A-1960 (28) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 33, 14. August 1998 ber das Erfordernis einer am
Stand der Wissenschaft und Technik ausgerichteten und im Ergebnis am Qualitätsstandard des zivilen Bereichs gemessenen medizi- nischen Versorgung besteht Einver- nehmen im militärischen wie im poli- tischen Raum. Dokumentiert wurde dieser Anspruch in der „Fachlichen Leitlinie zur sanitätsdienstlichen Ver- sorgung von Soldaten der Bundes- wehr im Auslandseinsatz“ des Inspek- teurs des Sanitätsdienstes der Bun- deswehr aus dem Jahr 1995 und in der Fachkonzeption für die bereichsüber- greifende Aufgabe „Sanitätsdienstli- che Versorgung“, die im Oktober 1997 durch den Generalinspekteur der Bundeswehr erlassen wurde.
Organisation
Der Sanitätsdienst der Bundes- wehr gliedert sich in 6 Teilbereiche:
G Zentrale Sanitätsdienststellen der Bundeswehr,
G Sanitätsdienst des Heeres, G Sanitätsdienst der Luftwaffe, G Sanitätsdienst der Marine, G Sanitätsdienst in den Zentra- len Militärischen Dienststellen der Bundeswehr und
G Ärztlicher Dienst im Wehrer- satzwesen.
Der Inspekteur des Sanitätsdien- stes der Bundeswehr ist höchster fach- dienstlicher Vorgesetzter des gesam- ten Sanitätspersonals der Bundes- wehr und zugleich truppendienstli- cher Vorgesetzter der Zentralen Sa- nitätsdienststellen der Bundeswehr.
Er erläßt die fachlichen Grundsätze, überwacht deren Einhaltung und ist im Einvernehmen mit den Inspekteu- ren der Teilstreitkräfte verantwortlich für die Entwicklung der konzeptionel- len Grundlagen und der Organisation des Sanitätsdienstes. In Dienstgrad und Dienststellung ist der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr
den Inspekteuren des Heeres, der Luftwaffe, der Marine und der Zen- tralen Militärischen Dienststellen gleichgestellt.
Dem Inspekteur des Sanitätsdien- stes der Bundeswehr steht als Arbeits- stab eine eigenständige Abteilung in- nerhalb des Bundesministeriums der Verteidigung, die Inspektion des Sa- nitätsdienstes, zur Verfügung. Sie glie- dert sich in die Unterabteilung I (Ge- sundheitswesen), die für alle den Sa- nitätsdienst betreffenden fachlichen Angelegenheiten zuständig ist, und die Unterabteilung II (Sanitätswesen), die grundsätzliche Aufgaben der Planung, Organisation, Ausbildung und Sa- nitätsmaterialversorgung wahrnimmt.
Der Sanitätsdienst in den Teil- streitkräften wird durch die Gene- ralärzte des Heeres, der Luftwaffe und durch den Admiralarzt der Ma- rine geführt, die dem Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr fachdienstlich unterstellt sind.
Zur Erfüllung seiner Aufgaben stehen dem Sanitätsdienst der Bun- deswehr im Frieden 26 000 aktive Sol- daten und rund 6 600 zivile Mitarbei- ter zur Verfügung. Im Verteidigungs- fall wächst der Personalumfang des Sanitätsdienstes nach Mobilmachung auf zirka 80 000 Soldaten und nahezu 20 000 zivile Mitarbeiter.
Zentrale
Sanitätsdienststellen
Zum Organisationsbereich Zen- trale Sanitätsdienststellen der Bun- deswehr(Abbildung 1)gehören
G die Sanitätsakademie der Bun- deswehr in München,
G das Bundeswehrzentralkran- kenhaus in Koblenz,
G sieben weitere Bundeswehr- krankenhäuser,
G vier Zentrale Institute des Sa- nitätsdienstes der Bundeswehr,
G das Institut für Wehrmedi- zinalstatistik und Berichtswesen in Remagen sowie
G das Bundeswehrsanitätszen- trum in Bonn.
