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Archiv "Therapie depressiver Erkrankungen" (07.11.2008)

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D

ie Diagnostik depressiver Erkrankungen und die Einteilung der Schweregrade in leicht, mit- telgradig und schwer wurde an dieser Stelle kürzlich ausführlich dargestellt (1). Ist die Diagnose richtig ge- stellt, stehen heute zahlreiche wirksame Behand- lungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Prognose der depressiven Erkrankung ist bei einer durchgängigen konsequenten Therapie gut.

Lernziele dieses Beitrags sind:

die Grundlagen der Therapie depressiver Erkran- kungen zu kennen (Indikation, Setting,

Therapieabschnitte, Therapiestufen)

die Prinzipien der Gestaltung der Arzt-Patienten- Beziehung kennen zu lernen

Basiswissen über die antidepressive Pharmako- therapie zu erwerben

Kenntnisse über psychotherapeutische Möglich- keiten der Depressionsbehandlung zu erwerben.

Der Fortbildungsartikel basiert auf einer selektiven Literaturaufarbeitung und umfangreicher eigener Er- fahrung mit der ambulanten und stationären Therapie depressiver Patienten und stellt den aktuellen Stand der Behandlung depressiver Erkrankungen mit einem Schwerpunkt auf dem haus- und allgemeinärztlichen Bereich dar.

Hinweise auf die Behandlungsbedürftigkeit einer depressiven Episode in Abgrenzung zur adäquaten Trauer sind unter anderem:

Dauer des depressiven Syndroms > 2 Wochen starrer Affekt, der auch nicht durch positive Er-

lebnisse auslenkbar ist

Gefühl der Gefühllosigkeit (Patienten erleben sich nicht mehr als traurig, sondern als verstei- nert oder innerlich abgestorben)

typische Tagesschwankungen mit Morgentief und abendlicher Besserung

Prognose

Depressive Erkrankungen haben bei

konsequenter Ausschöpfung der verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten eine gute Prognose.

Therapie depressiver Erkrankungen

Tom Bschor, Mazda Adli

Punkte 3

cme

Teilnahme nur im Internet möglich:

aerzteblatt.de/cme

ZUSAMMENFASSUNG

Einleitung: Für die Behandlung depressiver Erkrankungen steht eine unübersichtliche Vielzahl von Therapieoptionen zur Verfügung.

Methode: Selektive Literaturrecherche unter Berücksichti- gung aktueller Leitlinien.

Ergebnisse: Die Therapie gliedert sich in die Abschnitte Akuttherapie, Erhaltungstherapie und prophylaktische The- rapie. Grundsätzlich zur Verfügung stehen Pharmakothera- pie, Psychotherapie und unterstützende Maßnahmen. Die etwa 30 erhältlichen Antidepressiva unterscheiden sich insbesondere im Nebenwirkungsspektrum. Von den spezi- fischen Psychotherapien werden die Verhaltenstherapie und die tiefenpsychologisch fundierte und analytische Psy- chotherapie von den gesetzlichen Krankenkassen erstat- tet. Alle Verfahren (mit Ausnahme der Schlafentzugsbe- handlung) haben eine mehrwöchige Wirklatenz und eine relevante Non-Responder-Quote von circa 30 bis 50 Pro- zent. In der klinischen Praxis ist es entscheidend, im Sinne eines gestuften Vorgehens nach Ablauf der Wirklatenz standardisiert die Wirksamkeit zu überprüfen. Im Falle von Non-Response sollte dann eine nächste Therapiestufe ein- geleitet werden.

Diskussion: Bei der konsequenten Ausschöpfung der verfüg- baren Behandlungsmöglichkeiten haben depressive Erkran- kungen eine gute Prognose, sofern eine angemessene Be- handlungsdauer und eine standardisierte Responseevaluati- on beachtet werden (bei Antidepressiva nach etwa 4 bis 6 Wochen, bei Psychotherapie nach etwa 4 bis 12 Wochen).

Dtsch Arztebl 2008; 105(45): 782–92 DOI: 10.3238/arztebl.2008.0782 Schlüsselwörter: Depression, Antidepressiva, antidepressiver Stufenplan, Therapiealgorithmus, Psychotherapie

Jüdisches Krankenhaus, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, Berlin:

PD Dr. med. Bschor

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Mitte: Dr. med. Adli

(2)

somatische Symptome ohne organische Ursache inadäquate Schuldgefühle oder sogar depressiver

Wahn Suizidalität

frühere schwere Depressionen

schwere depressive Erkrankungen in der Fami- lie.

Behandlungssetting

Die Depression ist eine Volkskrankheit (1). Erkennen und Behandeln, zumindest unkomplizierter Verläufe, ist daher auch eine haus- und allgemeinärztliche Auf- gabe.

Indikationen für eine Überweisung zum Fach- arzt für Psychiatrie und Psychotherapie sind:

– diagnostische Unklarheiten

– psychiatrische Komorbidität (zum Beispiel Sucht, Demenz, Persönlichkeitsstörung) – schwere depressive Symptomatik – wahnhafte Depression

– Depression im Rahmen bipolar affektiver Er- krankungen (bipolare Depression)

– Suizidalität

– chronifizierte Depression

– Therapieresistenz (Non-Response auf ein oder zwei adäquat durchgeführte Behandlungsver- suche)

– Indikation für eine Psychotherapie oder einen Betreuungsaufwand, der in einer hausärztli- chen Praxis nicht zu leisten ist.

Indikationen zur Überweisung in stationäre psy- chiatrische Behandlung sind:

– akute Suizidalität oder anderweitige Selbstge- fährdung (zum Beispiel Nahrungsverweige- rung)

– schwere wahnhafte oder anderweitig psycho- tische Symptomatik

– depressiver Stupor

– krankheits- oder anderweitig bedingte Un- fähigkeit, eine ambulante Behandlung regel- mäßig in Anspruch zu nehmen (zum Beispiel aufgrund Antriebsmangels)

– drohende Verwahrlosung bei Fehlen eines tragfähigen sozialen Netzes

– den Therapieerfolg behindernde äußere Lebensumstände (zum Beispiel schwere fami- liäre Konflikte)

– ambulante Therapieresistenz

Therapieabschnitte und -ziele

Die Depressionsbehandlung teilt sich in drei Abschnitte (2, 3). Ziel der Akuttherapie ist die (weitgehende) Re- mission der depressiven Symptomatik. Da depressive Erkrankungen unterschiedlich schnell auf die Behand- lung ansprechen, kann die Dauer der Akuttherapie zwi- schen wenigen Wochen und vielen Monaten betragen.

Hieran schließt sich eine Erhaltungstherapie an, die als vorrangiges Ziel die Vermeidung eines Frührezidivs hat. Die Zeitdauer beträgt sechs bis zwölf Monate. Da, unabhängig von der zur Remission führenden Therapie- form, in diesem Zeitraum eine deutlich erhöhte Rück- fallgefahr besteht, ist eine Erhaltungstherapie grund- sätzlich indiziert (4). In der Regel wird in diesem Zeit- raum die zur Remission führende Behandlung unverän- dert fortgeführt. Weiteres Ziel der Erhaltungstherapie ist auch die vollständige funktionelle Genesung, das heißt die uneingeschränkte Wiedererlangung der prämorbi- den Fähigkeiten, zum Beispiel im Beruf und in der Fa- milie.

