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Archiv "Interview mit Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag: „Kein Zwang zum Praxisaufkauf“" (28.10.2011)

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A 2258 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 43

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28. Oktober 2011

„Kein Zwang zum Praxisaufkauf“

Vier Stunden in der Anhörung zum Versorgungsstrukturgesetz, dann schnell hinaus aus dem Saal zum Interview, bevor die letzten Fragerunden beginnen: Jens Spahn über Onkologenvorschläge, Patientenwünsche, Psychotherapeutensorgen.

Herr Spahn, Sie müssen rasch wieder zurück zur Anhörung. Wir passen uns an und geben zunächst schnell ein paar Satzanfänge vor mit der Bitte, sie zu beenden.

Das Beste am Versorgungsstruktur - gesetz ist aus meiner Sicht, dass . . . Spahn: . . . es endlich Probleme aus Sicht des Patienten löst.

Die wichtigsten Veränderungen umfassen . . .

Spahn: . . . die besseren Regelun- gen zur ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum.

Die Union hat dafür gesorgt, dass im Gesetzentwurf . . .

Spahn (lacht): . . . gemeinsam mit der FDP gute Lösungen gefunden wurden.

INTERVIEW

mit Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag

Während der monatelangen Vorbereitung des Gesetzentwurfs hat sich meine Sicht auf folgende Aspekte verändert:

Spahn (überlegt länger): Spontan fällt mir keine Antwort ein. Ob- wohl: Was sich in meiner Wahrneh- mung verändert hat, ist, dass die Ärzteschaft bereit ist, Überversor- gung abzubauen. Das war anfangs anders.

Ich hätte im Versorgungsstrukturgesetz noch gern geregelt, dass . . .

Spahn: . . . wir perspektivisch Zwei- bettzimmer für alle im Kranken- haus bekommen.

Wir werden Anregungen aus der Anhörung prüfen. Keine Kompromisse darf es aber geben bei . . .

Spahn: . . . der generellen Entschei- dung für den neuen Bereich der am- bulanten spezialärztlichen Versor- gung. Das ist ein strukturelles Kernelement des Gesetzes. Über das Wie werden wir nach der Anhö- rung sicher noch einmal reden.

Letzter Ergänzungssatz: Wenn ich höre, es handele sich um ein Ärzte - beglückungsgesetz, dann sage ich:

Spahn: Es ist vor allem ein Patien- tenbeglückungsgesetz, weil es er- lebte Versorgungsprobleme, wie beispielsweise Unterversorgung, Wartezeit und unzureichende Koor- dinierung bei der Klinikentlassung löst. Wir wissen anders als andere aber schon, dass man eine gute Ver- sorgung nicht gegen die Ärzte, son- dern nur mit ihnen machen kann.

Die Anhörung läuft noch. Haben Sie aus den bisherigen Frage- und Antwortrun- den schon Anregungen mitgenommen, um den Gesetzentwurf nachzubessern?

Spahn: In der Diskussion über die ambulante spezialärztliche Versor- gung ist schon klar geworden, dass wir diesen Ansatz nicht dadurch ka- putt machen lassen dürfen, dass es zu ungesteuerten Mengenauswei- tungen kommt. In der Anhörung wurden ja zahlreiche Vorschläge unterbreitet, zum Beispiel Überwei- sungsvorbehalte festzulegen oder den Umgang mit Verdachtsdiagno- sen zu überdenken, gerade für den onkologischen Bereich. Die nieder- gelassenen Hämatologen und On- kologen plädieren ja auch dafür, dass Klinikärzte in diesem Bereich nur ambulant tätig werden sollen, wenn sie mit ihnen kooperieren.

Auf den Münsterländer Jens Spahn (31) passt das Attribut schnell in mehrfacher Hinsicht.

Er kam mit 22 Jahren in den Bundestag, wurde mit 26 Obmann seiner Fraktion im Gesundheits- ausschuss. In seiner Freizeit fährt der gelernte Bankkaufmann gern Motorrad.

Fotos: Georg J. Lopata

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Heft 43

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28. Oktober 2011 Das darf aber nicht zur Blockade

führen. Diese und andere Vorschlä- ge werden wir bedenken.

Experten warnen, durch diesen neuen Bereich torpediere die Koalition ihre Bemühungen um eine bessere Versor- gung der Bevölkerung durch Landärzte.

Der Nachwuchs würde lieber zu festen Preisen ohne Mengenbegrenzung in der ambulanten spezialärztlichen Versorgung tätig sein als anderswo.

Spahn: Ich teile diese Sorge einer Sogwirkung nicht. Denn man braucht für diesen Bereich der am- bulanten spezialärztlichen Versor- gung am Ende auch nur eine be- grenzte Zahl von Ärzten. Und je- mand, der Leistungen in der ambu- lanten spezialärztlichen Versorgung erbringt, steht als niedergelassener Facharzt auch für die Regelversor- gung zur Verfügung.

