RABATTVERTRÄGE FÜR ARZNEIMITTEL
Noch immer umstritten
Die Hersteller von Generika dringen darauf, die Möglichkeiten der Kassen beim Abschluss von Rabattverträgen einzuschränken.
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eftig beworben und heftig bekämpft – seit ihrer Ein - führung Ende 2006 sorgt die Mög- lichkeit der gesetzlichen Kranken- kassen, mit Arzneimittelherstellern Nachlässe auf deren Medikamen- tenpreise zu verhandeln, für Kon- troversen. Politik und Kassen schät- zen das Einsparpotenzial, das nach Angaben des AOK-Bundesverban- des 2011 bei knapp 1,6 Milliarden Euro lag. Dagegen beklagen die Hersteller von Nachahmerpräpara- ten angesichts der Marktmacht der großen Versorgerkassen einen rui- nösen Preisdruck und Wettbewerbs- verzerrungen.Verzerrter Wettbewerb
Besonders schwer wiegen aus Sicht des Branchenverbands Pro Generi- ka Rabattverträge zwischen Kran- kenkassen und Herstellern von Ori- ginalpräparaten, die über das Ende des Patentschutzes für das Original hinaus gelten. Das verlängere die Marktdominanz der Altoriginale und erschwere den Markteintritt für neue Wettbewerber. Um das zu un- termauern, ließ der Verband bereits im November 2011 vom Berliner IGES-Institut eine Studie anferti- gen. Diese kam zu dem Schluss, dass der gesetzlichen Krankenver- sicherung durch den mangelnden Generikawettbewerb innerhalb von zwei Jahren Einsparungen von 655 Millionen Euro entgangen seien.
Pro Generika fordert seither, dass künftig alle Rabattverträge mit Erst - anbietern unmittelbar mit Ende des Patentschutzes auslaufen und nach Ablauf des Patenschutzes zwei Jahre lang keine Verträge über Preisnach- lässe geschlossen werden dürfen.
Diese Forderungen scheinen in- zwischen in Teilen der Politik auf offene Ohren zu stoßen. In einer Kleinen Anfrage hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Antworten
auf die Frage verlangt, inwieweit Rabattverträge wettbewerbsbehin- dernd wirken können. Auch der Wirtschaftsausschuss des Bundes- rates hat sich dafür ausgesprochen, Maßnahmen zur Beschränkung von Rabattverträgen zu treffen. In einer Empfehlung an das Plenum heißt es, der Bundesrat beobachte mit Sorge, dass Rabattverträge den Marktzutritt von Generikaherstel- lern erschweren könnten. Es solle pharmazeutischen Unternehmen da- her nicht mehr möglich sein, im Zeitraum von zwei Jahren nach Ab- lauf des Patentschutzes eines Wirk- stoffs einen Rabattvertrag mit einer Krankenkasse abzuschließen oder während des Patentschutzes einen Rabattvertrag abzuschließen, der über den Patentzeitraum hinausge- he. Damit solle eine künstliche Ver- längerung des Patentschutzes unter- bunden werden. Dieser Empfeh- lung ist der Bundesrat allerdings nicht gefolgt. Die Entscheidung fiel am 30. März im Rahmen einer Stel- lungnahme zum Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, mit dem in erster Linie europäische Vorga- ben zur Pharmako vigilanz und zum Schutz vor gefälschten Arzneimit- teln in nationales Recht umgesetzt werden sollen.
Auch nach dem Willen der Bun- desregierung bleibt zunächst ein- mal alles beim Alten. Rabattverträ- ge hätten bisher die Markteinfüh- rung von Generika nicht behindert und wirkten generell wettbewerbs- fördernd, heißt es in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Grünen vom 30. März. Außerdem hätten die Kassen im Rahmen der gesetz - lichen Vorgaben die Möglichkeit,
„intelligente“ Verträge zu schlie- ßen, die sich an die jeweiligen Marktbedingungen anpassten.
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Heike Korzilius
A 694 Deutsches Ärzteblatt