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Datenschutz im Gesundheitswesen: Mit zweierlei Maß gemessen

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684 Bayerisches Ärzteblatt 11/2008

KVB informiert

Nachdem das Thema Datenschutz lange Zeit eher stiefmütterlich behandelt wurde, hat sich dies in jüngster Zeit auf Grund einiger Skandale und vermeintlicher Ver- fehlungen deutlich geändert. Im Gesund- heitswesen nimmt der Schutz sensibler Patientendaten von jeher einen hohen Stellenwert ein. Dennoch sind auch hier unterschiedliche, nicht immer nur posi- tive Entwicklungen zu erkennen, wie der Datenschutzbeauftragte der Kassenärzt- lichen Vereinigung Bayerns (KVB), Sigurd Duschek, erläutert.

Telekommunikationsfirmen „verschieben“ Da- ten beinahe unbegrenzt an fast jeden Interes- sierten. Automobilkonzerne verfügen ebenso über riesige Datenpools wie die Betreiber von Suchmaschinen im Internet. Pharmazeutische Unternehmen und andere Firmen sammeln sehr gezielt Daten aus den Geschäftsbeziehungen mit Kunden und Lieferanten. Adresshändler bieten ihre im Nebel des Datenschutzes liegen- den Dienste an. Man mag dies für verwerflich halten oder nicht, wirklich aufzuhalten ist die- se Entwicklung scheinbar nicht mehr.

Es muss davon ausgegangen werden, dass sich in Deutschland ein reger Handel nicht nur mit Kontaktdaten, sondern auch mit persönlichen Daten etabliert hat. Und das, obwohl eindeu- tige Datenschutzvorschriften existieren, die vieles von dem, was ich hier skizziert habe, unter Strafe stellt. Warum wagen manche Ge- schäftsleute dennoch immer wieder Verstöße?

Ganz einfach – die Chance erwischt zu werden, ist klein. Und wenn es doch passieren sollte, dann sind die zu erwartenden Strafen lächer- lich gering – lächerlich zumindest, wenn man den zu erwartenden Gewinn gegenüberstellt.

Bisher konnten Patienten und Mitglieder der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) da- von ausgehen, dass ihre Gesundheitsdaten bei Ärzten, Krankenkassen und den Kassenärzt- lichen Vereinigungen (KVen) gut und sicher verwahrt werden. Nur derjenige hat Zugang dazu, der eine gesetzliche Norm vorweisen kann, die den Zugriff erlaubt. Dieser ist für Ärzte geregelt im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und im Strafgesetzbuch. Für Kranken- kassen und KVen gelten neben dem BDSG die

jeweiligen Landesdatenschutzgesetze und die Vorschriften aus dem Sozialgesetzbuch (SGB).

Dieses Vertrauen hat einen Riss bekommen.

Unlängst ist die Deutsche Angestellten-Kran- kenkasse (DAK) in den Fokus des öffentlichen Interesses gerückt. Auslöser war, was ande- re Kassen auch gern hätten – ein modellhaft angelaufenes Betreuungs- und Beratungspro- gramm für chronisch Kranke. Bei der Durch- führung des Projekts ließ sich die DAK von der deutschen Tochter des amerikanischen Dienstleisters Healthways unterstützen, der bei der Beratung der Versicherten ausschließlich examinierte Krankenschwestern und -pfleger einsetzt. Bei dem Programm handelt es sich um eine telefongestützte Patientenschulung mit dem Ziel, die Therapietreue der Versicher- ten zu verbessern. Dieses Unterfangen hat der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, als nicht vereinbar mit den gesetzlichen Vorgaben eingestuft. Er vertritt die Meinung, dass die Beratung der Versicherten nur durch eigenes Personal der Krankenkassen und nicht durch beauftragte Unternehmen durchgeführt werden dürfe. Das Bundesversicherungsamt hat nach Prüfung der Rechtslage die DAK auf- gefordert, ihr Betreuungsverfahren umzustel- len mit der Konsequenz, dass das bisher allein von Healthways durchgeführte Betreuungs- programm nunmehr, soweit es den Erstkontakt zum Patienten betrifft, durch Mitarbeiter der DAK vorgenommen wird.

Das Beispiel zeigt, wie schwierig der richtige Umgang mit den sensiblen Daten im Gesund- heitswesen ist. Die Anforderungen hier sind mit denen in der freien Wirtschaft nicht zu ver- gleichen. Während im kommerziellen Bereich personenbezogene Daten aller Art ungeniert gekauft, verkauft und zwischengehandelt wer- den, müssen öffentliche Stellen vor allem im Gesundheitssystem sich an die strikten Vor- gaben, insbesondere die im SGB X, halten. Das führt dazu, dass KVen, die von den Ärzten die Impfdaten der Versicherten rechtmäßig für die Abrechnung mit den Krankenkassen erhalten, diese nicht verwenden dürfen, um im Auftrag der gleichen Ärzte Impferinnerungsschreiben an deren Patienten zu versenden. Würde der Arzt die gleichen Daten einem privaten Schreibbüro zur Verfügung stellen, mit dem Ziel, seine Pa-

tienten an anstehende Impfungen zu erinnern, so wäre das aus Sicht des Datenschutzes legi- tim, wenn auch für den Arzt ungleich kosten- aufwändiger. So stellt sich die Frage, wohin der vom Gesetzgeber eingeforderte Wettbewerb im Gesundheitswesen sich entwickeln soll: Rein zugunsten privater Dienstleistungsanbieter oder auch mit gleich starken Datenschutzbarri- eren zu einem echten Wettbewerb, in welchem Kompetenz und Integrität gleichermaßen zum Zug kommen.

Scheinbar ist diese Frage zumindest aus Sicht der Politik ausreichend beantwortet. Man denke nur an die „73b-Verträge“, die in Baden-Würt- temberg zwischen Krankenkassen und Ärzte- verbänden geschlossen wurden und den dort vereinbarten Datenfluss vom Verbund an die Kasse. Ein Vertrag gleichen Inhalts – geschlos- sen zwischen KV und Krankenkasse – würde schon an den für den Datenlieferant KV gel- tenden gesetzlichen Bestimmungen scheitern.

Das wäre auch gut so – so bliebe das ärztliche Wissen um die Gesundheit der Patienten dort, wo es hingehört – nämlich bei den Ärzten.

Wünscht unsere Gesellschaft einen Wertewan- del, was die Integrität persönlicher Daten und deren Schutz betrifft, dann muss dieser Wandel seinen Niederschlag für alle im Gesundheits- wesen Beteiligten gleichermaßen haben. Nur dann wird ein Wettbewerb im Gesundheitswe- sen auch im Sinne der Patienten möglich.

Sigurd Duschek (KVB)

Datenschutz im Gesundheitswesen:

Mit zweierlei Maß gemessen

Sensible Patientendaten – ein besonders schützens- wertes Gut. Foto: BilderBox.com

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