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Archiv "„Patient muß Individuum bleiben“" (03.02.1977)

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Die Information:

Bericht und Meinung NACHRICHTEN

eingriffe, sondern unter voller Re- spektierung des gegliederten Sy- stems unserer Krankenversiche- rung, unter Ausgestaltung, Stärkung des Selbstverwaltungsprinzips ver- wirklicht ... werden."

Diese Sätze haben durchaus ver- schiedene Tendenz; welche aber realisiert werden soll, wird sich ein- deutig erst aus dem Text des Ge- setzentwurfs ablesen lassen.

Es ist nicht abzusehen, ob die Rechnung aufgeht

„Ob der wesentlich verstärkte Ein- fluß der Krankenkassen auf die Ko- stenentwicklung im Gesundheitswe- sen zusammen mit den Einnahmeer- höhungen und Ausgabenverminde- rungen ausreichen wird, um schon bald die Mehraufwendungen aus der Rentner-Krankenversicherung aus- zugleichen, das läßt sich nicht ge- nau quantifizieren", gab der SPD- Abgeordnete Sund in der Bundes- tagsdebatte zu. Jedenfalls erstrebe die Bundesregierung eine Art „Ver- teilungsgerechtigkeit". Sund: „Die nicht zu vermeidenden Lasten wer- den gerecht auf Rentner, auf Arbeit- nehmer, auf Arbeitgeber und auf die Anbieter von Gesundheitsleistungen verteilt. Allerdings wird nach Ver- wirklichung des Programms jeder Bürger feststellen können, daß sein schon erreichter Einkommensstan- dard gewährleistet bleibt. Hier geht es um das Ausmaß künftiger Steige- rungen."

Sund verteidigte damit die folgen- schwere Belastung der Krankenver- sicherung wenige Minuten, nach- dem der CDU-Abgeordnete Hans Katzer, der im übrigen eine kon- struktive Mitarbeit der Opposition in Aussicht stellte, sich aber in keinem einzigen Detail festlegte, die provo- kative Frage gestellt hatte: „Glaubt die Bundesregierung wirklich ernst- haft, mit der Verschiebung von 30 Milliarden DM von der Ren- tenversicherung auf die Kranken- versicherung eine dauerhafte Lö- sung des Problems erreichen zu können?" DÄ

Bundestagsausschüsse neu konstituiert

Am 20. Januar konstituierten sich die 19 ständigen Ausschüsse des Deutschen Bundestages, nachdem die Fraktionen die Vorsitzenden und ihre Stellvertreter für die einzelnen Gremien benannt und die Mitglieder vorgeschlagen hatten. Entspre- chend einer interfraktionellen Ver- einbarung stellt die CDU/CSU-Bun- destagsfraktion bei 10 Ausschüssen die Vorsitzenden und bei acht die Stellvertreter. Die SPD hat in acht Ausschüssen den Vorsitz und stellt in neun die Stellvertreter, die FDP- Fraktion hat in einem Ausschuß den Vorsitz inne (Finanzen) und in zwei den Stellvertreter-Posten.

Neuer Vorsitzender des Bundes- tagsausschusses für Arbeit und So- zialordnung wurde der SPD-Abge- ordnete Hermann Rappe (Hildes- heim), der die Nachfolge des aus Altersgründen aus dem Deutschen Bundestag ausgeschiedenen Pro- fessors Dr. Ernst Schellenberg (69) antrat. Stellvertretender Vorsitzen- der dieses Ausschusses ist — wie auch in der siebten Legislaturperi- ode — der CDU-Abgeordnete Adolf Müller (Remscheid). Als weitere CDU-Abgeordnete gehören dem Ausschuß unter anderem der neu in den Bundestag gewählte Dr. med.

Karl Becker, Frankfurt, und Frau Dr.

med. dent. Hanna Neumeister, Krei- ensen, an. Die SPD ist unter ande- rem durch Eugen Glombig, Vorsit- zender des Arbeitskreises für Sozial- und Gesellschaftspolitik der SPD- Bundestagsfraktion, vertreten. Spre- cher der FDP in diesem Ausschuß ist deren langjähriger Sozialexperte Hansheinrich Schmidt (Kempten).

