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Rettungsszenarien im Widerstreit-

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‚Rettungsszenarien‘ im Widerstreit –

massenmediale Herausforderungen

und feministische Positionierungen zum Thema Islam im deutsch-niederländischen Vergleich

Band I

Dissertation

zur Erlangung des sozialwissenschaftlichen Doktorgrades der Sozialwis- senschaftlichen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen

vorgelegt von

Daniela Marx

aus Kassel

Göttingen 2007

(2)

1. Gutachterin: Prof. Dr. Ursula Birsl 2. Gutachter: Prof. Dr. Klaus F. Geiger Tag der mündlichen Prüfung:

23. Juli 2008...

(3)

Danke

I Einleitung ... 1

1. Zur Anlage der Arbeit ... 4

1.1 Diskurstheoretisch inspirierte Perspektive ...4

1.2 Selbstreflexive, hegemoniekritische Perspektive ...5

1.3 Ent-homogenisierende und ent-essenzialisierende Perspektive ...7

1.4 Kontextualisierende Vorgehensweise ...9

2. Eigene diskurstheoretische Verortung – wissenschaftliche Praxis als Bewegung in einer Möbius-Schleife... 11

3. Länder- und Materialauswahl... 13

3.1 Länderauswahl...13

3.2 Materialauswahl ...16

4. Forschungsstand... 19

4.1 Medienanalysen zum Thema Islam in Deutschland und den Niederlanden – ein systematischer Überblick...19

4.2 Grundzüge hegemonialer, medial vermittelter Islambilder – ein inhaltlicher Überblick ...24

5. Aufbau der Arbeit... 33

II Konstruktionen des ‚islamischen Anderen’ – Historisch- theoretische Kontexte ... 35

1. Orientalismus-Diskurs als historischer und theoretischer Bezugs- punkt aktueller Islambilder ... 38

2. Orientalismus-Debatte im Anschluss an Saids ‚Orientalism‘... 44

3. Ein spezifisch deutscher Orientalismus-Diskurses? ... 51

3.1 Zur Rolle der Orientwissenschaften in Deutschland zwischen 1850 und 1914 ...54

3.2 Exkurs: Wahrnehmung von Islam und Orient zur Zeit der nationalsozialis- tischen Herrschaft – „Nazi-Orientalism“?...57

4. Vergeschlechtlichte Konstruktionen des ‚islamischen Anderen’ ... 62

4.1 Verwobenheit von sexueller und kultureller Differenz ...63

4.2 Verweiblichung des Orient/heterosexuelle Strukturierung der Beziehung Orient-Okzident ...65

4.3 Differente Konstruktionen von ‚orientalischen‘ Frauen und Männern...66

5. Feindbild – ‚Spezialfall‘ einer Konstruktion des ‚islamischen Anderen‘...71

6. Zusammenfassung und Fazit... 75

(4)

integrationspolitische Kontexte ... 77

1. Islam und MuslimInnen in Deutschland ... 79

1.1 Staatsbürgerliche und sozioökonomische Stellung von MuslimInnen im Kontext von Migrations- und Integrationspolitik ...81

1.2 Verhältnis von Religion und Staat...104

2. Islam und MuslimInnen in den Niederlanden...114

2.1 Staatsbürgerliche und sozioökonomische Stellung von MuslimInnen im Kontext von Migrations- und Integrationspolitik ...115

2.2 Verhältnis von Religion und Staat...133

3. Vergleichende Zusammenfassung und Fazit...140

IV Diskursereignisse zum Thema Islam in deutschen und niederlän- dischen Massenmedien... 152

1. Diskursereignisse Deutschland...153

1.1 Debatten um Einwanderung und Asyl in Deutschland...154

1.1.1 Erste Integrationsdebatte – Entdeckung des ‚allzu fremden‘ Islam...154

1.1.2 Faktische Abschaffung des Grundrechtes auf Asyl...157

1.1.3 Vom ‚Kampf der Kulturen’ zum ‚Scheitern der multikulturellen Gesell- schaft’ und zur ‚deutschen Leitkultur’: die proklamierte Unvereinbarkeit von Islam und ‚westlichen Werten’ ...158

1.1.4 Kopftuch als Kristallisationspunkt der Unvereinbarkeitsdebatte...160

1.1.5 Gerichtliche Konflikt-‚Lösungen‘ als Mittel im alltäglichen Kampf um Anerkennung...162

1.1.6 Neugestaltung des ‚Zuwanderungslandes Deutschland‘ durch ein Zuwanderungsrecht? ...163

1.2 Islam und/oder Islamismus als weltpolitische Bedrohung? ...165

1.3 Islam und/oder Islamismus als ‚Kriegserklärung an die westliche Zivilisation‘ ...170

1.4 Folgen der Anschläge vom 11. September 2001: ‚Krieg gegen den Terro- rismus‘ und Restrukturierung der ‚inneren Sicherheit‘ in Deutschland...172

1.5 Ablösung der Diskursfigur des ‚Kopftuchs‘ durch die Diskursfiguren ‚Zwangsehen‘ und ‚Ehrenmorde‘: Islam als ‚Integrationshindernis‘? ...175

2. Diskursereignisse Niederlande...178

2.1 Von der Minderheiten- zur Integrationspolitik – zur niederländischen ‚Leit- kultur‘?...178

2.2 Islam und/oder Islamismus als weltpolitische Bedrohung – Verstärkung innerniederländischer islamkritischer Debatten...181

2.3 Islam und/oder Islamismus als Bedrohung des niederländischen Zu- sammenlebens? Die Debatte um das Scheitern der multikulturellen Gesellschaft ...184

(5)

2.5 Schulstreit: Islamische Schulen als Integrationshindernis? ...191

2.6 Pim Fortuyn, Ayaan Hirsi Ali und Theo van Gogh – ‚keine Toleranz gegen- über Intoleranz‘...192

2.7 Der Mord an Theo van Gogh – das Ende der Toleranz?...196

3. Zusammenfassung und Fazit: Massenmediale Islamdiskurse und Islambilder im deutsch-niederländischen Vergleich...199

V METHODIK UND EMPIRISCHES MATERIAL ... 210

1. Methodik ...210

1.1 Diskurstheoretischer Hintergrund...210

1.2 Begründung und Beschreibung des methodischen Vorgehens ...222

1.2.1 Inhaltsanalyse ...222

1.2.2 frame-Analyse...224

1.2.2.1 Das Konzept frame...224

1.2.2.2 frame-Analyse als Methode der diskurstheoretisch hergeleiteten Textanalyse ...227

1.2.2.3 Diskurstheoretisch inspiriertes, frame-analytisches Vorgehen in der vorliegen- den Untersuchung: Abgrenzung zu anderen text- und diskursanalytischen Verfahren...229

2. Kontextualisierung und Charakterisierung der ausgewählten Zeit- schriften ...233

2.1 Feministische Zeitschriftenlandschaft in Deutschland ...234

2.1.1 Emma. Das politische Magazin von Frauen...236

2.1.2 Feministische Studien. Zeitschrift für interdisziplinäre Frauen- und Ge- schlechterforschung ...246

2.1.3 beiträge zur feministischen theorie und praxis ...250

2.2 Feministische Zeitschriftenlandschaft in den Niederlanden ...256

2.2.1 Opzij. Feministisch maandblad ...259

2.2.2 Lover. Tijdschrift over Feminisme, Cultuur en Wetenschap ...266

2.2.3 Tijdschrift voor Vrouwenstudies/Tijdschrift voor Genderstudies...276

VI Inhalts- und Themenfrequenzanalyse ... 286

1. Quantitativer Stellenwert des Themas Islam in den ausgewählten Zeitschriften ...287

1.1 Gesamtverteilungen der Artikel zum Thema Islam ...288

1.1.1 Gesamtsumme der Artikel in den verschiedenen Zeitschriften ...289

1.1.2 Artikel der Kategorie A in den verschiedenen Zeitschriften ...290

1.1.3 Artikel der Kategorie C in den verschiedenen Zeitschriften ...291

1.1.4 Volumenanteile der Artikel der Kategorie A am Gesamtvolumen der Zeitschriften ...293

(6)

1.2 Entwicklung der Artikelzahlen im zeitlichen Verlauf …...298

1.2.1 … in den verschiedenen einzelnen Zeitschriften...298

1.2.2 … in deutschen und niederländischen Zeitschriften...306

1.2.3 … in wissenschaftlichen und journalistischen Zeitschriften...310

1.3 Zusammenfassung und Fazit ...313

2. Themenkonjunkturen – Gesamtverteilungen und Entwicklungen ...316

2.1 Herleitung der geografischen und thematischen Kategorien...319

2.2 Häufigkeiten und Verteilungen der geografischen Kategorien… ...323

2.2.1 … in deutschen und niederländischen Zeitschriften...323

2.2.2 … in wissenschaftlichen und journalistischen Zeitschriften...330

2.2.3 Zusammenfassung und Fazit...332

2.3 Häufigkeiten und Verteilungen der thematischen Kategorien… ...336

2.3.1 … insgesamt in den verschiedenen Zeitschriftengruppierungen...336

2.3.2 … in deutschen und niederländischen Zeitschriften...337

2.3.3 … in wissenschaftlichen und journalistischen Zeitschriften...344

2.3.4 Zusammenfassung und Fazit...345

2.4 Themen- und Ländernennungen im Zeitverlauf – Ereignis- und Kontextbe- züge …...349

2.4.1 … in deutschen Zeitschriften...350

2.4.2 … in niederländischen Zeitschriften ...353

2.5 Geteilte Orte – geteilte Themen: Feministische Islamdiskurse in Deutsch- land und den Niederlanden vor dem Hintergrund ihrer massenmedialen Pendants ...357