Eine prophylaktische Therapie ist nur bei einem rezi- divierenden Krankheitsverlauf in Abhängigkeit von der individuellen Rezidivwahrscheinlichkeit indiziert. Die- se lässt sich am besten aus der Anzahl und dem zeitli- chen Abstand vorhergehender depressiver Episoden ab- leiten. Sofern die Indikation für eine prophylaktische Therapie gestellt wird, ist diese zeitlich unbefristet zu beginnen (4). Diese Übersicht behandelt schwerpunkt- mäßig die Akuttherapie.

Therapieprinzipien

Grundsätzlich zur Verfügung stehen Pharmakotherapie

Psychotherapie

unterstützende Maßnahmen.

Aufgrund der relevanten Spontanremissionsrate (Episodenlänge ohne Behandlung durchschnittlich sechs bis acht Monate) insbesondere leichterer Depres- sionen, kann in Absprache mit dem Patienten für zwei bis vier Wochen zunächst ein aktiv-beobachtendes Ab- warten (englisch: „watchful waiting“) vereinbart wer- den (5).

Bei leichten und mittelgradigen Depressionen sollte monotherapeutisch mit Pharmako- oder Psychotherapie begonnen werden (nach Verfügbarkeit der Behandlung und nach Präferenz des Patienten), bei schweren, rezidi- vierenden oder chronifizierten Depressionen oder bei älteren Patienten kann eine primäre Kombination beider Verfahren vorteilhaft sein.

Depression als Volkskrankheit Erkennen und Behandeln der Depression, zumindest unkomplizierter Verläufe, ist

auch eine haus- und allgemeinärztliche Aufgabe.

Basis der Behandlung

Die Basis der Depressionsbehandlung ist das

empathisch-verstehende ärztliche Gespräch und

das stabile therapeutische Bündnis.

(3)

Grundsätzliches Vorgehen

Die Basis der Depressionsbehandlung, auch jenseits spezifischer Psychotherapien, ist das empathisch-ver- stehende ärztliche Gespräch und das stabile therapeu- tische Bündnis. Der Patient sollte sich mit seinen Sorgen und Ängsten angenommen fühlen und durch das Gespräch entlastet werden, insbesondere von Schuld- und Insuffizienzgefühlen. Der Arzt oder die Ärztin sollte Zuversicht vermitteln und hierbei die Be- handelbarkeit und die gute Prognose von Depressio- nen betonen. Für diese Ziele ist es oft hilfreich, ein biologisch fundiertes Krankheitsmodell zu vermitteln und insbesondere akut erkrankten Patienten zu ermög- lichen, das depressive Syndrom als Ausdruck einer Krankheit und damit der Berechtigung zur Entlastung von Alltagspflichten anzunehmen. Auch verliert die Depression hierdurch ihren oft unerklärlichen und be- drohlichen Charakter. Bei chronisch depressiven Pati- enten hingegen ist oft die stufenweise Aktivierung und Förderung von Eigenverantwortung und -initiati- ve erforderlich. Überforderte Angehörige reagieren häufig mit Vorwürfen, Bagatellisierungen („das wird schon wieder, das ist gar nicht so schlimm“) oder Ap- pellen „sich zusammenzureißen“. Dies ist grundsätz- lich nicht hilfreich, unterstreicht aber die Notwendig- keit, die Angehörigen ebenfalls über die Depression als eine behandelbare Krankheit aufzuklären und für eine Mitwirkung an der Genesung des Patienten zu gewinnen. Patienten und Angehörige können zur Teil- nahme an einer Selbsthilfe- beziehungsweise An- gehörigengruppe motiviert werden (siehe Internet- adressen). Der zusätzliche Einsatz schriftlicher Pati- enteninformationen kann nützlich sein (siehe Internet- adressen).

Eine besondere Gefahr depressiver Erkrankungen ist die Suizidalität. Drei bis 15 Prozent der depressiv Erkrankten begehen Selbstmord (e1), 40 bis 70 Pro- zent der Suizidopfer litten an einer Depression (6).

Suizidalität sollte stets, auch wiederholt im Be- handlungsverlauf angesprochen werden. Der Patient fühlt sich hierdurch fast immer entlastet. Zum konkre- ten Vorgehen siehe Rudolf et al. (1). Ein Großteil der Suizide wird vorher direkt oder indirekt angekündigt.

Wichtige Maßnahmen bei Suizidalität:

sofortiger Beginn einer psychotherapeutischen Krisenintervention. Die stabile Arzt-Patienten- Beziehung ist der wirksamste protektive Faktor.

Hier kommt dem Hausarzt eine zentrale Rolle zu.

Überweisung zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie

kurzfristige, engmaschige Kontakte und klare, eindeutige Absprachen: nächster Termin wann und wo – keine unkonkreten Angebote wie „mel- den Sie sich, wenn es nicht geht“

konkretes 24-Stunden-Hilfsangebot: Telefon- nummer von psychiatrischem Krisendienst oder Rettungsstelle

Aufschub und Anti-Suizidpakt vereinbaren. Un- ter diesem Pakt versteht man ein Abkommen zwischen Arzt und Patient, in dem der Patient verspricht, sich bis zu einem bestimmten Zeit- punkt nichts anzutun.

stationäre Einweisung, gegebenenfalls auch oh- ne Zustimmung des Patienten nach dem Landes- gesetz für psychisch Kranke

bei akuter Suizidalität gegebenenfalls Benzodia- zepin

Da auf kein Therapieverfahren alle Patienten an- sprechen, erfolgt die Depressionsbehandlung grund- sätzlich in aufeinander folgenden Therapiestufen (7).

Die Dauer einer Therapiestufe ist dabei so zu bemes- sen, dass der Zeitraum ausreichend lang ist, um dem jeweiligen Verfahren in der Therapie eine Chance auf Wirksamkeit einzuräumen, aber zugleich so kurz, dass der Patient nicht unnötig lang eine bei ihm un- wirksame Therapie fortführt. Für die Behandlung mit Antidepressiva hat sich eine Stufendauer von etwa vier (bei älteren Patienten auch sechs), bei spezifi- schen psychotherapeutischen Verfahren von vier bis zwölf Wochen bewährt.

Nach Ablauf dieser Zeit sollte eine standardisierte Evaluation der Response erfolgen. Um dies zu ermög- lichen, ist eine detaillierte Dokumentation der Sym- ptomatik zu Beginn der Therapiestufe unerlässlich.