Rudolf Hauck, SPD, wurde als bishe- riger Vorsitzender des Bundestags- ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit in seinem Amt er- neut bestätigt. Stellvertretende Vor- sitzende wurde die CSU-Abgeordne- te Ursula Schleicher, die den CDU- Abgeordneten Botho Prinz zu Sayn- Wittgenstein-Hohenstein ablöste, der Mitglied des Haushaltsaus- schusses wurde.

Der dem Bundestagsausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit ebenfalls angehörende Gesund- heitspolitiker Kurt Spitzmüller, FDP, erhielt zusätzlich die politisch ein- flußreiche Position eines Parlamen- tarischen Geschäftsführers der FDP- Bundestagsfraktion.

Vorsitzender des Bundestagsaus- schusses für Bildung und Wissen- schaft wurde der Hamburger Arzt Dr.

med. Rolf Meinecke (SPD); Stellver- treter ist Dr. Günther Müller, Mün- chen, CDU/CSU-Fraktion. Den Vor- sitz des Ausschusses für Forschung und Technologie hat Dr. Albert Probst (CDU/CSU) inne; Stellvertre- ter ist Professor Dr. Karl Hans Laer- mann (FDP). PM/DÄ

„Patient muß

Individuum bleiben"

Vor einer „Entindividualisierung"

der Medizin, die den Patienten zur Nummer degradiert und den Arzt zum Gesundheitsingenieur stem- pelt, hat der Präsident der Ärztekam- mer Nordrhein, Dr. Friedrich-Wil- helm Koch, Essen, gewarnt. Der stei- gende Kostendruck im Gesundheits- wesen diene offenbar immer häufi- ger Politikern als Vorwand für eine weitere Technokratisierung und Bü- rokratisierung dieses Bereiches.

„Dem Kranken von morgen könnte eine Behandlung drohen, gegen die die frühere Musterung von Rekruten noch ein Akt individueller ärztlicher Zuwendung war."

Symptome einer aufkeimenden In- humanität im Gesundheitswesen sieht der Präsident zum Beispiel in der Feststellung eines von den ge- setzlichen Krankenkassen bestellten Gutachtens, in der die Halbierung der täglichen durchschnittlichen Behandlungszeit pro Patient auf 12 Minuten angeraten wird. Dr. Koch dazu: „Das sind doch Rationalisie- rungsmaßstäbe, die zu Recht schon bei Legehennen-Batterien verurteilt werden."

Scharfe Kritik übte der Präsident auch am bürokratischen Gigantis-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 5

vom 3. Februar 1977

277

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Die Information:

Bericht und Meinung NACHRICHTEN

mus beim Bau von Großkliniken.

"Ärztlicher Sachverstand, wie er durch die mit Krankenhausstruktur- fragen zuständigen Gremien der Ärzte repräsentiert wird, ist bei die- sen Projekten anscheinend nicht ge- fragt." Rationalisierungseffekte aber dürften nicht höher bewertet werden als die Respektierung des Patienten als Individuum. „Ein kranker Mensch paßt nun mal nicht immer ins ökonomische Prinzip." Der Prä- sident plädierte in diesem Zusam- menhang dafür, den Bau von Schwerpunkt-Krankenhäusern nicht auf Kosten eines Kahlschlages der bürgernahen Krankenversorgung durch kleinere und mittlere Anstal- ten zu forcieren.

Einen Rückfall in jene Zeiten, in denen die am Individuum interes- sierte Gesundheitspolitik nur als Teil einer zwangsläufig kollektiv orien- tierten Sozialpolitik begriffen wurde, sieht Dr. Koch in der Entscheidung der Bundesregierung, das Gesund- heitswesen weitgehend dem Be- reich des Bundesarbeitsministers zuzuschlagen. Interessenkollisionen seien hier schon vorprogrammiert.

Insbesondere der nicht sozialversi- cherte Bürger müsse nun befürch- ten, daß seine Belange nicht mehr ausreichend gewürdigt würden.

