A90 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 3|
18. Januar 2013INVESTMONITOR DER APOBANK UND DES ZENTRALINSTITUTS
Mehr Existenzgründer kooperieren
Immer mehr Ärztinnen und Ärzte, die den Sprung in die freie Praxis wagen und eine Existenz gründen, wählen Praxisformen der kooperativen Berufsausübung.
U
nverändert stellen Hausärzte die größte Gruppe unter den Existenzgründern. Deren Anteil liegt jedoch deutlich unter dem An- teil der Hausärzte an allen Vertrags- ärzten. Dies geht aus der aktuellen Existenzgründungsanalyse der Deut- schen Apotheker- und Ärztebank (Apobank) und des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI) hervor. Die Datenbasis für die Analyse bilden die von der Apo- bank durchgeführten Finanzierun- gen ärztlicher Existenzgründungen in den Jahren 2010/2011.Danach nimmt die Bereitschaft unter denÄrztinnen undÄrzten ab, sich in einer hausärztlichen Praxis niederzulassen. Obwohl in West- und Ostdeutschland jeder zweite Vertragsarzt als Hausarzt tätig ist (West: 49,9 Prozent; Ost: 46,4 Pro- zent), sind es unter den Existenz- gründern nur 27,7 beziehungsweise 30,3 Prozent. Die Existenzgrün- dungspräferenzen unterstreichen ei- nen längeren Trend: Es lassen sich weder in den Ballungszentren noch in der Fläche ausreichend Hausärzte nieder. Georg Heßbrügge, Apobank- Bereichsleiter Gesundheitspolitik:
„Aus der Unausgewogenheit bei der Verteilung der Existenzgründer auf die einzelnen Fachgebiete lässt sich eine Gefahr für eine flächen- deckende, wohnortnahe Versorgung mit Hausärzten ableiten.“
Gleichzeitig verharren die Inves- titionsvolumina für eine hausärztli- che Praxis auf moderatem Niveau:
So mussten Hausärzte in den alten Ländern für dieÜberführung einer Einzelpraxis in einer Berufsaus- übungsgemeinschaft (BAG; früher:
Gemeinschaftspraxis) im Durch- schnitt 116 000 Euro (einschließ- lich Betriebsmittelkredit) investie- ren. Der Beitritt in eine BAG als zusätzlicher Partner beanspruchte ein Finanzierungsvolumen in Höhe von 131 000 Euro; der Einstieg in
eine BAG (Austausch von Praxisin- habern) 139 000 Euro. Die teuerste Form der Existenzgründung war in den alten Ländern mit 161 000 Euro die Übernahme einer Einzelpraxis.
Im Einzelnen zahlte der Arzt hier durchschnittlich für den Substanz- wert einen Betrag von 36 000 Euro, für Neuanschaffungen 46 000 Euro, für den Goodwill (immaterieller Praxiswert; Patientenstamm) 36 000 Euro, für Bau-/Um- baukosten 8 000 Euro und für den Betriebsmittelkre- dit 35 000 Euro. In den neuen Ländern lag das Investitionsvolumen für eine Einzelpraxisübernah- me bei 121 000 Euro.
Immer mehr Ärzte wäh- len Berufsausübungsgemein- schaften und kooperative Praxisformen als Möglich- keit der gemeinsamen Be- rufsausübung. Bundesweit entschied sich über alle Facharztgruppen hinweg fast jeder zweite Existenz- gründer für eine Kooperati- on. In den alten Ländern ist
der Trend zur Kooperation seit vie- len Jahren feststellbar. In jüngster Zeit holt der Osten diesbezüglich stark auf: Innerhalb eines Jahres ist der Anteil von 25 auf 30 Prozent gestiegen. Die häufigste Form der Existenzgründung ist in West- und in Ostdeutschland die BAG.
