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Archiv "Die IPPNW muß jetzt Farbe bekennen: Blindlings" (19.03.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

IPPNW

schen' und insbesondere den deutschen Ärzten mehr politische Mitverant- wortung. Die durch seinen Appell ausgelöste kontro- verse Diskussion wurde im Deutschen Ärzteblatt in den Jahren 1982 und 1983 ausführlich dokumentiert.

Im gleichen Zeitraum er- schienen dort die auf- schlußreichen Anklagen des russischen Psychiaters Anatolij Korjagin gegen den Mißbrauch der Psych- iatrie in der Sowjet- union ... Die Redaktion des Deutschen Ärzteblattes verdient Anerkennung für die fundierte Berichterstat- tung und Kommentierung nicht nur von Tagesfragen, sondern auch von grund- sätzlichen ärztlichen und ethischen Problemen. Je- der Leser hat und hatte da- mit Gelegenheit zu Orien- tierung und kritischer Ver- arbeitung ..."

Schwarzes Schaf

Dr. E. Eibach aus Pfaffen- hofen:

„Angenommen, Herr J.

Tschasow sei tatsächlich das schwarze Schaf der IPPNW, dann haben wohl die Mitglieder der deut- schen Sektion vor den Äu- ßerungen von Herrn H.

Geißler zu wenig oder nichts über diese Situation gewußt. Am Kern der Sa- che, der erneuten Preisver- leihung an die IPPNW —sie- he auch Begründung des Nobelpreiskomitees schielt der Autor des Arti- kels bewußt vorbei, viel- leicht aus Neid? Hat sich hierin aus der Redaktion des DÄ nicht gleichfalls ein schwarzes Schaf zu erken- nen gegeben? Wäre es möglich, daß sich hier ein Nichtmediziner verbal ‚vor' die Mediziner stellt, welche sich ,reinen Herzens der Friedenspolitik der IPPNW verschrieben haben', um in Wirklichkeit eine zusätz- liche Plattform politischer Polemik ... zu nutzen? 0 tempora, o mores!"

Offenbarungseid

Ernst-Hermann Dittrich, Arzt aus Berlin:

. Sie stellen also fest, daß die IPPNW um ihrer Glaubwürdigkeit willen sich vom politischen Miß- brauch der Psychiatrie di- stanzieren muß. Die zentra- le Ausage der IPPNW ist die Forderung an die Ärzte, ih- re Ohnmacht im Falle eines Atomkrieges unmißver- ständlich klarzumachen.

Sie fordert also eine Art Of- fenbarungseid von uns.

Das ist auch standesge- mäß. ... Wer den fälligen Offenbarungseid nicht lei- sten will, der muß schnell das Gespräch auf ein ande- res Thema lenken. Man nehme also ein Thema, dem niemand sich leicht entziehen kann, und forde- re ein Bekenntnis. Schon hat man sich den Offenba- rungseid gespart — wenn das Publikum seine Auf- merksamkeit ablenken läßt. Der Mißbrauch der Psychiatrie ist so ein The- ma. Aber was hat die Ohn- macht der Ärzte im Atom- krieg mit dem Mißbrauch der Psychiatrie zu tun?

Auch die ‚unpolitische' Psychiatrie und die gar nicht so unpolitischen Mili- tärpsychiater mit ihrer Pa- nikprophylaxe können mit Atomwaffen nicht vertei- digt werden ..."

Naiv oder irreführend

Professor Dr. med. Thure von Uexküll:

„Die neuerliche Stellung- nahme .. reiht sich würdig in die Reihe politischer Verdächtigungen der IPPNW ein. Nicht nur die ,weit über 100 000 Ärzte in aller Welt, die sich reinen Herzens der Friedenspoli- tik der IPPNW verschrieben haben, haben einen An- spruch darauf, nicht poli- tisch mißbraucht zu wer- den', auch die vielen tau-

send bundesdeutschen Ärzte, die das Deutsche Ärzteblatt informiert, ha- ben einen Anspruch dar- auf. Ihre Stellungnahme als Dokument naiver und be- wußter Desinformation ver- stößt dagegen: Jedem Arzt ist die simple Regel ver- traut, daß der nichts er- reicht, der alles auf einmal erreichen will. Danach rich- tet er sich in seiner Thera- pie und Prophylaxe. Ihre Stellungnahme will ihm weismachen, daß diese Re- gel in der Politik nicht gilt.

Die IPPNW betreibt Pro- phylaxe gegen einen Atom- krieg. Sie werfen ihr vor, daß sie nicht rechtzeitig Prophylaxe gegen einen Mißbrauch der Psychiatrie

— vielleicht auch gegen noch andere Mißbräuche betreibt, an denen in unse- rer Welt in Ost und West kein Mangel ist. Ist das Nai- vität oder bewußte Irrefüh- rung?"

Blindlings

Karl Prömpeler Kuhn aus Karlsruhe:

„... In der zweiten Spalte seines Pamphletes bringt er es klar zum Ausdruck:

Jeder hohe Kreml-Funktio- när, jedes Mitglied des Obersten Sowjet und jedes ZK-Mitglied der KPdSU ist von Grund auf böse. Ach, hätten nur alle unsere Mit- bürger dieses uns empfoh- lene und zu den Zeiten des kalten Krieges gar verord- nete Feindbild so total ver- innerlicht wie NJ.