Die Kommandobehörde der Zentralen Sanitätsdienststellen ist das Sanitätsamt der Bundeswehr.
Die Sanitätsakademie der Bun- deswehr in München ist die zentrale Ausbildungsstätte des Sanitätsdien- stes mit einem Angebot von 130 un- terschiedlichen Lehrgängen. Darüber hinaus beherbergt sie Forschungsin- stitute für den Medizinischen ABC- Schutz (gegen die Wirkung von ato- maren, biologischen und chemischen Waffen).
Die Bundeswehrkrankenhäuser führen die ambulanten und sta- tionären fachärztlichen sowie fach- zahnärztlichen Begutachtungen, Un- tersuchungen und Behandlungen durch. Darüber hinaus stellen sie die fachliche Aus-, Fort- und Weiterbil- dung des medizinischen Personals der Streitkräfte sicher und gewährleisten dessen ständige Einsatzbereitschaft.
Den Bundeswehrkrankenhäusern an- geschlossene Facharztzentren ergän- zen das flächendeckende Netz der ambulanten fachärztlichen Versor- gung. Die Bundeswehrkrankenhäuser Koblenz, Leipzig und Berlin sind aka- demische Lehrkrankenhäuser der Universitäten Mainz, Leipzig bezie- hungsweise der Berliner Charité. Das Bundeswehrkrankenhaus Ulm ist als
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Bundeswehr
Der Sanitätsdienst auf neuen Wegen
Das neue Aufgabenspektrum der Bundeswehr bedeutet für den Soldaten eine erhöhte
Einsatzwahrscheinlichkeit in Friedenszeiten mit konkreten gesundheitlichen Gefährdungen außerhalb Deutschlands.
Karl W. Demmer
Ü
akademisches Krankenhaus Teil der Ulmer Universitätskliniken und ver- fügt, wie auch das Bundeswehrkran- kenhaus Berlin, über eine staatlich an- erkannte Krankenpflegeschule.
Um das Krankheitsspektrum dem zivilen Bereich anzupassen, werden, dem Ausbildungsbedarf entsprechend, auch Zivilpatienten behandelt. Dar- über hinaus unterstützen die großen Bundeswehrkrankenhäuser den zivi- len Rettungsdienst mit Notarztwagen und Rettungshubschraubern.
Zur Gewährleistung einer quali- tativ hochwertigen klinischen Akut- versorgung der Krisenreaktionskräfte werden an den Bundeswehrkranken- häusern Ulm und Koblenz verlegbare Lazarette mit einer Kapazität von je- weils 200 Betten aufgestellt, die im Jahr 1999 (Ulm) beziehungsweise 2003 (Koblenz) einsatzbereit sein werden.
Die Zentralen Institute des Sa- nitätsdienstes der Bundeswehr neh- men teilstreitkräfteübergreifend ins- besondere präventivmedizinische, ve- terinärmedizinische und pharmazeu- tische Aufgaben wahr und organisie- ren den bundeswehreigenen Blut- spendedienst.
Insgesamt arbeiten circa 3 700 Soldaten (darunter 1 007 Ärzte, 31 Zahnärzte, 103 Apotheker und 34 Ve- terinäre) sowie circa 4 000 zivile Mit-
arbeiter in den Zentralen Sanitäts- dienststellen der Bundeswehr. Im Verteidigungsfall bleibt der Personal- umfang nahezu gleich.
Der Sanitätsdienst in den Teilstreitkräften
Die allgemeinmedizinische Ver- sorgung durch den Sanitätsdienst des Heeres erfolgt im Friedensdienstbe- trieb in den Standortsanitätszentren.
Im Einsatz wird sie durch den in die Verbände integrierten Truppensa- nitätsdienst sichergestellt.
