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Archiv "Klinische Antibiotika-Therapie" (12.03.1981)

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Academic year: 2022

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

AUS DER PRAXIS

Die zahlreichen Neueinführungen von Antibiotika haben in den letzten Jahren zu einer beträchtlichen Ver- wirrung und Verunsicherung vieler klinisch tätiger Ärzte geführt. Eine Expertengruppe der Paul-Ehrlich- Gesellschaft für Chemotherapie hat sich deshalb nach eingehender Dis- kussion entschlossen, die folgenden Empfehlungen für die drei wichtig- sten Antibiotikagruppen Penicilline, Cephalosporine und Aminoglykosi- de zu geben (Verantwortliche Re- daktion: W. Siegenthaler, Zürich, und H. Lode, Berlin).

1. Penicilline

Für Erkrankungen durch hämolysie- rende Streptokokken, Pneumokok- ken, Neisserien (mit Ausnahme der penicillinasebildenden Gonokok- ken-Stämme) und durch Penicillin- G-sensible Staphylokokken ist nach wie vor das klassische Penicillin G das Mittel der Wahl. Zur Therapie dieser Infektionen werden neue Ent- wicklungen zur Zeit nicht benötigt.

Für die Therapie von Erkrankungen durch penicillinasebildende Staphy- lokokken sollen vorwiegend die pe- nicillinasestabilen Isoxazolylpenicil- line sowie Erythromycin, Lincomy- cin beziehungsweise Clindamycin, Vancomycin und in besonderen Fäl- len Fusidinsäure, gegebenenfalls auch Cefalotin, Verwendung finden.

Bei Erkrankungen durch sensible gramnegative Bakterien ist neben den Aminopenicillinen und dem Mezlocillin als neues Präparat das Piperacillin indiziert. Es entspricht in seinem antibakteriellen Spektrum dem von Mezlocillin und Azlocillin

zusammen. Bei gesicherten Pseudo- monasinfektionen sind unverändert Azlocillin sowie Ticarcillin und gege- benenfalls noch Carbenicillin ver- wendbar.

Bei Verdacht auf bedrohliche Infek- tionen durch Pseudomonas aerugi- nosa sollten vorwiegend neuere Pe- nicilline in Kombination mit Amino- glykosiden eingesetzt werden. Bei Enterokokken ist Ampicillin die ak- tivste Substanz, jedoch sind auch die neueren Penicilline mit Ausnah- me von Carbenicillin und Ticarcillin ausreichend wirksam. Darüber hin- aus ist zur Zeit ein abschließen- des Urteil zur differentialtherapeuti- schen Abgrenzung zwischen neue- ren Penicillinen und neueren Cepha- losporinen noch nicht möglich.

1.1. Aminopenicilline (Ampicillin, Amoxicillin)

Aufgrund der besonders bei Ami- nopenicillinen ausgeprägten Eigen- schaft, resistente und R-Faktor-tra- gende Enterobacteriaceae zu selek- tionieren, ist die klinische Anwen- dung auf bestimmte Indikationen beschränkt. Hierzu gehören Erkran- kungen durch Haemophilus influen- zae (mit Ausnahme der selte- nen, regional unterschiedlich häufig auftretenden penicillinasebildenden Stämme) sowie durch Enterokokken und Listerien.

Aminopenicilline haben sich weiter- hin bewährt bei der Initialbehand- lung (in der Pädiatrie werden sie auch in Kombination mit Chloram- phenicol bei H.-influenzae- und E.- coli-Meningitiden, in Kombination mit Aminoglykosiden bei Listeria-In-

Das umfangreiche Angebot äl- terer und neuer Antibiotika er- schwert dem Arzt in Klinik und Praxis eine eigene Bewertung außerordentlich. Die nachste- henden Empfehlungen wur- den als Orientierungshilfe für die Wahl des jeweils geeigne- ten Antibiotikums zusammen- gestellt.

fektionen verwendet und bei der Therapie der Meningitis purulenta mit empfindlichen Erregern, bei aku- ter Otitis media und Sinusitis, bei akuten bakteriellen Atemwegs- so- wie bei unkomplizierten Harnwegs- infektionen. Auch bei septischen Salmonellosen und bei Shigellosen sind Aminopenicilline eine thera- peutische Alternative.

Für die parenterale Applikation steht in erster Linie Ampicillin zur Verfü- gung; für die orale Behandlung empfehlen sich die besser resorbier- baren Proampicilline sowie Amoxi- cillin in ausreichend hoher Dosie- rung.

Nebenwirkungen der Aminopenicil- line betreffen in erster Linie Exan- theme, Diarrhoen und Magenbe- schwerden. Dabei ist die Diar- rhoefrequenz für die besser resor- bierbaren Ampicillin-Derivate niedri- ger. Hinsichtlich Exanthemhäufig- keit bestehen zwischen Epicillin und Ampicillin keine Unterschiede.

2. Cephalosporine

Für die große und sich noch vermeh- rende Gruppe der Cephalosporin- Antibiotika erbrachte die Diskussion weitgehende Übereinstimmung, daß für die Resistenzbestimmung primär Cefalotin und Cefazolin beziehungs- weise Cefazedon als repräsentative Testsubstanzen verwendet werden sollten.

Bei damit nachgewiesener Empfind- lichkeit von gramnegativen Erregern gilt das Ergebnis in der Regel auch für Cefamandol, Cefoxitin und Cefu- roxim sowie für Cefotaxim. Bei feh-

Klinische Antibiotika-Therapie

Empfehlungen einer interdisziplinären Arbeitsgruppe der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 11 vom 12. März 1981 501

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Antibiotika-Therapie

lender In-vitro-Wirksamkeit gegen- über Cefalotin und Cefazolin müs- sen die neueren Cephalosporine ge- sondert nachgetestet werden.

