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Archiv "Gebührenordnung für Ärzte: Auf der Suche nach Gemeinsamkeiten" (17.10.2003)

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nter dem Eindruck eines mögli- chen Richtungswandels in der Ge- sundheitspolitik und einer weite- ren Zentralisierung sowie des Einbaus von staatlichen Regulativen sind die Ärzteschaft (Bundesärztekammer) und die private Krankenversicherung (PKV) jetzt etwas näher zusammengerückt.

Immer mehr setzt sich die Überzeugung in beiden Lagern durch, dass die Suche nach Gemeinsamkeiten und das Be- mühen um einen Schulterschluss wich- tiger ist, als die Gegnerschaft im Honorarbereich weiter zu pflegen und dadurch der Politik in die Hand zu spielen.

Vorerst ist aber festzustellen, dass die Vorstellungen, Forderungen und Wünsche des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e.V., Köln, mit den Konzeptionen einzelner, tonan- gebender Versicherungsgesellschaften teilweise kontrastieren. Andererseits wächst auch in der PKV der Leistungs- und Kostendruck ständig, sodass auf der Ebene des Managements das er- werbswirtschaftliche Denken domi- niert. Gemeinsame, „übergeordnete“

Ziele werden dann oftmals vernach- lässigt.

Wie die derzeitigen Strömungen zwi- schen Bundesärztekammer und priva- ter Krankenversicherung laufen – dar- über gaben verschiedene Sondierungs- gespräche Aufschluss. Sie lassen erken- nen, dass zumindest seitens der Führungscrew auf beiden Seiten die Gemeinsamkeiten in den Vordergrund gerückt werden. Ein Bündnis gegen sy- stemverändernde Reformabsichten im Regierungslager als auch anderer omni- potenter Mächte scheint sich jetzt her- auszukristallisieren, nachdem bereits jetzt die nächste systemtransferierende Gesundheitsreform und eine „ein-

kommensunabhängige Bürgerversiche- rung“ angekündigt wird.

Immerhin gibt es zwischen Bun- desärztekammer und PKV gemeinsa- me Grundpositionen bei den Reform- optionen, so insbesondere beim Plä- doyer für den Erhalt des geglieder- ten Krankenversicherungssystems. Un- bestritten ist, dass eine Aktualisierung und Weiterentwicklung der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) längst überfällig sind. Dies betrifft ins- besondere das Gebührenverzeichnis, das der aktuellen medizinischen Ent- wicklung hinterherhinkt. Der letzte Teilreformschritt liegt immerhin bereits mehr als sieben Jahre zurück, ohne dass die inzwischen erfolgten Neuerungen in der Medizin beachtet und im Regel- werk der GOÄ „eingefangen“ worden wären. Wesentliche Teile der gültigen GOÄ basieren noch auf den Bedingun- gen der letzten großen Reform aus dem Jahr 1982.

Still ruht der See

Die Bundesärztekammer hat bereits vor fast drei Jahren dem damaligen Bundesministerium für Gesundheit und der privaten Krankenversicherung vor- geschlagen, eine Weiterentwicklung der Gebührenordnung auf der Basis des so genannten Vorschlagsmodells zu reali- sieren. Bei dieser Reformoption wären die Direktkontrahenten in der Vor- hand, und der Bund als Verordnungsge- ber wäre der Katalysator und der Ga- rant dafür, dass die GOÄ als amtliche Gebührentaxe funktioniert und praxis- gerecht angewandt werden kann. Die- ses Verfahren, das zu einer verbraucher- freundlichen Vereinfachung und zu ei- ner leistungsgerechten Gestaltung des P O L I T I K

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A2694 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 4217. Oktober 2003

Gebührenordnung für Ärzte

Auf der Suche nach Gemeinsamkeiten

Bundesärztekammer und private Krankenversicherung wollen Reformdiskussion versachlichen.

miss von Regierung und Union wird es zwar ein Qualitätsinstitut geben. Dieses wird aber unter der Trägerschaft der ge- meinsamen Selbstverwaltung stehen.