Zusätzlich hilfreich sind die einfach anzuwendenden, etablierten Depressionsschweregrad-Skalen, entwe- der als Fremdbeurteilungsskala (zum Beispiel die Ha- milton-Depressionsskala [8]) oder als Selbstbeurtei- lungsskala (zum Beispiel das Beck-Depressions-In- ventar [9]). Bei Beurteilungen mit diesen Skalen wird als Response zumeist bezeichnet, wenn sich der Sum- men-Score in der jeweiligen Behandlungsstufe min- destens halbiert hat (10). In diesem Fall ist mit dem Ziel der vollständigen Remission der Symptomatik weiterzubehandeln. Bei Non-Response hingegen soll- te konsequent zur nächsten Therapiestufe übergegan- gen werden.

Suizidalität

Eine besondere Gefahr depressiver Erkrankungen ist die Suizidalität. 3 bis 15 Prozent der depressiv Erkrankten begehen Selbstmord, 40 bis 70 Pro- zent der Suizidopfer litten an einer Depression.

Depressionsbehandlung

Die Depressionsbehandlung erfolgt grundsätzlich

in aufeinander folgenden Therapiestufen, weil

nicht alle Patienten auf jedes Therapieverfahren

ansprechen.

(4)

Pharmakotherapie

Antidepressiva

Die zentrale Arzneimittelgruppe zur Pharmakotherapie der Depression sind die Antidepressiva. In Deutschland sind etwa 30 Wirkstoffe in dieser Medikamentengruppe zugelassen. Sie besitzen alle eine ungefähr vergleichbare Wirksamkeit (5) mit einer Non-Responder-Quote von ei- nem Drittel bis 50 Prozent. Alle Antidepressiva haben ei- ne vergleichbare Wirklatenz, die klinisch-pragmatisch mit zwei bis vier Wochen angenommen werden kann (EBM-Level A [Ia]).

Von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen zielen die verfügbaren Antidepressiva in ihrer Hauptwirkung auf eine Erhöhung der synaptischen Konzentration von Serotonin und/oder Noradrenalin im ZNS ab. Lediglich der Weg, wie dies erreicht wird, ist unterschiedlich (11) (Tabelle 1).

Phytotherapeutika (Johanniskraut)

Als Phytotherapeutika haben Johanniskraut-Präparate speziell in Deutschland eine große Verbreitung. Die Stu- dienlage zur Wirksamkeit von Johanniskraut ist wider- sprüchlich, zudem weisen viele Studien erhebliche me- thodische Mängel auf. Eine aktuelle Metaanalyse (5) kommt zu dem Ergebnis, dass für leichte und mittelgra- dige Depressionen eine Wirksamkeit wahrscheinlich ist.

Die über 40 auf dem deutschen Markt befindlichen Jo- hanniskraut-Präparate weisen eine höchst unterschiedli- che Zusammensetzung der über 400 Einzelstoffe auf (5).

Zu wenig bekannt, aber von großer klinischer Rele- vanz ist das erhebliche Interaktionsrisiko von Johan- niskraut, das als Induktor von Isoenzymen des Cyto- chrom-P450-Systems zu einer Abschwächung zahl- reicher Arzneimittel einschließlich oraler Kontrazep- tiva, Antikoagulanzien, Digoxin, Theophyllin, andere Antidepressiva, Ciclosporin und Anti-HIV-Mittel führt. Beim Absetzen von Johanniskraut kommt es dementsprechend zu einem Anstieg der Serumkon- zentrationen der genannten Pharmaka. Ebenso ist Jo- hanniskraut teratogen.

Benzodiazepine

Benzodiazepine weisen keine genuine antidepressive Wirksamkeit auf. Sie wirken aber akut sedierend und anxiolytisch, sodass sie bei schweren Depressionen und Suizidalität für einen Zeitraum von möglichst nicht mehr als 14 Tagen indiziert sein können. Dies wird insbesondere angesichts der Wirklatenz der Antidepressiva immer wieder erforderlich. Allerdings

müssen die Risiken und Gegenanzeigen beachtet wer- den. Eine Risiko oder eine Gegenanzeige kann zum Beispiel eine Suchterkrankung in der Vorgeschichte des Patienten sein.

Neuroleptika

Für neuere wie ältere Neuroleptika gibt es keinen Nachweis einer antidepressiven Wirksamkeit bei uni- polaren Depressionen als Monotherapie. Sie sind nur im Rahmen fachärztlich-psychiatrischer Behandlung bei wahnhaften Depressionen indiziert. Für einige atypische Neuroleptika liegen Studien vor, in denen die zusätzliche Gabe des Neuroleptikums zu einem Antidepressivum (Augmentation) eine Wirkung zeig- te; Neuroleptika sind für diese Indikation jedoch nicht zugelassen. Wöchentliche Fluspirilen-Injektionen sollten aufgrund des Risikos von Spätdyskinesien nicht eingesetzt werden.

Lithium

In der Akutbehandlung der Depression spielt Lithium bei Non-Response auf eine Antidepressiva-Therapie im Rahmen der so genannten Lithiumaugmentation eine Rolle (12). Ferner ist Lithium in Monotherapie zur prophylaktischen Therapie bei rezidivierenden Depressionen wirksam. Die Lithiumtherapie erfordert besondere Kenntnisse und Vorsichtsmaßnahmen, weshalb sie erfahrenen Ärztinnen und Ärzten vorbe- halten bleiben sollte.

TABELLE 1

Wirkmechanismen von Antidepressiva

Mechanismus Pharmakologische Gruppe

Hemmung der Serotonin- und/oder tri- und tetrazyklische Noradrenalinwiederaufnahme Antidepressiva (TZA)

selektive Serotonin- und Noradrenalin- Rückaufnahme-Inhibitoren (SNRI) selektive Serotonin-Rückaufnahme-

Inhibitoren (SSRI)

selektive Noradrenalin-Rückaufnahme- Inhibitoren (Reboxetin)

Hemmung der Monoaminoxidase reversible Monoaminoxidase- Inhibitoren

irreversible Monoaminoxidase- Inhibitoren

Inhibition präsynaptischer Autorezeptoren präsynaptische Rezeptoragonisten

Johanniskraut

Für leichte und mittelgradige Depressionen ist ei- ne Wirksamkeit von Johanniskraut wahrschein- lich. Allerdings schwankt die Zusammensetzung der Präparate und sie können zu einer Wirkungs- abschwächung zahlreicher Arzneimittel führen.

Aufklärung und partizipative Entscheidungsfindung

Integraler Bestandteil der Pharmakotherapie ist

die Aufklärung des Patienten über Wirkung,

Behandlungsdauer und mögliche Neben-

wirkungen. Dies gilt auch für die Notwendigkeit

der sich anschließenden Erhaltungstherapie.

(5)

Ablauf der Pharmakotherapie

Aufklärung und partizipative Entscheidungsfindung

Integraler Bestandteil der Pharmakotherapie ist die Aufklärung des Patienten über Wirkung, mögliche Nebenwirkungen und Behandlungsdauer (einschließ- lich anschließend notwendiger Erhaltungstherapie).

