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Archiv "CDU: Gesundheitspolitische Vorstellungen - Teil 2" (30.09.1976)

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Die Information:

Bericht und Meinung

Gesundheitspolitiker vor der Wahl

O Stationäre Versorgung. Auf dem Krankenhaussektor hält die SPD unter anderem folgendes für not- wendig: Koordinierung und Weiter- bildung der Krankenhausbedarfs- planung der Länder durch den Bund unter gleichberechtigter Be- teiligung der Krankenkassen; Ab- stufung der Pflege- und Behand- lungsintensität als Voraussetzung für die Gewährleistung eines lei- stungsfähigen und zugleich finan- zierbaren Krankenhaussystems;

enge Verzahnung der Planung auf ambulantem und stationärem Ge- biet zur Vermeidung von Überka- pazitäten; Pflegeheim, medizinische Gemeindezentren, Hauskranken- pflege als flankierende Einrichtun- gen; verstärkte Zusammenarbeit der Krankenhäuser untereinander im Verwaltungs-, Versorgungs- und Wirtschaftsbereich; Erarbeitung einheitlicher Kriterien für die Beur- teilung der Wirtschaftlichkeit; Pfle- gesatzabstufung nach Behand- lungsintensität und -dauer; Einfüh- rung ambulanter vorstationärer Diagnostik sowie Nach- und Wei- terbehandlung.

Die innere Strukturreform soll durch die Auflösung der Privatsta- tionen, die Abschaffung des Privat- liquidationsrechts der Ärzte im Zu- sammenhang mit einer Vergü- tungsreform fortgesetzt und das hierarchische System durch kolle- giale Leistungssysteme abgelöst, die Mitbestimmung in allen Kran- kenhäusern eingeführt werden.

O Psychiatrie. Hierzu forrdert das Aktionsprogramm für die nächsten Jahre, daß: inhumane Zustände in psychiatrischen Großkrankenhäu- sern beseitigt werden; durch Schaffung von psychiatrischen Ab- teilungen an Allgemeinkrankenhäu- sern oder durch psychiatrische Dienste eine gemeindenahe Ver- sorgung erreicht wird; die psychia- trischen Krankenhausabteilungen an der ambulanten Versorgung teil- nehmen können; der Mangel an Einrichtungen für Kinder und Ju- gendliche, Alkoholkranke und Dro- genabhängige, psychisch kranke, alte Menschen und geistig behin- derte Erwachsene beseitigt wer-

den; das bisherige System der Ver- sorgung durch ergänzende Dienste im ambulanten Bereich zu einer therapeutischen Kette entwickelt wird und daß die psychisch Kran- ken mit den körperlich Kranken gleichgestellt werden.

O Arzneimittel. Hierzu schlägt das Programm folgendes vor: Be- schränkung der Werbung auf reine Sachinformation; Maßnahmen ge- gen übermäßigen Medikamenten- verbrauch; Abbau überhöhter Ge- winne im Pharmabereich; thera- peutische und preisliche Transpa- renz des Arzneimittelangebotes.

O Kostenentwicklung. Nach Maß- gabe der Forderung, die Aufwen- dungen im Gesundheitswesen an die Entwicklung des Brutto-Sozial- produktes anzugleichen, hält die Partei folgende Maßnahmen für notwendig: Koppelung der Ausga- benentwicklung an die Einnahme- verbesserungen; Abbau überhöhter Preise und Einkommen im Gesund- heitswesen durch Begrenzung des Ausgabenanstiegs der Krankenkas- sen; umfassende Rationalisie- rungsmaßnahmen; Einleitung einer umfassenden Strukturreform, die zur Transparenz des Gesamtsy- stems führen soll; Unterrichtung der Versicherten über die Auf- wandsentwicklung, über die Preise der Leistungen und über die Ein- kommensentwicklung der Lei- stungserbringer.

Gesetzliche Krankenversiche- rung. Die gesetzliche Krankenver- sicherung soll mit dem Ziel refor- miert werden, „daß die Aufwendun- gen für die medizinische Versor- gung, soweit diese durch Beiträge aufzubringen sind, von allen Versi- cherten solidarisch sozial gerecht getragen werden". Die Beitragsun- terschiede zwischen den einzelnen Kassen sollen abgebaut werden bei gleichzeitiger Verstärkung der sozialen Selbstverwaltung. Die Mit- bestimmung der Krankenkassen bei der Planung der medizinischen Versorgung soll gesetzlich geregelt werden. Die Position der Kranken- kassen bei der Vereinbarung der Preise medizinischer Leistungen

und bei der Arzneimittelversorgung soll verstärkt werden, und schließ- lich sollen die Versicherten selbst über ihre Krankenkassen an der kostengünstigen Erstellung der Leistungen unter einer bedarfsge- rechten Versorgung im Gesund- heitswesen beteiligt werden.

