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Archiv "Die Depressionen und ihre Behandlung" (02.03.1978)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin ÜBERSICHTSAUFSATZ

Diagnostik

Bei Verdacht auf ein depressives Geschehen geht es darum, die ent- scheidenden Symptome bewußt zu suchen. Dazu braucht es eine geziel- te Exploration des Patienten. Wenn sich dabei ein Verlust von Energie, Interesse und Lebensfreude erken- nen läßt, ist ein depressiver Zustand zunächst nicht auszuschließen. Die Anamnese kann weiteren Aufschluß bringen, zum Beispiel ob der Patient bereits depressive Phasen durchge- macht hat, ob dem augenblicklichen Zustand ein auslösendes Ereignis zugrunde liegt oder ob der Patient vielleicht Arzneimittel einnimmt, die depressive Erscheinungen hervorru- fen können.

Der Verdacht verstärkt sich, wenn beim Patienten die drei Komponen- ten des depressiven Syndroms fest- zustellen sind: eine depressive Grundstimmung (traurig-ängstlich, mürrisch-reizbar oder apathisch);

Denkhemmung (die Gedanken krei- sen nur noch um die depressiven

Inhalte, die Fähigkeit zur Assozia- tion ist beeinträchtigt); eine ge- hemmte oder agitierte Psychomo- torik.

Bevor man sich jedoch auf die Dia- gnose einer Depression festlegt, muß der Patient sorgfältig auch in- ternistisch-neurologisch untersucht werden, um organische Störungen oder eine körperlich begründbare Depression nicht zu übersehen. Zu achten ist auch auf Sideropenien, die bei Depressiven nicht so selten anzutreffen sind. Depressive Sym- ptome können dem Beginn einer Or- gansymptomatik unmittelbar vor- ausgehen, zum Beispiel bei Parkin- son-Krankheit und bei Karzinomer- krankungen, und Fehldiagnosen ha- ben dann unliebsame oder verhäng- nisvolle Konsequenzen.

Ist man auf diese Weise per exclu- sionem zur Diagnose eines depres- siven Geschehens gelangt, besteht der nächste Schritt darin, das Krank- heitsbild nosologisch und phäno- menologisch einzuordnen. Das

schafft die Voraussetzung für eine erfolgversprechende Behandlung.

Nosologische Einordnung

Darstellung 1 zeigt die drei Haupt- formen depressiver Zustände sowie deren Unterformen.

Die somatogenen, körperlich be- gründbaren Depressionen werden in organische und symptomatische un- terteilt. Die organischen Depressio- nen beruhen auf hirnstrukturellen Veränderungen, zum Beispiel bei Arteriosclerosis cerebri, die sympto- matischen sind Ausdruck einer kör- perlichen Erkrankung, zum Beispiel nach Hepatitis oder bei Herz- und Kreislaufinsuffizienz mit zerebraler Mangeldurchblutung. Eine sympto- matische Depression kann sich auch in der Entziehungsphase zum Bei- spiel bei Alkoholikern und Amphet- aminsüchtigen manifestieren. Zur Gruppe der somatogenen gehören auch die pharmakogenen Depres- sionen, die bei Dauerverabreichung zum Beispiel von reserpinhaltigen Antihypertensiva, Kortikoiden oder oralen Kontrazeptiva entstehen können.

Die organischen Depressionen be- dürfen in erster Linie einer Behand- lung des Grundleidens, bei den sym- ptomatischen richtet sich die Be- handlung nach dem jeweiligen aus- lösenden Faktor, wobei sekundär die zusätzliche Gabe eines Antide- pressivums nützlich sein kann. I>

Die Depressionen und ihre Behandlung

Paul Kielholz und Carl Adams

Aus der Psychiatrischen Universitätsklinik Basel (Direktor: Professor Dr. Paul Kielholz)

Internationales Komitee für Prophylaxe und Therapie der Depression (Präsident: Professor Dr. Paul Kielholz, Generalsekretär:

Dr. Carl Adams)