Warum muß man denn das ,Ärzteblatt` bis auf die letz- te Seite durchblättern, um endlich zu erfahren, daß NJ vermutlich Norbert Ja- chertz und verantwortlich für die sozialpolitische Re- daktion ist? Hat er so we- nig Mut, seinen Namen un- ter dem Artikel auszu- schreiben? Noch weniger Mut als Herr Tschasow, der es verabsäumt, aller Welt lauthals und ausdrücklich mitzuteilen, daß er seine

Meinung zu dem von Ihnen zitierten Schreiben von 1973 inzwischen geändert hat? Dabei lebt Herr NJ doch im ,freien Westen', wo jeder seinen Mund auf- tun kann, wie er will, und nicht in der Sowjetunion, wo schon manch harmlose Äußerung viel Mut erfor- dert — wie ich aus eigener Anschauung weiß.

Daß dann solch differen- zierte private Meinungsäu- ßerungen ... im offiziellen Organ der Bundesärzte- kammer und der Kassen- ärztlichen Bundesvereini- gung erscheinen, ist dann doch etwas zuviel des Gu- ten, zumal im Deutschen Ärzteblatt keine Leserbrie- fe zu politischen Artikeln veröffentlicht werden und damit den politisch Ange- griffenen die Möglichkeit genommen wird, sich zu wehren.

Zum Abschluß möchte ich nur noch eines klarstellen:

Ich bin kein Freund der So- wjetunion. Ich habe mir die Verhältnisse dort angese-

hen und mit vielen Men- schen gesprochen. Wäre ich ein Freund des sowjeti- schen Systems, würde ich

in der Sowjetunion leben und nicht hier. Aber ich bin eines der 100 000 Mitglie- der der IPPNW und fühle mich in keiner Weise durch die IPPNW oder Herrn Tschasow politisch miß- braucht..."

Analytische Sicht

Dr. med. Martin M. Schön- berger aus Stephanskir- chen:

„Unter dem Deckmantel der Kritik an Professor Tschasow ist Ziel der Kriti-

ker, Stein des Anstoßes das Prinzip der IPPNW, Ärzte aus Ost und West zu ver- binden, zu verbünden! Wo- her stammt die Gereiztheit, die Tendenz, die IPPNW zu diskreditieren? Ärztliche Diagnose: Diese noch von der Ideologie des ‚Unter-

764 (12) Heft 12 vom 19. März 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

IPPNW

menschen` (drüben!) ge- prägte Unfähigkeit, hüben`

und ‚drüben' friedliebende Menschen in einer Organi- sation verbunden zu se- hen, ist durch die IPPNW in ihren Grundfesten bedroht.

Analyse: Die Ursachen die- ser Allergie sind unbewußt, beim Einzelmenschen wie beim Kollektiv bedingt durch jahrtausendelange Machtideologie von Män- nern gegen Männer, gegen Frauen, gegen die Natur — anstatt Freude und Ver- trauen zum Leben, zu Freunden, zu Frauen, zur Natur. Therapie: Teilnahme an allen Friedensaktionen, gleichgewichtige Beteili- gung der Frauen auf allen Gebieten des Lebens. Ende der Macht, Ende der Angst, Ende der tödlichen Gefahr für die Menschheit ..."

> Neben den rund 150 Briefen zu dem Kommentar in Heft 50 sind noch eine Reihe weiterer Zuschriften eingegangen, die sich auf frühere Veröffentlichun- gen, teils auch auf Leser- briefe, beziehen, die aber im gleichen Zusammen- hang stehen.

Zivilschutz

Dr. med F. Otto, Weißen- see, schreibt beispielswei- se zu dem Leserbrief von Herrn Dr. Eisenberg in Heft 47/82:

„Ich freue mich mit Herrn Dr. Eisenberg, zu hören, daß in der USSR Kinder und Jugendliche besser über die Folgen eines Nu- klearkrieges Bescheid wis- sen als in den USA. Ich bin davon überzeugt, wenn ich im ,Handbuch für die Zivil- verteidigung für die Studie- renden in der USSR` lese:

;Indem man die Sowjet- menschen über die Atom- waffen informiert, kann man sie mit den Wirkungs- komponenten dieser Waffe und mit den Möglichkeiten des Schutzes vor diesen Waffen vertraut machen und dazu beitragen, daß

die panische Angst vor die- sen Waffen überwunden wird' und ,Man muß jedem Menschen bewußt ma- chen, daß es auch gegen die modernsten Waffen Mittel und Verfahren des Schutzes gibt' ..."

Feigenblatt

Dr. med. Albrecht Nickel zum Leserbrief von Herrn Dr. Gnauck in Heft 47/85:

„... natürlich, die IPPNW arbeitet den Sowjets in die Hände! Dank Dr. Gnauck wissen wir es endlich!

