Analysis I für M, LaG/M, Ph 10.Tutorium
Fachbereich Mathematik Sommersemester 2010
Dr. Robert Haller-Dintelmann 17./18.06.2010
David Bücher
Christian Brandenburg
Tutorium
Aufgabe T1 (Eine weitere Charakterisierung von Stetigkeit) Beweisen Sie:
(a) Eine Funktionf :R→Rist genau dann stetig, wenn das Urbildf−1(O) ={x∈R: f(x)∈O}jeder offenen Menge O⊆Reine offene Menge ist.
(b) Eine Funktion f :R→Rist genau dann stetig, wenn das Urbild f−1(A)jeder abgeschlossenen MengeA⊆Reine abgeschlossene Menge ist.
Hinweis:Benutzen Sie für Teil (a) die"-δ-Charakterisierung der Stetigkeit.
Lösung:
(a)„⇒“: Sei f stetig,Ooffen. Zu zeigen ist, dass f−1(O)offen ist, d.h. dass es zu jedemx0∈f−1(O)einδ >0gibt, so
dassUδ(x0) ={x∈R:|x−x0|< δ} ⊆f−1(O). Sei alsox0∈f−1(O)beliebig. Da f(x0)∈OundOoffen ist,
gibt es" >0so, dassU"(f(x0))⊆O. Daf stetig ist, gibt esδ >0derart, dass|f(x)−f(x0)|< "für allex∈R
mit|x−x0|< δ. Das bedeutet aber, dassf(x)∈U"(f(x0))⊆Ofür allex∈Uδ(x0). Also istUδ(x0)⊆f−1(O),
was zu zeigen war.
„⇐“: Seienx0∈Rund" >0gegeben. Zu zeigen ist, dass esδ >0gibt, so dass|f(x)−f(x0)|< "für allex∈Rmit
|x−x0|< δ. Die MengeO:=U"(f(x0))ist offen. Nach Annahme ist daher auch ihr Urbild f−1(U"(f(x0)))
offen. Dax0ein Element davon ist, gibt esδ >0, so dassUδ(x0)⊆ f−1(U"(f(x0))). Das bedeutet aber, dass
|f(x)−f(x0)|< "für allex∈Rmit|x−x0|< δ, d.h. f ist stetig inx0. Dax0in dieser Argumentation beliebig
war, ist f in jedemx0∈Rstetig.
(b)„⇒“: Sei f :R→Rstetig undA⊆Rabgeschlossen. Zu zeigen ist, dass f−1(A)ebenfalls abgeschlossen ist. Nun ist nach H2 (b) vom 1. Übungsblatt
f−1(A) =f−1(R\(R\A))H2(b)= f−1(R)\f−1(R\A) =R\f−1(R\A).
Nach Definition istR\Aoffen. Mit Teil (a) und der Stetigkeit von f folgt, dass auchf−1(R\A)als Urbild einer offenen Menge offen ist. Nach Definition ist daher f−1(A) =R\f−1(R\A)abgeschlossen, was zu zeigen war.
„⇐“: Sei f :R→Reine Funktion, sodass das Urbild f−1(A)jeder abgeschlossenen MengeA⊆Reine abgeschlos- sene Menge ist. Wir zeigen, dass dann auch das Urbild f−1(O)jeder offenen MengeO⊆Roffen ist. Sei also O⊆Roffen. Dann zeigt
f−1(O) =f−1(R\(R\O))H2(b)= R\f−1(R\O), dassf−1(O)offen ist - analog zu oben.
Aufgabe T2 (Cantor-Menge)
Wir definieren eine Folge von MengenCn,n∈N, in der folgenden Weise:
C0 := [0, 1], C1 := C0\
1 3,2
3
, C2 := C1\
1 9,2
9
∪ 7
9,8 9
, ... ... ...
1
Allgemein konstruieren wirCn+1, indem wir von jedem der2nIntervalle, aus denenCnbesteht, jeweils das offene mittlere Drittel entfernen. Dann ist dieCantormengeCgegeben durch
C:=
∞
\
n=0
Cn.
Zeigen Sie, dassCkompakt ist und dassC◦=;gilt.
Lösung: Für die Kompaktheit vonCreicht es nach dem Satz von Heine-Borel aus, Abgeschlossenheit und Beschränktheit zu zeigen.
