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Archiv "Von schräg unten: Skiunfall" (04.08.2014)

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VON SCHRÄG UNTEN

Skiunfall

Dr. med. Thomas Böhmeke

M

edizinische Maßnahmen sind für viele unserer Schutzbefohlenen schwer verständlich, mitun- ter bedrohlich, mit normalen Mitteln der Vernunft nicht immer nachvollziehbar. Wer einmal die Erfahrung ge- macht hat, dass eine gehobene ST-Strecke den unmit- telbaren NAW-Transport in eine kardiologische Klinik nach sich zieht, hat Erklärungsbedarf. Wenn er auf der Intensivstation ausprobiert, ob es sich ohne verhed- dernde EKG-Strippen bequemer liegen lässt, wird er durch das anstürmende reanimationsbegierige Personal eines Besseren belehrt. Auch abseits solcher lebensbe- drohlichen Erkrankungen erfahren unsere Patienten im- mer wieder Erratisches, wenn heilende Hände heranei- len. Daher ist es hohe ärztliche Kunst, medizinische Handlungen zu erläutern, Kausalitäten zu klären, Be- fremdliches zu begründen.

So auch bei meinem Patienten, der mit Gips am Fuß aus dem Skiurlaub zurückhumpelt. „Also, Herr Doktor Böhmeke, das muss ich Ihnen erzählen, das können Sie nicht fassen. Ich fuhr ganz normal den Abhang herun- ter, da kam so ein Vollpfosten und fuhr direkt in mich hinein! Ich knickte um, der wedelte weg, ich lag da, schon kam die Rettung!“ Und? „Die wollten mir den Blutdruck messen, hielten es aber nicht für notwendig, meinen Arm frei zu machen, sondern legten die Man- schette über der Jacke an! Haben Sie so etwas schon mal gehört?“ Nein. Aber ich könnte es mir erklären.

Das Auskultieren der Korotkoff’schen Töne durch eine stark gefütterte Skijacke hindurch verlangt außerge-

wöhnliche Qualitäten. Ich darf daher die Prognose wagen, dass diese Blut- druckmessung aufgrund be- sonderer Schwere mit mehr als dem 3,5-fachen Satz in Rechnung gestellt wurde.

„Korrekte Diagnose, Herr Doktor! Dann packten sie mich ein, aber anstatt mich auf einem Schlitten in die Klinik zu fahren, die sich gerade mal zwei Kilometer bergab befand, holten sie den Hubschrauber!“ Auch hierfür gibt es eine Erklärung. Luftgebun- dene Transportmittel mit roter Notfallbema- lung dienen schnellster Versorgung zwecks zügigster Sicherstellung Ihres höchsten Gutes. „Das wäre?“ Ihre Gesundheit. „Meinen Sie? Mir kam es eher so vor, als sei es meine Brieftasche. Als ich dann in der Klinik an- kam, gab’s erst mal ein großes Palaver, wie ich denn versichert sei und ob die alles bezahlt kriegen!“ Nun, derartige Unfallkliniken halten umfangreiches Perso- nal, hochwertige Diagnostikgeräte und moderne Opera- tionssäle vor, um Verunfallte den Regeln der Kunst nach zu versorgen. Die müssen auch auf die Kosten achten.

„Dann hatte ich viel Zeit, weil geflickt und vergipst, vom Krankenzimmer aus mit dem Fernglas die Loipe zu beobachten. Ich konnte mich des Eindrucks nicht er- wehren, dass immer, wenn sich die Betten in der Klinik leerten, dieser Vollpfosten auf Kollisionskurs ging!

Was sagen Sie dazu?“ Nichts. „Das wollen Sie jetzt nicht mehr kommentieren, nicht wahr?!“ Nein. „Und warum?“ Weil ich seine Beobachtung nicht für gänz- lich korrekt halte. „Gestehen Sie, das ist Ihnen zu hei- kel, sich dazu zu äußern!“ Mitnichten. Ich habe schon so oft solche Geschichten gehört, dass ich es ihm nicht abnehme, dass auf der Loipe nur ein einziger Vollpfos- ten unterwegs war.

Dr. med. Thomas Böhmeke ist niedergelassener Kardiologe in Gladbeck.

S C H L U S S P U N K T

Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 31–32

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4. August 2014 [97]

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