Analysis I für M, LaG/M, Ph 2.Tutorium
Fachbereich Mathematik Sommersemester 2010
Dr. Robert Haller-Dintelmann 22./23.04.2010
David Bücher
Christian Brandenburg
Tutorium
Aufgabe T1 (Körperaxiome, beschränkte Mengen)
(a) Beweisen Sie ausgehend von den Körperaxiomen (A1)–(A9) die folgende Aussage.
Es seiena,b∈Runda6=0. Sindx,y reelle Zahlen mita·x=bunda·y=b, so giltx=y.
(b) Beweisen Sie: Eine Teilmenge M 6=;der reellen Zahlen ist genau dann beschränkt, wenn es C >0gibt, so dass
|x| ≤Cfür allex∈M gilt.
Lösung:
(a) Seienx,y∈Rmita·x=bunda·y=b. Dann gilta·x=a·y. Daa6=0, gibt es nach Axiom (A7) eine reelle Zahl a−1 mita·a−1=1. Nun istx(A6)= x·1(A8)= 1·x(A7),(A8)= (a−1·a)·x(A5)= a−1·(a·x) =a−1·(a·y)(A5)= (a−1·a)·y(A7),(A8)= 1·y(A8)= y·1(A6)= y, alsox=y.
(b) SeiM6=;eine Teilmenge vonR.
“⇒”: (“Wenn M beschränkt, dann gibt esC >0, so dass|x| ≤C für allex∈M”:) Angenommen M ist beschränkt.
Dann hatM eine obere SchrankeC1und eine untere SchrankeC2. WähleC∈RmitC>|C1|undC>|C2|. Sei x∈M. Fallsx≥0, dann ist|x|=x≤C1Satz 2.8≤ (c)|C1|<C. Falls x<0, dann|x|=−x≤ −C2Satz 2.8≤ (c)|C2|<C. Jedenfalls ist|x| ≤C.
“⇐”: (“Wenn esC>0gibt, so dass|x| ≤Cfür allex∈M, dann istM beschränkt”:) Angenommen es gibtC>0, so dass|x| ≤C für allex∈M. Dann gelten x≤ |x| ≤C undx≥ −|x| ≥ −C für allex∈M, also istC eine obere und−Ceine untere Schranke fürM.
Aufgabe T2 (endliche Körper)
SeiKeine Menge und+K,·K Verknüpfungen aufK. Ersetzen Sie in den Körperaxiomen für die reellen Zahlen (A1)–(A9) RdurchK,+durch+K und·durch·K. Wenn die so erhaltenen Aussagen erfüllt sind, dann nennt manK, bzw. genauer das Tripel(K,+K,·K), einenKörper. Führen Sie gegebenenfalls für ein paar der Axiome diese Ersetzung durch.
Neben den reellen (und den rationalen) Zahlen gibt es noch ganz anders aussehende Objekte, welche die Körperaxiome erfüllen, darunter auch solche mit nur endlich vielen Elementen.
SeienK2:={0, 1},K4:={0, 1, 2, 3}Mengen. Definiere folgendermaßen Verknüpfungen+2,·2aufK2und+4,·4aufK4: +2 0 1
0 0 1
1 1 0
·2 0 1
0 0 0
1 0 1
+4 0 1 2 3
0 0 1 2 3
1 1 2 3 0
2 2 3 0 1
3 3 0 1 2
·4 0 1 2 3
0 0 0 0 0
1 0 1 2 3
2 0 2 0 2
3 0 3 2 1
Sind beispielsweisex,y∈K4, dann steht in der Zeile “x” und Spalte “y” der Tabelle für “+4” das Ergebnis vonx+4y. Ist(K2,+2,·2)ein Körper? Ist(K4,+4,·4)ein Körper?
1
Lösung: (K2,+2,·2)ist ein Körper, wie man durch Überprüfen der Axiome zeigt:
(A1) Assoziativgesetz der Addition: Zu zeigen ist, dass (a+2 b) +2c =a+2(b+2c) für allea,b,c ∈K2. Es gibt acht Kombinationen:
– (0+20) +20=0+20=0=0+20=0+2(0+20) – (0+20) +21=0+21=1=0+21=0+2(0+21) – (0+21) +20=1+20=1=0+21=0+2(1+20) – (0+21) +21=1+21=0=0+20=0+2(1+21) – (1+20) +20=1+20=1=1+20=1+2(0+20) – (1+20) +21=1+21=0=1+21=1+2(0+21) – (1+21) +20=0+20=0=1+21=1+2(1+20) – (1+21) +21=0+21=1=1+20=1+2(1+21)
(A2) Es gibt ein Nullelement, nämlich “0”. Denn für allea∈K2gilta+20=a:0+20=0und1+20=0, laut Tabelle.
