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Wer bestimmt das „Maß des Notwendigen“ im Gesundheitswesen?

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BLÄK informiert

Bayerisches Ärzteblatt 7- 8/2014

375

können und wo nicht. „Dem Hausarzt kommt hier eine Lotsenfunktion zu“, erklärte Kaplan.

„Er ist der Patientenbegleiter und erlaubt eine möglichst effiziente Versorgung, bei sorgfäl- tigem Umgang mit den humanen und finan- ziellen Ressourcen“. Zur Priorisierung verwies Kaplan auf eine Makro- und die Mikroebene.

Mit § 12, dem Wirtschaftlichkeitsgebot und

§ 70 des SGB V, sei staatlich sowie durch den Gemeinsamen Bundesausschuss die Makro- ebene festgeschrieben, also das, was bezahlt würde und was nicht. Entscheidend sei jedoch auch die Mikroebene, die das Verhältnis von Patient und Arzt abbilde. „Wenn wir Ärzte mit Ressourcen sparen müssen, dann ist es wichtig, Patienten hier aufzuklären und in die Entschei- dung miteinzubeziehen. Was uns bislang fehlt sind Ehrlichkeit und Transparenz im Umgang mit begrenzten Ressourcen“, betonte Kaplan.

Diese Diskussion sollte jedoch nicht im Sprech- zimmer stattfinden.

Auch Privatdozent Dr. Arne Manzeschke, Leiter der Fachstelle für Ethik und Anthropologie am TTN, mahnte zu einer offenen Debatte über Gerechtigkeit im Gesundheitswesen und be- tonte, das, was die Medizin bislang alles leiste, kritisch zu hinterfragen, im Sinne von „was ist wirklich notwendig?“ Abschließend hatten die Zuhörer Gelegenheit, unter der Moderation von Dr. Stephan Schleissing, Geschäftsführer des TTN, ihre Fragen einzubringen.

Sophia Pelzer (BLÄK) fristig ginge es darum, eine Rangordnung zum

objektiven Bedarf von Leistungen zu entwickeln.

Debatte zur Priorisierung

Dr. Albert Joas, Facharzt für Allgemeinmedi- zin und Vorsitzender des Ärztlichen Kreisver- bandes Landsberg am Lech, sprach von einem

„Füllhorn-Gefühl“, wonach die Gesellschaft zunehmend davon ausginge, dass die Kran- kenkassen genug Geld zur Verfügung hätten, um alle gewünschten Leistungen zu bezahlen.

Der demografische Wandel erfordere jedoch ein Umdenken. Die Gesundheitsvorsorge müs- se patientenorientiert und gleichzeitig auch system-orientiert sein. Jede Leistung müsse auf ihre Notwendigkeit hin überprüft werden.

Joas verwies auf die gesellschaftliche Debatte zur Priorisierung. „Wir haben es mit begrenz- ten Mitteln zu tun, die je nach Bedarf vergeben werden können“. Rein aus ästhetischen Grün- den vorgenommene medizinische Eingriffe sollten Bürgerinnen und Bürger selbst bezah- len, um genügend Geld für solidarisch getrage- ne Leistungen, die durch Indikation oder Not- fallsituationen erforderlich sind, vorzuhalten.

Joas forderte von der Politik präzisere Festle- gungen, an welchen Stellen eingespart werden müsse. Die Herausforderung sei, wie wir bei schwindenden Ressourcen ökonomisch vorge- hen und dabei die ethischen Werte berücksich- tigen können.

Hausarzt als Lotse

In der anschließenden Podiumsdiskussion wies Dr. Max Kaplan, Präsident der Bayerischen Landesärztekammer, auf die künftigen Heraus- forderungen im Gesundheitswesen hin: „Wir befinden uns in einer Gesellschaft des langen Lebens, haben verbesserte Möglichkeiten in Diagnostik und Therapie, sind aber gleichzeitig mit schwindenden Ressourcen konfrontiert.“

Mit diesem Ressourcenmangel müsse man ehr- lich und transparent umgehen und diesen offen innerhalb der Gesellschaft diskutieren. Auch solle man eine Diskussion um Rationalisierung und Priorisierung forcieren, um Rationierung zu verhindern. Hierbei müsse erklärt wer- den, wo Einsparungen vorgenommen werden

Die Sehnsucht nach einem langen gesun-

den Leben, insbesondere im Alter, nimmt heute immer mehr Raum ein. Dabei wird auch das Anspruchsdenken immer größer.

Durch die immensen Fortschritte in der Medizin sei ein gesundes Altern heute ein- facher als früher. Allerdings könnten nicht alle medizinischen Leistungen von der Solidargemeinschaft getragen werden.

Welche medizinischen Leistungen aber sind notwendig, gerecht, was also ist das Maß des Notwendigen? Darüber diskutierten Experten aus Politik und Wissenschaft im Rahmen einer Veranstaltung des Instituts Technik-Theologie-Naturwissenschaften (TTN) der Ludwig-Maximilians-Universität München Ende Mai und stellten medizini- sche, ethische und ökonomische Perspek- tiven vor.

Qualität, Humanität und Wirtschaftlichkeit

Mit § 70 schreibt das Sozialgesetzbuch V (SGB V) das Gebot von „Qualität, Humanität und Wirtschaftlichkeit“ vor. So müssen die „Kran- kenkassen und die Leistungserbringer eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem all- gemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten gewährleisten. Die Versorgung der Versicherten muss ausreichend und zweckmä- ßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muss in der fachlich gebo- tenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden“, heißt es dort.

Die ökonomischen Aspekte beleuchtete Dr. Wolf Rogowski vom Institut für Gesund- heitsökonomie und Management im Gesund- heitswesen, Helmholtz Zentrum München, Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt. Er erklärte, dass es bei medizini- schen Leistungen stets um die Abwägung von Kosten und Nutzen ginge. Dabei spiele schlicht- weg die individuelle Zahlungsbereitschaft eine bedeutende Rolle. Jeder könne hier persönlich abwägen, ob Geld für Zusatzleistungen in die Hand genommen werden soll oder nicht. Lang-

Wer bestimmt das „Maß des

Notwendigen“ im Gesundheitswesen?

Dr. Max Kaplan, Dr. Stephan Schleissing und Dr. Wolf Rogowski (v. li.) diskutierten über notwendige medizinische Leistungen im Gesundheitswesen.

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