Apotheker
Bemühen um mehr
Kooperation mit Arzten
Im vergangenen Jahr hatte sich das Verhältnis Arzt — Apotheker merklich abgekühlt, zumin- dest, wenn man die Äußerungen von Standesvertretern beider Berufe als Gradmesser nahm.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hatte damals ein begrenztes Dispensierrecht für Ärz- te verlangt, was von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände als „unfreundli- cher Akt" bezeichnet wurde. Die Apotheker wiederum erregten mit ihrem Konzept „Verbes- serung der Arzneimittelversorgung — Mehr Verantwortung für den Apotheker" Ärger bei vie- len Ärzten. Von diesem Ansatz ist die ABDA zwar nicht abgerückt. Doch beim diesjährigen Pressegespräch in Berlin war viel konkreter von Kooperationen mit der Ärzteschaft die Rede.
Werbemotiv der ABDA mit dem Text: „Brötchen geholt. Zeitung gekauft. In der Apotheke gewesen. Und einen echten Gesundheitstip mitgenommen."
POLITIK
Im vergangenen Jahr hatte man zuweilen den Eindruck, daß sich die Apotheker auf Kosten der Ärzte bei den Krankenkassen als Partner andie- nen wollen. So hieß es in ihrem Kon- zept unter anderem: „Die Apotheker bringen sich. . . ein in die Einrichtung zur Transparenz des Arzneimittelein- satzes im Bereich der GKV, der Wirt- schaftlichkeitsprüfungen und phar- makologischen Beratung der Ver- tragsärzte sowie der Kontrolle der Arzneimittelausgaben der GKV."
Doch Politiker und Krankenkas- sen gingen auf die Angebote nicht weiter ein. Gerade die Vertreter der gesetzlichen Krankenkassen wollen etwas anderes: Bei der Suche nach weiteren Einsparmöglichkeiten im Gesundheitswesen sind sie auf die Apotheken gestoßen, in erster Linie auf die Kosten der Arzneimitteldistri- bution. Die Grundidee kennt man in- zwischen: Gründung von Versandapotheken, Erlaubnis von Fremd- und Mehrbesitz, Eingriffe in die Handelsspan- nen, Erhöhung des Kranken- kassenabschlages.
Daß eine stärkere Einbin- dung der apothekerlichen Kompetenz, wie sie die Bun- desvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) fordert, die Arzneimittelver- sorgung verbessern und sogar verbilligen würde, scheinen gerade die Krankenkassen nicht zu glauben. Dr. Johannes Pieck, Sprecher der Geschäfts-
AKTUELL
führung der ABDA, urteilte in Berlin:
„Der Apotheker wird ausschließlich als Distributeur verstanden, und des- halb soll er akzeptieren, daß andere zumindest einen Teil seiner Aufgaben angeblich genausogut, aber weniger kostenträchtig bewältigen können."
Genau das bestreiten die Apo- theker. Ihre Strategie läuft darauf hin- aus, den eigenen Stellenwert in einer flächendeckenden, qualitativ hoch- wertigen Arzneimittelversorgung in Deutschland hervorzuheben. Ein gu- tes Verhältnis zu den Ärzten kann da- bei nicht schaden. Die Erfahrungen haben gezeigt, daß offene Rivalität im Gesundheitswesen inzwischen mehr schadet als nutzt.
Die Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft optimieren — das wollte die ABDA bereits im vergangenen Jahr. Befragt nach Namen und Aktio- nen, paßten die Standesvertreter der
Apotheker jedoch. Anders in diesem Frühjähr in Berlin: Prof. Dr. Rainer Braun, ABDA-Geschäftsführer, wies auf eine Arbeitsgemeinschaft Arzt/
Apotheker hin, die Mitte Mai offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll: „Erste Kooperationsziele, die be- reits durch Projektgruppen bearbeitet wurden, befassen sich mit der Siche- rung der Selbstmedikation, der Com- plianceverbesserung sowie einer ra- tionalen Verordnung im Generikabe- reich."
Zweites Gemeinschaftsprojekt mit der Ärzteschaft ist ein Modellpro- jekt zur medizinischen Patientenkarte in Verbindung mit der A-Card. Mit ih- rer Hilfe sollen Ärzte und Apotheker die gesamte Medikation eines Patien- ten überblicken und damit auch kon- trollieren können. Für das Projekt, das am 1. Juli in Neuwied startet, sind neben der ABDA die Kassenärztliche Vereinigung Koblenz sowie das Zen- tralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland zuständig.
Ein weiteres Thema beim Presse- gespräch in Berlin war die Imagekam- pagne der ABDA. Pressesprecher El- mar Esser erinnerte an den Deut- schen Apothekertag 1993. Damals war entschieden worden, die ABDA solle ihre Öffentlichkeitsarbeit „er- heblich verstärken". Dabei solle die pharmazeutische Kompetenz des Be- rufs verstärkt in den Vordergrund gerückt werden, vor allem die Bera- tungsfunktion. Das Ergebnis ist eine breitgestreute Kampagne: Werbe- spots und Anzeigen in Fernsehen und Printmedien, eine intensivierte Pres- searbeit, Eigenwerbung für den Beruf
in der Apotheke selbst.
Für die Kampagne haben die Apotheker acht Millio- nen DM zur Verfügung ge- stellt. „Sie ist bewußt so an- gelegt, daß es keine Über- schneidung mit der Ärzte- schaft gibt", betonte Esser im Hinblick auf die Slogans. Ob das alle Ärzte so sehen, darf bezweifelt werden. Weitere Motive neben dem abgebil- deten sind unter anderem ein Beratungsgespräch und eine Strandsituation als Element zum Stichwort „Reiseapo- theke". Sabine Dauth A-1356 (18) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 19, 12. Mai 1995