Beliebt ist die Niederlassung in einer Kooperation vor allem in Ballungszentren und städtischen Regionen: Während im Westen 54,8 Prozent derÄrzte in Großstäd-
ten eine Kooperationsform präfe- rierten, waren es auf dem Land nur 41,3 Prozent. Im Osten Deutsch- lands war die Einzelpraxis in der Stadt und auf dem Land die am häufigsten gewählte Existenzgrün- dungsform. Dennoch wurden Ko- operationen hier eher in Großstäd- ten angestrebt (38,8 Prozent); im kleinstädtischen und ländlichen Gebieten waren es 20,6 Prozent.
Mehr als jeder zweite Arzt in den alten Bundesländern, der eine Existenz gründete, hat sich in einer Großstadt selbst- ständig gemacht (51,2 Pro- zent). In ländliche Regio- nen zog es lediglich jeden Fünfzigsten (2,3 Prozent).
Auch in den neuen Ländern lag die Großstadt vorn bei der Wahl des Praxisstand- ortes (38,8 Prozent), für eine Neugründung, und für eine Praxisbeteiligung auf dem Land entschieden sich hier lediglich drei Prozent. Im Vergleich Fachärzte/Hausärz- te präferierten die Fachärzte mehr die Großstadt als Nie- derlassungsort (West: 55,7 Prozent; Ost: 42,1 Prozent). Haus- ärzte hingegen wollten sich eher in ländlichen Gebieten niederlassen:
„Nur“ 39,5 beziehungsweise 34,1 Prozent der Ärzte wählten die Großstadt als Praxisstandort. Der Frauenanteil unter den Existenz- gründern stieg derweil weiter. Im Westen repräsentierten Ärztinnen 45 Prozent der Existenzgründer, im Osten 61,7 Prozent. Die meisten Existenzgründer sind 40 Jahre alt und jünger. Das Durchschnittsalter bei Existenzgründung liegt im Westen bei 41,4 und im Osten bei
40,6 Jahren.
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Dr. rer. pol. Harald Clade
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Grafiken zur Investitionskostenanalyse unter: www.aerzteblatt.de/1390„ Kooperation bürgt für mehr
Flexibilität und eine ausgeglichene Work-Life Balance. “
Dominik Graf von Stillfried, Geschäftsführer des ZI
Foto:Fotolia/imageteam
W I R T S C H A F T
Anteil Vertragsärzte Anteil Existenzgründer eGRAFIK 1
Die Hausärzte stellen die größte Gruppe an Existenzgründern. Der Anteil liegt jedoch deutlich unter dem Anteil der Haus- ärzte an den Vertragsärzten – es rücken nicht genügend Hausärzte nach, um die wohnortnahe ambulante Versorgung dauerhaft sicherzustellen.
Vertragsärzte und Existenzgründer nach Fachgebieten (in Prozent)
A lte Bundesländer Neue Bundesländer
Hausärzte 50 44,9 40 30 20 10 0
27,7
6,0 17,8
8,711,2
4,88,4 7,2 6,4
Psychotherapeuten
Gynäkologen Orthopäden
Internisten
Hausärzte 50 46,4 40 30 20 10 0
30,3
2,4 26,3
8,8 8,0
4,6 3,3 7,7 7,8
Psychotherapeuten
Gynäkologen Orthopäden
Internisten
eTABELLE 1a
Finanzierungsvolumina Hausärzte – Alte Bundesländer (in Tausend Euro)
Beitritt in BAG* als zusätzlicher Partner
Überführung Einzelpraxis in BAG*
Substanzwert + Neuanschaffungen
= Substanzwert zzgl. Neuanschaffungen + Goodwill
+ Bau- und Umbaukosten
= Praxisinvestitionen + Betriebsmittelkredit
= Finanzierungsvolumen
2010/2011 45 41 86 23 2 111 20 131 eTABELLE 1
Finanzierungsvolumina Hausärzte – Alte Bundesländer (in Tausend Euro)
Überführung Einzelpraxis in BAG*
Überführung Einzelpraxis in BAG*
Substanzwert + Neuanschaffungen
= Substanzwert zzgl. Neuanschaffungen + Goodwill
+ Bau- und Umbaukosten
= Praxisinvestitionen + Betriebsmittelkredit
= Finanzierungsvolumen
2010/2011 31 37 68 24 5 97 19 116
eTABELLE 2a
Finanzierungsvolumina Hausärzte – Alte Bundesländer (in Tausend Euro)
Übernahme BAG* durch mehrere Ärzte
Überführung Einzelpraxis in BAG*
Substanzwert + Neuanschaffungen
= Substanzwert zzgl. Neuanschaffungen + Goodwill
+ Bau- und Umbaukosten
= Praxisinvestitionen + Betriebsmittelkredit
= Finanzierungsvolumen
2010/2011 k. A.