Alle diese Maßnahmen stellen nur einen Ausschnitt aus dem breitge- fächerten Programm der Sozialde- mokratischen Partei Deutschlands zur Reform unseres Gesundheits- wesens dar.

Aus dem Regierungsprogramm darf ich abschließend zwei Sätze zitieren, die meines Erachtens die Grundfrage beantworten, die mir mit der Aufforderung zu dem Gast- kommentar im DEUTSCHEN ÄRZ- TEBLATT gestellt worden ist:

„Mehr Wirtschaftlichkeit im Ge- sundheitswesen heißt für uns So- zialdemokraten nicht Leistungsab- bau, sondern zweckmäßiger und kostenbewußter Mitteleinsatz in al- len Krankenhäusern, bei den nie- dergelassenen Ärzten und beim Arzneimittelverbrauch in partner- schaftlichem Zusammenwirken mit den Trägern der gesetzlichen

Krankenversicherung."

„Eine Verstaatlichung des Gesund- heitswesens lehnen wir ab."

CDU

• Fortsetzung der Ausführungen Fritz Beskes von Seite 2477

he finanzierbar sind. Weder der Arzt, noch der Zahnarzt, noch der Apotheker kann durch seine Lei- stungsbegrenzung dieFinanzierbar- keit des Gesundheitswesens si- cherstellen. Es ist Aufgabe des Ge- setzgebers, Umfang und Struktur des Leistungskataloges der gesetz- lichen Krankenversicherung der zur Verfügung stehenden Finanz- summe anzugleichen. Der Gesetz- geber kann nur Leistungen ver- sprechen und verordnen, die auch volkswirtschaftlich möglich und da-

2492 Heft 40 vom 30. September 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(2)

Die Information:

Bericht und Meinung

mit finanzierbar sind. In diexer Fra- ge liegt die große Herausforderung für die Gesundheitspolitik der kom- menden Legislaturperiode.

• Fortsetzung der Ausführungen Hans- heinrich Schmidts von Seite 2478

rung zumindest in Teilbereichen eine Kostentransparenz (die jetzt völlig fehlt) erreicht. Ohne Kosten- transparenz kann sich auch kein Kostenbewußtsein entwickeln. Die ständigen Beitragserhöhungen in der Krankenversicherung, denen der einzelne Versicherte machtlos ausgesetzt ist, sind offenbar nicht geeignet, das Kostenbewußtsein zu verbessern. Im Gegenteil, es be- steht die Gefahr, daß die Versi- cherten für ihre steigenden Bei- tragszahlungen auch entsprechend mehr Versicherungsleistungen in Anspruch nehmen wollen. Die An- onymität im jetzigen System der gesetzlichen Krankenversicherung scheint daher ungeeignet, die Ei- geninitiative in Richtung eines grö- ßeren Gesundheits- und Kostenbe- wußtseins zu stärken. Der Wahltarif kann dem entgegenwirken und ei- nen zusätzlichen Anreiz für eine gesundheitsbewußtere Lebensfüh- rung bieten. Aus liberaler Sicht be- darf die solidarische Sicherung solcher ergänzenden Anreize.

Selbstverständlich kann und soll der Wahltarif nicht die notwendi- gen Kostensenkungen in den übri- gen Bereichen ersetzen. Die FDP hat dazu erklärt, daß sie im Wahl- tarif kein Allheilmittel zur Lösung der Kostenprobleme, sondern einen

„Mosaikstein neben anderen" sieht.

Der Anstieg der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversiche- rung gefährdet nach Auffassung der FDP zunehmend die persönli- che Freiheit der Versicherten. Die- se setzt auch einen bestimmten Spielraum frei verfügbaren Ein-

kommens voraus. Die FDP wird deshalb nicht zulassen, daß das frei verfügbare Einkommen der Ar- beitnehmer durch steigende Bei- tragssätze weiter abnimmt. Sie will keine Sozialisierung der Einkom- men, sondern soziale Sicherheit ohne Sozialismus. Darin weiß sich die FDP mit der Selbstverwaltung von Kassenärzten und Krankenkas- sen einig. Für die FDP ist diese Selbstverwaltung der beste Garant einer wirksamen Kostendämpfung.