Die Sanitätstruppe des Heeres verfügt für Einsätze im Rahmen des neuen Aufgabenspektrums über eine Sanitätsbrigade mit drei gemischten Lazarettregimentern sowie über sie- ben Sanitätsregimenter der Divi-
sionen. Diese Truppenteile betrei- ben bewegliche Sanitätseinrichtun- gen und nehmen Aufgaben des Ver- wundetentransports wahr. Die sieben mobilmachungsabhängigen Laza- rettregimenter der Wehrbereiche sind zuständig für den Aufwuchs und das Betreiben der Reservelazarettor- ganisation.
Insgesamt verfügt der Heeres- sanitätsdienst im Frieden über circa 17 000 Soldaten (darunter 638 Ärzte,
285 Zahnärzte, 72 Apotheker und 31 Veterinäre) sowie 1 400 zivile Mit- arbeiter. Im Verteidigungsfall wächst der Sanitätsdienst des Heeres, unter anderem durch das Aufwachsen der Reservelazarettorganisation, auf an- nähernd 67 500 Soldaten und circa 15 500 zivile Pflegekräfte.
Der Sanitätsdienst der Luftwaffe gewährleistet die fliegerärztliche Be- treuung und medizinische Behandlung des fliegenden Personals durch spezi- ell ausgebildete Fliegerärzte. Zentrale Untersuchungs- und Forschungsein- richtung der Bundeswehr für alle An- gelegenheiten der Luftfahrtmedizin ist das Flugmedizinische Institut der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck.
Die allgemeinmedizinische Ver- sorgung der Luftwaffensoldaten er- folgt in den Luftwaffensanitätsstaf- feln und Standortsanitätszentren. Im Einsatz ist die Luft- waffe in Pilotfunktion für die Streitkräfte zu- ständig für den Ver- wundetentransport auf Mittel- und Lang- strecken.
Im Luftwaffensa- nitätsdienst sind der- zeit annähernd 3 800 Soldaten (darunter 237 Ärzte, 76 Zahn- ärzte und 14 Apothe- ker) sowie circa 400 zivile Mitarbeiter ein- gesetzt. Im Verteidi- gungsfall verfügt die Luftwaffe über circa 6 800 Soldaten.
Im Sanitätsdienst der Marineerfolgt die medizinische Versor- gung auf See an Bord der Schiffe durch Ge- schwader- und Schiff- särzte. Für die weiter- gehende Behandlung stehen Sanität- seinrichtungen mit stationärem An- teil auf Versorgungsschiffen und an Land Marinestandortsanitätszentren zur Verfügung.
Die zentrale Untersuchungs- und Forschungseinrichtung für alle Ange- legenheiten der Schiffahrt-, U-Boot- und Tauchmedizin ist das Schiffahrts- medizinische Institut der Marine in Kiel. Es ist zugleich therapeutische Einrichtung bei Taucherunfällen.
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Abbildung 1: Die Zentralen Sanitätsdienststellen der Bundeswehr
Der Marinesanitätsdienst verfügt über circa 1 300 Soldaten (darunter 41 Ärzte, 35 Zahnärzte und 10 Apothe- ker) sowie circa 150 zivile Mitarbeiter.
Im Verteidigungsfall erfolgt ein Auf- wuchs auf circa 1 800 Soldaten und zi- vile Pflegekräfte.
Der Sanitätsdienst der Zentralen Militärischen Dienststellen der Bun- deswehr ist im Friedensdienstbetrieb neben der allgemeinmedizinischen Versorgung der Angehörigen dieses Organisationsbereichs auch für die medizinische Versorgung der im Aus- land stationierten Soldaten der Bun- deswehr zuständig. Zum Personalum- fang gehören rund 200
Soldaten, darunter 51 Ärzte, 10 Zahnärzte, 8 Apotheker und 3 Veterinäre.
Der Ärztliche Dienst im Wehrer- satzwesen ist integra- ler Bestandteil der Bundeswehrverwal- tung und damit nicht Teil der Streitkräfte.
