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Archiv "Rabattverträge für Arzneimittel: Der Praxistest beginnt" (09.03.2007)

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A614 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 10⏐⏐9. März 2007

P O L I T I K

V

orreiter waren die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK). Als deren Landesverbände im November 2006 gemeinsam bundesweit Arz- neimittelhersteller aufforderten, Ra- battangebote für 89 Wirkstoffe ab- zugeben, protestierte nicht nur der Branchenverband Pro Generika. „Ein Unternehmen, das den AOK-Rabatt- vertrag unterschreibt, setzt sich ei- nem ruinösen Preisdruck aus“, sag- te damals dessen Geschäftsführer Hermann Hofmann. Auch das Bun- deskartellamt meldete wettbewerbs- rechtliche Bedenken an. Immerhin versichern die 16 AOK-Landesver- bände mit rund 25 Millionen Men- schen nach eigenen Angaben fast ein Drittel der Bevölkerung. Doch den Wettbewerbshütern sind die Hände gebunden. Die Kassen fallen nicht unter das Wettbewerbsrecht.

Zusatzhonorar für die Ärzte

Inzwischen hat die AOK mit elf Pharmaunternehmen Preisnachlässe für 43 Wirkstoffe und Wirkstoff- Kombinationen vereinbart. Die aus- gehandelten Preise liegen nach AOK-Angaben bis zu 37 Prozent unter dem aktuellen Verkaufspreis in der Apotheke. „Bundesweit rech- nen wir mit jährlichen Einsparun- gen im zweistelligen Millionenbe- reich“, sagte der Vorstandsvorsit- zende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Hans Jürgen Ahrens, Anfang Fe- bruar in Bonn.

Um dieses Einsparvolumen zu erreichen, will die AOK die nie- dergelassenen Ärztinnen und Ärzte vertraglich einbinden. Als Erste ha- ben die AOK Baden-Württemberg und die dortige Kassenärztliche Ver- einigung (KV) eine Kooperations- vereinbarung geschlossen, der sich die Ärzte freiwillig anschließen können. Für die zusätzlichen Leis- tungen, die bei der Umstellung der

Patienten auf die rabattierten Präpa- rate anfallen, sollen die Ärzte ein Honorar erhalten – außerhalb der Gesamtvergütung. Voraussetzung ist, dass der Umsatz an verordneten ra- battierten Produkten mindestens 15 Prozent des Gesamtumsatzes der Praxis für den jeweiligen Wirkstoff ausmacht. Die Vergütungsregelung ist jedoch komplex. Die AOK Ba- den-Württemberg gibt ein Rechen- beispiel: Auf den Wirkstoff Simva- statin wird ihr ein Rabatt in Höhe von zehn Prozent gewährt. Setzt ei- ne Praxis im Quartal 500 Euro mit rabattiertem Simvastatin um, be- trägt der Rabatt für die AOK 50 Eu- ro. Von diesem Betrag erhält der Arzt im ersten und zweiten Quartal 65 Prozent, also 32,50 Euro als Ho- norar, im dritten Quartal 40 Prozent und in allen folgenden 30 Prozent.

Rabatte in dieser Größenordnung dürften jedoch nur für einen kleinen Bereich des Sortiments erreichbar sein. Aufgrund des niedrigen Preis- niveaus gehe es bei den meisten Präparaten um Centbeträge, dämpft Dr. med. Jan Geldmacher den Opti- mismus. Darüber hinaus befürchtet das Vorstandsmitglied der KV Ba- den-Württemberg einen hohen Ver- waltungsaufwand für die Ärzte, wenn weitere Kassen oder Kassenarten dem Beispiel der AOK folgen und sich das Spektrum der rabattier- ten Wirkstoffe weiter ausweitet. Al- lerdings stellt Geldmacher diesen neuerlichen Versuch, die Arzneimit- telausgaben zu senken, nicht grund- sätzlich infrage. „Es ist ein spannen- der Anfang“, sagt er. „Wir sollten uns allerdings nach den ersten drei Monaten noch einmal Zeit neh- men über das Konzept nachzuden- ken.“ In den ersten drei Wochen seit Beginn der Kooperation zwischen AOK und KV haben 500 der 19 000 niedergelassenen Ärzte und Psycho-

therapeuten in Baden-Württemberg ihre Teilnahme erklärt.

Zögerlich waren offenbar viele Arzneimittelhersteller. „Von denen, die jetzt Rabattvereinbarungen ge- schlossen haben, sind die meisten unbekannt und wollen einen Fuß in den deutschen Markt kriegen“, ver- mutet KV-Vorstand Geldmacher.

Ein Sprecher des AOK-Bundesver- bandes formuliert es so: „Einige Hersteller wollten die Entwicklung wohl noch beobachten. Ich denke, dass wir bei der zweiten Ausschrei- bungsrunde auf ein breiteres Inter- esse stoßen werden.“

Einsparungen in Millionenhöhe

Der Verband der Angestellten-Kran- kenkassen (VdAK) will das Feld jetzt testen. Am 1. März hat er sich mit ei- ner Rabattausschreibung für neun Wirkstoffe an die Pharmafirmen ge- wandt. Der VdAK vertritt in diesem Fall sieben seiner Mitgliedskassen.

„Von zukünftigen Rabatten können damit rund 8,7 Millionen Versicherte profitieren“, sagt eine Sprecherin.

Der VdAK erhofft sich durch die Ra- battverträge Einsparungen von bis zu 30 Millionen Euro. Im Gegensatz zur AOK sind allerdings keine Sonder- vereinbarungen mit den KVen ge- plant. Anreize zur Verordnung rabat- tierter Arzneimittel gibt es dennoch.

Das GKV-Wettbewerbsstärkungsge- setz, das am 1. April in Kraft tritt, sieht vor, dass Arztpraxen „im Falle einer bevorzugten Berücksichtigung der rabattierten Arzneimittel für diese Arzneimittel von der Bonus-Malus- Regelung und von den Richtgrößen- prüfungen freigestellt“ werden.

Nachzügler bei den Rabattver- handlungen auf Bundesebene sind die Betriebskrankenkassen. Deren Bundesverband betont jedoch: „Wir sind in der Planungsphase.“ I Heike Korzilius

RABATTVERTRÄGE FÜR ARZNEIMITTEL

Der Praxistest beginnt

Mit elf Pharmaherstellern hat die AOK Rabatte für 43 häufig verordnete Wirkstoffe

vereinbart. Nun wendet sich mit dem Verband der Angestellten-Krankenkassen ein

zweiter großer Kassenverband mit einer Ausschreibung an die Firmen.

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