(A3) Das additiv inverse Element zu0ist0, denn0+20=0. Dasjenige von1ist1, da1+21=0(also1=−1!).
(A4) Kommutativgesetz der Addition: Zu zeigen ist, dass a+2b= b+2a für allea,b∈ K2. Falls a= b, dann ist die Aussage offenbar wahr. Nur füra 6=b muss man in der Tabelle nachsehen. Der eine Fall ist a=0, b=1, dann 0+21=1=1+20. Der zweite Fall istb=0,a=1, dann1+20=1=0+21.
Das Kommutativgesetz drückt sich darin aus, dass die Tabelle für “+2” spiegelsymmetrisch zur Diagonalen von der linken oberen zur rechten unteren Ecke ist.
(A5) Die Multiplikation “·2” stimmt auf{0, 1} ⊆Rmit der üblichen Multiplikation “·” auf den reellen Zahlen überein.
Daher ist “·2” assoziativ.
(A6) Das Einselement ist1, denn16=0und für allea∈K2gilta·21=a:0·21=0,1·21=1.
(A7) Ein multiplikativ inverses Element muss man nur für das einzige Element inK2\ {0}={1}, nämlich1finden. Es gilt 1−1=1.
(A8) Da “·2” mit der üblichen Multiplikation überein stimmt, ist “·2” kommutativ.
(A9) Distributivgesetz: Zu zeigen ist, dassa·2(b+c) =a·2b+a·2cfür allea,b,c∈K2. Da0·2x=0für allex∈K2, ist das im Falla=0wahr. Denn0·2(b+c) =0(A2)= 0+20=0·2b+0·2c. Im Falla=1gilt1·2(b+c)(A6),(A8)= b+c(A6),(A8)= 1·2b+1·2c. (K4,+4,·4)istkeinKörper.
Beweis (indirekt): Angenommen,K4 ist ein Körper. Dann gibt es ein eindeutiges Nullelement in K4 (Satz 2.2). Dieses muss durch “0” gegeben sein, denn für allea∈K4gilta+40=a:0+40=0,1+40=1,2+40=2,3+40=3. Nun gilt 2·42=0. Nach Satz 2.2 folgt2=0. Das ist aber nicht wahr. Also kannK4kein Körper sein. Alternativ: Wäre K4 ein Körper, dann müsste das Nullelement durch 0(wie oben gezeigt), das Einselement durch 1 gegeben sein (analog). Nun ist26=0, aber es gibt keina∈K4, so dass2·a=1ist. Also hat2kein multiplikativ inverses Element, Axiom (A7) ist nicht erfüllt.
Aufgabe T3 (angeordnete Körper)
SeiKeine Menge,+K,·K Verknüpfungen und≤K eine Relation aufK. Ersetzen Sie in den Anordnungsaxiomen für die reellen Zahlen (A10)–(A14)RdurchK,+durch+K,·durch·Kund≤durch≤K. Wenn die so erhaltenen Aussagen erfüllt sind, dann nennt manK, bzw. genauer das Quadrupel(K,+K,·K,≤K), einenangeordneten Körper.
Gibt es aufK2eine Relation≤2, so dass(K2,+2,·2,≤2)ein angeordneter Körper ist?
Lösung: Es gibt keine solche Relation.
Beweis (indirekt):Angenommen, es gibt solch eine Relation≤2 aufK2. Nach Axiom (A10) tritt dann mindestens einer der beiden Fälle ein:
• 0≤21: Nach Axiom (A13) gilt dann auch0+1≤21+1, also1≤20. Mit Axiom (A11) folgt0=1, ein Widerspruch!
• 1≤20: Nach Axiom (A13) gilt dann auch1+1≤20+1, also0≤21. Mit Axiom (A11) folgt0=1, ein Widerspruch!
Also kann es eine solche Relation nicht geben.
Für Interessierte: Erkennen Sie ein “Prinzip” hinter den Tabellen zu den Verknüpfungen+2, +4, ·2,·4? Wie sähen die Tabellen für +3 und·3 auf K3 :={0, 1, 2} aus? Ist(K3,+3,·3)ein Körper? Finden Sie eine “große” TeilmengeAvonN, so dass(Kn,+n,·n) für allen∈Akein Körper ist? Gibt esn∈Nund eine Relation≤naufKn, so dass(Kn,+n,·n,≤n)ein angeordneter Körper ist?
In den Algebra-Vorlesungen werden Sie mehr über endliche Körper erfahren.
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