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Archiv "Von schräg unten: Ade" (05.04.2013)

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[64] Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 14

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5. April 2013

VON SCHRÄG UNTEN

Ade

Dr. med. Thomas Böhmeke

W

ir werden sie vermissen. Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, die wir nicht nur niedergelassen, sondern jetzt auch -geschlagen sind: Sie wird uns feh- len. Was haben wir nicht alles für sie getan: Urlaubs- sperren zu Quartalsanfang verhängt, Sicherheitsschlös- ser gekauft, Fenster vergittert. Die Rede ist hier nicht von saisonalen Sittenstrolchen, die alle drei Monate der Haft entspringen und Ärzte belästigen, sondern von der Praxisgebühr, der wir nun Ade sagen müssen. Wie wer- den wir damit fertig werden, wenn anstelle drängelnder Patientenmassen das Wartezimmer vor Leere gähnt?

Was machen wir mit den Tausenden Überweisungsfor- mularen? Wohin mit dem Safe der neuesten Sicher- heitsnorm?

Als allerletzter Notarzt im Deutschen Ärzteblatt, der die Nöte der täglichen Praxis kennt, fühle ich mit Ih- nen. Ja, die Praxisgebühr war eine absolute Ausnahme- erscheinung, der Paracelsus der Paragrafen, der Fle- ming der Formulare, der Sauerbruch der Schikane!

Auch wenn die Geburt der Praxisgebühr mit mancher- lei Irritationen verbunden war (ich darf an die Empö- rung erinnern, als ein Nothelfer, der ein Kind aus einem Teich gerettet hatte, ins Krankenhaus gebracht und zu- erst um zehn Euro erleichtert wurde), so ist sie, ganz aus Sicht der Erfinder, eine geniale Konstruktion: Sie brachte a) gänzlich ohne Gegenleistung, b) richtig viel Geld ein, das, c) von unbezahlten Kräften eingetrieben wurde, die wiederum, d) den Groll der Geprellten ab- kriegten. Hand auf das His-Bündel: Dagegen nehmen sich Hütchenspieler (erreichen niemals Punkt b) und die Mafia (weder a noch c) geradezu philanthrop aus.

Solch ein Erfolgsmodell schreit geradezu nach einer Fortsetzung!

Aber wie könnte sie ge- staltet werden? Vielleicht mit einem Risikorubel: Ärzte müssen künftig für jedes Kilo Übergewicht die Betroffenen um zehn Euro erleichtern. Jedes Abhus- ten eines Nikotinabhängigen schlägt mit fünf Euro zu Buche. Jedes Milligramm

Blutzucker über der Norm kostet ein Euro. Jedoch: Fin- det man so viele Doktoren, die bei Hausbesuchen die Blutzuckermessstreifen kontrollieren, besser den Blut- zucker selbst abnehmen? Den Patienten qualitätskon- trolliert wiegen? Abhusten obsessiv abzählen? Nein, das ist angesichts des Ärztemangels nicht durchführbar.

Viel besser ist es, den Arzt als Quell allen Übels, weil diagnosestellend, für die entstandenen Kosten zu be- langen. Der Doktordollar hat aber auch nicht viel Sinn, weil bei uns nicht viel zu holen ist. Wie wär’s mit einer Abgabe aufs Kranksein? Sozusagen eine Seuchensteu- er? Eine Maladenmark? Nein, das kommt ganz und gar nicht infrage, weil dies zutiefst ungerecht ist. Es trifft ja nicht alle.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch ich muss eingestehen, es fällt mir kein Nachfolgemodell ein, das der Praxisgebühr würdig wäre. Wir dürfen aber sicher sein, dass solch ein Erfolg Nachkommen ge- biert, daher: Entlassen Sie niemanden, üben Sie wei- ter das Beschwichtigen, trainieren Sie Ihre Angestell- ten im Geldeintreiben, und schmeißen Sie den Safe nicht weg.

Dr. med. Thomas Böhmeke ist niedergelassener Kardiologe in Gladbeck.

S C H L U S S P U N K T

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