k. A.
91 23 10 124 24 148 eTABELLE 2
Finanzierungsvolumina Hausärzte – Alte Bundesländer (in Tausend Euro)
Einstieg in BAG* (Austausch von Praxisinhabern)
Überführung Einzelpraxis in BAG*
Substanzwert + Neuanschaffungen
= Substanzwert zzgl. Neuanschaffungen + Goodwill
+ Bau- und Umbaukosten
= Praxisinvestitionen + Betriebsmittelkredit
= Finanzierungsvolumen
2010/2011 47 52 99 19 4 122 17 139
eGRAFIK 2
Art der Existenzgründung (in Prozent) B undesweit
2009/2010 100
80
60
40
20
0
2010/2011 12,2
34,2
53,6
12,2
37,2
50,6
Sonstige Kooperationsform
Einzelpraxis Kooperation in Form von BAG
Immer mehr Exis- tenzgründer ent- scheiden sich für die Kooperation;
2010/2011 insge- samt 49,4 Prozent.
Erstmals nahezu ausgewogenes Ver- hältnis von Exis- tenzgründungen in Form von Einzelpra- xen und Kooperatio- nen.
eGRAFIK 3
Art der Existenzgründung (in Prozent) Alte Bundesländer
2009/2010 100
80
60
40
20
0
2010/2011 12,4
37,9
42,0
7,7
12,1
41,1
39,6
7,2
Kooperation in Form von BAG
Neugründung Einzelpraxis Übernahme Einzelpraxis Sonstige Kooperationsform
Neue Bundesländer
2009/2010 100
80
60
40
20
0
2010/2011 11,2
14,1
52,9
21,8
11,9 18,1
47,5
22,5
Finanzierungsvolumina Hausärzte – Neue Bundesländer (in Tausend Euro)
Einzelpraxisübernahme
Substanzwert + Neuanschaffungen
= Substanzwert zzgl. Neuanschaffungen + Goodwill
+ Bau- und Umbaukosten
= Praxisinvestitionen + Betriebsmittelkredit
= Finanzierungsvolumen
2010/2011 22 27 49 37 6 92 29 121 Finanzierungsvolumina Hausärzte – Alte Bundesländer
(in Tausend Euro) Einzelpraxisübernahme
Substanzwert + Neuanschaffungen
= Substanzwert zzgl. Neuanschaffungen + Goodwill
+ Bau- und Umbaukosten
= Praxisinvestitionen + Betriebsmittelkredit
= Finanzierungsvolumen
2010/2011 36 46 82 36 8 126 35 161
eGRAFIK 4
Art der Existenzgründung – Details: Kooperation in der BAG (in Prozent) Alte Bundesländer
2009/2010 50
40
30
20
10
0
2010/2011 1,3
2,7
17,9
8,2
7,8
1,1 2,8
19,1
8,8
9,3
Einstieg in BAG Überführung Einzelpraxis in BAG Beitritt in BAG
Übernahme BAG durch mehrere Ärzte
Neue Bundesländer
2009/2010 50
40
30
20
10
0
2010/2011
Neugründung BAG 1,0
1,0 5,7 3,8 2,6
1,8 1,0 5,8 5,5 4,0
eGRAFIK 5
Art der Existenzgründung nach Altersgruppe (in Prozent) Alte Bundesländer
bis 40 Jahre 100
80
60
40
20
0
41 bis 45 Jahre 56,9
35,8
7,3
Kooperation Neugründung Einzelpraxis Übernahme Einzelpraxis