VII frame -Analyse – Feministische Positionierungen zum Thema Islam in deutschen und niederländischen Zeitschriften ... 363

1. Auswahl und Beschreibung des Materialkorpus der frame -Analyse.364 2. Inhaltliche Beschreibung der frames ...373

2.1 frame-Familie A: Differenzen ...379

2.2 frame-Familie B: Differenzierungen ...399

2.3 frame-Familie C: Relativierungen...407

2.4 frame-Familie D: Re-/Orientierungen ...417

2.5 frame-Familie E: Reflexionen...437

3. Zwischenfazit: Nähe und Ferne der frame -Familien zu massenme- dialen Diskursen ...464

4. Quantifizierende Analyse der frames und frame -Familien … ...468

4.1 Quantitative Bedeutung der frame-Familien... ...470

(7)

4.1.2 … in einzelnen Zeitschriften...473

4.2 Quantitative Bedeutung der einzelnen frames … ... ...476

4.2.1 … im Gesamtdiskurs bzw. in verschiedenen Zeitschriftengruppierungen ...476

4.2.2 … in deutschen und niederländischen Zeitschriften im Vergleich ...479

4.2.3 … in wissenschaftlichen und journalistischen Zeitschriften im Vergleich ....485

4.2.4 … in den einzelnen Zeitschriften...487

5. Differente Argumentationen: Zwischen differenzorientierter ‚Feindbild‘-Reproduktion und reflexionsorientierter Eurozentris- muskritik...501

6. Jenseits von massenmedialen Islamdiskursen? Widerstreitende feministische ‚Rettungsszenarien‘ als Herausforderungen für fe- ministische Theoriebildung und Praxis ...514

6.1 Rettungsszenario Nr. 1: Rettung ‚der unterdrückten Muslimin‘ vor dem ‚orientalischen Patriarchat‘ ...516

6.2 Rettungsszenario Nr. 2: Rettung islamkritischer Feministinnen vor ‚multi- kulturalistischen Tabus‘ ...520

6.3 Die HelferInnen der ‚RetterInnen‘: Der Bezug auf ‚Erfahrungsexpertinnen‘ zur Untermauerung islamkritischer Positionierungen ...523

6.4 Rettungsszenario Nr. 3: Rettung der emanzipierten Muslimin vor ‚Zwangs- verwestlichung‘ und ‚Assimilationsforderungen‘...526

6.5 Der Bezug auf ‚Erfahrungsexpertinnen‘ zur Untermauerung dominanz- kritischer und widerständiger Positionierungen in Bezug auf den Islam – ‚Rettungsszenarien im Widerstreit‘...528

VIII Zusammenfassung und Ausblick ... 532

IX Literatur- und Quellenverzeichnis... 539

1. Literaturverzeichnis...539

2. Artikelverzeichnis des themenfrequenzanalytischen Korpus ...580

Abbildungsverzeichnis ... 593

Erklärung...596

Curriculum Vitae ...597

Band II

Anhang

(8)

Danke

Ein (vorläufiger) Endpunkt eines Weges ist erreicht: Hätte ich geahnt, dass sich lange Wegstrecken hinterhältig als leicht begehbare Ebenen tarnen, sich bei genauerer Be- trachtung jedoch als Felsvorsprung-bewehrte Kletterparcours entpuppen und dass ge- mütlich Rastplätze so rar gesät sind – vielleicht wäre ich gar nicht aufgebrochen? Ohne vielfältige Unterstützung jedenfalls hätte ich diesen vorläufigen Endpunkt sicherlich nicht erreicht. Dafür danke ich:

• der Heinrich Böll Stiftung für die Förderung im Rahmen eines Promotionssti- pendiums, die mir die notwendige finanzielle Sicherheit bot und anregende Diskussionszusammenhänge eröffnete

• meiner Betreuerin, Prof. Dr. Ursula Birsl, für ihren hohen persönlichen Einsatz für den wissenschaftlichen Nachwuchs, der mir bereits während des Studiums immer wieder Wege durch den Wissenschaftsdschungel eröffnete und in der Promotionsphase – insbesondere durch den von ihr initiierten und geförderten Arbeitszusammenhang ‚identity & belonging‘ – wertvolle Orientierungspunkte auf persönlicher und inhaltlicher Ebene bot

• meinem Betreuer, Prof. Dr. Klaus F. Geiger, für eine hervorragende inhaltliche und persönliche Begleitung, für die richtigen – manchmal ironischen, aber im- mer konstruktiven – Anmerkungen im richtigen Moment, für die Zeit und die Tassen Schwarzen Tees, die er mir zur Verfügung stellte, und dafür, dass er meinem Perfektionismus immer das richtige Maß an Pragmatismus entgegenzu- setzen wusste

• meinen Eltern, Helga und Gerhard Marx, dafür, dass sie mir das Vertrauen ent- gegenbrachten und -bringen, meinen Weg zu gehen, für ihre großzügige finan- zielle Unterstützung, aber viel mehr noch dafür, dass ich mich dank ihrer liebe- vollen Begleitung bisher in jeder Lebenssituation auf sicherem Boden wägen konnte

• Claas Köhler dafür, dass er es vermochte und vermag, mir zu zeigen, dass Ge- lassenheit zu den absolut unverzichtbaren Dingen des Lebens gehört, für geteil- tes Schweigen am Morgen, für den gewonnenen Kampf mit ‚Tüdelchen‘ und Bandwurmsätzen und vor allem aber für seine manchmal unglaubliche liebevol-

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le Wertschätzung, die mir auf dem Weg durch die Diss immer wieder das Ge- fühl gab, ich hätte Flügel

• meiner ‚Berlin-Connection‘ Silke von Dyk, Gabi Elverich und Karin Reindl- meier, für die vielfältigste Unterstützung, die ich mich erhoffen konnte: Danke an Silke für ihre kritisch-konstruktiv-liebevolle Begleitung durch alle Lebensla- gen und Dissfragen; an Gabi für unverzichtbare geteilte Stunden/Tage/Nächte an benachbarten Schreibtischen an verschiedenen Orten und für geteiltes Ver- ständnis über die Untiefen des Wissenschaftsbetriebes; an Karin für ihr heraus- ragendes Interesse an meiner Arbeit, das mir ungeahnte frohe Momente zu ver- schaffen mochte und vor allem aber dafür, dass sie sich mit Sachverstand, Durchhaltevermögen und dem nötigen Anteil Ironie konstruktiv-kritisch durch Seitenmassen gelesen hat; allen drei für eine inhaltlich hervorragende, intensive Korrekturhilfe ‚vor Ort‘ und für Berliner Auszeiten vom Göttinger Diss-Alltag

• Swen Tammen für wertvolle Gelassenheit angesichts großer Dateien, widerwil- liger Tabellen und selbstbestimmter Grafiken

• dem Arbeitszusammenhang ‚identity & belonging‘ (Aga Zimowska, Doreen Müller, Erika von Rautenfeld, Renate Bitzan, Uschi Birsl, Urte Böhm und zu- letzt auch Michaela Köttig) für das Gefühl, dass inhaltliche und freundschaftli- che Unterstützung immer in erreichbarer Nähe ist und für das Phantasieren von Lebensentwürfen jenseits der Universität

• dem ‚Korrekturteam‘ Andreas Obst, Doreen Müller, Florian Besch und Renate Bitzan für die feine Relektüre meiner Texte

• und nicht zuletzt meiner WG – und dabei insbesondere Claas Köhler, Florian Besch und Kerstin Lüpkes – für Entlastung im Alltag und dafür, dass sie mein (nicht nur kulinarisches) Wohlergehen immer im Blick hatten.

(10)

I Einleitung

In politischen und medialen bundesrepublikanischen Diskussionen um Einwanderung und Integration erfährt ‚der Islam‘ seit einigen Jahren eine immense Beachtung. Insbe- sondere seit der sogenannten Leitkulturdebatte 2000, verstärkt durch die Ereignisse des 11. September 2001 und die Kriege in Afghanistan und dem Irak werden Muslime und Musliminnen bzw. ‚die Kultur des Islam‘ als prototypische Gegenspieler des Westens, als Versinnbildlichung des ‚kulturell Differenten‘ und vielfach auch des Feindes wahrge- nommen. Aus den Niederlanden, dem ehemaligen multikulturellen Vorreiter in Europa, sind interessanterweise ähnliche Töne zu vernehmen: Auch dort wird in politischen und medialen Debatten spätestens seit Beginn der 2000er Jahre – und nicht erst seit dem viel diskutierten Mord an dem islamkritischen Regisseur Theo van Gogh – das ‚Scheitern der multikulturellen Gesellschaft‘ postuliert und die Frage der ‚(Un-)Vereinbarkeit‘ des Islam mit der viel gepriesenen ‚niederländischen Toleranz‘ diskutiert.

In beiden Ländern wird die Abgrenzung gegen den Islam dabei immer häufiger mit dem Verweis auf hierarchische Geschlechterverhältnisse begründet, die als Wesensmerkmal des Islam gelten bzw. als solches dargestellt werden: Die Geschlechterverhältnisse dienen als Katalysator für die Herstellung und die Festschreibung der angenommenen Differenz zwischen Angehörigen der ‚islamischen‘ und denjenigen der so genannten westlichen Kultur. Dies zeigt sich nicht zuletzt anhand der medialen Aufmerksamkeit, die Islamkri- tikerinnen wie Ayaan Hirsi Ali und Necla Kelek zu teil wird sowie am Beispiel medialer und politischer Auseinandersetzungen um das Tragen eines Kopftuchs und um gewalt- förmige Akte gegenüber Frauen, die als ‚Zwangsehen‘ und ‚Ehrenmorde‘ dargestellt werden.