Die fachliche Leitung obliegt auch hier dem Inspekteur des Sa- nitätsdienstes der Bundeswehr. In Frei- willigenannahmestel- len und Kreiswehrer-
satzämtern stellen über 300 angestell- te oder beamtete Ärzte der Bundes- wehr mit Unterstützung durch circa 400 weitere, als medizinisches Assi- stenzpersonal eingesetzte Zivilbe- dienstete die Wehrdiensttauglichkeit künftiger Soldaten fest.
Versorgung im Frieden
Der Auftrag des Sanitätsdienstes der Bundeswehr im Frieden ist zwei- geteilt. Zum einen erfolgt die organi- satorische, personelle und materielle Vorbereitung auf den Einsatz; zum anderen werden die Soldaten schon im Frieden aus diesen einsatzopti- mierten Strukturen heraus ambulant und stationär versorgt.
Die allgemeinmedizinisch-haus- ärztliche Behandlung erfolgt überwie- gend in Standortsanitätszentren, die das Personal des Truppensanitätsdien- stes auf Standortebene zusammenfas-
sen und ein weitgefächertes diagnosti- sches und therapeutisches Leistungs- spektrum bieten. Mit diesem neuen Organisationselement werden nicht nur Redundanzen abgebaut und ein wirtschaftlicher Betrieb des medizini- schen Gerätes ermöglicht, sondern auch die für die Aus-, Fort- und Weiterbildung bzw. Inübunghaltung des Sanitätspersonals erforderlichen Grundlagen geschaffen. Hierbei steht die Vermittlung praktischer Erfahrun- gen in der Notfallmedizin unter Ein- satzgesichtspunkten im Vordergrund.
Die fachärztliche Untersuchung, Behandlung und Begutachtung im
ambulanten und stationären Bereich bleibt Aufgabe der 8 Bundeswehr- krankenhäuser mit ihren 14 ange- schlossenen Facharztzentren.
Auch im Sanitätsdienst der Bun- deswehr gewinnt die Qualitätssiche- rung zunehmend an Bedeutung. Die Maßnahmen folgen den Bestimmun- gen der Richtlinie der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung. Ergänzend hierzu werden Bundeswehrkranken- häuser, Institute und Standortsa- nitätszentren in das streitkräfteinter- ne Programm der Kosten-Leistungs- Verantwortung eingebunden, um durch Kostentransparenz, Mitarbei- termotivierung und flexiblere Mittel- bewirtschaftung die Effizienz weiter zu steigern. Ziel ist es, eine größere
„Patientenzufriedenheit“ zu ermögli- chen, die sowohl auf persönlicher Zuwendung als auch auf einer qualita- tiv hochstehenden und betriebswirt- schaftlich optimierten medizinischen Versorgung beruht.
Versorgung im Einsatz
Voraussetzung für eine effektive sanitätsdienstliche Versorgung im Einsatz(Abbildung 2) ist eine fachge- recht durchgeführte Erstversorgung des Patienten. Diese wiederum erfor- dert eine entsprechende Qualifikati- on des ärztlichen wie auch des nichtärztlichen Personals auf allen Ebenen.
Sie beginnt mit der Ausbildung aller Soldaten zum Helfer im Sanitäts- dienst, die – erweitert um notfallmedi- zinische Lehrinhalte – zur qualifizier- ten Selbst- und Kameradenhilfe be- fähigt. Im Truppensa- nitätsdienst, also am Ort des Geschehens, werden Rettungssa- nitäter eingesetzt, die befähigt sind, in Wahrnehmung der Notkompetenz selb- ständig Infusionen anzulegen, zu intubie- ren und zu beatmen.