NICE-Chef Prof. Sir Mike Rawlins erläuterte bei dem Expertentreffen in Berlin, dass es sich bei seinem Institut um eine „virtuelle“ Institution handelt.

Insgesamt würden zwar mehr als 2 000 Mitarbeiter für NICE Arzneimittel und medizinische Verfahren auf deren Wirksamkeit und Kosten untersuchen, davon seien aber nur 60 bis 70 fest ange- stellt. Der Grund: Die mittlerweile mehr als 40 Richtlinien und fast 70 Be- richte werden nicht von NICE selbst verfasst, sondern an unabhängige Bera- ter in Auftrag gegeben.

Rawlins äußerte Verständnis für die deutsche Entscheidung, das Qualitäts- institut von der ursprünglich vorgesehe- nen staatlichen Kontrolle abzukoppeln.

„Technisch ist es natürlich auch in Deutschland möglich, ein Institut wie NICE ins Leben zu rufen.“ Anders als im Vereinigten Königreich stünden hier aber die Akteure im Gesundheitswesen nicht hinter einer solchen Einrichtung.

Es sei wichtig, dass wie in Großbritanni- en Regierung, Ärzte und Medien aufge- schlossen seien, sagte Rawlins, der selbst praktizierender Arzt ist. Dass dies in Deutschland nicht so gegeben ist, erklärte Dr. Bernhard Gibis, Dezer- nent der Kassenärztlichen Bundesver- einigung und zuständig für Versor- gungsqualität und Sicherstellung, mit grundsätzlichen Unterschieden bei den Systemen. Es sei kein Nachteil, dass das deutsche Institut an die Selbstverwal- tung gebunden werde. Allein schon, um den Einfluss der Politik auf das Zen- trum (wie in Großbritannien zu beob- achten) zu minimieren, erklärte Gibis.

Der bilaterale Erfahrungsaustausch erfolgte auf Einladung der Deutsch- Britischen Stiftung und unter der wis- senschaftlichen Leitung von Prof. Dr.

Reinhard Busse, Lehrstuhl für Manage- ment im Gesundheitswesen an der Technischen Universität Berlin. Busse betonte zum Abschluss der Veranstal- tung, dass die internationale Gesund- heitsreformdiskussion genau davon le- be, ähnliche Lösungsansätze auf ihre Übertragbarkeit in andere Systeme mit anderen Ausgangsbedingungen zu überprüfen. Samir Rabbata

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Gebührenrechts führen soll, wird aber vorwiegend aus finanziellen Gründen von den Bundesländern blockiert. Die Länder haben indes bisher keine ein- heitliche Meinung zum Vorschlags- modell. Einzelne Bundesländer lehnen das Modell ab, andere Länder fordern abweichende Rahmenbedingungen bei seiner Ausgestaltung.

Inzwischen hat die Allianz Kranken- versicherung AG, München, die bei den Marktanteilen auf dem privaten Kran- kenversicherungsmarkt auf dem dritten Platz rangiert, ebenfalls das Vorschlags- modell als eine Reformoption auf Selbstverwaltungsebene goutiert. In ei- nem Expertengespräch mit der Bundes- ärztekammer haben Sprecher des Münchner Versicherungskonzerns eine Modifikation des derzeitigen Gebüh- renrahmens vorgeschlagen. Außerdem will die Allianz bei der Weiterentwick- lung berücksichtigt sehen, dass sich die individuelle, hoch qualifizierte Chef- arztleistung im Honorar und im Ge- bührenansatz entsprechend wiederer- kennen lässt. Die Privatassekuranz hält es für notwendig, dass leistungsfördern- de und qualitätssichernde Elemente die Privatliquidationen besser als bisher kennzeichnen.