Das Novum, dass Geschlechterverhältnisse in den aktuellen gesellschaftlichen Debatten um ‚den Islam‘ sowohl in Deutschland als auch in den Niederlanden von unterschied- lichsten Seiten problematisiert werden, stellt aus feministischer Perspektive eine Heraus- forderung dar: Indem die Unterdrückung und Entrechtung muslimischer Frauen eine so zentrale Bedeutung in medialen Debatten beider Länder erhält, sind feministisch Enga- gierte in Deutschland und den Niederlanden aufgerufen, sich in Bezug auf das Thema Is- lam zu positionieren und ihren Umgang mit diesem Thema und damit ihren Umgang mit der ‚anderen Kultur‘/der ‚anderen Frau‘ kritisch zu reflektieren. Ein Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit ist daher die Feststellung, dass nicht nur in meinungsführenden Me-

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dien, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit als ‚Massenmedien‘ bezeichnet werden, sondern auch in ‚feministischen‘ – d.h. in Medien mit feministischem Selbstverständnis – Auseinandersetzungen über ‚Einwanderung‘ und ‚Integration‘, über ‚das Eigene‘ und

‚das Andere‘ stattfinden.

Feminismen zeichnen sich grundlegend durch ein emanzipatorisches Anliegen aus; sie besitzen dadurch das Potenzial, vom massenmedialen Mainstream abweichende, eman- zipatorische ‚Gegendiskurse‘ zu etablieren und in spezifischer Weise zur Differenzie- rung von gesellschaftlich wahrnehmbaren Diskursen zum Thema Islam beizutragen.

Wird dieses Potenzial in feministischen, medialen Debatten genutzt? Wie konturieren sich hegemoniale feministische Medien-Diskurse zum Thema Islam in beiden Ländern ange- sichts der massenmedialen Herausforderungen? Schließen sie an massenmediale Diskur- se an oder grenzen sie unter Bezugnahme auf ihr feministisches, emanzipatorisches Com- mitment ab?

Sowohl massenmediale als auch feministische Islamdiskurse in Deutschland und den Niederlanden konstituieren sich im Wechselspiel sowohl mit historisch-theoretischen als auch mit migrations- und integrationspolitischen Kontexten in beiden Ländern. Sind vor dem Hintergrund dieser Kontexte in Deutschland – dem bis vor kurzem erklärten ‚Nicht- Einwanderungsland‘ – und den Niederlanden – dem ‚multikulturellen Vorreiterland‘ – unterschiedliche feministische Positionierungen zu verzeichnen?

Um diesen Fragen nachzugehen, wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit eine inter- pretierende Rekonstruktion und kontextsensible Analyse hegemonialer feministischer Diskurse zu den Themen Islam und MuslimInnen in Deutschland und den Niederlanden im Vergleich zu massenmedialen Islamdiskursen in beiden Ländern angestrebt und nach Konsequenzen für feministische Politik und Theoriebildung gefragt, die sich aus der Auseinandersetzung mit dem Thema Islam ziehen lassen.

Migrations- und integrationspolitische Kontexte als vorrangige diskursive Hintergründe für die Konstitution von feministischen Islamdiskursen zu benennen, impliziert eine forschungsstrategische Entscheidung: Sie besteht darin, das Zusammenspiel feministi- scher Islamdiskurse mit der feministischen Theorieentwicklung in Deutschland und den Niederlanden zunächst außer acht zu lassen. Ich nähere mich dem Untersuchungsge- genstand der vorliegenden Arbeit über den ‚massenmedialen‘ Weg, um feministische Diskurse an ihrem Anspruch zu messen, aufgrund einer grundsätzlichen Emanzipati- onsorientierung Gegenstimmen zu massenmedialen Diskursen zu konstituieren. Im Fo-

(12)

kus der vorliegenden Arbeit steht die Frage danach, ob und inwiefern sich die Ausges- taltung feministischer Diskurse zum Thema Islam – betrachtet vor dem Hintergrund der jeweils gemeinsam geteilten Verortung innerhalb migrations- und integrationspoliti- scher Kontexte – von derjenigen massenmedialer Islamdiskurse unterscheidet. Die Rückkopplung feministischer Diskurse an feministische Theorieentwicklung wird im Zuge der Auswertung bei Bedarf berücksichtigt werden, um eventuellen Differenzen zwischen massenmedialen und feministischen Diskursen nachzugehen. Zudem wird die Frage nach den Konsequenzen der Erkenntnisse dieser Arbeit für feministische Theorie und Praxis ein Teil der Auswertung sein.

Mit dieser Zielsetzung reiht sich die vorliegende Arbeit ein in sozialwissenschaftliche Analysen von medialen Konstruktionen des ‚Eigenen‘ und ‚Anderen‘. Diesen Kon- struktionen kommt in modernen, pluralistisch verfassten Gesellschaften hohe Wirk- mächtigkeit zu, da sie gesellschaftliche Ein- und Ausschlüsse konstituieren. Die kriti- sche Analyse ihrer inhaltlichen Ausgestaltung und der Kontexte ihrer Konstitution stellt einen wichtigen Beitrag zur Identifikation der Grundlagen gesellschaftlicher Ungleich- heitsverhältnisse und damit zur Stärkung widerständiger Gegenstimmen dar. Mit der Analyse hegemonialer feministischer Diskurse fokussiere ich zudem auf mediale Spe- zialdiskurse, die gesamtgesellschaftlich als ‚Orte‘ der kritischen Thematisierung gesell- schaftlicher Ungleichheitsverhältnisse und der Etablierung emanzipatorischer (Gegen- )Stimmen wahrgenommen werden. Insofern begleitet auch die Frage danach, inwiefern feministische Diskurse diesem Bild gerecht werden, die vorliegende Untersuchung.

Im Folgenden soll die Forschungsperspektive, die im Rahmen dieser Arbeit eingenom- men wird, sowie ihre Anlage genauer erläutert werden.

(13)

1. Zur Anlage der Arbeit

Sozialwissenschaftliche Arbeiten, die sich mit Konstruktionen von ‚Eigenem‘ und ‚An- derem‘1 befassen, sehen sich grundsätzlich einem Dilemma gegenüber, dem sie sich nur schwer entziehen können. Indem sie sich ‚dem Anderen‘ als ‚dem Anderen‘ nähern, der sich z.B. aufgrund kultureller Differenz vom ‚Eigenen‘ unterscheidet bzw. unterschie- den wird, tendieren sie dazu, dessen Markierung und ‚Verbesonderlichung‘ in einer zir- kulierenden Bewegung zu reproduzieren. Diesem Dilemma muss sich auch die vorlie- gende Arbeit stellen: Die grundlegenden Strukturkategorien des ‚Eigenen‘ und des ‚An- deren‘ werden hier jedoch nicht im Sinne eines ‚Substanzbegriffes‘, einer ‚an sich sei- enden Entität und Essenz‘ vorausgesetzt, sondern Ziel der Arbeit ist es, die Kontexte, Herstellungsprozesse und die inhaltlichen Füllungen von Konstruktionen des Islam und von MuslimInnen in feministischen Diskursen einer genaueren Betrachtung zu unter- ziehen. Die im Folgenden zu beschreibende Forschungsperspektive ist diesem Ziel ge- schuldet.

1.1 Diskurstheoretisch inspirierte Perspektive

Konstruktionen des ‚Eigenen‘ und des ‚Anderen‘ werden hier grundsätzlich als diskur- sive Konstruktionen verstanden, d.h. als Konstruktionen, die in und durch Diskurse(n) (re-)produziert werden. Diskurse sind dabei nicht mit Sprache gleichzusetzen und im Verhältnis zur ‚Realität‘ nicht als sekundäre, lediglich abbildende Erscheinung einzu- ordnen (vgl. Link 1992: 40). Gesellschaftliche Realität existiert insofern in und durch Diskurse(n) und erhält durch diese ihre wahrnehmbare und wahrgenommene Gestalt.

Subjekte und Objekte sind innerhalb dieser diskursiven Ordnung also immer schon „so- zialhistorisch-diskursiv situiert und in diesem Sinne schon immer diskursiv konstitu- iert.“ (Höhne 1998: o.S.; vgl. auch Foucault 1978: 119f.)

Strukturkategorien wie z.B. ‚Eigenes‘ und ‚Anderes‘ sind infolgedessen keine vorgän- gigen essenziellen Einheiten, sondern vielmehr in ihrer inhaltlichen Bestimmung stän-

1 Das Ausgeschlossene des ‚Eigenen‘ wird in der vorliegenden Arbeit als ‚Anderes‘ bezeichnet. Begrif- fe wie die des ‚Fremden‘ oder des ‚Feindes‘ werden als Spezifizierungen der Position des ‚Anderen‘

begriffen und finden nur Verwendung, wenn die Differenzierung zwischen diesen und dem Begriff des ‚Anderen‘ von Relevanz ist. Die Begriffsverwendung in der zitierten Literatur ist oft uneindeutig, d.h. die genannten Begrifflichkeiten werden oft synonym verwandt oder aber die Entscheidung für ei- nen der Begriffe bleibt unexpliziert (vgl. im Überblick Bielefeld 1998a).