Hierbei ist es wichtig, auf typische Vorbehalte und un- begründete Ängste einzugehen (zum Beispiel Abhän-

gigkeit, Persönlichkeitsveränderung). Die oft unzu- reichende Compliance bei der Medikamenteneinnah- me verbessert sich, wenn der Patient über die Wirkla- tenz der Antidepressiva aufgeklärt ist und eventuelle Nebenwirkungen schon im Vorfeld angekündigt wur- den. Im Sinne der partizipativen Entscheidungsfin- dung (13) sollte der aufgeklärte Patient gemeinsam mit dem Arzt die Entscheidung für oder gegen ein be- TABELLE 2

Antidepressiva

Substanzgruppe, Start- Standard- Hoch- Nebenwirkungs-, Risiko- und Interaktionsprofil neurochemische

Substanzen dosis dosis dosis*1 (Auswahl) Eigenschaften

(mg/d) (mg/d) (mg/d)

trizyklische Antidepressiva anticholinerge Effekte (Mundtrockenheit, Obstipation, Hemmung der Serotonin- und Amitriptylin, Clomipramin, Akkommodationsstörungen, Harnverhalt, Delir, Noradrenalin-Wiederaufnahme;

Desipramin, Doxepin, Verschlechterung kognitiver Funktionen); Dysorthostase; zusätzlich Blockade von Imipramin, Lofepramin, Sedierung sowie Appetit- und Gewichtszunahme (insb. muscarinergen Acetylcholin-Rez., Nortiptylin, Trimipramin 25–50 150 300 Amitriptylin, Doxepin, Trimipramin); kardiale Block- Histamin1-Rez. und α1-

tetrazyklisches bildungen / Herzrhythmusstörungen; adrenergen Rezeptoren

Antidepressivum potenziell letale Toxizität bei Überdosierung: cave:

Maprotilin akzidentelle (Gedächtnisstörungen) oder suizidale

Überdosierung

MAO-Hemmer bei Tranylcypromin Fachinfo beachten (tyraminarme Tranylcypromin: irreversible irreversibel: Tranylcypromin 10 10–30 80 Diät erforderlich – Cave: hypertensive Krise!; Gefahr MAO A- und B-Hemmung;

reversibel: Moclobemid 150 300–600 900 eines Serotoninsyndroms bei Kombination mit oder Moclobemid: reversible unzureichendem Sicherheitsabstand zu serotonergen MAO A-Hemmung Pharmaka)!

NW: Schlafstörungen, Dysorthostase, Mundtrockenheit

SSRI Übelkeit, innere Unruhe, Schlafstörungen, sexuelle selektive Hemmung der Serotonin-

Citalopram, Fluoxetin, Dysfunktionen SIADH*2. Cave: bei Fluoxetin, Paroxetin Wiederaufnahme Paroxetin 20 20–40 nicht und Fluvoxamin : erhebliches Interaktionsrisiko mit

Escitalopram 10 10–20 sinnvoll zahlreichen anderen Pharmaka aufgrund Inhibition von Fluvoxamin, Sertralin 50 50–150 Cytochrom-P450-Isoenzymen!

SNRI Übelkeit, innere Unruhe, sexuelle Dysfunktionen, selektive Hemmung der Serotonin-

Venlafaxin 75 150–225 375 Blutdruckanstieg (insb. Venlafaxin), SIADH*2, und Noradrenalin-Wiederauf-

Duloxetin 60 60 120 Mundtrockenheit, Schwitzen nahme

Autorezeptor-Blocker Sedierung, Appetit- und Gewichtszunahme; Mianserin: Blockade präsynaptischer Auto- Mianserin 30 60–120 180 Gefahr von Blutbildveränderungen (BB-Kontrollen!) rezeptoren und damit Hemmung

Mirtazapin 15 15–45 80 der negativen Rückkoppelung

weitere Sedierung und Schlafstörungen, Appetit- und Blockade von Serotonin2-Rez.,

Trazodon 50–100 200–400 600 Gewichtszunahme, Dysorthostase, Priapismus Blockade präsynaptischer Auto-

(Patienten aufklären!) rezeptoren, mäßige Serotonin-

Wiederaufnahme-Hemmung Bupropion 150 150–300 450 Unruhe, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Blutdruck- Hemmung der Dopamin- und

anstieg, Mundtrockenheit Noradrenalin-Wiederaufnahme

Reboxetin 8 8 10 Tachykardie, Dysorthostase, innere Unruhe, Schlaf- selektive Hemmung der störungen, Mundtrockenheit, Schwitzen, Harnverhalt Noradrenalin-Wiederaufnahme

*1Hochdosis erfordert engmaschigere und gegebenenfalls stationäre Überwachung; mit einer Zunahme der unerwünschten Wirkungen muss gerechnet werden

*2SIADH; Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion .

Auswahl des Antidepressivums

In der Akuttherapie richtet sich die Auswahl des Antidepressivums bei weitgehender Gleich- wirksamkeit eher nach dem Nebenwirkungsprofil.

Wirksamkeit

Antidpressiva müssen für zwei bis vier Wochen in

Standarddosierung verabreicht werden, bis eine

Wirksamkeitsprüfung sinnvoll ist.

(6)

stimmtes Antidepressivum treffen. Hilfreich zur Com- pliance-Förderung ist die Einbindung der Angehöri- gen.

Auswahl des Antidepressivums

Bei weitgehender Gleichwirksamkeit der verfügbaren Antidepressiva richtet sich in der Akuttherapie die Aus- wahl eher nach dem Nebenwirkungsprofil (Tabelle 2).

War ein bestimmtes Antidepressivum in einer Vorepiso- de bereits wirksam, sollte diesem der Vorzug gegeben werden.

Sedierung als Nebenwirkung kann unerwünscht oder bei Schlafstörungen erwünscht sein.

Trizyklische Antidepressiva sollten gemieden wer- den (5):

wegen der anticholinergen Begleitwirkungen bei Prostatahyperplasie, Glaukom, kognitiven Beein- trächtigungen/Demenz, Obstipation und der Ko- Medikation mit anderen anticholinerg wirksamen Substanzen

wegen der möglichen Induktion von kardialen Reizleitungsstörungen oder Arrhythmien bei kar- dial vorerkrankten Patienten

wegen Toxizität bei Überdosierung (höher als bei anderen Antidepressiva) bei suizidalen Patienten und kognitiv beeinträchtigten Patienten (akziden- telle Überdosierung)

Sinnvoll und etabliert ist, dass die Erhaltungstherapie mit dem Antidepressivum durchgeführt wird, das in der Akuttherapie zur Remission führte (4), wenngleich Ven- lafaxin in Deutschland die einzige Substanz ist, die für die Erhaltungstherapie eine offizielle Zulassung besitzt.

Die prophylaktische Therapie bei rezidivierenden De- pressionen kann mit Antidepressiva oder als Alternative mit Lithium durchgeführt werden.

