D
ie Kassenärztliche Bundesvereini- gung (KBV) plädiert dafür, medi- zinisches Qualitätsmanagement (QM) und medizinische Qualitätssiche- rung weiterhin in den Händen der Selbstverwaltung zu belassen. Dafür sei- en die Vertragsärzte auch bereit, sich auf neue Versorgungsformen einzulassen.„Es ist nämlich allen im Gesundheitswe- sen Tätigen klar“, so der Erste Vorsit- zende der KBV, Dr. med. Manfred Rich- ter-Reichhelm, „dass die derzeitige be- stehende Abschottung zwischen den Sektoren eine ineinander greifende, gut koordinierte Versorgung
der Patienten erschwert.“
Richter-Reichhelm sagte dies auf dem Forum „Neue Vertrags- und Versorgungs- formen – Impulse setzen durch Qualität“ Ende Ja- nuar in Berlin.
Alarmiert von den Plä- nen des Gesundheitsmini- steriums, ein Nebeneinan- der von Kollektiv- und Ein- zelverträgen in der ambu-
lanten Versorgung zuzulassen, muss die KBV ihre Innovationskraft unter Be- weis stellen. Gelingt dies nicht, könnten die geplante stärkere Anbindung der Fachärzte an die Krankenhäuser sowie Einzelverträge mit Hausärzten, Praxis- netzen oder Integrierten Versorgungs- verbünden das Ende der Kassenärztli- chen Vereinigungen und ihres Sicher- stellungsauftrages bedeuten.
Qualitätssicherung in der Praxis
Dr. Leonhard Hansen, Zweiter Vorsit- zender der KBV, verwies auf die Eigen- initiativen der Vertragsärzte für mehr Qualität. Praxismanagement, Rückmel- desysteme und Weiterentwicklung des Qualitätszirkelkonzepts seien effektive
Mittel, selbstständig Mängel zu beheben.
Allerdings müsse die zu erzielende Qua- litätssteigerung auch in einem vertretba- ren Verhältnis zur benötigten Zeit ste- hen. „Damit QM den angestrebten Stel- lenwert finden kann, müssen ökonomi- sche Anreize gesetzt werden.“
In der Podiumsdiskussion, die mit Gesundheitspolitikern der Bundestags- fraktionen von SPD und CDU sowie Vertretern der Kassen und KBV besetzt war, ging es in erster Linie um das ge- plante Zentrum für Qualität in der Me- dizin. Dieses wurde von den Teilneh-
mern im Saal mehrheitlich abgelehnt.
Der Vorsitzende des Gesundheitsaus- schusses des Deutschen Bundestages, Klaus Kirschner (SPD), verteidigte die geplante neue Einrichtung. In ihr sollten unabhängige Gutachten erstellt werden.
Aber auch Einrichtungen wie die Ärztli- che Zentralstelle für Qualität in der Me- dizin könnten gegebenenfalls Grund- lagen liefern, auf denen dann neue Leitlinien erarbeitet würden. Die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion Annette Wid- mann-Mauz forderte dagegen, die Qua- litätskriterien dürften nicht vom Zen- trum vorgegeben, sondern müssten von der Selbstverwaltung entwickelt wer- den.Allerdings sollten die Ärzte endlich ihre Leistungen transparent machen, damit die Qualität ihrer Arbeit auch deutlich werde. Dr. med. Daniel Rühmkorf P O L I T I K
Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 714. Februar 2003 AA367
er lakonisch fest: „4,6 Millionen Ar- beitslose sind ein nicht zu schlagendes Argument hinsichtlich der Dringlich- keit von Reformen.“ Schmidts Eck- punkte lobte der Professor als „mutig und innovativ“. Die generelle Zustim- mung in der Arbeitsgruppe Gesundheit bedeute jedoch nicht, „dass man mit je- dem Punkt einverstanden sein muss“.
Und am wichtigen Abschlussbericht im Herbst halte man fest.
Bis dahin lassen sich die Kommissi- onsmitglieder sicher keinen Maulkorb umhängen und kein Denkverbot ertei- len. Auch Rürup ist bei aller Höflich- keit in der Form hart in der Sache. Bo- nus- und Malussysteme müsse man vorurteilsfrei prüfen, betonte er bei- spielsweise – auch wenn Schmidt hier anderer Meinung ist. Und die Diskussi- on über GKV-Beiträge in Form von Kopfpauschalen will sich die Kommis- sion trotz des Kanzlereinspruchs nicht verbieten lassen.
Enttäuscht zeigte sich die Ärzte- schaft über die mit Spannung erwarte- ten Eckpunkte. Bundesärztekammer- Präsident Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe verwies in einer ersten Reakti- on auf den außerordentlichen Deut- schen Ärztetag am 18. Februar in Ber- lin, auf dem die Eckpunkte „ausführ- lich diskutiert und mit Vorschlägen aus der Praxis kontrastiert werden“ sollen.
Mangelnde Praxistauglichkeit atte- stierte er insbesondere dem von Mini- sterin Schmidt geplanten „Zentrum für Qualität in der Medizin“. Die De- batte um eine übergeordnete Prüfin- stanz werde darüber entscheiden, ob Deutschland an der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen festhalte oder
„sich dem englischen Weg der Staats- medizin nähere“, sagte Hoppe.
Die Eckpunkte seien „wenig kon- kret und lassen keine Systematik er- kennen“, bemängelte Dr. med. Man- fred Richter-Reichhelm, Erster Vorsit- zender der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung. Er begrüßte jedoch, dass Schmidt von ihrem ursprünglichen Vorhaben Abstand genommen habe, die Krankenhäuser generell für die am- bulante Versorgung zu öffnen. Richter- Reichhelm betonte zudem, man unter- stütze den freiwilligen Hausarzttarif, aber kein verpflichtendes Primärarzt- modell. Samir Rabbata, Sabine Rieser
Vertragsärzte
Versteckte Qualitäten
KBV unterstreicht Bedeutung der Selbstverwaltung und lehnt das geplante Zentrum für Qualität in der Medizin ab.
Annette Widmann-Mauz (CDU):
„Nicht ein neues Zentrum, sondern die Selbstverwaltung muss die Qualitätskriterien vor- geben.“ Foto: Rühmkorf