Die Information:
Bericht und Meinung
Sanitätsdienst der Bundeswehr
Modelle werden erprobt
Die Anlaufphase des Bundeswehr- Modellversuchs „Sanitätszentren", die am 1. Oktober 1975 begonnen hatte, ist abgeschlossen. Die zwölf Bundeswehr-Sanitätszentren in Neumünster, Hamburg Ost, Kiel- Wik, Wentorf, Plön, Bad Segeberg, Pinneberg, Husum, Eckernförde, Neustadt, Putlos und Hamburg West haben ihren Betrieb aufge- nommen. Insgesamt 37 000 Solda- ten des Heeres, der Luftwaffe und der Marine werden ein Jahr lang unabhängig von ihrer Teilstreit- kraftzugehörigkeit von rund 1000 Angehörigen des gemeinsamen Sa- nitätsdienstes versorgt werden. Die ortsfesten Sanitätseinrichtungen stehen allen Soldaten der Bundes- wehr zu allgemein- oder fachärztli- chen Leistungen, in Fragen des ärztlichen Betriebsschutzes, der medizinischen Vorsorge oder der ärztlichen Fürsorge zur Verfügung.
Der Modellversuch zielt auf:
> Verbesserung der Zahlenrela- tion Arzt — Patient: 600 bis 700 Soldaten pro Truppenarzt;
> Konzentrierung moderner tech- nischer Apparatur auf die Sanitäts- zentren;
> schwerpunktmäßige Besetzung mit Fachärzten;
> bessere stationäre Versorgung auf einer zentralen Bettenstation in Zusammenarbeit mit dem Ärzte- team des Sanitätszentrums.
Der Truppenversuch soll zeigen, ob sich durch die Zusammenfas- sung aller sanitätsdienstlichen Auf- gaben die Organisation weiter ver- einfachen läßt. Die Zahl der aus- schließlich mit Organisationsaufga- ben befaßten Sanitätsoffiziere soll verringert werden. Die Leiter der Bundeswehrsanitätszentren sollen durch Offiziere militärfachlichen Dienstes von rein truppendienstli- chen Aufgaben entlastet werden.
Die im Verteidigungsfall zu mobili- sierenden Reservelazarette werden
beibehalten, ihr Netz soll durch Zentren verdichtet werden. Wäh- rend des Versuchsjahres wird durch Übungen getestet, ob mit diesem Kern von Sanitätseinrich- tungen im Krisenfall eine schnelle- re Einsatzbereitschaft erreicht wer- den kann.
Beirat „Sanitätsdienst
der Bundeswehr" neu konstituiert Unter Leitung von Prof. Dr. Horst Leithoff, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Mainz, hat sich der Wissenschaftli- che Beirat für das Sanitäts- und Gesundheitswesen der Bundes- wehr neu konstituiert. Ihm gehören 30 wiederberufene Mitglieder und 15 Wissenschaftler der Medizin, Pharmazie, Tiermedizin und Psy- chologie an, die erstmals von Ver- teidigungsminister Georg Leber in diesen Beirat berufen worden sind.
Aufgabe des Beirats ist es, in Emp- fehlungen die Grundlagen für wich- tige wehrmedizinische und sani- tätsdienstliche Entscheidungen der Bundeswehr zu liefern. In sechs Ausschüssen will der Beirat in den kommenden Monaten Fragen der Gültigkeit der Anwendung von Äther zur Durchführung von Narko- sen im Katastrophenfall im Ver- gleich mit neueren Anästhesiever- fahren, des Infektionsschutzes, der Anforderungen an die Ernährung und der Arzneimittelauswahl u. a.
beraten.
Wehrbeauftragter: Probleme bei Sanitätsoffiziersanwärtern Der Anstieg der Bewerberzahlen habe das Bundesverteidigungsmi- nisterium zu einer Änderung seiner Richtlinien für das Studium von Sa- nitätsoffizieranwärtern veranlaßt.
Dies betonte der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages in sei- nem Jahresbericht. Für die Einstel- lung als Sanitätsoffizieranwärter sollten demnach grundsätzlich nur Bewerber in Betracht kommen, die in keiner anderen militärischen Laufbahn die Ausbildung bereits begonnen haben. Nur in begründe- ten Ausnahmefällen sollte die Übernahme von Truppenoffizieren,
Offizieranwärtern des Truppendien- stes, Reserveoffizieren und -offi- zieranwärtern unter Wechsel in die Laufbahn des Sanitätsdienstes zu- lässig sein.
Diese neue Regelung war ursäch- lich für zahlreiche Wehrbeschwer- den und Eingaben. Im Sommerse- mester 1975 konnten insgesamt nur 34, im Wintersemester 1975/76 59 Bewerber zugelassen werden. Dies waren annähernd 10 Prozent der als geeignet geprüften Abiturienten.
Auf Grund der Beschwerden än- derte das Ministerium seinen Erlaß, so daß künftig Bewerber, die auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten, sowie Bewerber mit einer Dienstverpflichtung bis zu zwei Jahren zur Prüfung zugelassen werden. Über die Zulassung zur Prüfung anderer Bewerber, soweit sie noch nicht mehr als drei Jahre ausgebildet wurden, entscheidet danach das Bundesverteidigungs- ministerium.
Nach den Feststellungen des Wehrbeauftragten wurde auch häu- fig darüber Klage geführt, daß das Arbeitsverhältnis nach Ablauf des Wehrdienstes vom Arbeitgeber zum jeweils frühestmöglichen Zeit- punkt gekündigt oder der Betroffe- ne nach seiner Dienstzeit in einer gegenüber früher geringer zu be- wertenden Funktion verwendet worden sei. Der Wehrbeauftragte hält die Bestimmungen über den Arbeitsplatzschutz gerade in der derzeitigen gesamtwirtschaftlichen Lage für so wichtig, daß er sich für weitere Verbesserungen einsetzen will. Die Situation sei gerade bei dem Wehrpflichtigen, der nach 15monatiger Abwesenheit in seinen alten Betrieb zurückkehre, dadurch geprägt, daß in der Regel die tech- nische und personelle Entwicklung während der Zeit seiner Abwesen- heit weitergegangen sei. Das führe sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber zu Schwierigkeiten, bei deren Lösung nicht außer acht bleiben dürfe, daß sie allein auf Grund staatlichen Eingriffs ohne Mitwirkung der un- mittelbar oder mittelbar Betroffe- nen entstanden seien. WZ/CK
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 16 vom 15. April 1976 1077