A796 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 17⏐⏐24. April 2009
A K T U E L L
Fortschritte in der Herz-Kreislauf- Medizin haben maßgeblich zur Ver- längerung der menschlichen Le- benserwartung beigetragen. Darauf hat der Präsident der Deutschen Ge- sellschaft für Kardiologie (DGK), Prof. Dr. med. Gerd Heusch, im Vorfeld der 75. DGK-Jahrestagung in Mannheim hingewiesen.
„In Deutschland stieg die Le- benserwartung zwischen 1980 und 2002 bei Männern um 5,75 Jahre, die Senkung der Sterblichkeit an Herz- und Kreislauferkrankungen hatte mit 2,62 Jahren den Löwenan-
teil an diesem Gewinn“, teilte der DGK-Präsident mit. Die Zahlen für Frauen seien vergleichbar. Die Sterb- lichkeit nach einem Herzinfarkt im Krankenhaus sei zwischen 1998 und 2004 bei Frauen von 22 auf 13 Prozent und bei Männern von zwölf auf sieben Prozent zurück- gegangen.
Trotz dieser beeindruckenden Bi- lanz sei die deutsche Herz- und Kreislaufforschung chronisch und strukturell unterfinanziert, kritisier- te Heusch. Vor diesem Hintergrund habe die DGK wiederholt die Grün- dung eines Deutschen Herzfor- schungszentrums gefordert. „Bun- desministerin Schavan hat auf unse- re Forderung positiv reagiert und die Deutsche Gesellschaft für Kar- diologie zur Vorlage eines Konzept- antrags aufgefordert“, sagte Heusch.
Daraufhin habe die DKG ein ent- sprechendes Forschungskonzept er- arbeitet. Das Konzept sehe vor, acht universitäre Standorte und das Max- Delbrück-Zentrum der Helmholtz- Gemeinschaft zu vernetzen. hil
Neue Zahlen über eine Zunahme des Alkoholmissbrauchs bei Jugend- lichen alarmieren die Techniker- Krankenkasse (TK). „Wir beobach- ten mit Sorge, dass die Alkoholpa- tienten immer jünger werden und bereits Kinder unter 15 Jahren mit einem Vollrausch ins Krankenhaus kommen“, berichtete TK-Vorstands- chef Norbert Klusen gegenüber der
„Frankfurter Rundschau“.
Das Blatt berichtet unter Beru- fung auf Daten der TK, zwischen 2007 und 2008 sei die Zahl der durch Alkoholmissbrauch verur- sachten Klinikaufenthalte von Kin- dern unter 15 Jahren von 177 auf 214 gestiegen. Zudem lägen bei den ganz jungen Opfern seit zwei Jah- ren die Mädchen vor den Jungen.
Bei den unter 18-jährigen Jugendli- chen seien die Klinikeinweisungen um 174 auf 1 765 gestiegen.
Klusen sagte, er sehe im Schutz der Jugendlichen eine gesamtgesell- schaftliche Aufgabe. Es sei ein Pro- blem, wenn die Bierflasche, das Glas Wein und die Zigarette beim Fernsehen in der Familie immer präsent seien. Supermärkte, Tank- stellen und die Gastronomie müss- ten bezüglich des Jugendschutzes in die Pflicht genommen und Alters- kontrollen verstärkt werden. ddp ALKOHOLMISSBRAUCH
Immer mehr Jugendliche unter 15 Jahren trinken
HERZ-KREISLAUF-ERKRANKUNGEN
Weniger Tote durch Herzinfarkt
Durch den medizinischen Fortschritt konnte die Sterb- lichkeit im Kran- kenhaus nach Myokardinfarkt gesenkt werden.
Der Griff zur Flasche ist für viele Jugendliche völlig normal.
Foto:dpa
GESUNDHEITSSYSTEME IN EUROPA
Deutsche Patienten können zufrieden sein
Deutschland hat eines der patienten- freundlichsten Gesundheitssysteme in Europa. Zufriedener können nur dänische Patienten mit den Struktu- ren der gesundheitlichen Versor- gung in ihrem Land und ihren Mit- sprachemöglichkeiten sein. Platz drei teilen sich Finnland und die Schweiz. Die Niederlande bele- gen den vierten Platz. Dies ergab ei- ne Auswertung des europäischen Beratungs- und Analyseunterneh- mens Health Consumer Powerhouse (HCP).
Für das Ranking hat HCP 31 eu- ropäische Gesundheitssysteme ei- nem Vergleich unterzogen. Als maßgeblich für die Patientenfreund- lichkeit eines Systems galten die Kategorien Patientenrechte, Infor- mation, Bewertung von Therapie- verfahren und finanzielle Anreize.
Grundlage für die Auswertung bil- deten offiziell zugängliche Daten unter anderem der Weltgesundheits- organisation, der OECD sowie aus wissenschaftlichen Quellen und eu- ropaweiten Umfragen. Demnach billigt die Schweiz ihren Patienten die meisten Rechte im Rahmen ih- rer gesundheitlichen Versorgung zu.
Dänemark wiederum ist Spitzenrei- ter bei der Information der Patienten und bei der transparenten Bewer- tung neuer Therapien.
„Paradiesische Zustände“ herrsch- ten im deutschen Gesundheitssys- tem vor allem wegen seiner freien Arztwahl und den geringen Warte- zeiten, heißt es im Bericht des HCP.
Sehr gut schneidet Deutschland auch aufgrund der Möglichkeit ab, frei zwischen verschiedenen Kos- tenträgern und Zuzahlungsmöglich- keiten wählen zu können.
Als Manko des deutschen Sys- tems wertete das Unternehmen, dass Patienten als Informationsquelle für Arzneimittel vornehmlich Ärzte und Apotheker zur Verfügung stün- den. HCP zufolge sei eine Auswei- tung des Informationsangebots ein erster Schritt hin zu mehr Patienten- macht. Nachteilig wirke sich auch das Fehlen eines Patientenschutzge-
setzes aus. ps
Foto:Keystone