(14)

dig wandelbare und dennoch tradierte, mit Machtwirkungen ausgestattete Ergebnisse und zugleich Ausgangspunkte von Konstruktionsleistungen:Das, was als ‚Eigenes‘ und

‚Anderes‘ bezeichnet in Erscheinung tritt, wird genauso wie die Differenz zwischen diesen beiden angenommenen Einheiten diskursiv hervorgebracht und reproduziert – und ist dennoch nicht flüchtig, sondern erlangt Wirkmächtigkeit, wird zum Effekt und gleichzeitig Ausgangpunkt eines Produktions- und Konstruktionsprozesses, der selbst unsichtbar bleibt (vgl. Bublitz 1999: 25; Keller 2001: 127; Höhne 1998). 2

Eine kritische Analyse diskursiver Konstruktionen – wie sie auch Ziel dieser Arbeit ist – strebt infolgedessen nicht nach der Suche nach ‚der Wahrheit‘ hinter Zuschreibungen und Kategorisierungen, denen der Islam und MuslimInnen in Deutschland und den Nie- derlanden unterliegen und beabsichtigt nicht, z.B. die empirische Fundierung von Kon- struktionen des Islam in Frage zu stellen oder zu widerlegen:

„Innerhalb dieser theoretischen Logik handelt es sich nicht darum, die Wahrheit zu ‚entde- cken‘, sondern vielmehr zu untersuchen, wie Wahrheit ‚erfunden‘ wird, das heißt wie sie in- nerhalb der gesellschaftlichen Beziehungen produziert wird und zirkuliert.“ (vgl. Lemke 1999:

190, Hervorhebungen i.O.)

Die vorliegende Untersuchung fragt in diesem Sinne aus diskurstheoretisch inspirierter Perspektive nach der inhaltlichen Ausgestaltung von Konstruktionen des Islam und von MuslimInnen in bestimmten Kontexten sowie der Art und Weise ihrer Reproduktion und Veränderung. Sie verfolgt daher „das paradoxe Ziel, sichtbar zu machen, was be- reits sichtbar ist, das heißt das erscheinen zu lassen, was so nahe, was so unmittelbar ist und so eng an uns gebunden ist, dass wir es deswegen nicht wahrnehmen.“ (Lemke 1999: 189f.)

1.2 Selbstreflexive, hegemoniekritische Perspektive

Für die Erklärung der Konstruktion von ‚Eigenem‘ und ‚Anderem‘ sind meist bipolare Modelle zu finden, die das ‚Eigene‘ als Gegenbild des ‚Anderen‘ begreifen. Das (kol- lektive) ‚Eigene‘ lässt sich insofern als „die umgedrehte (negative) Identität“ (Busse

2 Im Rahmen dieser Arbeit werden die Begriffe ‚Islam‘, ‚Orient‘, ‚Okzident‘, oder ‚Westen‘ also als diskursive Konstrukte verstanden. Um auf den Konstruktionscharakter dieser Begrifflichkeiten zu verweisen, müssten diese korrekterweise bei jeder Nennung in einfache Anführungszeichen gesetzt werden. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit dieser Arbeit wird darauf verzichtet – dennoch werden die entsprechenden Begrifflichkeiten in jedem Verwendungskontext als diskursive Konstrukte und nie als essenzialisierte Entitäten verstanden. Lediglich die Begriffe ‚Eigenes‘ und ‚Anderes‘ sowie ‚Ras- se‘ werden durch einfach Anführungszeichen hervorgehoben, um die politische und theoretische Bri- sanz, die gerade diese Konstruktionen auszeichnet, immer wieder zu betonen.

(15)

1997: 31) des (kollektiven) ‚Anderen‘ fassen, die genau das nicht ist, was das kollektive

‚Andere‘ (angeblich) besonders auszeichnet (vgl. Busse 1997: 31). Identitäre Bestim- mungen, so die poststrukturalistische Perspektive auf Konstruktionsprozesse, vollzie- hen sich immer über die Abgrenzung von einem ‚konstitutiven Außen‘, das in seiner und durch seine Ausgeschlossenheit gerade für die Konstitution des ‚Innen‘ unabding- bar ist (vgl. Derrida 1983; Derrida 2001; Stäheli 1999: 149).3

Aufgrund dieser Wechselseitigkeit im binär strukturierten Konstruktionsprozess von

‚Eigenem‘ und ‚Anderen‘ verweisen Alteritätskonstruktionen immer eher auf Ersteres (vgl. Hall 1994: 45; Bielefeld 1998b: 9).4 Indem das ‚Andere‘ zudem diskursiv zu einer Größe verdichtet wird, die im Gegenzug das ‚Eigene‘ potenziell in seiner Eigenheit bzw. Eigenständigkeit gefährdet, bekommt das (kollektive) ‚Andere‘ eine zentrale Funktion für die Konstitution des (kollektiven) ‚Eigenen‘ (vgl. Busse 1997: 35):

„In diesem Sinne ist Identität immer eine strukturierte Repräsentation, die ihr Positives nur mit dem engen Auge des Negativen wahrnimmt.“ (Hall 1994: 45)

Im Rahmen dieses wechselseitigen Prozesses erfüllt das ‚Andere‘ die Funktion eines willkommenen Gegenbildes, „auf das man projizieren kann, was an der eigenen Kultur stört oder was man verbannt zu haben meint“ (Lueg 2002: 25, vgl. auch Bielefeld 1998b: 11). Konstruktionen eines abstrakten ‚Anderen‘ können in der Folge zu Kon- struktion eines ‚konkreten Fremden‘ führen und hierüber zu einer darauf basierenden Gemeinschaftsbildung durch Ausschluss oder/und Einschluss (vgl. Jedlitschka 2004:

82). Die Basis dieser gemeinschaftsbildenden Funktion von Konstruktionen des ‚Ande- ren‘ ist der Prozess seiner diskursiven Kategorisierung: In einem Vorgang, den Link als

‚binäre Reduktion‘ bezeichnet (vgl. Link 2007), werden Differenzen zwischen ver- schiedenen konstruierten Gruppierungen überschätzt, diejenigen innerhalb von kon- struierten Gruppierungen dagegen werden unterschätzt (vgl. Link 2007; Weller 2002:

52). Die Voraussetzungen für eine übereinstimmende Kategorisierung des ‚Anderen‘

sind insbesondere in Konfliktsituationen gegeben, in denen ablehnende oder auch ab-

3 Die Metaphern des ‚Innen‘ und des ‚Außen‘ entstammen dem Denken Jacques Derridas und dienen der Symbolisierung der ewigen Unabgeschlossenheit jeglicher Entitäten und Identitäten aus poststruk- turalistischer Perspektive (vgl. Derrida 2001; Gehring 1994). Auch Zygmunt Baumann verwendet die Symbolik von Innen und Außen zur Beschreibung des Verhältnisses zwischen Freund und Feind (vgl.

Baumann 1998: 23; s.u. den Exkurs zu Baumanns Unterscheidung zwischen Freund, Feind und Frem- dem).

4 Vor diesem Hintergrund ist auch der Hinweis von Hippler und Lueg zu verstehen, dass es ihnen bei der Analyse des so genannten Feindbildes Islam, dem zentralen Gegenstand vieler ihrer Arbeiten, nicht um die Analyse des Islam selbst, sondern um diejenige des ‚eigenen‘ westlichen Denkens über den Islam geht, d.h. das ‚eigene‘ westliche Denken im Fokus steht (vgl. Hippler/Lueg 2002b: 8f). Zur Konstruktion des so genannten Feindbildes Islam siehe Abschnitt II 5. dieser Arbeit.

(16)

wertende Bilder des ‚Anderen‘ das Bedürfnis nach sozialer Identität, nach positiver Bewertung und Identifikation mit einer positiv bewerteten Eigengruppe erfüllen (vgl.

Heitmeyer 2002a: 16; Weller 2002: 56).

Binäre Beziehungen und Konstruktionen sind immer machtvoll und hierarchisch struk- turiert (vgl. Derrida 1988: 313): In binären Konstruktionsprozessen des ‚Eigenen‘ und des ‚Anderen‘ äußert sich die hierarchische Beziehung zwischen beiden Polen, indem das ‚Eigene‘ Dominanz, Wertschätzung, Stabilität und Integrität durch die Herabset- zung und Verachtung des ‚Anderen‘ anstrebt und immer wieder erzielt (vgl. u.a.

Lutz/Huth-Hildebrandt 1998; Lutz 1992: 68). Daraus lässt sich schließen, dass dicho- tome Konstruktionen des ‚Eigenen‘ und des ‚Anderen‘ dadurch, dass sie auf die Her- stellung größtmöglicher Differenz/Gegensätzlichkeit abzielen, zu sozialen Grenzzie- hungsprozessen mit einem hohen Maß an struktureller Gewalt führen können (vgl.

Hafez 2000a: 126). Gutiérrez Rodríguez beschreibt treffend die Effekte der wechselsei- tigen und hierarchisierenden Konstruktion:

„Das Andere wird im Verhältnis zum herrschenden Selbst in der Abgrenzung zu diesem kon- stituiert bzw. konstruiert. Als Differentes gesetzt, wird es entweder im Namen des herrschen- den Selbst vereinnahmt, d.h. als Projektions- und Spiegelbild des Selbst geschaffen, oder als das Andere in Beziehung zum Selbst festgeschrieben. Beide Alternativen bieten dem herr- schenden Selbst die Verfügung und die Definition über das Andere, über das angeblich Diffe- rente.“ (Gutiérrez-Rodríguez 1996: 105)

Für die vorliegende Arbeit bedeutet dies, dass zum einen davon ausgegangen wird, dass die Konstruktion des Islam im allgemeinen und so auch in feministischen Diskursen grundsätzlich binär strukturiert ist und hierarchisierend wirkt. Zum anderen soll ausge- hend von der Wechselseitigkeit dieser Herstellungsprozesse berücksichtigt werden, dass Konstruktionen des ‚Anderen‘ immer auch auf das ‚Eigene‘ verweisen: Der Um- gang mit dem Thema Islam steht also immer in engem Zusammenhang mit der ‚eige- nen‘ feministischen Positionierung; er fordert diese heraus und konturiert sie auf spezi- fische Art und Weise. Die vorliegende Arbeit begreift sich im Anschluss daran als Bei- trag zu einer feministischen und – durch ihre Fokussierung auf eine feministische

‚Mehrheitsperspektive‘ – hegemoniekritischen Selbstreflexion (vgl. Dietze 2006).