Dann folgt eine Katastro- phe ...: Professor Tscha- sow trage Schuld am Un- glück Sacharows. Längst bekannt ist, daß Tschasow einmal eine Unterschrift gegen Sacharow geleistet hat (1973), seither nichts mehr gegen ihn getan oder geschrieben hat. Kennen wir die Bedingungen dieser Unterschrift? Auch der Mu- siker Schostakowitsch un- terschrieb zum Beispiel ei- nen Brief gegen Solcheni- zyn — unter Druck. Wissen wir, ob Tschasow sein Ver- halten nicht inzwischen be- dauert?

Das Nobelkomitee wird auch diese Unterschrift Tschasows berücksichtigt haben. Außerdem verleiht sie den Preis der IPPNW und nicht Tschasow, aber das gerade scheint Herrn Gnauck nicht zu passen.

Daher muß auch der Ameri- kaner Professor Lown her- untergemacht werden:

Tschasow bediene sich zur Legitimierung seiner Ziele des Amerikaners.

Lown also ein ,moralisches Feigenblatt', der Mann, der seit 20 Jahren gegen Atom- rüstung kämpft, lange be- vor es die IPPNW gab. Aber wahrscheinlich ist auch er ein verkappter Kommunist!

Und dann das Schlimmste:

Tschasow ist Mitglied einer ,kriegführenden Nation`!

Wer darf dann in der Welt überhaupt noch seinen Mund aufmachen? ..."

Vogel Strauß

Auch Dr. W. Eilles aus Nürnberg bezieht sich auf verschiedene Leserbriefe:

„Die Diskussion ... gibt denn doch Anlaß zur Anre- gung, etwas weniger Emo- tionen und etwas mehr graue Substanz zu zeigen.

IPPNW und ihre Angehöri- gen sind eine Sache, Kata- strophenmedizin ist eine andere. Beides zu vermen- gen und daraus den Schluß zu ziehen: ,Wer das tut, der frißt auch kleine Kinder', scheint mir, höflich gesagt, verfehlt. Die grausamen Er- eignisse in Kolumbien und Mexiko — Naturkatastro- phen — und in Seveso und Bhopal — menschenge- macht — sollten als ein- dringliche Beispiele für die Notwendigkeit stehen, alle Ärzte für Katastrophenfälle besser zu schulen, als dies im derzeitigen Ausbil- dungsgang geschehen kann. Es ist Vogel-Strauß- Manier, nur gebannt auf die nukleare Bedrohung zu schauen und, in selbstzu- friedener Nabelbetrach- tung, nicht zu sehen, wie katastrophenträchtig unse- re alltägliche Umgebung sein kann...."

Lenins „Idioten"

Zur gesamten Leserbrief- diskussion äußert sich Dr.

med. Helmut Hoyme:

„Uns Ärzte geht es beson- ders an, wenn mit dem so- wjetischen Psychiater Ma- rat Vantanyan ein Mann mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wird, der die Tradition der Nationalso- zialisten in der Politisie- rung der Medizin fortge- setzt hat (politische Gegner sind Psychopathen und deshalb auszumerzen!), und ein anderer namens Professor Tschasow, der als Gesundheitsminister des sowjetischen Big Brother die Verfolgung ei- nes anderen Friedensno- belpreisträgers einleitete,

der heute in der Verban- nung dahinvegetiert! Erin- nert sei, daß die sowjeti- sche Sektion der Welt- psychiater quasi geächtet wurde. Auch will ich in die- sem Beitrag weniger über die Rolle der IPPNW als Le- nins ‚Idioten' oder den Ni- hilismus ihrer Sendung sprechen, als mehr über die total unärztliche Hoff- nungslosigkeit, die inhu- mane Drückebergerei, den intellektuell nicht bewältig- ten phylogenetischen Tot- stellreflex, die gerade den Ärzten (die zur Verantwor- tungsethik, nicht zur Ge- sinnungsethik erzogen werden sollten!) so übel ansteht. Die Begründung der Verleihung ist lächer- lich, denn gerade die IPPNW hat verschleiert, was doch wissenschaftlich situationsbezogen geklärt werden müßte und wo Prohphylaxe am Platze wä- re! ..."

Worte auf den Weg

Dr. med. Eberhard Gründ- ler aus Buchenberg:

„... Wenn es um die Erhal- tung des Friedens geht, sollte gerade in unserem ärztlichen Standesblatt en- gagiert und sachlich über diese unser aller Existenz- frage geredet werden...

Auch nach meiner Über- zeugung wird der Frieden nur erhalten bleiben, wenn wir Menschen es bald ler- nen, anders als in unserer bisherigen Geschichte mit- einander umzugehen. Dem Frieden dient es nicht, wenn wir Herrn Tschasow absprechen, aus persön- licher, ärztlicher Besorgnis Friedenspolitik zu betrei- ben. Woher wissen wir das so genau? Warum sind wir nicht bereit, Menschen ,aus dem anderen Lager' bei jeder möglichen Gele- genheit immer wieder bei ihrem Wort zu nehmen? ...

Ich fände es aber bedauer- lich, wenn dieser Streit um Personen von den ent- scheidenden Sachfragen

768 (16) Heft 12 vom 19. März 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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