt. Hier mangelt es an nichts.

Gegen Geld können Vietnamesin- nen sogar ein drittes Kind zur Welt bringen. Bei der Geburt des dritten Kindes in einem staatlichen Kran- kenhaus verlieren Paare nicht selten ihren Arbeitsplatz – eine Maßnahme der Regierung, um das Bevölke- rungswachstum zu stoppen.

Mehr und mehr wohlhabende Viet- namesen suchten zudem kleinere Pri- vatpraxen auf, schließlich könnten sie sich auch dort einer vertraulichen At- mosphäre sicher sein, berichtet eine Ärztin, die nicht genannt werden möchte. Sie sitzt in einem Café au- ßerhalb des Zentrums von Hanoi.

Hierher kommen auch Westler, macht es den Eindruck. Die Ärztin trägt ihre

Haare kurz. Das ist für traditionelle Vietnamesinnen eher ungewöhnlich.

Die Frau gehört zu der wachsenden Anzahl vietnamesischer Ärzte, die

„einen Fuß beim Staat, einen Fuß auf der privaten Seite“ haben, wie es in Vietnam heißt. Von ihrer Tätigkeit in einem staatlichen Krankenhaus in Ha- noi könne sie nicht gut leben, deshalb praktiziere sie nebenbei privat.

Einerseits betrachtet die Regie- rung die Privatisierungswelle mit Wohlwollen. Auf der anderen Seite hat sie Angst vor negativen Auswir- kungen auf die staatliche Versorgung.

Deshalb dürfen nach einem Beschluss des Gesundheitsministers Ärzte seit

diesem Jahr nicht mehr an einem staatlichen Krankenhaus arbeiten und gleichzeitig eine private Klinik be- treiben. Sie dürfen aber nach wie vor in einer privaten Gemeinschaftspra- xis angestellt sein. „Eigentlich ist das ja das Gleiche“, meint Gesundheits- expertin Hang. Und lacht. „Wenn das staatliche Gesundheitswesen nicht kollabieren würde, bräuchten wir kei- ne Privatisierung im Gesundheitswe- sen“, sagt Dr. med. Rafi Kot, ein ge- bürtiger Israeli, der seit 22 Jahren in Vietnam praktiziert. Seine Beurtei- lung fällt seit Jahren gleich aus: „Im öffentlichen Gesundheitswesen muss ein Brief über den Tisch geschoben werden, sonst fangen die meisten Ärzte nicht an zu arbeiten.“

Die, die nur einen kleinen Schein in den Umschlag stecken können, sitzen in Block D auf einfachen Bastmatten. Noch ist es die Mehrheit der Bevölkerung. Sie sitzen da, den Blick auf die Glastür zum Privattrakt gerichtet. Jedesmal, wenn sich einer der Ärzte der Tür nähert, geht diese für einige Sekunden auf – um sich schnell wieder zu schließen. n Martina Merten Akupunktur-

Behandlung – Obwohl es auch in Vietnam keine Stu- dien zur Wirksam- keit der TCM gibt, ist deren Einsatz unumstritten.

Foto:Picture- Alliance Godong

cKrankenversicherung: Seit 1993 besteht in Vietnam für Angestellte und Arbeiter des Staa- tes Versicherungspflicht (compulsory health in- surance); das trifft für etwa 30 Prozent der Be- völkerung zu. Internationalen Studien und den Aussagen vietnamesischer Gesundheitswis- senschaftler und Ärzte zufolge deckt die Natio- nale Krankenversicherung jedoch nur einen Bruchteil der Behandlungskosten ab. Für die Behandlungskosten sogenannter prioritized people – darunter fallen Arme, Invaliden, An- gehörige ethnischer Minoritäten, Alte und Kin- der unter sechs Jahren – kommt der Staat auf.

Knapp fünf Millionen Vietnamesen, die nach staatlicher Definition als arm gelten, erhalten seit einigen Jahren eine „health card for the poor“. Eine Krankenversicherung für Studenten und Landwirte ist im Gespräch. Insgesamt sind etwa 40 Prozent der Bevölkerung versichert.

Dieser Prozentsatz schließt private Zusatzversi- cherungen (voluntary health insurance) mit ein.

Private Vollversicherungen gibt es nicht.

cFinanzierung: Der Beitragssatz zur Natio- nalen Krankenversicherung beträgt derzeit drei Prozent des monatlichen Einkommens (Arbeit-

geber und Arbeitnehmer zahlen jeweils 50 Pro- zent). Die Vietnam Social Security (VSS) erstat- tet jedoch nur einen Teil der Behandlungskos- ten. Derzeit liegt der Prozentsatz, den die Re- gierung Berichten zufolge für die „prioritied people“ ausgibt und der über Steuern finan- ziert wird, bei 6,9 Prozent des Haushaltsbud- gets. In diesem Jahr soll der Betrag auf 8,5 bis neun Prozent steigen.

cSelbstbeteiligung/Zuzahlung: Die Selbst- beteiligung in Vietnam zählt zu den höchsten Asiens. Der Weltbank zufolge werden drei (der geschätzten fünf) Prozent der Gesamtausga- ben für Gesundheit gemessen am Bruttoin- landsprodukt privat hinzugezahlt. Da sowohl die offiziell vom Staat festgelegten Behand- lungsgebühren (fee for services) als auch die Gehälter der Ärzte niedrig sind, lassen sich na- hezu alle Ärzte in öffentlichen Einrichtungen zusätzlich (inoffiziell) bezahlen.

cAmbulante Versorgung: Auf dem Land fin- det die Behandlung in erster Linie in soge- nannten Gesundheitszentren (commune health centers, CHC) statt. In den letzten zehn Jahren hat der Transformationsprozess zur Entstehung

von privaten Einzel- und Gemeinschaftspraxen (private clinics) geführt. Viele dieser Privatpra- xen sind bislang nicht offiziell registiert. Dar- über hinaus gibt es staatliche Polikliniken.

cStationäre Versorgung: Derzeit gibt es in Vietnam 1 062 öffentliche und rund 80 private Krankenhäuser. Es sind Krankenhäuser auf Distrikt-, Provinz- und Nationalebene. Die Na- tionale Krankenversicherung übernimmt (mit Ausnahme von Notfällen) nur dann einen Teil der Behandlungskosten, wenn der Patient diese Reihenfolge einhält. Der Großteil der Patienten geht unmittelbar ins Krankenhaus, ohne zunächst eine Gesundheitsstation auf- zusuchen.

cGehalt der Ärzte: In staatlichen Kranken- häusern tätige Ärzte verdienen offiziell zwischen 50 und 200 US-Dollar monatlich. Eigenleistun- gen der Patienten kommen hinzu. Privat tätige Ärzte verdienen weitaus mehr. Genaue Angaben gibt es nicht, inoffiziell ist aber die Rede von bis zu mehreren Tausend US-Dollar, die einzelne Ärzte bereits verdienen. Deutsche Ärzte an in- ternationalen Privatkliniken verdienen rund

8 000 US-Dollar/Monat. MM

DAS GESUNDHEITSWESEN VIETNAMS

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