Seit Jahren ist eine laufende Zunahme depressiver Erkrankungen, vor allem der psychogenen Formen, zu beobachten. Die Psychiater allein reichen zur Behandlung der zahlreichen Kranken nicht aus. So ist es eine begrüßenswerte Entwicklung, daß sich die nichtpsychiatrischen, in der Praxis niedergelassenen Allgemeinärzte vermehrt der ambulan- ten Depressionsbehandlung zuwenden. Nur zwingende Gründe erfor- dern eine Hospitalisierung, zum Beispiel erhöhtes Suizidrisiko, schwere ängstliche Unruhe, therapieresistente Depressionen oder schwierige familiäre Verhältnisse.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 9 vom 2. März 1978 493

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reaktiv organisch

symptomatisch schizoaffektiv

bipolar unipolar

Spätdepressionen neurotisch

Erschöpfungsdepr.

-1 Somatogene Depressionen

Endogene Depressionen

Psychogene Depressionen

är

Reaktive Depression I Erschöpfungs- Endogene Neurotische Depression depression Depression

•■I

Spätdepression Symptomatische Organische Depression Depression

T

1

Darstellung 2: Multifaktorielle Depressionstherapie

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psychogen

Darstellung 1: Nosologische Einordnung der Depressionszustände

Depressionstherapie

Die endogenen Depressionen be- ruhen auf hereditären Faktoren, die sich in angeborenen Stoffwechsel- störungen äußern, im einzelnen aber noch nicht bekannt sind. Sie verlau- fen entweder bipolar, das heißt mit depressiven und manischen Phasen in unregelmäßiger Folge, oder uni- polar, das heißt ausschließlich mit depressiven Phasen. Zu den unipo- laren Depressionen ist auch die Spätdepression mit Beginn nach dem 45. Lebensjahr zu rechnen; sie wird psychisch oder somatisch aus- gelöst und verläuft gewöhnlich schleppend.

Q

Zu den psychogenen Depressio- nen zählen wir: die neurotische De- pression, die durch verdrängte seeli- sche Konflikte in der Frühkindheit

bedingt ist und durch ein aktuelles psychisches Ereignis ausgelöst wird; die Erschöpfungsdepression, die durch eine affektive Dauerbela- stung zustande kommt; die reaktive Depression, die durch ein einmali- ges traumatisierendes Erlebnis pro- voziert wird.

Was die schizophrenen Depressio- nen betrifft, sei nur erwähnt, daß sie primär mit einem Neuroleptikum zu behandeln sind und die zusätzliche Gabe eines Antidepressivums erst angezeigt ist, wenn nach Abklingen der schizophrenen Symptomatik die depressive Verstimmung anhält.

Die endogenen und die psychoge- nen Depressionen sind differential- diagnostisch verhältnismäßig leicht

voneinander abzugrenzen, wenn es sich um Patienten mit typischen Merkmalen handelt. Für eine endo- gene Depression sprechen hereditä- re Belastung, autochthone Entste- hung (dabei können psychogene Momente eine Rolle spielen), ferner Tagesschwankungen der Stimmung mit Morgentief, Schlafstörungen im Sinne des frühen Erwachens, Vital- symptome (Trieb- und Antriebsstö- rungen), gegen die eigene Person gerichtete Aggressionen mit Selbst- beschuldigungen, gelegentlich Krankheits-, Verarmungs- und Versündigungsideen.

Bei der Beurteilung eines depressi- ven Zustandes ist im übrigen nie au- ßer acht zu lassen, daß Übergangs- formen in allen möglichen Schattie- rungen vorkommen, also Formen mit einer multifaktoriellen Genese, was bei der Behandlung entspre- chend zu berücksichtigen ist.

Die nosologische Einordnung eines depressiven Zustandes ist bestim- mend für die jeweils zweckmäßige Art der Behandlung. Überdies er- laubt sie eine prognostische Aussa- ge. Darstellung 2 bringt eine sche- matische Übersicht über die Art der Therapie bei den verschiedenen De- pressionsformen; die dicken Pfeile führen zu den Hauptanwendungsge- bieten von Psychotherapie, Pharma- kotherapie bzw. internistischer Therapie.