1.3 Ent-homogenisierende und ent-essenzialisierende Perspektive

Die (Re-)Produktion von Konstruktionen des ‚Eigenen‘ und des ‚Anderen‘ beruht auf der gleichzeitigen Herstellung von Differenz und Homogenität: Im Rahmen ihrer Ana-

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lyse des wissenschaftlichen Diskurses über Migrantinnen in Deutschland kommen I- nowlocki und Lutz zu dem Schluss, dieser könne gelesen werden als „history of constructing ‚images of the other‘ by emphasizing differences while, at the same time, de-emphasizing or ignoring sameness“ (Inowlocki/Lutz 2000: 306, Hervorhebung i.O.;

vgl. auch Link 2007; Weller 2002: 52). Die imaginierte – vom ‚Eigenen‘ differente – Homogenität des ‚Anderen‘ sichert in diesem Herstellungsprozess die Homogenität des

‚Eigenen‘ (vgl. Jedlitschka 2004: 20). Ein Effekt einer solchen Konstruktionsweise ist die Herstellung von ‚eigener‘ Sicherheit und Überlegenheit: Da sowohl Heterogenität und Pluralität (sowohl die ‚eigene‘ als auch die des ‚Anderen‘) diesem Ziel widerspre- chen, wird ‚Differenz‘, wie Jedlitschka treffend beschreibt, ein fest umrissener Ort zu- geschrieben:

„Differenz darf in diesem Prozess des ‚Othering‘ nur noch an der Grenze zum Anderen exis- tieren und erhält dann ihre besondere Bedeutung für das Eigene: [die] der Selbsterkenntnis, Selbstvergewisserung und Stabilisierung.“ (Jedlitschka 2004: 21)

Die Folge eines so gestalteten (Re-)Produktionsprozesses des ‚Eigenen‘ und des ‚Ande- ren‘ und einer entsprechenden Zuweisung von Merkmalen und Eigenschaften ist neben der Homogenisierung auch die Festschreibung und Essenzialisierung beider Entitäten:

Diese erscheinen nun jeweils als dem Diskurs vorgängige, wesenhafte Einheiten, die sich ausschließend und statisch gegenüber stehen (vgl. Gutiérrez-Rodríguez 1996: 105).

Der Herstellungsprozess dieser Einheiten dagegen wird unsichtbar, die Trennung zwi- schen den Einheiten und die Zuordnung von Menschen(-gruppen) zu beiden Einheiten erhält dadurch zusätzliche Wirkmächtigkeit und erscheint als unhinterfragbare ‚Reali- tät‘, als ‚Wahrheit‘ (vgl. Hirseland/Schneider 2001: 390ff.; Laclau/Mouffe 1995:

183ff.).

Im Rahmen ihrer Analyse der Produktion hegemonialer Strukturkategorien wie ‚White- ness‘ und ‚Okzidentalität‘ verweist Dietze (2006) darauf, dass die Annahme, der/das

‚Andere‘ existiere tatsächlich und erst an seiner Existenz entzünde sich ein z.B. rassisti- scher, ausgrenzender Diskurs, der den Blick darauf versperre, welche Funktion rassisie- rende und/oder ausgrenzende Zuschreibungen gegenüber dem ‚Anderen‘ für die Pro- duktion des ‚Eigenen‘ ausübten. Indem der Herstellungsprozess von Konstruktionen und Positionierungen ausgeblendet wird, könne so die Fortschreibung der universalisti- schen, unmarkierten, hegemonialen Position gesichert werden (vgl. Dietze 2006: 227).

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Davon ausgehend und indem die vorliegende Arbeit diskurstheoretisch inspiriert auf den Prozess der Konstruktion des Islam in feministischen Diskursen fokussiert, nimmt sie eine Perspektive ein, die auf die Infragestellung der Homogenität und Essenzialität der untersuchten Entitäten zielt. Erst die de-essenzialisierende analytische Bewegung macht, so Ernesto Laclau und Chantal Mouffe, den kontingenten und daher immanent politischen Charakter von Bedeutungskonstruktionen sichtbar und macht sie der politi- schen Veränderbarkeit zugänglich (vgl. Laclau/Mouffe 1995: 183ff.;

Hirseland/Schneider 2001: 390ff.; Stäheli 1999:151ff.).

1.4 Kontextualisierende Vorgehensweise

Mit Verweis auf das Diskursverständnis Ernesto Laclaus (vgl. Laclau 1979) stellt Bernd Matouschek5 fest, Diskurse seien „nicht vorstellbar ohne (…) [ihren] materiellen und institutionellen gesellschaftlichen Kontext“ (Matouschek 1997: 112). Dieser Kon- text sei entscheidend für den Prozess der Bedeutungskonstruktion, dem jede einzelne sprachliche Äußerung und insofern auch ein Diskurs im Ganzen unterliegt:

„Die Bedeutung jeder einzelnen sprachlichen Äußerung entsteht nicht nur durch ihren Gebrauch im Diskurs, sondern auch durch ihren Bezug zum gesellschaftlichen materiellen und institutionellen Kontext, in dem sie relevant (oder irrelevant) ist.“ (Matouschek 1997: 112, Anm. i.O.; vgl. auch Macdonell 1986: 1; Rommelspacher 2002: 107f.)

Kategorisierungsprozesse als Ergebnisse von Konstruktionsleistungen und so z.B. auch die Begriffe, mit Hilfe derer dem ‚Anderen‘ Merkmale zugeschrieben werden, sind in- sofern immer in sozialen, machtdurchsetzten Kontexten verankert (vgl. z.B. Lutz 1994:

139 und 150f.). Sowohl das‚Eigene‘ als auch das ‚Andere‘ sind dabei Teil ein und der- selben diskursiven (historisch spezifischen, räumlich situierten etc.) Formation: Dies hat zur Folge, dass die jeweiligen Kategorisierungen durch das historische Wissen ge- nauso wie durch die sozialen Kräfteverhältnisse einer Gesellschaft geprägt sind und diese wiederum ihrerseits prägen (vgl. Höhne 1998; Radtke 1998):

„‚Fremd sein‘ bestimmt sich nicht durch sich selbst. Erst der konkrete historische Moment und der bestimmte Ort mit seiner jeweiligen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, die Bezie- hung zu dem und denen, die als ‚Nicht-Fremde‘ gelten und die Macht haben, diese Geltung durchzusetzen, strukturieren das jeweils Fremde.“ (Bielefeld 1998b: 9, Hervorhebung i.O.)

5 Matouschek (1997) legt seinem Forschungsvorhaben zwar einen eher linguistischen Diskursbegriff in Anlehnung an Ruth Wodak zu Grunde, der sich von dem hier verwandten Diskursbegriff unterschei- det. Seine Überlegungen zur kontextuellen Verankerung von Diskursen sind dennoch für das in dieser Arbeit gewählte Vorgehen konstruktiv.

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Aufgrund ihres Zusammenspiels6 mit spezifischen Kontexten unterliegen Kategorisie- rungen wie die des ‚Eigenen‘ und des ‚Anderen‘ einerseits permanenter, diskursiver Transformation und sind doch andererseits zugleich Ausdruck und wiederum Aus- gangspunkt tradierter, sedimentierter, gesellschaftlicher Wissensbestände (vgl. Höhne 1998; Radtke 1998: 80f.). Dem Zusammenspiel von Diskursen und Diskurskontexten Rechnung tragend werden Diskursfragmente nicht immanent oder isoliert, sondern mit Blick auf ihre kontextuelle Verankerung analysiert.

Die vorliegende Arbeit nimmt nun diesen oft formulierten diskursanalytischen An- spruch ernst und verfolgt das Ziel einer kontextsensiblen Analyse von Konstruktionen des ‚Eigenen‘ und des ‚islamischen Anderen‘ in massenmedialen und im Vergleich da- zu in feministischen Diskursen. Das empirische Material wird daher als Ensemble ver- orteter, kontextualisierter Äußerungen aufgefasst. Der Darlegung der theoretisch- historischen sowie migrations- und integrationspolitischen Kontexte von Konstruktio- nen des ‚Eigenen‘ und des ‚islamischen Anderen‘ wird infolge dessen im ersten Teil der vorliegenden Arbeit Raum gegeben. Diese Kontexte werden hier nicht als vor-, au- ßer- oder nicht-diskursiv begriffen, sondern sie sind immanenter Bestandteil der diskur- siven gesellschaftlichen Formation, die sowohl massenmediale als auch die untersuch- ten feministischen Diskurse umfasst. In den Blick genommen wird also nicht das Zu- sammenspiel von Diskursivem und Nicht-Diskursivem, sondern das Zusammenwirken verschiedener aktueller und historischer sowie bereits sedimentierter Diskurse, die da- mit im Sinne der wissenssoziologischen Diskursanalyse (vgl. Keller 2001) als in unter- schiedlichen Graden institutionalisierte Bedeutungsarrangements begriffen werden.

