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Archiv "Psychiatrische Erkrankungen: Besondere Aspekte der Therapie von Frauen" (11.06.1999)

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bwohl geschlechtsspezi- fische Unterschiede bei psychiatrischen Erkran- kungen hinlänglich bekannt sind, wird in Ausbildung und Praxis auf Therapiebesonder- heiten bei Frauen nur wenig eingegangen. Dabei spielt ge- rade der Hormonhaushalt der Frau bei der Ätiologie und damit auch der Therapie die- ser Erkrankungen eine wich- tige Rolle.

Aufmerksam auf die Rolle des Östrogens bei psychiatri- schen Erkrankungen war man durch die unterschiedliche Ausprägung der Schizophre- nie bei Männern und Frauen geworden. Ergeben sich doch bei dieser Erkrankung zwei Altersgipfel bezüglich der Erstmanifestation bei Frauen.

Neben einem gehäuften erst- maligen Auftreten im Jugend- alter stellt die Menopause eine ebenso bedeutende Phase dar.

Auch Östrogene gegen Depression Als Ursache wird der Östrogenmangel durch die einsetzende Ovarialinsuffizi- enz vermutet. Diese These würde auch stützen, daß De- pressionen in der Menopause sehr gut auf Hormonsubstitu- tion ansprechen, erläuterte die Psychiaterin Prof. Anke Rohde (Bonn), nach deren Erfahrung sich eine therapie- resistente Depression durch die gemeinsame Gabe von Antidepressiva und Östroge- nen beheben läßt.

Genauso wie Hormon- schwankungen im Laufe des Lebens die psychische Be- findlichkeit einer Frau stark beeinflussen können, greift auch die Therapie mit Psy- chopharmaka erheblich in den Hormonhaushalt ein.

Typische Neuroleptika wie Haloperidol blockieren den Neurotransmitter Dopamin, den wichtigsten Prolaktin- hemmfaktor (PiF) auf der Ebene der Hypophyse.

Die dadurch verursachte Hyperprolaktinämie induziert schließlich einen hypoöstro- genen Zustand, der ei- nem vorzeitigen Klimakteri- um ähnlich ist. Für die betrof-

fene Frau hat das weitreichen- de Folgen: Anovulation, In- fertilität, Amenorrhö, Galak- torrhö, sexuelle Dysfunktion, aber auch bei dauerhafter Ein- nahme eine Reduktion der Knochendichte und ein er- höhtes Risiko für kardiovas- kuläre Krankheiten. Diese Nebenwirkungen gäben den Patientinnen das Gefühl, kei- ne richtige Frau mehr zu sein, und gingen häufig mit Gereizt- heit und Depressivität einher, so Rohde weiter. Außerdem würde die Bereitschaft stark verringert, die Medikamente zur Rezidivprophylaxe über längere Zeit einzunehmen.

Günstiger wäre bei Frauen der Einsatz des atypischen Neuroleptikums Olanzapin, das im Gegensatz zu anderen neuen atypischen Antipsycho- tika den Prolaktinspiegel nur gering und passager erhöht.

Dies konnte durch eine große randomisierte Doppel- blindstudie kürzlich wissen- schaftlich bestä-

tigt werden, bei der akut schi- zophrene Pati- enten jeweils mit Olanzapin, Ha- loperidol oder ei- nem Plazebo be- handelt wurden.

Die Inzidenz von Hyperpro- laktinämien war in der mit Olan- zapin behandel- ten Patienten- gruppe signifi- kant geringer.

Dies stelle einen entscheidenden Vorteil des Me-

dikaments dar, zumal der Pro- laktinanstieg für die antipsy- chotische Wirksamkeit nicht erforderlich sei. Mit den Pati- entinnen, so Rohde, sei dann jedoch auch eine eventuell nötige Kontrazeption zu be- sprechen.

Die Therapie psychia- trischer Erkrankungen stellt bei gleichzeitig bestehender Schwangerschaft der Patien- tin eine besondere Heraus- forderung dar. „Obwohl in der Schwangerschaft mög- lichst keine oder nur wenige Psychopharmaka eingesetzt werden sollten, ist es für die Frau häufig schwierig, die Schwangerschaft zu überste- hen, wenn diese Medikamen- te nicht eingesetzt werden“, räumt Frau Prof. Rohde ein.

Sie empfiehlt daher, nach strenger Indikationsstellung nur klassische Medikamente einzusetzen, mit denen schon ausreichend Erfahrungen ge- sammelt wurden. Im ersten Trimenon sei jedoch der Ein- satz von Psychopharmaka möglichst ganz zu vermeiden.

Auch in den letzten Wochen vor der Entbindung rät sie, prinzipiell die Medikamente abzusetzen, damit das Baby nach der Geburt die Substan-

zen nicht selbst über die Le- ber metabolisieren muß.

Der Einsatz von Psycho- pharmaka sei kein Grund für den Abbruch einer ungeplan- ten Schwangerschaft. Ledig- lich bei einer Therapie mit Li- thium und Antikonvulsiva sei

nach Pränataldiagnostik gege- benenfalls eine Schwanger- schaftsunterbrechung zu er- wägen. Auch in der Stillzeit müsse die Indikation für eine medikamentöse Therapie sehr streng gestellt werden, da die meisten Medikamente auch konzentriert in der Mut- termilch auftreten. Für beson- ders wichtig hält Rohde das gemeinsame Gespräch mit El- tern über die Möglichkeit des Abstillens. Sie sollten beide in die Entscheidung einbezogen sein, um eventuell auftretende Schuldgefühle der Patientin nicht zu verstärken.

Nach der Entbindung tre- ten auch bei Frauen ohne psy- chische Grunderkrankungen sehr häufig Depressionen auf.

Während durch die Hormon- umstellung 50 bis 70 Prozent aller Frauen den dritten bis fünften Tag nach der Entbin- dung als sogenannte „Heulta- ge“ erleben, manifestiert sich bei zehn bis 15 Prozent der Mütter in den er- sten Wochen und Monaten eine post- partale Depression.

Aufgrund des verfestigten Bildes einer glücklichen Mutter werde der eigene Zustand je- doch häufig nicht akzeptiert und als Versagen gewer- tet. Familiäre und soziale Unterstüt- zung hält Rohde in diesen Fällen allein nicht für ausrei- chend. Statt dessen sollten auch Anti- depressiva, wie zum Beispiel der mittlerweile hin- reichend getestete SSRI (se- lektive serotonine reuptake inhibitor) Fluoxetin, einge- setzt werden. Leider würde diese Form der Depression bei Frauen noch viel zu selten behandelt. Eva Hofmann A-1581 Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 23, 11. Juni 1999 (65)

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Psychiatrische Erkrankungen

Besondere Aspekte der Therapie von Frauen

Pablo Picasso: „Dormeuse – Femme endormie“ Foto: Galerie Ludorff

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