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Archiv "50 Jahre Kassenärztliche Vereinigung Bayerns: Zur Selbstverwaltung gibt es keine Alternative" (22.10.1999)

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ie Kassenärztliche Vereini- gung Bayerns (KVB) hatte bei ihrem Festakt am 6. Okto- ber in der Residenz in München aus Anlaß des 50jährigen Bestehens kei- nen Anlaß zu jubilieren. Obwohl die genossenschaftliche Selbstverwaltungs- einrichtung der bayerischen Vertrags- ärzte längst unter Beweis gestellt hat, daß sie sich nicht nur auf die Inter- essenwahrnehmung ihrer Mitglieder konzentriert, sondern auch als stabili- sierendes Element, dem Ge-

meinwohl verpflichtet, ho- heitliche Aufgaben auf mitt- lerer Ebene wahrnimmt, sieht sie sich erneut einer großen Bewährungsprobe ausgesetzt. Die geplante Gesundheitsreform sei im Begriff, die tragenden Säu- len des Gesundheitswesens – Solidarität, Subsidiarität und Eigenverantwortung – einzureißen. Der Vorsitzen- de des Vorstandes der KV Bayerns, Dr. med. Lothar Wittek, sagte, die KV Bay- erns habe in den letzten fünf Dezennien stets bundesweit Akzente gesetzt und Er- folge in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den bayerischen Krankenkassen

erzielt. Wittek nannte Beispiele: die Münchener Perinatal-Studie (1975), die seit den achtziger Jahren bundesweit praktiziert wird und noch heute Maß- stab und Modell für eine ärztlich verantwortete Qualitätssicherung ist.

Auch habe das in Bayern entwickelte Modell 1980 Pate für die ambulante Tumorsorge gestanden. Ebenso gin- gen die Verankerung der gesetzli- chen Früherkennungsmaßnahmen als Pflichtleistungen der Gesetzlichen

Krankenversicherung Anfang der siebziger Jahre auf eine Initiative in Bayern zurück. Bei der Notfallversor- gung habe Bayern als erstes Bundes- land flächendeckende Versorgungs- einrichtungen in Gang gesetzt. Auch das Neugeborenen-Screening und der Strukturvertrag für ambulantes Ope- rieren sowie die Darmkrebsvorsorge seien bayerische Markenzeichen. Ein Erfolgsbeispiel aus der jüngsten Ver- gangenheit: Der KVB sei es gelungen,

zusammen mit den Regionalkassen eine Anhebung der Vergütungen für die Psychotherapeuten zu erreichen.

Nicht verkennbar sei es aber, räumte Wittek ein, daß die Kosten- dämpfungsgesetze ab 1977 zu einem Paradigmenwechsel in der Gesund- heitspolitik geführt hätten. Die Geset- ze kurierten an Symptomen und dien- ten der Kostendämpfung pur; sie führ- ten überdies zu einem fundamentalen Systemwechsel. Jetzt gelte es, sich mit

vereinten Kräften im „Bündnis für Gesundheit 2000“ dagegen zu wehren.

Unterstützt wird der Protest gegen das Vorhaben der Bundesregierung von der bayerischen Staatsregierung. So- wohl der bayerische Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber als auch Gesund- heitsministerin Barbara Stamm sag- ten, das zustimmungspflichtige Gesetz werde im Bundesrat durch die CDU/

CSU-regierten Bundesländer ge- stoppt. Die Reformansätze seien un- geeignet, Weichen für eine Weiterent- wicklung und zur Stabilisierung der Kassenfinanzen zu stellen. Eine Re- form könne nicht über die Köpfe der Betroffenen gemacht werden. Regle- mentierung und Verbürokratisierung seien Gift für das System. Ein selbst- verwaltetes Gesundheitswesen sei für die Entscheidungsträger und die Be- troffenen eher durchschaubar als ein zentral verwaltetes von der Kassenall- macht dominiertes System.

Selbstverwaltungseinrichtungen und Dezentralisierung sowie Föde-

ralismus seien ein wesent- liches Struktur- und Gestal- tungsprinzip der Demokra- tie – und dies müsse auch so bleiben. Die Selbstverwal- tung binde die Betroffenen mit ihrem Sachverstand personen- und zeitnah als mittelbare Staatsgewalt in politische Entscheidungs- und Handlungsabläufe ein.