Cist offensichtlich in[0, 1]enthalten und damit beschränkt. Wir zeigen also, dassCabgeschlossen ist.
Dazu seiUn,n∈N, jeweils die Vereinigung der2noffenen Intervalle, die bei der Konstruktion vonCn+1ausCnentfernt wurden. Es gilt alsoCn+1=Cn\Un=Cn∩(R\Un).
Behauptung:Für allen∈NistCn−1abgeschlossen.
Beweis (Induktion):
Induktionsanfang:C1−1= [0, 1]ist abgeschlossen.
Induktionsannahme:Für ein gewissesn∈Ngelte die Behauptung, d.h.Cn−1ist abgeschlossen.
Induktionsschritt:DaUn−1als Vereinigung offener Intervalle offen ist (H1 a), istR\Un−1per definitionem abgeschlossen.
Nach Induktionsannahme ist auch Cn−1 abgeschlossen. Somit istCn+1−1= Cn = Cn−1∩(R\Un−1) als Schnitt zweier abgeschlossener Mengen ebenfalls abgeschlossen (H1 b). Somit gilt die Behauptung auch fürn+1. Schließlich ist die CantormengeC=T∞
n=0Cnals Schnitt abgeschlossener Mengen abgeschlossen (H1 b).
Es bleibt zu zeigen, dass C◦ =;gilt. Jede MengeCn besteht aus2n disjunkten abgeschlossenen Intervallen der Länge (13)n. Zwischen zwei solchen Intervallen liegen stets Punktex∈Rmitx∈/Cn. Ist alsoI⊆Cnein Intervall, welches inCn liegt, dann mussI schon ineinemder2nabgeschlossenen Intervalle enthalten sein, aus denenCnbesteht. Wir nehmen nun an, dassCeinen inneren Punkt x0∈Chat. Dann gibt es" >0, so dass das IntervallI :=U"(x0)inCenthalten ist.
Da die Folge((13)n)n∈Neine Nullfolge ist, gibt es einN0∈Nmit(13)N0<2". Da nach AnnahmeI ⊆C⊆CN0 gilt, mussI in einem der2N0Intervalle der Breite(13)N0<2"enthalten sein, aber das ist unmöglich. Also giltC◦=;.
Aufgabe T3 (Zwischenwertsatz)
Es sei f :R→Reine Funktion die jeden Wert genau zweimal annimmt. Zeigen Sie, dass f nicht stetig ist. Gibt es eine stetige Funktionh:R→R, welche jeden Wert genau dreimal annimmt?
Lösung: Angenommen f wäre stetig und nähme jeden Wert genau zweimal an. Seien x,y zwei verschiedene Punkte mit f(x) = f(y). Fürz∈(x,y)ist dann f(z)6= f(x) = f(y). Da f stetig und[x,y]kompakt ist, nimmt f auf[x,y]
sowohl ein Maximum als auch ein Minimum an. Wären Maximum und Minimum gleich, so wäre f auf[x,y]konstant (Widerspruch). Insbesondere können nicht das Maximumund das Minimum am Rand angenommen werden. Sei also z∈(x,y)so, dass f(z)6=f(x)maximal (bzw. minimal) ist und˜zso, dass f(z) =f(˜z).
O.B.d.A. seiz <z. Ist˜ ˜z ∈(z,y), dann nimmt f auf dem Intervall [z, ˜z]ein Minimum (bzw. Maximum) an der Stelle a∈(z, ˜z)an. Mitb:=max{f(x),f(a)}(bzw.b:=min{f(x),f(a)}) wird nun nach dem Zwischenwertsatz jeder Wert aus (b,f(z))(bzw. aus(f(z),b)) in jedem der Intervalle(x,z),(z,a),(a, ˜z)und(˜z,y)angenommen, insgesamt mindestens viermal — ein Widerspruch.
Ist˜z> y, dann muss nach dem Zwischenwertsatz jeder Wert im Intervall(f(x),f(z))(bzw.(f(z),f(x))) in jedem der Intervalle(x,z),(z,y),(y, ˜z)angenommen werden. Also werden all diese Werte mindestens dreimal angenommen — ein Widerspruch. Folglich ist f nicht stetig.
Stetige Funktionenh:R→R, die jeden Wert genau dreimal annehmen, gibt es (Siehe Skizze:)
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