Das Zusammenwirken der verschiedenen (historisch-theoretischen sowie migrations- und integrationspolitischen) Kontexte begreife ich als wechselseitig, indem ich – ähn-

6 Die theoretische Konzeption und genaue Funktionsweise dieses Zusammenspiels ist innerhalb des Foucaultschen Werkes – obwohl dieses im zeitlichen Verlauf starke Veränderungen durchläuft – un- terbestimmt: Zwar entwickelt Foucault in späten Verlautbarungen einen theoretischen Ansatz, der die Hervorbringung diskursiver Praktiken im Kontext ihrer sozialen Bedingungen und Zwänge, ihrer in- stitutionalisierten, als nicht-diskursiv konzipierten Formen, untersucht (vgl. Keller 2001: 124). Nach van Dyk ist das theoretische Problem damit jedoch keinesfalls gelöst: „Tatsächlich bleibt die instituti- onelle Kontextualisierung durch den Rekurs auf das Nicht-Diskursive jedoch ebenso ungeklärt wie die spezifische Verwobenheit von Diskursivem und Nicht-Diskursivem. Zwar hat Foucault selbst beide Sphären im Begriff des Dispositivs aufgelöst, eine systematische Begriffsverwendung und Elaborie- rung des spezifischen Verhältnisses existiert infolgedessen aber dennoch nicht, da parallel unsystema- tische Schritte hin zu einem ‚weiten‘, sowohl Praktiken als auch Institutionen umfassenden Diskurs- begriff zu erkennen sind.“ (van Dyk 2006: 74f., Hervorhebung i.O.)

Die weitere Analyse des unterbestimmten Verhältnisses zwischen Diskurs und institutionellem, materiel- lem Kontext wäre zwar theoretisch herausfordernd, ist aber für den weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit nicht vordringlich.

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lich der an Foucault angelehnten diskurstheoretischen Definition des Zusammenhangs von Diskurs und Subjekt – von ihrer gleichzeitigen Vor- und Nachgängigkeit zueinan- der ausgehe: Subjekt prägt Diskurs prägt Subjekt prägt Diskurs bzw. Kontext prägt Dis- kurs prägt Kontext prägt Diskurs.

Ausgehend von der theoretischen Annäherung an Konstruktionen des ‚Eigenen‘ und des ‚Anderen‘ ist damit die grundsätzliche Forschungsperspektive der vorliegenden Ar- beit umrissen: Konstruktionen des ‚Eigenen‘ und des ‚Anderen‘ werden als Ausgangs- punkte und Ergebnisse von diskursiven, situierten Prozessen des otherings begriffen, wobei diese Prozesse meist eine binäre Struktur aufweisen. Sie unterliegen Machtwir- kungen, (re-)produzieren Hierarchisierungen und wirken im Ergebnis homogenisierend und essenzialisierend. Sowohl die Prozesse selbst in ihrer genauen Funktionsweise als auch ihre Effekte, die genauen Zielgruppen und die inhaltliche Bestimmung von ‚Eige- nem‘ und ‚Anderem‘ sind nur vor dem Hintergrund ihres jeweiligen historischen, sozia- len und diskursiven Kontextes zu verstehen. Aufgrund ihrer Gebundenheit an und ihrer Prägung durch bestehende gesellschaftliche (Macht-)Verhältnisse und Institutionen, diskursive Strukturen und gesellschaftliches Wissen müssen Konstruktionen des ‚Eige- nen‘ und des ‚Anderen‘ immer als gesellschaftliche (Re-)Konstruktionen begriffen und analysiert werden.

2. Eigene diskurstheoretische Verortung – wissenschaftliche Praxis als Bewegung in einer Möbius-Schleife

Nach Bublitz (1999) muss ein Forschungsprozess, wie er in der vorliegenden Arbeit angestrebt wird, als konstruierender Prozess, als Konstruktionsarbeit verstanden wer- den. Bublitz konstatiert, ein diskursanalytisches Vorgehen sei mehr als eine Methode, da durch ein solches Vorgehen der Gegenstand der Analyse (Diskurs) erst generiert werde. Dieser sei insofern nicht mehr Ausgangspunkt der Analyse, als sich die Dis- kursanalyse ihren Gegenstand selbst schafft (vgl. Bublitz 1999: 27ff.). Aus/in einer sol- chen Perspektive bin ich als Forschende Teil der ‚Ordnung der Wahrheit‘, die ich zu rekonstruieren suche – ein ‚neutraler BeobachterInnen- oder SprecherInnenort‘ außer- halb der untersuchten diskursiven Ordnung existiert nicht. Ich bin daher auf die ‚Beo- bachtungssprache‘ angewiesen, die ich in der mich umgebenden Welt vorfinde. Durch

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mein Forschungsvorgehen erfasse ich die mich umgebende Welt jedoch nicht nur und bilde sie ab, sondern konstruiere sie mit.

Wie unterscheidet sich also mein Diskursbeitrag von dem, den ich untersuche? Ich be- greife den Diskurs, den ich untersuche, mit Andreas Hirseland und Werner Schneider (vgl. Hirseland/Schneider 2001: 398) als ‚ideologischen Diskurs‘, d.h. als Diskurs, der sich als alternativlos, natürlich, und dadurch geschlossen darstellt, sich unreflektiert als Wahrheit geriert. Der diskursanalytische Diskurs, den ich wiederum generiere, unter- scheidet sich durch eine dialogische, reflexiv-kritische Positionierung seines Aussage- subjektes von einem so verstandenen ‚ideologischen‘ Diskurs:

„Vereinfacht ausgedrückt besteht die innere Haltung des theoretisch redenden Subjektes also zum einen darin, selbstreflexiv gerade auch die Gemeinsamkeiten seines theoretischen Diskur- ses mit den untersuchten (ideologischen) Diskursen in den Blick zu nehmen und ironisch zu brechen. Zum anderen ist sich das theoretische Subjekt im Klaren, dass seine Kategorien, De- finitionen und Klassifikationen auf einem (reflexiven) Verfahren der Objektkonstruktion beru- hen und sich von daher von dem ideologischen Verfahren der Naturalisierung unterscheiden.

Als drittes kommt hinzu, dass die Teilnehmer an theoretischen Diskursen willens und in der Lage zu einem theoretischen Dialog sind, dessen Voraussetzung in einem Durchbrechen der

‚naturalistischen Verblendung‘ liegt.“ (Hirseland/Schneider 2001: 398; Hervorhebungen i.O.)

Aus dieser Forschungsperspektive resultiert auch die z.T. doppelte Funktion des analy- sierten Materials: Dessen Texte können daher sowohl als Teile des Forschungsstandes als auch als Teil des empirischen Materials einbezogen werden. Sie sind damit sowohl Teil des (im oben genannten Sinne) ‚ideologischen‘ als auch des diskursanalytisch ge- nerierten Diskurses.

Obwohl er also innerhalb der untersuchten diskursiven Ordnung stattfindet, kann der hier generierte Diskurs, insofern er die Produktionsweise des untersuchten Diskurses beobachtet, als ‚Gegendiskurs‘7 im foucaultschen Sinne verstanden werden:

„Es gibt nicht auf der einen Seite den Diskurs der Macht und auf der anderen Seite den Dis- kurs, der sich ihr entgegensetzt. Die Diskurse sind taktische Elemente oder Blöcke im Feld der Kraftverhältnisse: Es kann innerhalb einer Strategie verschiedene und sogar gegensätzliche Diskurse geben (…)“ (Foucault 1977: 123).

Die vorliegende Arbeit stellt also ein paradoxes Vorhaben dar – sie schwimmt mit im diskursiven Strom und blickt gleichzeitig rückwärts, versucht gleichzeitig seinen Ver- lauf und die Bedingungen seiner Gestalt zu erfassen – und trägt damit zum weiteren

7 Die Rezeption dieser begrifflichen Bestimmung innerhalb der diskursanalytischen Literatur erscheint nicht sehr klar. Genauere Betrachtungen dazu sind aber für die vorliegende Arbeit nicht von Belang (vgl. z.B. Jäger 1999: 129; Jäger 1996: 40).

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Fließen, zum Anschwellen des diskursiven Stromes bei: Wissenschaftliche Praxis er- scheint hier als Bewegung in einer Möbiusschleife.

3. Länder- und Materialauswahl

Die Untersuchung feministischer Islamdiskurse wird in der vorliegenden Arbeit am Beispiel deutscher und niederländischer feministischer Zeitschriften durchgeführt.

3.1 Länderauswahl

Die Untersuchungsländer Deutschland und die Niederlande gelten in Bezug auf ihre Migrationsgeschichte, die Migrationssysteme sowie ihre Migrations- und Integrations- politik (Stichworte: Multikulturalismus vs. Leitkultur) vielfach als kontrastreiche Fälle.

Nicht zuletzt aus diesem Grund ist die Vergleichskonstellation ‚Deutschland – Nieder- lande‘ insbesondere in politikwissenschaftlichen und soziologischen Studien zur Migra- tions- und Integrationspolitik prominent vertreten (vgl. Dage- vos/Euwals/Gijsberts/Roodenburg 2006a; Koopmans 2003; Koopmans 2002; Duyvené de Wit/Koopmans 2001; Thränhardt 2006; Thränhardt 2003; Böcker/Thränhardt 2003;

Michalowski 2005; Michalowski 2004; Leiprecht 1994; Lutz 1991).