Dosierung

Für jedes Antidepressivum gibt es eine minimal effekti- ve Dosis. Diese Standarddosierungen können Tabelle 2 entnommen werden, ebenso wie abweichende Startdo- sierungen für die Präparate, bei denen ein schrittweises Aufdosieren angeraten ist. Lediglich bei älteren Patien- ten kann eine Dosis unterhalb der Standarddosis bereits wirksam und zur Vermeidung von Komplikationen auch indiziert sein. In der Erhaltungstherapie sollte die glei- che Antidepressiva-Dosis verschrieben werden, unter der es zur Remission gekommen ist (4). Eine Dosisemp- fehlung für die prophylaktische Therapie kann aufgrund der dürftigen Studienlage nur sehr eingeschränkt gege-

ben werden. Vermutlich gilt auch hier, dass eine Dosis in Höhe der Standarddosierung für die Akutbehandlung ef- fektiver ist als eine reduzierte Dosis.

Monitoring

In den ersten vier Wochen der Akuttherapie ist eine min- destens wöchentliche Betreuung des Patienten angera- ten. Hierbei sollte die Verträglichkeit überprüft und auf mögliche Bedenken des Patienten eingegangen werden.

Nach vier Wochen erfolgt die Responseevaluation.

Angeratene Kontrolluntersuchungen:

vor Beginn einer Antidepressiva-Therapie Blutbild und Transaminasen

bei trizyklischen Antidepressiva (TZA) auch EKG bei TZA und selektiven Serotonin- und Norad-

renalin-Rückaufnahme-Inhibitoren (SNRI) auch Blutdruck

im Behandlungsverlauf Blutbild, Transaminasen und bei den genannten Antidepressiva-Gruppen auch Blutdruck und EKG, insbesondere nach Do- siserhöhung

bei selektiven Serotonin-Rückaufnahme-Inhibito- ren (SSRI) im Behandlungsverlauf Elektrolyte we- gen der Gefahr von Hyponatriämie, insbesondere bei älteren Patienten

Maßnahmen bei Therapieresistenz

Wird Non-Response auf eine ausreichend lange und in adäquater Dosierung durchgeführte Antidepressiva-Be- handlung festgestellt, sollte die Therapiestrategie verän- dert werden. Hierfür stehen verschiedene Optionen zur Verfügung.

Ein sinnvoller Schritt ist die Bestimmung der Antidepressiva-Serumkonzentration (Therapeutisches Drug Monitoring, TDM), die zu erkennen hilft, ob der Patient das Medikament regelmäßig eingenommen hat oder ob Metabolisierungsbesonderheiten vorliegen, sodass der Patient unter Standarddosierungen inadä- quate Serumspiegel hat. Die Blutabnahme muss vor der Einnahme der Medikation erfolgen. Allerdings ist für viele der neueren Antidepressiva noch kein verläss- licher Zusammenhang zwischen einem therapeuti- schen Serumspiegel und dem Ansprechen etabliert, so- dass sich dieses Vorgehen insbesondere bei der Be- handlung mit trizyklischen Antidepressiva (sowie Ven- lafaxin) empfiehlt. Angaben zu den therapeutischen Serumspiegeln, dem Grad ihrer Evidenzbasierung und zu durchführenden Laboren finden sich im Internet (Internetadresse).

In der Akuttherapie

In den ersten vier Wochen der Akuttherapie ist eine mindestens wöchentliche Betreuung des Patienten angeraten.

Vorgehensweise bei Therapieresistenz Bestimmung der Antidepressiva-Serumkon- zentration

Wechsel des Antidepressivums (höchstens einmal)

Antidepressiva-Hochdosis-Behandlung (Aus-

nahme SSRI)

(7)

Eine häufige Strategie nach Non-Response auf eine ers- te Antidepressiva-Behandlung ist der Wechsel des Anti- depressivums, wobei zumeist empfohlen wird, in eine andere Antidepressiva-Gruppe zu wechseln. Da es aber an wissenschaftlichen Belegen für die Wirksamkeit die- ser Strategie mangelt (14), sollte innerhalb einer Akut- therapie nicht mehr als ein Mal das Antidepressivum ge- wechselt und bei erneutem Therapieversagen auf eine andere Strategie ausgewichen werden.

Die Antidepressiva-Hochdosis-Behandlung (Tabelle 2)ist für die meisten Antidepressiva eine sinnvolle Op- tion (15). Für die SSRI besteht keine Dosis-Wirkungs- beziehung, sodass eine Dosissteigerung kein vernünfti- ges Vorgehen ist (15). Unter Hochdosis ist mit einer Ver- stärkung der Nebenwirkungen zu rechnen. Engmaschi- gere EKG-Kontrollen sind bei trizyklischen Antidepres- siva obligatorisch. Bei Venlafaxin muss engmaschig der Blutdruck kontrolliert werden. Unter der erhöhten Dosis sollte erneut eine Wirklatenz von circa vier Wochen bis zur Responseevaluation abgewartet werden.

Auch die Kombination zweier Antidepressiva kann eine sinnvolle Weiterbehandlungsstrategie sein. Die Wirksamkeit ist allerdings nur belegt für eine Kombina- tion aus einem Wiederaufnahmehemmer (trizyklisches Antidepressivum oder SSRI) einerseits und einem Blocker der präsynaptischen Autorezeptoren (Mirtaza- pin, Mianserin, Trazodon) andererseits (16).

Lithiumaugmentation bezeichnet die zusätzliche Ga- be von Lithium zu einem bislang in Monotherapie un- wirksamen Antidepressivum. Hierdurch kann bei einem relevanten Teil der Patienten doch noch ein Ansprechen auf die Pharmakotherapie erzeugt werden. Dieses Ver- fahren ist in zahlreichen Studien und Metaanalysen in seiner Wirksamkeit belegt (12).

Psychotherapie

Die Wirksamkeit verschiedener psychotherapeutischer Verfahren ist in der Depressionsbehandlung gut belegt.

Ein Großteil der Wirkung geht hierbei auf gemeinsame, unspezifische Faktoren zurück, die sich auch in der ärzt- lichen Behandlung außerhalb spezifischer Psychothera- pieverfahren entfalten können. Hierzu zählt insbesonde- re die systematisch gestaltete therapeutische Beziehung, die als Grundprinzip von einer akzeptierenden, offen und aktiv zuhörenden und empathisch-einfühlenden Ar- beitsbeziehung getragen wird. Der Arzt oder die Ärztin stellt hierbei ein „therapeutisches Agens“ von erhebli- cher Wirkstärke dar, das keinesfalls unterschätzt werden sollte.