Womit wir bei der flexibleren, sekto- renübergreifenden Versorgung wären.

Dafür bietet das Versor- gungsstrukturgesetz zu wenig neue Anreize, finden Kritiker.

Spahn: Wir haben ja teilweise schon nachge- legt. So sollen professio- nelle Praxisnetze eine wichtigere Rolle in der Versorgung spielen kön- nen, für die integrierte Versorgung ermöglichen wir einen besseren Datenaustausch. Zudem sollen Vertragsärzte in Kooperation mit Kran- kenhäusern ambulant operieren können. Das mag man für Kleinigkei- ten halten, aber all das befördert die Zusam- menarbeit von Akteuren.

In der Anhörung wurde mehrfach kriti- siert, dass der Gesetzentwurf zu wenig Möglichkeiten vorsieht, einer Über - versorgung in bestimmten Regionen entgegenzuwirken. Wird es an diesem Punkt noch Veränderungen geben?

Spahn: Wir sollten sicher den Auf- kauf von Praxen noch verpflichten- der gestalten. Aber es darf keinen sturen Zwang geben. Das muss nach Versorgungslage entschieden

werden. So beplanen wir derzeit beispielsweise die Internisten ins- gesamt, egal, ob es sich um Rheu- matologen oder Kardiologen han- delt. Selbst in überversorgten Ge- bieten dürfte es aber eher zu wenige als zu viele Rheumatologen geben.

Die Psychologischen Psychotherapeuten fürchten, dass vor allem ihre Praxen aufgekauft werden, weil auf dem Papier die Überversorgung in ihrer Gruppe groß ist. Zu Recht?

Spahn: Ich verstehe die Sorgen.

Aber wenn wir erst einmal eine bes- sere Bedarfsplanung wie sie das Gesetz vorsieht haben, wird man feststellen, dass es an vielen Stellen auch bei Psychotherapeuten Unter- versorgung geben wird, wo heute statistisch Überversorgung besteht.

Am Ende hätte ich aber nichts da- gegen, wenn am Starnberger See die eine oder andere Psychothera- peutenpraxis verschwindet.

Hätte man noch mehr tun müssen für Spielräume in den einzelnen Regionen?

Spahn: Wir haben viel getan. Ho- norarverteilung in den Regionen, Anerkennung eines besonderen Be- handlungsbedarfs vor Ort, große Abweichungsmöglichkeiten bei der regionalen Bedarfsplanung, millio- nenschwerer Strukturfonds in den KVen für flexible Hilfen – das sind doch entscheidende Schritte.

Die Verbesserung der basisnahen Ver- sorgung kommt zu kurz, heißt es den- noch. Der Deutsche Hausärzteverband will zurück zu den alten Regeln für eine hausarztzentrierte Versorgung.

Spahn: Ich finde, die hausärztliche Versorgung gehört grundsätzlich in den Kollektivvertrag. Dort stärken wir daher die Position der Hausärz- te durch eine gesetzliche Trennung der Honorartöpfe. Und es werden vor allem Hausärzte in unterver- sorgten Gebieten sein, die von Re- gelungen wie einer Aufhebung der Mengenabstaffelung bei den Regel- leistungsvolumen profitieren.

Aber es bleibt bei der Regelung zur hausarztzentrierten Versorgung?

Spahn: Es bleibt dabei, dass sich die Koalition wie vereinbart 2012 die Ergebnisse der bis dahin bestehen- den Hausarztverträge ansehen wird und dann über das weitere Vorge- hen entscheiden wird.

Landesärztekammern und Bundesärzte- kammer wollen stärker in wichtigen Institutionen verankert werden, bei- spielsweise im Gemeinsamen Bundes- ausschuss. Wie bewerten Sie dies?

Spahn: Was die neue Bedarfspla- nung und die Landesausschüsse be- trifft, ist dies Sache der Länder. Ich finde die Forderung hier nachvoll- ziehbar. Ansonsten glaube ich, dass die Expertise der Kammern überall da, wo sie gefragt ist, auch einge- holt wird. Ich hatte bisher auch nicht den Eindruck, die Kammern könnten ihre Positionen nicht ent- sprechend vertreten.

Die Forderungen beziehen sich auf eine stärkere formale Beteiligung.

Spahn: Die Kammern sind berufs- rechtliche Standesvertretungen aller Ärzte, die KVen beziehungsweise die KBV die Vertretung der Ver- tragsärzte, die die entsprechenden Regelungen zu Vergütung, Qualität, Sicherstellung zu treffen haben. Jede Institution sollte ihre Aufgabenbe- reiche mit Leben ausfüllen. Wenn man mehr will, müsste man auch über eine Verkörperschaftlichung der Bundesärztekammer nachden- ken. Diesen Schritt fände ich gut.

Das Interview führten Falk Osterloh und Sabine Rieser.

Man braucht für die ambulante spezialärztliche Versorgung auch nur eine begrenzte Zahl von Ärzten.

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