K
eine Regelung der Amtlichen Ge- bührenordnung für Ärzte (GOÄ) beschäftigt Gerichte mehr als die Frage, wie weit die Pflicht zur Honorar- minderung nach § 6 a GOÄ reicht. Diese Regelung soll die Doppelbelastung des stationär versorgten Privatpatienten mit Personal- und Sachkosten vermeiden.Diese Kosten werden einerseits durch den Pflegesatz gedeckt, sie sind aber auch andererseits Bestandteil der Privat- liquidation des Chefarztes für wahlärzt- liche Leistungen. Unstrittig ist deshalb, dass der leitende Krankenhausarzt seine Privatliquidation um 25 Prozent zu min- dern hat. Müssen auch der hinzugezoge- ne „auswärtige“ Konsiliararzt oder das
„auswärtige“ Krankenhaus, die beide Leistungen für einen in stationärer Be- handlung in einem benachbarten Kran- kenhaus untergebrachten Privatpatien- ten erbringen, das hierfür beanspruchte Honorar mindern oder nicht?
Höchstrichterliche Klärung
Die Liste der Urteile wird immer länger, nicht zuletzt, weil die private Kranken- versicherung auf rechtliche Klärung in ihrem Sinne drängt; dabei übersieht sie geflissentlich, dass die Rechtslage trotz BGH-Entscheidungen und trotz einiger oberinstanzlicher Urteile nicht eindeu- tig geklärt ist, weil es eine große Zahl von Gerichtsurteilen gibt, die einen an- deren Standpunkt vertreten.
Die Bundesärztekammer steht des- halb unverändert auf dem Standpunkt, dass der niedergelassene Arzt nicht ver- pflichtet ist, seine konsiliarärztlichen Leistungen in dem genannten Fall zu mindern; Gleiches gilt für die Leistun- gen eines auswärtigen Krankenhauses.
Auch die Urteile der Oberlandesge- richte Hamm und Düsseldorf, die gene- rell die Minderungspflicht, auch des niedergelassenen Konsiliararztes, beja- hen, bringen keine Klarheit. Die Ärzte-
schaft wird die Auslegung deshalb höchstrichterlich klären lassen.
Bis zu dieser Klärung sind auswärtig er- brachte Konsiliarleistungen für einen in stationärer Behandlung befindlichen Pa- tienten unter Beachtung einiger Rahmen- bedingungen nicht zu mindern, weil
❃ die Kosten für diese Leistungen dem niedergelassenen Arzt bzw. dem auswärtigen Krankenhaus entstehen;
der behandelnde Krankenhausarzt mindert seine Liquidation, weil er – an- ders als der niedergelassene Konsiliar- arzt – für seine Leistungen das Kran- kenhaus, dessen Einrichtungen und Personal in Anspruch nimmt;
❃ die Kosten dieser konkreten Lei- stungen nicht im Pflegesatz enthalten sind und von daher keine Doppelbela- stung des Privatpatienten besteht;
❃ der Privatpatient, wie jeder andere Patient, mit Zahlung des Pflegesatzes eine Vielzahl von Kosten trägt, die nicht konkret durch seine Behandlung aus- gelöst sind, jedoch aus pflegesatzsyste- matischen Gründen in denselben einge- rechnet werden, wie zum Beispiel Dia- lysekosten, Laborkosten et cetera;
❃ bei Bejahung einer Minderungs- pflicht für externe Konsiliararztleistun- gen das veranlassende Krankenhaus zu- lasten des niedergelassenen Arztes Ge- winne machen würde.
Einiges ist dabei zu beachten:
❃ Der stationäre Privatpatient ist zu informieren. Dies muss geschehen, wenn er den Vertrag über Chefarztbe- handlung (wahlärztliche Leistung) ab- schließt. Dabei erfährt er, dass sich die Behandlung auf alle liquidationsberech- tigten Ärzte – auch die bei Bedarf ex- tern hinzugezogenen – bezieht und dass der extern hinzugezogene Arzt – anders als die Chefärzte im Krankenhaus – nicht verpflichtet ist, das Honorar zu mindern. Gleiches gilt für Leistungen des auswärtigen Krankenhauses.
❃ Die extern erbrachte konsiliar- ärztliche Leistung muss das Kranken- haus nicht vorhalten, deshalb wird sie von einem niedergelassenen Konsiliar- arzt in seiner Praxis erbracht.
❃ Es handelt sich um Ergänzungs- oder Nebenleistungen. Vor allem auf- grund der BGH-Entscheidungen zur Minderungspflicht muss auch das Ge- wicht der auswärtig erbrachten Konsi- liarleistung im gesamten „stationären Behandlungsverlauf“ gewürdigt werden.
Bei der Beurteilung dieser Frage hilft die Formel „Arzt nimmt Krankenhaus in Anspruch“ gleich Honorarminderungs- pflicht; „Krankenhaus nimmt niederge- lassenen Arzt oder auswärtiges Kran- kenhaus in Anspruch“. Daraus resul- tiert keine Honorarminderungspflicht.
Neben- und
Ergänzungsleistungen
Der BGH hat in zwei Urteilen vom Ja- nuar und September 1988 jeweils den Fall „Arzt nimmt Krankenhaus in An- spruch“ entscheiden müssen, weil die zur Debatte stehenden Herzkatheterbe- handlungen einer im Krankenhaus be- findlichen kardiologischen Praxis erst die stationäre Behandlung ausgelöst ha- ben. Dagegen sind auswärtige Konsiliar- leistungen von Laborärzten, Radiolo- gen, Pathologen, Mikrobiologen und an- deren in der Mehrzahl der Fälle Ergän- zungen zu der im Krankenhaus vorge- nommenen Haupt- oder Kernbehand- lung. Diese „Neben- oder Ergänzungs- leistungen“ sind gegenüber dem sta- tionär untergebrachten Privatpatienten nicht zu mindern. Entgegen anderen In- terpretationen, vor allem privater Kran- kenversicherungen und Beihilfestellen, hat der BGH sich nicht allgemein mit den üblichen ergänzenden auswärtigen Konsiliarleistungen des hinzugezogenen niedergelassenen Arztes, sondern mit zwei Spezialfällen befasst. Renate Hess P O L I T I K
A
A2550 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 40½½½½5. Oktober 2001