Algorithmusgestützter Stufenplan zur Therapie der Depression. Dargstellt sind alle drei Studi- enarme aus der Algorithmusstudie des Kompetenznetzes Depression, weil weder das Ergeb- nis der Studie (gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung) noch die ein- schlägige Literatur eine bestimmte Empfehlung erlauben. Ob ein Patient innerhalb des jewei- ligen Algorithmus in die nächste Stufe gelangt, wird durch die Entscheidungsprozedur gere- gelt. Dazu wird am Ende jeder Stufe mit der Hamilton Depressions-Rating Skala (HAM-D, 21- ItemVersion) die Depressionsschwere gemessen. T3, Trijodthyronin

• HAM-D 9: Remission Bestätigungsuntersuchung nach 2 Wochen: bei Remissionsbe- stätigungÜbergang in Erhaltungstherapie, bei Nicht-Bestätigung Fortführung des Stu- fenplans

• HAM-D-Abnahme 8 Punkte (und Gesamtscore > 9): Partialresponse Verlängerung der aktuellen Stufe um 2 Wochen (max. 1 x pro Stufe möglich)

• HAM-D-Abnahme < 8 Punkte: Non-Response nächste Stufe GRAFIK

Gemeinsamkeit der Psychotherapie in der Depressionsbehandlung

Ressourcenaktivierung Problemaktualisierung Problembewältigung motivationale Klärung

Algorithmusgestützter Stufenplan

Für die Therapie der Depression existieren ver-

schiedene Stufenpläne. Die momentane Daten-

lage erlaubt noch keine bestimmte Empfehlung.

(8)

Die meisten psychotherapeutischen Verfahren in der Depressionsbehandlung haben die folgenden Strategien gemeinsam:

Ressourcenaktivierung (Identifizierung und Stär- ken vorhandener Fähigkeiten des Patienten) Problemaktualisierung (gezielte Adressierung be- sonderer Konfliktbereiche)

Problembewältigung (Unterstützung des Patienten mit emotionalen, kognitiven oder aktiv handelnden Lösungsstrategien)

motivationale Klärung (Erkennen problematischer Erlebens- und Verhaltensweisen und dysfunktiona- ler Kognitionen).

Wie in der Pharmakotherapie müssen regelmäßig das Auftreten von Nebenwirkungen sowie nach ausreichen- der Behandlungsdauer die Wirksamkeit überprüft wer- den.

Spezifische Psychotherapieverfahren

Psychotherapeutische Depressionsbehandlungen kön- nen ambulant oder stationär, einzeln oder in Gruppen so- wie mit oder ohne Einbeziehung von Angehörigen durchgeführt werden. Als sogenannte „Richtlinienver- fahren“ wird in Deutschland von den gesetzlichen Kran- kenversicherungen im ambulanten Bereich die Behand- lung mit Verhaltenstherapie und mit tiefenpsychologisch fundierter und analytischer Psychotherapie bezahlt.

Kognitive Verhaltenstherapie

Die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) geht von der Grundannahme aus, dass dysfunktionale Kognitionen zu Störungen von Gefühlen und Verhalten führen kön- nen und vice versa. Ein depressionsbedingter Mangel an positiven Verstärkern verstärkt die depressive Sympto- matik. Die KVT basiert dabei auf kognitiven und beha- vioralen Ansätzen. Therapiestrategien sind die Über- windung des Mangels an positiver Verstärkung, des so- zialen Rückzugs und der Grundannahme der eigenen Hilflosigkeit. Als „kognitive Fehler“ werden bei depres- siven Patienten häufig unangemessene Verallgemeine- rungen, Personalisierung, emotionales Denken oder Schwarz-Weiß-Denken identifiziert. Auch früh fehlge- lernte depressiogene Denkschemata, die durch kritische Lebensereignisse reaktiviert werden können, gelten als ätiologisch relevant. Typisch ist zum Beispiel die „ko- gnitive Triade“ aus automatischen negativen Annahmen bezüglich des Selbst, der Umwelt und der Zukunft. Mit einer strukturierten direktiven Kurzzeittherapie von durchschnittlich 20 Sitzungen zielt die kognitive Thera-

pie auf die Korrektur dieser dysfunktionalen Kognitio- nen ab. Die Wirksamkeit der KVT bei Depressionen im ambulanten Rahmen ist sehr gut untersucht und auch durch Metaanalysen bestätigt (17, e2–e4).

Tiefenpsychologisch fundierte und psychoanalytische Psychotherapie

Die klassische psychoanalytische Behandlung findet im Liegen, mehrmals pro Woche über einen längeren Zeit- raum statt. Die tiefenpsychologisch fundierte Psycho- therapie beruht auf zentralen Grundannahmen und -prinzipien der Psychoanalyse, wird aber in der Regel im Sitzen, nur ein Mal in der Woche und über einen kür- zeren Zeitraum durchgeführt. Diesen Psychotherapie- formen liegt die Annahme zugrunde, dass depressive Erkrankungen zu wesentlichen Teilen auf unbewussten Prozessen beruhen, deren Wurzeln häufig in die Kind- heit zurückreichen. Bei depressiven Menschen finden sich insbesondere Beziehungsunsicherheiten und ein negativer Bindungsstil mit einer erhöhten Verletzlich- keit gegenüber Verlusterlebnissen und Kränkungen.

Stärker als in anderen Psychotherapieformen wird die Therapeut-Patienten-Beziehung selbst zum Gegenstand der Behandlung, da sich die typischen Beziehungsmus- ter und Ängste des Patienten auch in dieser Beziehung wieder finden und dort bearbeiten lassen.

Die Datenlage aus kontrollierten Wirksamkeitsstudi- en ist weniger umfangreich als für die KVT. Am häufigsten wurden stärker strukturierte und zeitlich begrenzte tiefenpsychologische Psychotherapien bei leichten oder mittelschweren Depressionen untersucht (e5). In anderen Studien oder Metaanalysen wurden Pa- tienten mit verschiedenen Diagnosen untersucht, sodass spezifische Aussagen zur Wirksamkeit bei depressiven Erkrankungen nur eingeschränkt getroffen werden kön- nen (e6, 18).

Interpersonelle Psychotherapie (IPT)

Die IPT ist eine speziell für die Depressionsbehandlung entwickelte Kurzzeitpsychotherapie. Sie wird als semi- strukturierte Psychotherapie von 12 bis 20 Stunden in der Regel in wöchentlichen Einzelsitzungen durchgeführt und fokussiert besonders auf die psychosozialen und in- terpersonellen Aspekte depressiver Erkrankungen. So ist die Bewältigung von Trauer, Rollenwechsel, Lebensver- änderungen und zwischenmenschlichen Konflikten im besonderen Fokus dieser Therapieform.

Obwohl zahlreiche Wirksamkeitsnachweise aus kon- trollierten Studien und Metaanalysen vorliegen (19), in

Kognitive Verhaltenstherapie

Die Wirksamkeit bei Depressionen im ambulanten Rahmen ist sehr gut untersucht und auch durch Metaanalysen bestätigt.

Unterstützende Verfahren

Etwa 60 Prozent der Patienten mit einer

Schlafentzugstherapie erleben für 1 bis 2 Tage

eine deutliche Stimmungsaufhellung.

(9)

denen die IPT allein oder in Kombination mit Antide- pressiva angewandt wurde, wird die IPT-Behandlung bisher nicht von den gesetzlichen Krankenkassen erstat- tet.