Sie diene aber auch dazu, die Gewaltenteilung als Eckpfeiler der freiheitli- chen Verfassung durchzu- setzen, die die Freiheit des einzelnen vor der Über- macht von Institutionen und politischen Kräften schütze. Allerdings setze ei- ne funktionierende Selbst- verwaltung ein möglichst weitgehendes Gleichgewicht zwi- schen den Selbstverwaltungseinrich- tungen voraus. Selbstverwaltung setze eine pluralistische Gesellschaft vor- aus. Die aktive Mitgestaltung und die Verlagerung des Verantwortungsbe- wußtseins auf demokratisch gewählte soziale Gemeinschaften begrenzten zugleich die staatliche Omnipotenz und deren Einmischung in Dinge, die vor Ort und in Eigeninitiative nach Maßgabe des Subsidiaritätsprinzips A-2646 (26) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 42, 22. Oktober 1999

P O L I T I K AKTUELL

50 Jahre Kassenärztliche Vereinigung Bayerns

Zur Selbstverwaltung

gibt es keine Alternative

Bayerische Staatsregierung lehnt Globalbudget und Rationierung ab.

D

Gäste und Festredner beim 50. Geburtstag der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns: der Ministerpräsident des Freistaates, Dr. Edmund Stoiber(2. v. r.), Gesundheitsministerin Barbara Stamm (3. v. r.), links: Dr. H. Hellmut Koch, Präsident der Bayrischen Landesärztekammer, rechts: Dr. Lothar Wittek, Vorsit-

zender der KV Bayerns Foto: van Laputka

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A-2647

P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 42, 22. Oktober 1999 (27) it dem gerafften und ge-

strafften Programm und der Kürzung des Fortbildungs- seminars auf eine Woche waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des in diesem Jahr wieder aufgenomme- nen Grado-Kongresses sehr zufrieden.

Der Kongreß fand statt vom 22. bis 29.

August. Zu dem Erfolg hat wesentlich beigetragen, daß Seminare, Kurse und die zusammenfassenden interdiszi- plinären Diskussionsrunden – alle erstmals in den Kongreßräumen des Hotels Astoria – in Grado stattgefun- den haben. Der Kongreß der kurzen Wege und der hervorragenden Kon- takte der Teilnehmer untereinander und mit den Referentinnen und Referenten hat so ei-

nen intimeren Charak- ter erhalten. Beständig nahmen Referentinnen und Referenten auch an den Veranstaltun- gen ihrer Referenten/

Kollegen interessiert teil.

Der Grado-Kon- greß wird auf allgemei-

nen Wunsch weiter fortgeführt! Die Planungen für den 33. Internationalen Seminarkongreß in Grado vom 20. bis 25. August 2000 laufen. Als Themen- bereiche sind unter anderem vorge- sehen: Endokrinologie/Stoffwechsel (Prof. Dr. J. Heensen, Hannover);

Neurologie und zerebrale Durchblu- tungsstörungen (Prof. Dr. W.-D. Heiss, Köln); Gastroenterologie (Angefragt Prof. Dr. V. Rösch, Frankfurt/Main);

Immunologie in Klinikum und Praxis (Prof. Dr. H.-W. Baenkler, Erlangen);

Verkehrsmedizinische Begutachtung (als Kurs zum Erwerb der verkehrs- medizinischen Qualifikation); EKG- Refresher- und Langzeit-EKG-Kurs (Prof. Dr. E. Most, Paderborn); Not- fallmedizin (Dr. A. Auler, Mönchen- gladbach und Prof. Dr. P. Sefrin, Würz- burg). Nicht alle genannten Gebiete und Namen sind schon verbindlich.

Weitere Gebiete und Neuerungen sind vorgesehen, gerade auch im Hinblick auf Kurse und Praktika. Neue Teilneh- merinnen und Teilnehmer sowie junge Ärztinnen und Ärzte sollen gewonnen werden, um neben dem Erwerb neuer Erkenntnisse und Fertigkeiten auch vom Meinungsaustausch und dem en- gen Kontakt, den Grado ermöglicht, im vollen Sinn zu profitieren.