Ferner diente für migrations- und integrationspolitische Reflexionen und Analysen – politischer, wissenschaftlicher wie medialer Art – in beiden Ländern das jeweils andere Land ab den 1980er Jahren immer wieder als Referenzpunkt bzw. als Vorbild:

• In den 1980er Jahren wurden die Niederlande aufgrund ihrer ausgeprägten und hoch institutionalisierten so genannten Minderheitenpolitik vielfach als Musterfall des institutionalisierten Multikulturalismus in Europa wahrgenommen.8 Das nie- derländische Konzept der Förderung und Emanzipation ethnischer Minderheiten galt dabei insbesondere in Deutschland seit Anfang der 1990er Jahre als Vorbild einer erfolgreichen Integration von Menschen unterschiedlichster Herkunft und Religion (vgl. Michalowski 2005; Doomernik 2005; Michalowski 2004;

Geiger/Schmeling 1995, Lutz 1995).

8 In den 1990er Jahren bezeichneten sich die Niederlande auf internationaler Ebene gerne auch selbst als Gidsland – als führendes Land, das den Multikulturalismus zum Regierungsprogramm erhoben habe (vgl. Böcker/Thränhardt 2003: 3).

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• Bereits im Rahmen der so genannten niederländischen Minderhedendebat zu Beginn der 1990er Jahre und verstärkt ab dem Ende des Jahrzehnts zeichnete sich jedoch auch eine umgekehrte Bezugnahme ab: In den Niederlanden wuchs die Erkenntnis, dass EinwohnerInnen mit Migrationshintergrund auf sozio- ökonomischer Ebene deutliche Benachteiligungen erfahren. Angesichts dessen wurden Veränderungen der Minderheitenpolitik zu einer stärker verpflichtenden, auf Individuen statt auf Minderheitengruppen ausgerichteten Integrationspolitik eingeleitet (vgl. Böcker/Thränhardt 2003: 5; Hoving 2005: 3). Orientierende Funktion hatte dabei die restriktivere deutsche Migrations- und Integrationspoli- tik. Angesichts verschiedener Entwicklungen in den Niederlanden in den 2000er Jahren (Erfolg Pim Fortuyns und der Partei Leefbar Nederland (LN)) wurden ab Ende 2002 die Stimmen derer in den Niederlanden nochmals lauter, die nun gera- de Deutschland aufgrund seiner leitkulturellen Orientierung als Vorbild nannten – angesichts der vorherigen Einschätzungen ein gewisser Tabubruch. Deutschland habe mit einer Nichtpolitik in Bezug auf Bildungserfolge, Arbeitslosigkeit und Segregation in den Städten bessere Ergebnisse erzielt als die Niederlande mit ih- rer Minderheitenpolitik, so die ernüchternde Erkenntnis (vgl. Koopmans 2002). In der Öffentlichkeit wurde sogar die Forderung nach einer niederländischen ‚Süss- muth-Kommission‘ erhoben, um nach deutschem Ansatz (de Duitse aanpak) eine neue Integrationspolitik zu entwerfen (vgl. Böcker/Thränhardt 2003: 6; Pingel 1998).

• Im Zuge der Debatten in Deutschland um ein neues Zuwanderungsgesetz wur- de dagegen von progressiveren Kräften das niederländische Integrationsmodell weiterhin als vorbildlich empfunden und eine Orientierung an diesem z.B. von Seiten der ‚Süßmuth-Kommission‘ empfohlen (vgl. Böcker/Thränhardt 2003: 6).

Mit dem Mord an van Gogh9, der auch in Deutschland für erregte Debatten sorg- te, hat sich jedoch die Bezugnahme auf die Niederlande in Deutschland ein weite- res Mal gewandelt: Die Niederlande galten nun insbesondere als VerfechterInnen einer restriktiveren Politik gegenüber MigrantInnen als Beispiel für das ‚Scheitern einer multikulturellen Gesellschaft‘ und für die negativen Auswirkungen einer ‚zu

9 Der niederländische Regisseur Theo van Gogh wurde am 2. November 2004 von einem islamistisch orientierten Täter in Amsterdam auf offener Straße ermordet. Van Gogh hatte zuvor durch vehemente, oft populistische Kritik am Islam und an MuslimInnen Aufmerksamkeit erregt. Der Mord intensivierte und emotionalisierte die ohnehin präsenten migrations- und integrationspolitischen Debatten in den Niederlanden deutlich und wird für den weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit immer wieder von Bedeutung sein.

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sanften‘ Migrations- und Integrationspolitik, die zur Ausbildung von gesellschaft- lich abgekoppelten ‚Parallelgesellschaften‘ führe: „Jetzt konnten die Niederlande (…) diskursstrategisch kurzerhand als Menetekel dafür in die Debatte eingeführt werden, wie die Integration misslingen und es zur Herausbildung von eben jenen

‚Parallelgesellschaften‘ in der Einwanderungsgesellschaft kommen könne, vor denen die Konservativen schon lange und immer wieder gewarnt hatten“ (Radtke 2006: o.S.; vgl. auch Michalowski 2005).

Die vielfältigen Bezugnahmen deutscher Debatten auf die Niederlande und niederländi- scher Debatten auf Deutschland zeigen, dass dem jeweils anderen Land aufgrund seiner differenten Charakteristiken in Bezug auf den Umgang mit Minderheiten und in Bezug auf das integrationspolitische und staatliche Selbstverständnis eine orientierende Funk- tion zugesprochen wird.

Diskursive Konstruktionen des ‚Eigenen‘ und des ‚Anderen‘ und so auch feministische Islamdiskurse sind also in Deutschland und den Niederlanden innerhalb unterschiedlicher gesellschaftlicher Kontexte verortet. Das ländervergleichende Vorgehen soll anschlie- ßend dafür genutzt werden, über die hermeneutisch-beschreibende Ebene hinaus mögli- che Deutungsansätze für das Zustandekommen und die Reproduktion von feministischen Diskursen in Deutschland und den Niederlanden zu erarbeiten.

Grundlegend wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit also ein an das ‚most different system design‘ (vgl. Przeworski/Teune 1970) angelehntes Forschungsdesign gewählt:

Entsprechend dieser vergleichenden Anlage wäre für die Auswahl der zu untersuchenden makrosozialen Einheiten (hier: Deutschland und die Niederlande) zu beachten, dass trotz unterschiedlicher Ausgangsvoraussetzungen (hier: die jeweilige Migrationssysteme, Minderheiten- bzw. Integrationspolitiken und massenmediale Debatten) scheinbar, so die erkenntnisleitende Vermutung, das gleiche bzw. ein ähnliches Phänomen, d.h. die gleiche abhängige Variable (hier: die genaue Ausprägung feministischer Islamdiskurse), zu beo- bachten wäre. Ziel der Untersuchung wäre somit die Suche nach der bzw. nach mögli- chen intervenierenden, d.h. unabhängigen Variablen (vgl. Peters 1998: 37ff.).

Das forschungspraktische Vorgehen und die theoretische Fundierung des geplanten For- schungsprojektes stehen einer solchen ‚reinen‘ Anwendung dieser Vergleichsmethode je- doch entgegen: Zum einen wird die so genannte abhängige Variable erst im Verlauf des Forschungsprozesses inhaltlich konturiert und beschrieben. Zum anderen gebietet es die hier gewählte diskurstheoretische Anlage der Arbeit, nicht – wie es im Rahmen von kau-

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sal-analytisch ausgerichteten Untersuchungsdesigns üblich ist – die diskursiven Hinter- gründe und Diskurse als jeweils isolierte und kausallogisch miteinander verknüpfte Fak- toren zu konzipieren, sondern gerade ihre Verwobenheit, ihr Zusammenspiel in Rahmen der (Re-)Produktion von Islamdiskursen in den Blick zu nehmen.10

3.2 Materialauswahl

Medien kommt eine zentrale Funktion für die Konstruktion von Wirklichkeit in moder- nen Gesellschaften zu: Da mit der Herausbildung der Informationsgesellschaft der An- teil so genannter Sekundärerfahrungen im Vergleich zu dem der Primärerfahrungen ste- tig zunimmt, Wissen über Gesellschaft also vorrangig aus Medien gewonnen wird, fun- gieren Medien sowohl als Spiegel und Vermittler von ‚Wirklichkeit‘ als auch als eine Instanz ihrer Konstruktion: Sie sind Bestandteil von Diskursen und strukturieren diese im gleichen Zug (vgl. Halm/Liakova/Yetik 2007: 15; Huhnke 1997; Klaus 1998: 414;

Geiger 1985).11 Huhnke bezeichnet Medien in modernen Gesellschaften gar als „die wichtigsten Diskursräume für die politische Kommunikation“ (Huhnke 1997: 96).

Insbesondere in Bezug auf die in dieser Arbeit untersuchten Konstruktionen von ‚Eige- nem‘ und ‚Anderem‘ spielen Medien nach Farrokhzad (2002) eine Schlüsselrolle, denn gerade im Themenbereich Einwanderung/Islam erscheint die Verstrickung von Me- diendiskurs, politischem Diskurs und Alltagsdiskurs besonders signifikant (vgl.

Farrokzhad 2002: 55, 77; vgl. auch Butterwegge 2002; Butterwegge 2000). Die hier angesprochene enge Verwobenheit von politischem und medialem Diskurs wird für die vorliegende Arbeit in der Bestimmung migrations- und integrationspolitischer Kontexte als relevante diskursive Hintergründe massenmedialer und feministischer Islamdiskurse in Deutschland und den Niederlanden offenkundig.