Unterstützende Verfahren

Auf die Bedeutung der Einbindung der Angehörigen wurde bereits mehrfach hingewiesen. Das einzige anti- depressive Behandlungsverfahren mit Sofortwirkung stellt die Schlafentzugsbehandlung (auch Wachtherapie genannt) dar. Sie ist stationär, aber auch ambulant durchführbar. Der Patient muss hierbei auf eine Nacht des Schlafes verzichten (kompletter Schlafentzug) oder aber zwischen 01.00 und 02.00 Uhr aufstehen (partieller Schlafentzug), ohne den versäumten Schlaf vor- oder nachzuholen. Entscheidend für die Wirksamkeit ist, dass auch kurze „Nickerchen“ vermieden werden. Etwa 60 Prozent der Patienten erleben am nächsten Tag eine deutliche Stimmungsaufhellung.

Größter Nachteil der Schlafentzugsbehandlung ist, dass bei circa 80 Prozent der Patienten der positive Ef- fekt nur ein oder zwei Tage anhält. Bei Wirksamkeit kann der Schlafentzug alle drei bis vier Tage wiederholt werden. Absolute Kontraindikation sind epileptische Anfälle in der Vorgeschichte, relative Kontraindikation bipolare oder psychotische Depressionen.

Die Wirksamkeit der Lichttherapie mit speziellen Lichttherapiegeräten ist nur bei saisonal abhängigen Depressionen (Winterdepression) eindeutig belegt (e7).

Körperliche Aktivität hat vermutlich einen positiven Ef- fekt auf die Depressionsrückbildung und kann als zu- sätzliche Behandlung empfohlen werden, wenngleich die Studienlage hierzu noch unzureichend ist (e8). Un- tersucht wurden unter anderem aerobes Training und Ausdauertraining (Laufband) (20).

Das wohl wirksamste antidepressive Behandlungs- verfahren überhaupt ist die Elektrokonvulsionstherapie (EKT). Die Hauptindikation der EKT ist heute die thera- pieresistente Depression (21, 22). Aufgrund des Auf- wandes und nach wie vor anzutreffender Vorbehalte wird die EKT nur beim Versagen verschiedener vorhergehen- der Therapieversuche oder auf ausdrücklichen Patien- tenwunsch angewandt. Die Wirkung tritt typischerweise nach ein bis drei Wochen mit drei Sitzungen pro Woche ein. Das größte klinische Problem der EKT ist die hohe Rate früher Rezidive (ohne Weiterbehandlung von bis zu 75 % der Patienten) in den ersten 16 Wochen, das durch eine gute Erhaltungstherapie zwar deutlich auf circa 35 % verringert, aber nicht beseitigt werden kann.

Fazit

Die Depression kann heutzutage effektiv behandelt wer- den, weil verschiedene sich ergänzende oder gut kombi- nierbare Therapieformen zur Verfügung stehen, die überwiegend durch kontrollierte Studien mit adäquater Methodik in ihrer Wirksamkeit gut belegt sind. Kein Verfahren nimmt hierbei einen herausgehobenen Stel- lenwert ein. Allen Therapieverfahren gemein ist eine vergleichsweise hohe Non-Responderquote. Die eigent- liche Kunst in der Depressionsbehandlung ist daher die konsequente Ausschöpfung der verschiedenen zur Ver- fügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten im Rah- men eines algorithmusgestützten Stufenplans (Grafik), sodass die einzelnen Therapiestufen für eine adäquate Dauer durchgeführt und am Stufenende jeweils standar- disiert bezüglich ihrer Wirksamkeit evaluiert werden.

Randomisierte Vergleichsstudien zeigen, dass Stufen- planbehandlung zu häufigerem und schnellerem An- sprechen auf die Behandlung bei gleichzeitig geringerer Verordnung von Psychopharmaka und seltenerem Wechsel der Therapiestrategie führt, als eine unstruktu- rierte Behandlung (7).

Interessenkonflikt

Dr. med. Adli hat Forschungsgrants erhalten vom Bundesministerium für Bil- dung und Forschung und von folgenden Firmen: Pharmacia, Pfizer, Lilly, Jans- sen Cilag und Weth. Honorierte Tätigkeiten für Astra Zeneca, Lilly, Boehringer Ingelheim, GlaxoSmithkline, Pfizer, Sanofi Aventis, Wyeth, Cyberonics PD Dr. med. Bschor erhielt Vortragshonorare von Sanofi Aventis, Lilly, esparma, GlaxoSmithkline, Pfizer und Astra Zeneca

Manuskriptdaten

eingereicht: 4. 6. 2008, revidierte Fassung angenommen: 20. 8. 2008

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Band 33, Sonderheft 1.

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In: Wedler H, Wolfersdorf M, Welz R, Hrsg.: Therapie bei Suizidge- fährdung. Ein Handbuch. Regensburg Roderer 1992: 175–97.

Hohe Non-Responderrate

Die Depressionsbehandlung muss konsequent

die verschiedenen zur Verfügung stehenden

Behandlungsmöglichkeiten im Rahmen eines

algorithmusgestützten Stufenplans ausschöpfen.

(10)

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Stellungnahme zur Elektrokrampftherapie (EKT) als psychiatrische Be- handlungsmaßnahme. Dtsch Arztebl 2003; 100(8): A 504–6.

Anschrift für die Verfasser PD Dr. med. Tom Bschor Jüdisches Krankenhaus Berlin

Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie Heinz-Galinski-Straße 1, 13347 Berlin E-Mail: bschor@jkb-online.de

SUMMARY

Treatment of Depressive Disorders

Introduction: A confusing variety of options are available for the treatment of depressive disorders.

Method: Selective literature review under consideration of current guide- lines.

Results: The treatment of depression can be divided into acute, mainten- ance and prophylactic phases. The basic forms of treatment are pharmaco- therapy, psychotherapy, and supportive strategies. The approximately 30

antidepressants currently on the market differ mainly with respect to their side effect profiles. Of the specific types of psychotherapy, cognitive beha- vioral therapy, psychodynamic therapy, and psychoanalysis are funded by the statutory health insurance providers in Germany. All treatment strate- gies (except for sleep deprivation) show a latency of onset of several weeks and a nonresponse rate of about 30- to 50%. In clinical practice it is essen- tial to follow a stepwise procedure and to perform a standardized evaluation of response after the latency period. In the event of nonresponse, the next step of treatment should be initiated.

Discussion: Depressive disorders have a good prognosis provided one takes best advantage of the available treatment options. Preconditions are continuation of treatment for an appropriate length of time (for antidepres- sants ca. 4 to 6 weeks, for psychotherapy ca. 4 to 12 weeks) and standard- ized evaluation of response thereafter.

Dtsch Arztebl 2008; 105(45): 782–92 DOI: 10.3238/arztebl.2008.0782 Key words: depression, antidepressants, stepwise antidepressant treat- ment, treatment algorithm, psychotherapy

Weitere Informationen zu cme

Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung zertifiziert. Die er- worbenen Fortbildungspunkte können mithilfe der Einheitlichen Fortbildungsnummer (EFN) verwaltet werden. Unter www.aerzteblatt.de/cme muss hierfür in der Rubrik „Meine Daten“ oder bei der Registrierung die EFN in das entsprechende Feld eingegeben werden.