In diesem Jahr war herausragend der Eröffnungsvortrag von Professor Dr. Hanns-Wolf Baenkler zum Thema:

„Immunologie zwischen Empirie und Molekularmedizin“. Ausgezeichnet kamen auch die Seminare „Pädiatrie (Kurz/ Graz), „Schmerztherapie“ (Au- ler), „Akupunktur“ (Bayer/Bienert) an. Das lebendige Se- minar „Psychologie in der Praxis“ (Andreas Kruse/Heidelberg) ver- mittelte eine Fülle von Anregungen. Das Sportseminar (Raas/

Innsbruck, Reschke/

München sowie Hack- fort/München) war ge- rade auch bei jüngeren Teilnehmern beliebt. Lebendig waren die interdisziplinären Nachmittagsdis- kussionsrunden mit den vier Themata:

Sport im Alter, Schlaganfall, Familie in der Krise, Alternative Therapieverfah- ren im Praxisalltag, unter Leitung zweimal von Baenkler/Erlangen und von Professor Dr. Waltraut Kruse/

Aachen.

Die große Beteiligung österrei- chischer Kolleginnen und Kollegen – eine alte Tradition dieser internationa- len Fortbildungskongresse, die das Collegium Medicinae Italo-Germani- cum nunmehr fortführt – hat besonders erfreut. Grado selbst hat sich von Jahr zu Jahr in positiver Weise entwickelt, dabei den alten Charme der aus römi- scher Zeit stammenden, später vene- zianischen Altstadt zwischen Meer und Lagunen an der Bucht von Triest er- halten. Dr. med. P. Erwin Odenbach AKTUELL/TAGUNGSBERICHT

geregelt werden können. Zugleich führe ein so sozial austariertes System zu einem Ausgleich der Interessen im Spiel der Kräfte, so Stoiber. Ein selbstverwaltetes Gesundheitswesen setze das Leitbild mündiger Bürger, der Selbstbestimmung und Eigenini- tiative voraus. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung beinhalte das Ge- genteil, nämlich das Leitbild des un- mündigen Bürgers, und hoffe auf Staatsgläubigkeit lethargischer Sozi- albürger. Eine zunehmende Staatsme- dizin, Globalisierung und Rationie- rung lehne Bayern entschieden ab.

Gesamtkonzept nötig

Stoiber sprach sich dafür aus, das gegliederte System der sozialen Siche- rung auf den Prüfstand zu heben, nicht nur die Krankenversicherung, son- dern auch die Renten- und Arbeitslo- senversicherung. Es müsse ein Ge- samtkonzept entworfen werden, das die Steuerreform mit der Durchfor- stung und finanziellen Erneuerung der Sozialleistungssysteme koordiniert und abstimmt. Nur eine Gesamtre- form im Verbund mit einer durch- greifenden Steuerreform garantiere Wachstum. Dies schaffe zugleich neue Arbeitsplätze, beides Voraussetzung für die Stabilität der Sozialleistungssy- steme. Die mündigen Bürger würden verstehen, daß eine Politik haltloser Versprechungen und dirigistischer Eingriffe ungerecht sei. Eine auf Mün- digkeit setzende Politik und moderate, sozial verträgliche Eigenbeiträge seien unverzichtbar. Die Steuerung des Sy- stems über finanzielle Anreize sei wir- kungsvoller als eine starre Globalbud- getierung. Wenn auch der Trend zur Globalisierung aller Märkte nicht zu verkennen sei und die Freizügigkeit auch im Bereich der Dienstleistungs- wirtschaft in Europa gewährleistet werden müsse, dürfe es nicht zu einer von oben oktroyierten Harmonisie- rung der Sozialsysteme kommen.

Eine so verstandene soziale Harmo- nisierung sei nichts weiter als ein Vorwand zur Nivellierung. Dies sei aber nicht finanzierbar und wider- spreche Artikel 129 des Maastrichter Vertrages, der auf eine Ergänzung der nationalen Gesundheitspolitiken angelegt ist. Dr. Harald Clade

Kongreß in Grado

Neue Wege, alter Charme

Der 32.Internationale Seminarkongreß in Grado war ein Erfolg.

M

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