Phänomenologische Aspekte Die phänomenologische Diagnose entscheidet über die Art des zu wäh- lenden Antidepressivums. Je nach dem Überwiegen dieser oder jener psychopathologischen oder körper- lichen Symptome lassen sich grund- sätzlich vier depressive Zustandsbil- der unterscheiden: traurig-ge- drückt, agitiert-ängstlich, gehemmt- apathisch und psychosomatisch-ve- getativ-larviert.

Die Darstellung 3 soll veranschauli- chen, daß die Antidepressiva Wir- kungsqualitäten aufweisen, von de- nen eine gewöhnlich stärker ausge- prägt ist als die anderen. Daraus hat

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Darstellung 3: Wirkungsqualitäten von Antidepressiva

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Depressionstherapie

sich je nach der dominierenden Komponente die Einteilung in de- pressionslösende, angstdämpfende und antriebssteigernde Antidepres- siva ergeben.

Peroral verabreichte Antidepressiva entfalten ihre volle Wirkung ge- wöhnlich erst nach etwa zehn Ta- gen. Man sollte daher mindestens drei Wochen zuwarten, ehe man ein Antidepressivum, sofern es richtig dosiert ist, als wirkungslos ansieht und auf ein anderes wechselt.

Ist das klinische Bild von gedrückter Stimmung und/oder vitaler Traurig- keit, von Hoffnungslosigkeit ge- prägt, dann fällt die Wahl auf ein Antidepressivum, in dessen Wir- kungsprofil die Stimmungsaufhel- lung dominiert, zum Beispiel Imipra- min (Tofrani1 8 ), Clomipramin (Ana- franil®) oder Dibenzepin (Noveril ).

In Betracht kommt ferner Nomifen- sin (Alival®), das primär auch an- triebsfördernd wirkt.

Bei Angst, innerer Unruhe und Hy- pochondrie sind sedierend-anxioly- tische Antidepressiva zu bevorzu- gen, zum Beispiel Amitriptylin (Laro- xyl®, Tryptizol®, Saroten®), Trimepri- min (Surmontil®, Stangyl®) oder Do- xepin (Sinquan®, Aponal®). Empfeh- lenswert ist auch Maprotilin (Ludio- mil®), das sich durch ein breites Wir- kungsspektrum auszeichnet. Diese sedierend-anxiolytischen Antide- pressiva eignen sich auch zur Be- handlung der sog. larvierten Depres- sionen, bei denen sich die eigentli- che depressive Symptomatik hinter verschiedenartigen körperlichen Beschwerden verbirgt und die ge- wöhnlich auch mit Angstzuständen einhergehen.

In dringlichen Situationen, zum Bei- spiel bei agitiert-ängstlichen Patien- ten, ist es empfehlenswert, primär ein Neuroleptikum per injectionem zu geben.

Zu den Antidepressiva, die primär antriebssteigernd wirken und denen eine sedierend-anxiolytische Kom- ponente fehlt, gehören Desipramin (Pertofran®) und die Monoamino- oxydasehemmer.

Als Zusatzmedikamente, erforder- lich in bestimmten Situationen und dann meist nur initial, kommen im wesentlichen vier Gruppen in Be- tracht:

Neuroleptika (sie haben neben der psychosedativen auch eine leichte antidepressive Wirkung, zum Bei- spiel das in Darstellung 3 ganz rechts stehende Thioridazin/Melle- ril®), um suizidale und agitiert- ängstliche Patienten zu sedieren, um eine schlafanstoßende Wirkung zu erzielen, ferner bei Depressionen mit psychotischen Zügen;

Tranquilizer, um die anxiolytische Komponente von Antidepressiva zu verstärken;

Hypnotika bei hartnäckigen Schlaf- störungen;

Betablocker bei angstbetonten De- pressionen, um den Circulus vitio- sus zwischen Depression, Angst und hypochondrischer Selbstbeobach- tung zu durchbrechen.

Bei therapieresistenten endogenen und Erschöpfungsdepressionen hat sich an der Psychiatrischen Univer- sitätsklinik Basel eine intensive Kur

zunächst mit einem intramuskulär verabreichten Neuroleptikum, an- schließend mit intravenösen Tropf- infusionen von Clomipramin (Ana- franil®) und Maprotilin (Ludiomil®) bewährt.

