Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 45|
11. November 2011 A 2381 BUNDESWEHRREFORMDer Sanitätsdienst schrumpft
Im Sanitätsdienst der Bundeswehr fallen mehr als 20 Prozent der Stellen weg.
Die Zahl der Ärzte in Facharztweiterbildung soll aber deutlich steigen.
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ie Bundeswehr ändert sich.Mit den Auslandseinsätzen hat sie neue Aufgaben bekommen, mittlerweile ist sie eine Freiwilli- genarmee. Außerdem wird sie klei- ner, wie aus dem Stationierungs- konzept hervorgeht, das Verteidi- gungsminister Thomas de Maizière vorgelegt hat. Die „Streichliste“
wirkt sich auch auf den Sanitäts- dienst aus. Künftig sollen hier 18 900 Mitarbeiter beschäftigt sein (minus 23 Prozent). Bezogen auf die Soldaten im Zentralen Sanitäts- dienst liegt der Rückgang bei 26 Prozent. Ihre Zahl sinkt auf 14 620.
Betroffen sind auch die Sanitäts- offiziere. Allein bei den Ärzten fal- len 118 Dienstposten weg – etwa fünf Prozent. Dem Sanitätsdienst zufolge werden die Stellen vorwie- gend im administrativen Bereich gestrichen. Ein Beispiel: Sanitäts- amt, Sanitätsführungskommando und Teile des Führungsstabs des Sanitätsdienstes fusionieren. Ent- lassungen sind laut Führungsstab nicht geplant. Ärzte, die zuvor ad- ministrativ tätig waren, sollen wie- der kurativ arbeiten. Wenn nötig, erhalten sie eine Schulung.
Fast um die Hälfte schrumpft das Angebot an regionalen Sanitätsein- richtungen. Zudem ändert sich ihre Struktur. In den Sanitätszentren sol- len mindestens drei Ärzte und zwei Zahnärzte arbeiten. Das bedeute aber, dass Soldaten bis zu 60 Kilo- meter für einen Arztbesuch fahren müssten, gibt Oberstabsfeldwebel Stefan Sprengers vom Bundeswehr- verband zu bedenken. „Das ist nicht attraktiv“, sagt er. Sein Verband ha- be sich dafür eingesetzt, die Bun- deswehrstandorte insgesamt stärker zu konzentrieren. Nun sei aber ent- schieden worden, dass die Bundes- wehr in der Fläche vertreten bleibe.
Ebenso wie das zivile Gesund- heitswesen, hat der Sanitätsdienst mit dem Ärztemangel zu kämpfen.
Fast konnte man den Eindruck ge- winnen: Der Bundeswehr laufen die Ärzte weg. 2008 kündigten 97 Hu- manmediziner. Diese Entwicklung ist nun gestoppt. 2010 waren es sie- ben. Die Bundeswehr weist diesbe- züglich auf ihre Maßnahmen hin, den Dienst attraktiver zu machen.
Allerdings ist es durch rechtliche Änderungen auch schwieriger ge- worden zu gehen. Aktuell fehlen der Bundeswehr 340 Ärzte. Die reale Lücke liegt aber nach Berech- nungen des Sanitätsdienstes bei cir- ca 530. Gründe dafür sind Teilzeit- arbeit sowie Abwesenheit durch Mutterschutz und Elternzeit.
Die Bundeswehr kann derzeit ih- ren Bedarf an Ärzten nicht decken – weder durch die eigene Aus- und Weiterbildung noch durch Querein- steiger (73 im Jahr 2010). Deshalb will sie nun mehr für die Nach- wuchsgewinnung tun. Die Zahl der Studienplätze ist auf 220 gestiegen.
Nun soll auch die Zahl der Ärzte in Facharztweiterbildung deutlich an- gehoben werden. Der „Ausbil- dungsumfang“ wird fast verdoppelt.
Der Führungsstab des Sanitäts- dienstes teilte mit, dies habe weni- ger mit dem Stationierungskonzept zu tun, sondern damit, dass die bis- herige planerische Zahl für Ärzte in Weiterbildung völlig veraltet sei. So dauere zum Beispiel in vielen Fä- chern die Weiterbildung durch neue Vorgaben in den Weiterbildungs- ordnungen länger als früher.
Wenn allerdings die Stellen be- setzt werden sollen, muss die Bun- deswehr ein attraktiver Arbeitgeber für Ärzte sein. Damit das so wird, muss aus Sicht des Bundeswehrver- bandes noch einiges geschehen. So sei eine bessere Vergütung von Überstunden notwendig, sagt Ober- stabsfeldwebel Sprenger. Entschei- dend sei außerdem die Vereinbar- keit von Familie und Dienst.
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Dr. med. Birgit Hibbeler
Die aktuelle Situation:
Planstellen Ärzte1: Dienstposten: 2 248, Ausbildungs - umfang: 556, insgesamt: 2 804
unbesetzte Stellen: 340 in Teilzeit: 122
in Mutterschutz/Elternzeit: 121 Frauenanteil: 36,8 Prozent
Einrichtungen: fünf Bundeswehrkrankenhäuser, 216 regionale Sanitätszentren, davon 18 Fachsanitätszentren
Zielstruktur:
Planstellen Ärzte1: Dienstposten: 2 130, Ausbildungs - umfang 1 0892, insgesamt: 3 219
Einrichtungen: fünf Bundeswehrkrankenhäuser, 105 Sani- tätsversorgungszentren, 15 Sanitätsunterstützungszentren
1 Alle Zahlen beziehen sich auf Humanmediziner.
2 steht noch unter dem Genehmigungsvorbehalt des Ministers
ZAHL DER ÄRZTE
Foto: dapd Quelle: PIZ des Sanitätsdienstes, Führungsstab des Sanitätsdienstes