Deshalb lehnt die FDP staatliche Eingriffe in die Vertragsfreiheit von Kassenärzten und Krankenkassen ab. Ebensowenig sind Einheitsho- norare in der gesetzlichen Kran- kenversicherung geeignet, einen Beitrag zur Kostendämpfung zu lei- sten. Ein neues einheitliches Hono- rarniveau würde sich nämlich nicht an den Krankenkassen mit dem niedrigsten Honorarniveau orientie- ren, sondern an den oberen Hono- rarwerten. Ferner setzen Einheits- honorare einen umfassenden Fi- nanzausgleich in der gesetzlichen Krankenversicherung voraus. Einen solchen institutionalisierten Aus- gleich hält die FDP mit dem geglie- derten System und der Beitrags- autonomie der Krankenkassen für unvereinbar. Ein solcher Ausgleich wäre eine entscheidende Weichen- stellung in Richtung Einheitsversi- cherung, dem Mammut-Kollektiv, das den kranken Bürger nur noch verwalten könnte.

Die Selbstverwaltung hat mit ihrem 1975 und 1976 geschlossenen Ab- kommen zur Begrenzung des Ho- norarzuwachses bestätigt, daß sie aus eigener Verantwortung die not- wendigen Konsequenzen aus der Kostenentwicklung zieht. Sie hat damit ihren Handlungs- und Frei- heitsspielraum erfolgreich vertei- digt. Die FDP wird auch in der nächsten Wahlperiode sicherstel- len, daß die Politik der Kosten- dämpfung im staatsfreien Raum fortgesetzt werden kann.

Schließlich fordert die FDP in ih- rem Wahlprogramm, alle Soziallei- stungen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung

können davon nicht ausgenommen bleiben. Korrekturen in diesem Be- reich sind zwar besonders schwie- rig. Zur Kostendämpfung müssen aber alle Beteiligten beitragen, auch die Versicherten. Der Sozial- staat hat Grenzen. Diese Grenzen sind bei der jetzigen Beitragsbela- stung für Arbeitnehmer wie für Ar- beitgeber erreicht. Die FDP warnt vor der Illusion, der wirtschaftliche Aufschwung mache die Konsolidie- rung des Sozialstaates entbehrlich.

Die weitere Sicherung des Auf- schwungs verlangt vielmehr eine konsequente Stabilitätspolitik.

In der Krankenversicherung hält die FDP auf der Leistungsseite Ein- sparungen bei der Haushaltshilfe, bei Zahnersatz, bei Kuren und Me- dikamenten für vorrangig; ferner sollte die Rezeptgebühr an die Ein- kommensentwicklung seit 1969 an- gepaßt werden. Als weitere Sofort- maßnahme schlägt die FDP vor, die Zahlung des Mutterschaftsgel- des von der Inanspruchnahme der Vorsorgeuntersuchungen für wer- dende Mütter abhängig zu machen.

Dieser Gedanke sollte auch auf an- dere Bereiche der Krankenversi- cherung übertragen werden. Die FDP sieht sonst die Gefahr, daß die Solidarität zwischen Beitragszah- lern und Leistungsempfängern überfordert wird, weil das jetzige System die verantwortungsvollen Versicherten mit einer gesund- heitsbewußten Lebensführung be- nachteiligt, während die Versicher- ten, die die Gemeinschaft durch ei- gene Nachlässigkeit mit hohen Ko- sten belasten, nicht zur Rechen- schaft gezogen werden können.

Wenn es nicht gelingt, hier Abhilfe zu schaffen, sind Funktionsfähig- keit und Bestand der Krankenver- sicherung ernsthaft gefährdet.

Mit diesen gesundheitspolitischen Forderungen der FDP haben kol- lektive Lösungen, staatlicher Diri- gismus und Einheitsversicherung auch künftig keine Chance. Liberale Gesundheitspolitik wird auch im kommenden Bundestag mehr Frei- heitschancen für den einzelnen und eine größere Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen verwirklichen.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 40 vom 30. September 1976 2493

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