Nebenwirkungen und Kontra- indikationen der Antidepressiva Begleiterscheinungen zu Beginn ei- ner antidepressiven Therapie, etwa Mundtrockenheit, Müdigkeitsgefühl, Schwitzen, Herzklopfen und Mik- tionsstörungen, sind an sich harm- los und verschwinden meist nach kurzer Zeit. Die MAO-Hemmer kön- nen initial Unruhezustände und Schlafstörungen hervorrufen. Wei- tere Nebenwirkungen (Tabelle), die im Verlauf der Behandlung auftreten können, verlangen je nach Schwere eine Dosisreduktion oder, zum Bei- spiel Arrhythmien, ein Absetzen des Medikamentes.

Als relative Kontraindikationen für die tri- und tetrazyklischen Antide- pressiva sowie für Nomifensin gel- ten wegen der anticholinergischen Nebenwirkung das Glaukom und die Prostatahypertrophie, wegen Erhö-

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Depressionstherapie

hung der Krampfbereitschaft die Epilepsie und wegen Beeinflussung der Reizleitung eine schwere koro- nare Herzkrankheit. Im Falle älterer Patienten sowie von Patienten mit Symptomen einer kardievaskulären Erkrankung in der Anamnese ist es

angezeigt, vor Beginn der Medika-

tion ein Elektrokardiogramm aufzu- nehmen und die Patienten dann elektrokardiographisch zu überwa- chen. Internistische Kontrollen sind ferner bei Diabetes mellitus, Leber- schäden sowie bei Neigung zu Thrombophlebitis erforderlich. Anti-

depressiva können das Reaktions- vermögen. zum Beispiel beim Auto- fahren, beeinträchtigen und die Al- koholtoleranz herabsetzen (daher besser Verzicht auf Alkohol).

Wird die Behandlung mit einem MAO-Hemmer abgebrochen und mit einem Antidepressivum anderer Wir- kungsart fortgesetzt, ist eine Pause von etwa zwei Wochen einzuschal- ten. Absolut inkompatibel sind die MAO-Hemmer mit tyraminhaltigen Nahrungsmitteln, zum Beispiel mit Käse und Joghurt, sowie mit Bier

Tabelle: Begleiterscheinungen der Behandlung mit Antidepressiva Häufigkeit

Art der Erscheinung MAO- Antidepressiva Hemmer

antriebs- angst- steigernde dämpfende ..,.. Extrapyramidale Symptome:

Tremor -

(*) *

..,.. Vegetative Symptome:

Orthostatische Hypotonie

*** (*) **

Hypertone Krisen

* - -

Mundtrockenheit

- * ***

Schwitzen

(*) * ***

Akkomodationsstörungen

- * ***

Miktionsstörungen

- * *

..,.. Allgemeinbefinden:

Müdigkeit und Somnolenz -

- *

Innere Unruhe

** ** (*)

..,.. Psychopathclogische Symptome:

Aktivierung schizophrener

Symptome

** ** (*)

Umschlagen depressiver

in manische Phasen

* ** *

Delirien -

* **

Erhöhung der zerebralen

Erregbarkeit -

(*) (*)

(Hochdruckkrisen!). Da die Behand- lung mit einem MAO-Hemmer nicht ohne Risiko ist, sollte es zur Regel werden, bei gehemmten Depressio- nen zunächst ein aktivierendes trizy- klisches Antidepressivum, zum Bei- spiel Desipramin (Pertofran®) zu ge- ben oder Nomifensin (Aiival®) zu versuchen. Bleibt dies erfolglos, ist der Übergang auf einen MAO-Hem- mer ohne Pause möglich.

Prophylaktische Langzeitbehandlung

Die Anwendung von Lithium soll nur mit ein paar Sätzen gestreift werden.