Die 15-stellige EFN steht auf dem Fortbildungsausweis.

Wichtiger Hinweis

Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich über das Internet möglich:

www.aerzteblatt.de/cme.

Einsendeschluss ist der 19. Dezember 2008

Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden.

Die Lösungen zu dieser cme-Einheit werden in Heft 1–2/2009 an dieser Stelle veröffentlicht.

Die cme-Einheit „Erbliche Krebserkrankungen“

(Heft 41/2008) kann noch bis zum 21. November 2008 bearbeitet werden.

Für Heft 49/2008 ist das Thema „Die Tonsillektomie im Kindesalter“ vorgesehen.

Lösungen zur cme-Einheit in Heft 37/2008:

Kainer F, Hasbargen U: Peripartale Blutungen – Notfälle in der Geburtshilfe

Lösungen: 1c, 2d, 4c, 5b, 7d, 8c, 9c, 10e. Die Fragen 3 und 6 wurden bei allen Teilnehmern als richtig bewertet.

Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:

www.aerzteblatt.de/lit4508

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de Eine weiterführende Kasuistik:

www.aerzteblatt.de/0812 Weiterführende Internetadressen

– Selbsthilfe- beziehungsweise Angehörigengruppen:

www.nakos.de

– schriftliche Patienteninformationen www.akdae.de/45/Depression.pdf www.kompetenznetz-depression.de

– Angaben zu therapeutischen Serumspiegeln und dem Grad der Evidenzbasierung

www.agnp.de Arbeitsgruppen AG Therapeutisches Drug-Monitoring

@

(11)

Bitte beantworten Sie folgende Fragen für die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung. Pro Frage ist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort

Frage Nr. 7

Welches antidepressive Behandlungsverfahren ist in seiner Wirksamkeit durch mehrere kontrollierte Studien und Metaanalysen gut belegt?

a) körperliche Betätigung b) Neuroleptika-Monotherapie c) SSRI-Hochdosisbehandlung

d) ambulante kognitive Verhaltenstherapie

e) Wechsel des Antidepressivums nach Non-Response

Frage Nr. 8

Was versteht man unter einer algorithmusgestützten Stufenplanbehandlung der Depression?

a) Den alternierenden Wechsel zwischen psychotherapeuti- schen und pharmakotherapeutischen Verfahren bis eine Remission eintritt.

b) Die Auswahl des Behandlungsverfahrens nach Zuordnung der Depression zu den Schweregradstufen leicht, mittelgradig oder schwer auf der Basis einer systematischen Evaluation.

c) Die Behandlung der Depression mit einer Monotherapie beziehungsweise einer Kombination aus zwei, drei oder vier Therapieverfahren in Abhängigkeit vom systematisch ermit- telten Grad der Therapieresistenz.

d) Die Festlegung des Behandlungsplans mithilfe einer mit individuellen Patientendaten gespeisten Therapiesoftware auf der Basis einer Response-Wahrscheinlichkeitsmatrix.

e) Die Festlegung eines mehrstufigen Behandlungsplans zu Beginn der Therapie mit einer standardisierten Response- evaluation an jedem Stufenende, von deren Ausgang der Übergang in die nächste Behandlungsstufe abhängig ge- macht wird.

Frage Nr. 9

Was besagt eine zentrale Grundannahme der kognitiven Verhaltenstherapie?

a) Die einseitige Betonung der Kognition zulasten der Emotion ist zentral für die Depressionsgenese.

b) Depressive Erkrankungen beruhen zu wesentlichen Teilen auf unbewussten Prozessen.

c) Dysfunktionale Kognitionen führen zu Störungen von Gefühlen und Verhalten.

d) Kern depressiver Erkrankungen ist eine kognitive Ich-Spaltung.

e) Das Übermaß an positiver Verstärkung in der Konsum- gesellschaft ist maßgeblich für das Entstehen von Depressionen.

Frage Nr. 10

Welche Untersuchungen sind vor Behandlungsbeginn der Depression und regelmäßig während der laufenden Behand- lung angeraten?

a) Belastungs-EKG-Kontrollen bei einer Behandlung mit Sertralin

b) Blutdruck-Kontrollen bei einer Behandlung mit Venlafaxin c) EEG-Kontrollen bei einer Behandlung mit Citalopram d) Metabolisiererstatus-Kontrollen bei einer Behandlung mit

Amitriptylin Frage Nr. 1

Was ist das Ziel der Erhaltungstherapie depressiver Erkrankungen?

a) die Phasenprophylaxe b) die Remission c) die Response d) die Symptomlinderung

e) die Vermeidung eines Frührezidivs

Frage Nr. 2

Wodurch unterscheiden sich die circa 30 in Deutschland verfügbaren Antidepressiva untereinander am deutlichsten?

a) in ihrem Nebenwirkungsprofil b) in ihrer Non-Responderquote c) in ihrem Suchtpotenzial d) in ihrer Wirklatenz e) in ihrer Wirkstärke

Frage Nr. 3

Eine 68-jährige Patientin, bei der Sie eine mittelgradige

Depression diagnostiziert haben, akzeptiert als einzige pharmako- logische Behandlung eine Johanniskraut-Medikation. Worauf müssen Sie besonders achten, wenn Sie Ihrer Patientin ein Johanniskrautpräparat verschreiben?

a) auf eine etwaige Adipositas per magna b) auf das EKG

c) auf eine etwaige Ko-Medikation d) auf die Nierenfunktion

e) auf das etwaige Vorliegen einer Suchterkrankung

Frage Nr. 4

Ein 59-jähriger Busfahrer kommt mit einer seit zwei Monaten anhaltenden Depression erstmals in Ihre Behandlung. Sie erwägen eine Medikation mit einem trizyklischen Antidepressivum. Welche Komorbidität Ihres Patienten würde Sie von Ihrem Plan abhalten?

a) Asthma bronchiale b) Gicht

c) Prostatahyperplasie d) Psoriasis vulgaris e) rheumatoide Arthritis

Frage Nr. 5

Welches ist das am schnellsten wirksame antidepressive Behandlungsverfahren?

a) depressionsspezifische Psychotherapie b) Elektrokonvulsionstherapie (EKT) c) Lichttherapie

d) Pharmakotherapie mit Antidepressiva e) Schlafentzugsbehandlung

Frage Nr. 6

Nach der Theorie, die der tiefenpsychologisch fundierten

Psychotherapie zugrunde liegt, findet sich welches psychologische Phänomen gehäuft bei depressiven Menschen?

a) eine Borderline-Persönlichkeitsstruktur b) latente Homosexualität bei einem Elternteil c) ein Penisneid

d) eine erhöhte Verletzlichkeit gegenüber Verlusterlebnissen

(12)

eLITERATUR

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Therapie depressiver Erkrankungen

Tom Bschor, Mazda Adli

Punkte 3

cme

Teilnahme nur im Internet möglich:

aerzteblatt.de/cme

Referenzen

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