Neue Bundesländer
bis 40 Jahre 100
80
60
40
20
0
41 bis 45 Jahre 31,7
45,7
22,6
25,7
48,5
25,8 54,1
40,2
5,7
44,1
47,0
8,9
46 Jahre und älter
29,4
50,0
20,6
46 Jahre und älter
eGRAFIK 6
Art der Existenzgründung nach Praxislage (in Prozent) Alte Bundesländer
Großstadt 100
80
60
40
20
0
Mittelstadt 54,8
45,2
Einzelpraxis Kooperation
Neue Bundesländer
Großstadt 100
80
60
40
20
0
Mittelstadt 38,8
61,2
20,6
79,4 52,3
47,7
51,0
49,0
Kleinstadt
27,5
72,5
Kleinstadt/
Ländliches Gebiet 41,3
58,7
Ländliches Gebiet
Land: unter 5 000 Einwohner, Kleinstadt: 5 000 bis unter 20 000 Einwohner, Mittelstadt: 20 000 bis unter 100 000 Einwohner, Großstadt: 100 000 und mehr Einwohner
eGRAFIK 7
Existenzgründungen nach Praxislage (in Prozent) Alte Bundesländer
2009/2010 100
80
60
40
20
0
2010/2011 2,2
17,2
30,1
50,5
2,3 17,1
29,4
51,2
Kleinstadt
Großstadt Mittelstadt Ländliches Gebiet
Neue Bundesländer
2009/2010 100
80
60
40
20
0
2010/2011 2,9
20,1
38,3
38,8
3,0 20,7
37,5
38,8
Land: unter 5 000 Einwohner, Kleinstadt: 5 000 bis unter 20 000 Einwohner, Mittelstadt: 20 000 bis unter 100 000 Einwohner, Großstadt: 100 000 und mehr Einwohner
eGRAFIK 8
Existenzgründungen nach Praxislage und Fachgebiet (in Prozent) Alte Bundesländer
Fachärzte 100
80
60
40
20
0
Hausärzte 0,8
13,2
30,3
55,7
5,9 27,6
26,9
39,5
Kleinstadt
Großstadt Mittelstadt Ländliches Gebiet
Neue Bundesländer
Fachärzte 100
80
60
40
20
0
Hausärzte 1,7
16,1
40,1
42,1
5,7 30,9
29,3
34,1
Land: unter 5 000 Einwohner, Kleinstadt: 5 000 bis unter 20 000 Einwohner, Mittelstadt: 20 000 bis unter 100 000 Einwohner, Großstadt: 100 000 und mehr Einwohner
eGRAFIK 9
Existenzgründer nach Geschlecht (in Prozent)
Alte Bundesländer Neue Bundesländer
Männer Frauen
55,0 45,0 38,3
61,7
Ein großer Teil der Exis- tenzgründer ist weiblich.
Im Vorjahresvergleich ist der Anteil der Frauen im Westen um 3,1 Prozent- punkte und im Osten um 3,4 Prozentpunkte ge- stiegen.
eGRAFIK 10
Altersstruktur der Existenzgründer (in Prozent) Alte Bundesländer
2009/2010 100
80
60
40
20
0
2010/2011 20,0
31,0
49,0
21,4
31,7
46,9
46 Jahre und älter bis 40 Jahre 41 bis 45 Jahre
Neue Bundesländer
2009/2010 100
80
60
40
20
0
2010/2011 18,5
28,9
52,6
16,5
31,5
52,0
Der Großteil der Ärzte ist 40 Jahre und jünger.
Das Durchschnitts- alter der Existenz- gründer beträgt im Westen 41,4 und im Osten 40,6 Jahre.