Die im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Diskursfragmente sind feministischen Zeit- schriften entnommen: Diesen kommt – in Ermangelung sonstiger, breit rezipierter und sich als feministisch bezeichnender Medien – eine zentrale Bedeutung für die Vermitt- lung von feministischen Anliegen in eine breitere Öffentlichkeit zu. Damit sind ei-

10 Kritisch zur Kausalanalyse aus diskurstheoretischer Sicht vgl. Torfing 2005: 19f.

11 Die vorliegende Arbeit fokussiert Medien ausschließlich als ‚Sender‘ von Informationen – eine Be- trachtung der Rezeption medialer Verlautbarungen, der Medienwirkung, erfolgt nicht (vgl. Schiffer 2005; Geiger 1985). Auch die Produktions- und Organisationsstrukturen von (Massen-)Medien erfah- ren im Folgenden keine systematische Betrachtung (vgl. Farrokhzad 2006; Schiffer 2005; Farrokzhad 2002; Hafez 2000b; Pinn 1997; Geiger 1985). Beide Perspektiven gehen jedoch über die hier verfolg- te Fragestellung hinaus.

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nerseits wissenschaftliche Zeitschriften gemeint, die eine hohe Relevanz für die Vermittlung neuerer Erkenntnisse der feministischen Theoriebildung an ein vorran- gig feministisch-akademisches Publikum einnehmen, andererseits aber auch ‚popu- lärkulturelle‘ bzw. journalistische Zeitschriften, die sich an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik befinden und sich an ein breiter definiertes feministisches Zielpublikum wenden.

Fokussiert wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit, die ein ‚hegemoniekritisches‘

Anliegen verfolgt, auf ‚hegemoniale‘ feministische Stimmen in Deutschland und den Niederlanden, d.h. auf solche Zeitschriften, die eine feministische ‚Mehrheits- perspektive‘ vertreten: Die Analyse migrantischer feministischer Diskurse und die Fra- ge danach, inwiefern diese kritische medialen Gegenstimmen konstituieren können, stellt ein eigenständiges Forschungsdesiderat dar und ist daher nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit.

Feministische Zeitschriften sind ein konstitutiver Bestandteil feministischer Öffent- lichkeiten12. In ihrer Kritik an Habermas kommt Nancy Fraser zu dem Schluss, dass Ausschließungen und Konflikte, die aus Habermasscher Perspektive lediglich als Beiwerk erschienen, vielmehr als zentrale konstitutive Elemente von Öffentlichkei- ten zu begreifen sind (vgl. Fraser 1996: 158). Aufgrund konstitutiver Ausschlüsse entwickeln sich „subalterne Gegenöffentlichkeiten (...), parallele diskursive Räume (...), in denen Angehörige untergeordneter sozialer Gruppen Gegendiskurse erfinden und in Umlauf setzen, die es ihnen wiederum erlauben, oppositionelle Interpretatio- nen ihrer Identitäten, Interessen und Bedürfnisse zu formulieren“ (Fraser 1996:

163). Feministische Öffentlichkeiten werden in der vorliegenden Arbeit als subal- terne (Gegen-)Öffentlichkeiten im Sinne Nancy Frasers begriffen.13 Im Rahmen fe- ministischer Öffentlichkeiten spielen feministische Zeitschriften eine einflussreiche

12 Im Rahmen ihrer feministischen Kritik an einem Habermasschen Öffentlichkeitskonzept geht Nancy Fraser grundlegend von der Existenz vielfältiger konkurrierender Öffentlichkeiten in spätkapitalisti- schen Gesellschaften aus. In diesem Sinne ist auch ‚feministische Öffentlichkeit‘ nicht als eine ein- heitliche zu begreifen: „Die Vorstellung von einer ‚feministischen Öffentlichkeit‘, im Sinne einer gleichberechtigten, ‚anderen‘ ist eine Fiktion“ (vgl. Baureithel 1991: 51, Hervorhebung i.O.). Es gibt entsprechend eine Vielzahl konkurrierender feministischer Öffentlichkeiten (wie z.B. wissenschaftli- che und mediale Öffentlichkeiten), die sich voneinander (und von nicht-feministischen Öffentlichkei- ten) z.B. durch die Ausrichtung der verwandten Medien, durch inhaltliche Schwerpunktsetzungen, durch unterschiedliche Zielpublika oder unterschiedliche soziale und berufliche Stellungen von Spre- cherInnen abgrenzen (vgl. Fraser 1996: 159f.).

13 Diese subalternen (Gegen-)Öffentlichkeiten können jedoch, so ein Hinweis Frasers, der für die ge- plante Untersuchung bedeutsam ist, durchaus auch „explizit antiemanzipatorisch und antiegalitär“

(Fraser 1996: 164) sein. Inwiefern dies auch für feministische Öffentlichkeiten in Bezug auf deren Is- lamdiskurse zutrifft, wird im Rahmen der vorliegenden Untersuchung zu klären sein.

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Rolle für die Verbreitung feministischer Anliegen (vgl. Ruyters 1993: 427). Auf- grund der geschlechtersegregierten Struktur der Massenmedien sowohl in Deutsch- land als auch in den Niederlanden, hatten Aktivistinnen der aufkommenden Frauen- bewegungen zunächst kaum Zugang zu Massenmedien; Debatten und Forderungen der Neuen Frauenbewegungen konnten von den Organen der Massenmedien leicht in ihrer Bedeutung und Aussagekraft gemindert oder auch verschwiegen bzw. nur selektiv rezipiert werden:

„When feminism reappeared in the beginning of the 1970s, it became apparent that the exist- ing (‚male-stream‘) mass media would not do justice to its range of thought. Here in Holland the playful happenings of ‚Dolle (…) Mina‘ (…) evoked many cheerful and well-disposed pieces in the daily newspapers. (…) Other and equally important struggles for women’s rights, however, such as abortion, or the political debates on the link between the ‚private‘ and the

‚public‘ and between feminist struggle and class struggle, found less enthousiastic audience in the male dominated mass media. It soon became clear that these issues would have to find other outlets for publication. Feminists would have to create their own media (…).“ (Ruyters 1993: 427, Hervorhebungen i.O.)

(Feministische) mediale Öffentlichkeiten sind jedoch nicht nur als Räume zur Bil- dung diskursiver Meinungen zu verstehen, sondern sie stellen auch Räume für die Herausbildung und Inszenierung sozialer (feministischer) Identitäten dar (vgl.

Fraser 1996: 166). Werden medial vermittelte sprachliche Akte im Sinne Judith But- lers als performative Handlungen begriffen, die ein ‚Wir‘ konstituieren und damit eine neue politische Gemeinschaft ins Leben rufen (vgl. Butler 1995; Honig 1994:

45), zeigt sich, dass feministische Zeitschriften nicht nur als ein „information outlet for ‚women’s news‘“ (Ruyters 1993: 427), sondern darüber hinaus als relevantes Medium der (Re-)Produktion von ‚Eigenem‘ und ‚Anderem‘ aufgefasst werden müssen.14

Um eine Vergleichbarkeit der für die Untersuchung ausgewählten Zeitschriften zu ge- währleisten, wurden folgende Kriterien vorausgesetzt:

• Selbstverständnis als feministisch

• Gründungskontext Neue Frauenbewegung

• landesweites Erscheinen

• langjähriges und noch aktuelles Bestehen

14 Da die vorliegende Arbeit auf die Strukturen von Debatten und Diskursen fokussiert, treten die Auto- rInnnen für die empirische Analyse hinter ihre Beiträge zurück und werden in ihrer jeweiligen Dis- kursposition nicht berücksichtigt.

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• Verkauf als Printausgabe

• Innerhalb einer grundlegenden feministischen Orientierung thematische und disziplinäre Ungebundenheit

Im Anschluss an die oben genannten Kriterien wurden für den deutschen Kontext die Zeitschriften Emma. Das politische Magazin von Frauen, Feministische Studien. Die Zeitschrift für interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung und beiträge zur feministischen theorie und praxis sowie für den niederländischen Kontext Opzij. Femi- nistisch maandblad, Lover. Tijdschrift over Feminisme, Cultuur en Wetenschap und Tijdschrift voor Vrouwenstudies/Tijdschrift voor Genderstudies ausgewählt.15

4. Forschungsstand

Zur Analyse des (massen-)medial vermittelten Islambildes existiert eine Vielzahl wis- senschaftlicher Publikationen, die das Erstellen eines Kurzüberblicks zu einer an- spruchsvollen Aufgabe werden lässt. Dabei muss klar zwischen der jeweiligen medien- analytischen Forschung in Deutschland und den Niederlanden unterschieden werden:

Während sich die Analyse massenmedialer Islamkonstruktionen für den deutschen Kontext insbesondere seit dem Beginn der 1990er Jahre zu einem intensiv bearbeiteten Forschungsfeld entwickelte, sind für die Niederlande insgesamt erstaunlich wenige sys- tematische Medienanalysen zu verzeichnen. Eine leichte Intensivierung der diesbezüg- lichen Forschungstätigkeit in den Niederlanden ist erst ab dem Beginn der 2000er Jahre festzustellen. Ein Überblick über das unterschiedliche medienanalytische Engagement in Deutschland und den Niederlanden ist Gegenstand des direkt folgenden Abschnittes.

Die Ergebnisse der genannten Forschungs- und Veröffentlichungstätigkeiten aufgrei- fend, sollen im Anschluss daran die Grundzüge der herausgearbeiteten Islambilder skiz- ziert werden.

4.1 Medienanalysen zum Thema Islam in Deutschland und den Niederlan- den – ein systematischer Überblick

In auffälliger Weise strukturiert sich die Erforschung massenmedialer Konstruktionen des Islam und von MuslimInnen in Deutschland zeitlich entlang relevanter diskursiver

15 Die Charakterisierung und Kontextualisierung der ausgewählten Zeitschriften erfolgt im Abschnitt V 2. der vorliegenden Arbeit.

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Alexander Thiele, geboren 1979; Privatdozent an der Juristischen Fakultät der Georg- August-Universität in Göttingen; Sommersemester 2019 Vertretung eines Lehrstuhls für