Kein Zweifel besteht, daß sie sich zur Rezidivverhütung bei endogenen Depressionen, unipolaren wie bipo- laren, eignet. Sie kommt aber erst in der dritten Krankheitsphase in Be- tracht, sofern das vorangehende freie Intervall weniger als zwei Jahre betragen hat, und erstreckt sich dann über Jahre. ln Zusammenar- beit mit einer Klinik kann die Li- thiumprophylaxe auch ambulant durchgeführt werden, wobei, um Nebenwirkungen und Intoxikations- erscheinungen zu vermeiden, der Li- thium-Biutspiegel (0,8-1,2 mval pro Liter) regelmäßig zu kontrollieren ist. Bei unipolaren endogenen De- pressionen scheinen bestimmte An- tidepressiva, z. B. lmipramin (Tofra- nil®), dem Lithium im prophylakti- schen Effekt ebenbürtig zu sein.

Rehabilitation

des depressiv Kranken

Sowohl die Psycho- als auch die Pharmakatherapie sind bis zum völ- ligen Abklingen des depressiven Ge- schehens weiterzuführen. Dabei kann bei fortschreitender Besserung des Zustandes die Tagesdosis des Antidepressivums vorsichtig tastend verringert, muß aber bei erneutem Auftreten depressiver Erscheinun- gen sofort wieder erhöht werden.

Erst wenn die depressiven Sympto- me vollständig abgeklungen sind, beginnt die Wiedereingliederung des Patienten in das berufliche und soziale Milieu. Machen sich in dieser Rekonvaleszenzphase Antriebshem-

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

mung und Mangel an Lebensfreude bemerkbar, empfiehlt sich vorüber- gehend die Verabreichung eines an- triebsfördernden Antidepressivums.

Die Wiedereingliederung soll, vor al- lem im Falle einer schweren Depres- sion, nur stufenweise erfolgen, denn der depressiv Kranke neigt dazu, zu früh aktiv zu werden. Mit seinem zu- nächst noch reduzierten Leistungs- niveau ist er aber dann der Bela- stung nicht gewachsen und reagiert mit Resignation und einem Wieder- aufflammen des depressiven Ge- schehens.

Depressive Patienten, die ambulant behandelt werden konnten und ihre gewohnten Tätigkeiten, wenn auch nur zeitweise, fortgeführt haben, brauchen keine spezielle Rehabilita- tion. Die Wiedereingliederung in normale Verhältnisse bereitet meist keine besonderen Schwierigkeiten.

Hingegen ist es bei Patienten, die zum Beispiel wegen einer endoge- nen, involutiven oder Erschöpfungs- depression hospitalisiert waren, wichtig, daß nach der Entlassung aus der Klinik die- Rehabilitations- maßnahmen konsequent fortgesetzt werden. Das ist eine Aufgabe, die auch der nichtpsychiatrische Arzt erfüllen kann. In der Bundesrepublik Deutschland hat übrigens der Kas- senarzt auf Grund eines Gesetzes über die „Medizinische Rehabilita- tion - die Möglichkeit, die nötigen Maßnahmen sicherzustellen und sie selbst durchzuführen oder durch- führen zu lassen, zum Beispiel Psy- chotherapie, Nacken- und Lumbal- massagen, passive Bewegungsthe- rapie, einfache Ergotherapie, evtl. in einer Kuranstalt oder einem Rekon- valeszentenheim, anschließend all- mähliche Eingliederung in den Arbeitsprozeß.

In einer Zeit wirtschaftlicher Rezes- sion sind es die psychisch Kranken, die, einmal aus dem Arbeitsprozeß ausgeschieden, wegen der ihnen gegenüber immer noch bestehen- den Vorurteile am schwersten wie- der einen Arbeitsplatz finden. So ist es ein dringendes soziales Anliegen, durch sorgfältige Rehabilitations-

Depressionstherapie

maßnahmen die Wiedereingliede- rung der depressiv Kranken in die Gesellschaft und den Arbeitsprozeß zu erleichtern.

Zusammenfassung

Abgesehen von bestimmten Situa- tionen, die erwähnt wurden und eine Hospitalisierung verlangen, können dank den Fortschritten in Diagnostik und Therapie die meisten depressi- ven Patienten, besonders jene mit psychogenen Depressionen, ambu- lant behandelt werden. Die nosolo- gische Einordnung des Krankheits- bildes ist bestimmend für die jeweils zweckmäßige Art der Behandlung:

Pharmako- und/oder Psychothera- pie, internistische Therapie. Welche Art von Antidepressivum zu wählen ist, hängt von den phänomenologi- schen Aspekten des depressiven Zu- standes ab. Nach Abklingen der de- pressiven Phase sind die nötigen Rehabilitationsmaßnahmen einzu- leiten, um die Wiedereingliederung der depressiv Kranken in das berufli- che und soziale Milieu zu erleich- tern.