Die Truppenverband- plätze werden durch Rettungsstationen er- setzt, in denen lageab- hängig bis zu drei Fachärzte für Allge- meinmedizin und ein Anästhesist, Rettungs- assistenten und Rettungssanitäter mit modernster Ausstattung notfallme- dizinische Erstmaßnahmen durch- führen können. Diese präklinische Versorgung kann durch Rettungszen- tren auf Containerbasis als Nachfol- ger der Hauptverbandplätze verstärkt werden. Sie übernehmen vorwiegend ambulante notfallmedizinische und fachärztliche Aufgaben, sind aber so konzipiert, daß sie zeitlich begrenzt auch eine chirurgische Akutversor- gung einschließlich der unmittelbaren postoperativen Pflege durchführen können.
Die Stabilisierung der Patienten erlaubt anschließend Transporte über längere Zeiträume in das nächstgele- gene Lazarett der Einsatzregion. Es verfügt über diagnostische und thera- peutische Möglichkeiten, Mehrfach- verletzungen in allen wesentlichen Fachgebieten nach individualmedizi- nischen Grundsätzen abschließend zu versorgen.
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Abbildung 2: Sanitätsdienstliche Versorgung im Einsatz
Wie im Friedensdienstbetrieb werden dem Sanitätsdienst im Einsatz für die Notfallversorgung Hubschrau- ber zugeordnet, deren Ausstattung die kontinuierliche Überwachung von Atmung und Herztätigkeit der Ver- wundeten während des Transports er- möglicht.
Verbände der Marine werden ne- ben leistungsfähigen Schiffslazaretten über Rettungszentren auf Versorgern verfügen, in die Verwundete nach not- fallmedizinischer Stabilisierung ver- bracht werden.
Ist die abschließende Behand- lung im Einsatzland nicht durchführ- bar, findet die weitergehende klini- sche Versorgung in Bundeswehrkran- kenhäusern beziehungsweise in zivi- len Kliniken in Deutschland statt. Der Verwundetentransport erfolgt durch Flugzeuge der Luftwaffe, verbündeter Streitkräfte oder – sofern militärische Mittel nicht zur Verfügung stehen – durch zivile Fluggesellschaften oder Flugambulanzen.
Versorgung in der Landes- und Bündnisverteidigung
Entscheidungen über Behand- lungsstrategie oder Transport wäh- rend eines Einsatzes sind immer von der angestrebten Ergebnisqualität bestimmt, unterscheiden sich aber dennoch oft wesentlich von vergleich- baren Situationen im Heimatland.
Diese Besonderheiten werden unter dem Begriff der „Einsatzmedizin“ zu- sammengefaßt. Neben den Maßnah- men zur Behandlung von akuten Er- krankungen oder Verwundungen im Einsatz werden hierunter auch der präventive Bereich und die Nachsor- ge verstanden.
Gerade aus dem neuen Einsatz- spektrum mit zum Teil erheblichen körperlichen und psychischen Bela- stungen ergibt sich für den Dienst- herrn eine besondere Fürsorgepflicht im Hinblick auf das Vermeiden be- ziehungsweise frühzeitige Erkennen von Gesundheitsstörungen. Deshalb werden Soldaten nicht nur konstitu- tionell und psychisch auf traumatisie- rende Situationen vorbereitet, son- dern es wird ihnen auch bei der Bewältigung solcher Ereignisse ge- holfen.
Der mit der Fachlichen Leitlinie beschriebene Qualitätsstandard gilt grundsätzlich auch für den Einsatz des Sanitätsdienstes in der Landes- und Bündnisverteidigung. Hierbei müs- sen die für die Krisenreaktionskräf- te geltenden Organisationsstrukturen ebenso wie die personelle und ma- terielle Ausstattung langfristig auf die nichtaktiven Sanitätstruppenteile übertragen werden.
Ebenso ist die Reservelazarettor- ganisation den neuen qualitativen Er- fordernissen anzupassen. Deshalb wird an dem bisherigen Konzept einer eigenständigen, hauptsächlich mit Sa- nitätspersonal der Reserve aus dem zivilen Gesundheitswesen betriebe- nen militärischen Reservelazarettor- ganisation nicht weiter festgehalten.