(Dazu auch Seite 279.) ÄK/NO

DAK: Rentenpläne zwingen zu Beitragserhöhungen

Heftige Kritik an den Plänen der Bundesregierung zur Sanierung der Rentenversicherung hat die Vertre- terversammlung der Deutschen An- gestellten-Krankenkasse (DAK) in Gelsenkirchen geübt. Die DAK wies nachdrücklich darauf hin, daß die Bonner Pläne eine Beitragserhö- hung erzwingen würden und alle Bemühungen um Kostendämpfung im Gesundheitswesen zunichte machten. Außerdem wird der ge- plante zusätzliche Finanzausgleich unter den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung als ungerecht bezeichnet, da er insbesondere die Ersatzkassen veranlasse, die Kosten der Rentnerkrankenversicherung

anderer Kassenarten aus Mitglieder- beiträgen mitzufinanzieren. Die DAK schlägt statt dessen eine personen- bezogene Beitragszahlung der Ren- tenversicherundsträger an die ein- zelnen Kassen vor. DÄ

PKV gegen erweiterten

Versicherungszwang

Der Verband der privaten Kranken- versicherung (PKV), Köln, wendet sich entschieden gegen die Forde- rung der SPD, nicht nur die Bei- tragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung zu erhöhen.

sondern auch den Versicherungs- zwang erheblich auszuweiten.

Nach Überzeugung der PKV würde die Wahlfreiheit unter den Trägern der Krankenversicherung weiter ein- geschränkt werden, wenn künftig sogar noch Angestellte mit Monats- gehältern von 2890 DM der Versi- cherungspflicht unterworfen wür- den. Direkt betroffen von dem erwei- terten Beitrags- und Versicherungs- zwang seien mehr als eine Million Bundesbürger, vornehmlich Ange- hörige der Mittelschichten und de- ren nachwachsende Generation.

Nachteile hätten aber auch alle an- deren Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen, weil Beitragserhö- hungen künftig kaum noch durch die Gefahr der Abwanderung zur Privatversicherung eingedämmt werden dürften. Schließlich stelle eine solche Politik der schleichen- den Sozialisierung die Weichen zu einer Eihheitskasse für die gesamte Krankenversicherung, heißt es in der Erklärung des Verbandes der priva- ten Krankenversicherung. PKV/DÄ

Bundesregierung beruft Transparenz-Kommission

Nicht vor Mitte nächsten Jahres wird die „Sachverständigenkommission zur Herbeiführung der preismäßigen und pharmakologisch-therapeuti- schen Transparenz bei Arzneimit- teln" ihre Arbeit aufnehmen. Der

Parlamentarische Staatssekretär des Bundesministeriums für Ju- gend, Familie und Gesundheit, Karl Fred Zander, begründete diese Ver- zögerung vor allem mit haushalts- rechtlichen Auflagen. Die Kommis- sion, deren Geschäftsstelle beim Bundesgesundheitsamt in Berlin eingerichtet wird, setzt sich aus 13 Mitgliedern zusammen, darunter drei Sachverständige aus dem Be- reich der gesetzlichen und ein Sach- verständiger aus dem Bereich der privaten Krankenversicherung; vier Sachverständige aus der Ärzte- schaft; drei aus dem Bereich der Arzneimittelhersteller; einer aus der Apothekerschaft und einer aus der Verbraucherschaft. DÄ

20 Jahre

deutsche Leprahilfe

Seit seiner Gründung im Jahre 1957 konnte das Deutsche Aussätzigen- Hilfswerk, das vor 20 Jahren auf Grund einer Einzelinitiative gegrün- det wurde, rund 180 Millionen Mark für 464 Projekte in Entwicklungslän- dern für Forschung und Einrichtung sowie für die Ausbildung von euro- päischem und einheimischem Per- sonal bereitstellen. Das Hilfswerk ist für Deutschland auch Ausrichter des

„Welttags der Leprakranken", der 1977 — am 30. Januar — zum 24. Mal stattfand. 177 deutsche Ärzte, Pfle- ger, Krankenschwestern und Fach- kräfte stellten sich in den letzten 20 Jahren für einen Einsatz in Entwick- lungsländern zur Verfügung (derzeit 29).

In der Lepraforschung arbeitet die Organisation mit dem Forschungs- institut Borstel bei Hamburg (Prof.

Dr. Dr. Enno Freerksen) zusammen.

Dem Deutschen Aussätzigen-Hilfs- werk flossen im letzten Jahrzehnt 25 Millionen DM an Spenden zu, womit 224 Vorhaben gefördert wurden.

Insgesamt werden von der Interna- tionalen Vereinigung der Leprahilfs- werke etwa eine Million Leprakranke betreut. Die derzeitige Gesamtzahl der Leprakranken schätzt das Deutsche Aussätzigen-Hilfswerk demgegenüber auf 15 bis 20 Millio- nen. NJ

278 Heft 5 vom 3. Februar 1977

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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