Literatur

Benkert, 0., Hippius, H.: Psychiatrische Phar- makotherapie, Ein Grundriß für Ärzte und Stu- denten (Springer, Berlin, Heidelberg, New York 1976 — Heinrich, K.: Psychopharmaka in Klinik und Praxis (Thieme, Stuttgart 1976) — Hippius, H.: Anmerkungen zur praktischen Durchfüh- rung von Depressionsbehandlungen. In Kiel- holz, P. (Ed.): Die Depression in der täglichen Praxis. Int. Symp., St. Moritz 1974, 94-97 (Hu- ber, Bern, Stuttgart, Wien 1974) — Kielholz, P.

(Ed.): Beta-blockers and the central nervous system. Int. Symp., St. Moritz 1976 (Huber, Bern, Stuttgart, Wien 1977) — Kielholz, P., Adams, C.: Zum Problem der Depression, Schweiz. Apoth.-Ztg. 115 (1977) 217-226 — Kielholz, P., Terzani, S., Gastpar, M.: Die Be- handlung der therapieresistenten Depressio- nen, Dtsch. med. Wschr. (im Druck) — Ouitkin, F., Rifkin, A., Klein, D. F.: Prophylaxis of affec- tive disorders, Current status of knowledge, Arch. gen. Psychiatr. 33 (1974) 337-341

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Paul Kielholz Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik

Wilhelm-Klein-Straße 27 CH-4025 Basel

FÜR SIE GELESEN

Diät und Serumcholesterin

Große epidemiologische Studien haben eine positive Korrelation zwi- schen der Höhe des Serum-Chole- sterinspiegels und dem Auftreten der koronaren Herzkrankheit ein- deutig nachgewiesen. Eine ähnli- che, vom Cholesterin unabhängige Beziehung zwischen den Serum-Tri- glyceriden und der lnzidenz von kar- diovaskulären Erkrankungen wurde erst kürzlich beschrieben. Die Be- deutung der Serum-Lipide als Risi- kofaktoren für das Auftreten einer vorzeitigen Arteriosklerose scheint allgemein akzeptiert zu sein. Ebenso schien die Frage, ob auf der anderen Seite eine Korrelation zwischen den mit der Nahrung aufgenommenen Fetten, besonders in Form von Cho- lesterin und gesättigten Fettsäuren, und der Höhe des Serum-Choleste- rinspiegels besteht, durch frühere Studien positiv beantwortet zu sein.

Nach der Veröffentlichung der Er- gebnisse der Tecumseh-Studie ist sie jedoch in Zweifel gezogen wor- den. Zusätzliche Verunsicherung entstand durch einen Übersichtsar- tikel im New England Journal of Me- dicine im September des Jahres 1976 durch George Mann, der eben- falls den Zusammenhang zwischen den Nahrungsfetten, dem Serum- Cholesterin sowie dem Auftreten ei- ner frühzeitigen Koronarsklerose anzweifelt. Da inzwischen schon entsprechende Mitteilungen in der Laienpresse erschienen sind und zu einer Beunruhigung weiter Bevölke- rungskreise geführt haben, erschei- nen einige Kommentare zu den zi- tierten Arbeiten angebracht.

In einer prospektiven epidemiologi- schen Studie wurden in Tecumseh, USA, Serum-Cholesterin und -Tri- glyceridwerte bei 4057 Erwachsenen mit den Eßgewohnheiten und den aufgenommenen Nahrungsbestand- teilen in Beziehung gesetzt. Es fand sich keine positive Korrelation zwi- schen den verschiedenen unter- suchten Nahrungssubstanzen (Lipi- de, Glukose, Stärke, Alkohol) und der Höhe der Serum-Cholesterin und -Triglyceridspiegel. Dagegen

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