Konzeptionelle Grundausrich- tung ist jetzt die enge zivil-militärische Zusammenarbeit, die nach einer Mo- bilmachung ziviles und militärisches Krankenhauspersonal gemeinsam für eine klinische Versorgung nutzt und nicht mehr zwischen Soldaten- und Zivilpatienten unterscheidet. In Vor- bereitung hierauf wird bereits im Frie- den die Verflechtung mit dem zivilen Gesundheitswesen so gestaltet, daß ein Leistungsverbund entsteht, der sich für beide Seiten auszahlt und die knappen Ressourcen optimal nutzt.
Dies betrifft die gemeinsame Ausbil- dung der Aktiven mit den Reservisten zur Erleichterung der personellen Er- gänzung wie auch die feste Anbin- dung des Sanitätsdienstes an die Qua- litätsnormen moderner Medizin.
Es ist vorgesehen, für jede der verbliebenen 56 Reservelazarettgrup- pen ein oder mehrere leistungsstarke zivile Partnerkrankenhäuser zu ge- winnen und vertraglich an die Bun- deswehr zu binden. Diese Kranken- häuser sollen bei Mobilmachung durch Belassen des Personals in vol- lem Umfang funktionsfähig bleiben.
Mit dem Personal und Material der Reservelazarettgruppen werden die vorhandenen Kapazitäten verstärkt.
Dabei werden die anspruchsvollere Diagnostik und Therapie in der vor- handenen zivilen Infrastruktur, die Pflege und Rekonvaleszenz in den überwiegend in Kasernen stationier- ten Reservelazaretten erfolgen.
Das erweiterte Aufgabenspek- trum der Streitkräfte bedingt einen
höheren Bedarf an fachlich qualifi- zierten, erfahrenen Ärzten. Deshalb sollen die Partnerkrankenhäuser ne- ben den Bundeswehrkrankenhäusern auch genutzt werden, um Sanitätsoffi- ziere durch praktische klinische Tätig- keiten für ihre Einsatzaufgaben in Übung zu halten beziehungsweise zu Fachärzten weiterzubilden.
Zusammenfassung
Die veränderte sicherheitspoliti- sche Lage Deutschlands und das da- mit einhergehende erweiterte Aufga- benspektrum der Bundeswehr haben auch den Sanitätsdienst vor qualitativ neue Herausforderungen gestellt. Die hierbei unter Einsatzgesichtspunkten vollzogene organisatorische, perso- nelle und materielle Neugestaltung ermöglicht heute eine sanitätsdienstli- che Versorgung auf höchstem Niveau, die auch außerhalb Deutschlands im Ergebnis dem hiesigen Qualitätsstan- dard entspricht.
Richtungweisend waren in die- sem Zusammenhang die Grund- satzentscheidungen zur allgemeinme- dizinischen Versorgung in Stand- ortsanitätszentren, zu den Qualitäts- vorgaben für die mobilen präklini- schen und klinischen Einrichtungen, zu einer an den Richtlinien der „Ein- satzmedizin“ orientierten Aus-, Fort- und Weiterbildung des ärztlichen und nichtärztlichen Sanitätspersonals so- wie zur Reform und Intensivierung der zivil-militärischen Zusammenar- beit im Rahmen der klinischen Ver- sorgung im Bündnis- oder Verteidi- gungsfall.
Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, die den Sanitätsdienst auch künftig in die Lage versetzen, seinen Auftrag für die ihm anvertrau- ten Soldaten zu erfüllen.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1998; 95: A-1960–1963 [Heft 33]
Anschrift des Verfassers Generaloberstabsarzt Dr. med. Karl W. Demmer Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr
Bundesministerium der Verteidigung 53003 Bonn
A-1963 Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 33, 14. August 1998 (31)
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