Einheitlich ist der Wunsch der PKV ebenso wie der Bundes- ärztekammer, künftig die Privat- liquidation übersichtlicher und einfacher zu gestalten, die Kon- flikte zu begrenzen und das Problem der persönlichen Lei- stungserbringung in den Griff zu nehmen. Dafür hatte sich der Verband der privaten Kranken- versicherung in einem Reform- eckpunktepapier von Ende 2002 ausgesprochen, allerdings verse- hen mit Vorschlägen in Richtung einer pauschalierten Wahlarzt- vergütung. Andererseits räumt der Verband ein, dass eine wei- tergehende Aushöhlung des Privatliquidationsrechts und das an die persönliche Leistungser- bringung gebundene Recht die private Krankenversicherung insgesamt in ihrem Nerv treffen würde. Besser sei es, die GOÄ zu einem System von Vergütungs- anreizen auszubauen, meint die Assekuranz.

Weiter reichend sind die aktuellen Wünsche aus dem PKV-Verband, der ebenfalls von den staatlich verordneten Spar- und Kostendämpfungsmaßnah- men profitieren will. Nicht zuletzt habe die Bundesministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung, Ulla Schmidt, wiederholt darauf hingewiesen, dass ihr Augenmerk auch der Kosten- und der Prämienexpansion bei der privaten Krankenversicherung und den Ausga- ben der Beihilfestellen gelte. Notfalls müsse auch hier die Politik einschreiten.

Gemeinsamkeiten

Eine „heilige Allianz“ zwischen PKV als Kostenerstatter und den beihilfe- verpflichteten Bundesländern gibt es seit jeher. So hat beispielsweise das Land Berlin angekündigt, künftig bei der Beamtenbeihilfe nur noch den 1,8fachen Satz zu erstatten. Bisher galt der gesetzlich verankerte Schwellen- wert des 2,3fachen. Die Senatsinnen- verwaltung von Berlin prognostiziert, dass dadurch 36 Millionen Euro pro Jahr eingespart werden könnten. Und

der Geschäftsführer im PKV-Verband, Christian Weber, Köln, setzte noch eins drauf: „Die Breite der Schere, die zwi- schen den Honoraren bei Kassenpati- enten und bei Privatpatienten klafft, ist nicht mehr akzeptabel.“ Überhaupt ist vielen PKV-Oberen ein System von Einzelleistungsvergütungen im Be- reich der Privatliquidation suspekt.

Hier sollten aus deren Sicht Anleihen auch von dem jetzt im Krankenhaus- sektor implementierten Regelwerk ge- nommen werden, nämlich vom dia- gnosebezogenen Fallpauschalensystem (Diagnosis Related Groups), das sich nach Diagnosen und Krankheitskom- plexen orientiert und auch in etwa Zeitvorgaben berücksichtigt. Außer- dem könnte so ein international aner- kanntes Klassifikationssystem imple- mentiert werden. Bei allen Bestrebun- gen der privaten Krankenversicherung, sich an den Vergütungssätzen der Ge- setzlichen Krankenversicherung zu ori- entieren, besteht die Gefahr, dass Un- terschiede verwischt werden und der sich ohnedies abzeichnende Trend in Richtung einer Einheitskrankenversi- cherung gefördert wird.

Um allen Befürchtungen der Privatassekuranz von vornher- ein den Wind aus den Segeln zu nehmen, versicherte der Vorsit- zende der GOÄ-Gremien der Bundesärztekammer, Dr. med.

Alfred Möhrle, zugleich Präsi- dent der Landesärztekammer Hessen: „Die Weiterentwicklung der GOÄ und die geforderten Reformschritte sowie die über- fällige Aktualisierung des Ge- bührenverzeichnisses brauchen nicht zu Ausgabensteigerungen zulasten der PKV zu führen. Die moderne Medizin kommt der- zeit dem Privatpatienten schon zugute und wird auch vergütet, wenn auch auf unzulänglicher Basis und von zahlreichen Kon- flikten begleitet.“

Mit gemeinsamen Anstren- gungen und nur dann, wenn Bundesärztekammer und private Krankenversicherung aktionsfä- hig bleiben, hätte die Politik kein Alibi dafür, mit Sparregulativen und dirigistischen Eingriffen ein- zuschreiten.Dr. rer. pol. Harald Clade P O L I T I K

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A2696 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 4217. Oktober 2003

Grafik

Quelle:Die private Ktankenversicherung,Rechenschaftsbericht 2002,Köln,Juni 2003

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