Als Indikationen der Cephalosporine gelten zur Zeit im Krankenhaus er- worbene (nosokomiale) bedrohliche Infektionen, Infektionen durch Erre- ger mit Resistenz gegen Antibiotika der Penicillin-Gruppe, Infektionen bei Patienten mit Penicillinallergie (Parallelallergie in 5 bis 10 Prozent) sowie die als gesichert angesehene perioperative Kurzzeit-Prophylaxe in der Kardiochirurgie und elektiven Kolonchirurgie.

Aufgrund der derzeitigen Resistenz- situation können auch heute die bis- herigen Cephalosporine Cefalotin (für Staphylokokken) sowie die Prä- parate der Cefazolin-Gruppe außer bei Neugeborenen bei den meisten Patienten kostengünstig und mit ausreichender Sicherheit eingesetzt werden. Die besonderen Indikatio- nen für die neueren Cephalosporine mit weitgehender Betalaktamase- Stabilität liegen bei im Kranken- haus erworbenen Infektionen durch mehrfach resistente Erreger, vorwie- gend auf Intensivstationen.

Die hauptsächliche Nebenwirkung der Cephalosporine sind allergische Erscheinungen in 2 bis 3 Prozent der Behandlungen. Bei inadäquat hoher Dosierung können tubuläre Nieren- schäden auftreten. Diese sind be- sonders bei Kombination von Ce- phalosporinen mit Aminoglykosiden zu beachten.

3. Aminoglykosid

-

Antibiotika

Die Aminoglykosid-Antibiotika zei- gen weitgehende Gemeinsamkeiten sowohl hinsichtlich ihres antibakte- riellen Spektrums als auch im phar- makokinetischen Verhalten. Daraus folgert für diese Präparate ein prak- tisch identisches Indikationsgebiet, für das Gentamicin, Tobramycin, Si- somicin und Netilmicin bei nachge- wiesener Erregerempfindlichkeit an- nähernd gleichwertig sind.

Da die Aminoglykoside durch ver- schiedene bakterielle Enzyme an un-

terschiedlichen Stellen des Mole- küls inaktiviert werden, bestehen bei resistenten Keimen punktuelle Wir- kungsunterschiede. So hat Amika- cin eine therapeutisch noch nutzba- re Aktivität für die meisten Stämme mit Resistenz gegen Gentamicin, Si- somicin, Tobramycin und Netilmi- cin. Es sollte daher restriktiv und nur in dieser Indikation verwendet wer- den. Bei einem Teil der resistenten Escherichia-coli-, Klebsiella- sowie Staphylococcus-aureus-Stämme hat weiterhin auch Netilmicin noch eine antibakterielle Aktivität.

Aminoglykosid-Antibiotika haben ih- re hauptsächliche klinische Indika- tion bei Infektionen durch Erreger mit Resistenz gegen andere, weni- ger toxische Antibiotika. Streptomy- cin sollte der Behandlung der Tuber- kulose und der Kombinationsthera- pie der bakteriellen Endokarditis (nach spezieller In-vitro-Testung) vorbehalten bleiben. Bevorzugt wer- den Aminoglykoside in Kombination mit anderen Antibiotika, vor allem der ß-Lactam-Gruppe, verwendet.

Bei den Aminoglykosiden sind oto- und nephrotoxische Reaktionen zu beachten. Es ist deshalb die Nieren- funktion kontinuierlich zu überprü- fen, in schwierigen klinischen Situa- tionen sollten Aminoglykosid-Kon- zentrationsmessungen im Serum er- folgen.

4. Kombinationstherapie

Die Kombinationstherapie mit Che- motherapeutika kann einerseits das antibakterielle Spektrum erweitern, andererseits die antibakterielle Akti- vität verstärken.

Die Kombination von ß-Lactamanti- biotika untereinander (Penicilline und Cephalosporine) verbreitert in der Regel nur das Spektrum, ihre Kombination mit Aminoglykosiden führt dagegen häufig zu einer syner- gistischen Wirkungssteigerung, die auch in klinischen Studien nachge- wiesen worden ist.

Weitere Kombinationen der Amino- glykoside mit zum Beispiel Clinda- mycin oder mit Nitroimidazolen (Me-

tronidazol, Ornidazol und andere) sind bei speziellen Indikationen (zum Beispiel Peritonitis) sinnvoll.

Indikationen für eine Kombinations- therapie (vorwiegend ß-Lactamanti- biotikum + Aminoglykoside) sind vor allem:

C) Anfangsbehandlung von lebens- bedrohlichen Infektionen mit unbe- kannten Erregern,

©

Mischinfektionen,

® Infektionen bei Neutropenikern und bei Patienten mit Immundefi- zienz ohne Erregernachweis,

® bei bakterieller Endokarditis (sie- he auch unter Aminoglykosid-Anti- biotika),

© systemische Pseudomonas-Infek- tionen.

An der Ausarbeitung dieser Empfeh- lungen waren beteiligt: Adam, Mün- chen; Christ, Berlin; Decker, Tübin- gen; Grimm, Weingarten; Hahn, Ber- lin; Henkel, Lübeck; Kienitz, Offen- bach; Knothe, Frankfurt; Linzenmei- er, Essen; Lode, Berlin; Lüthy, Zü- rich; Marget, München; Naumann, Düsseldorf; Pichler, Wien; Ritzer- feld, Münster; Sack, Lübeck; Sie- genthaler, Zürich; Spitzy, Wien; Stil- le, Frankfurt; Ullmann, Kiel; Wiede- mann, Bonn; Wysocki, Heidelberg.

Anschriften für die Verfasser:

Professor Dr. med.

Hartmut Lode

Medizinische Klinik und Poliklinik m Klinikum Steglitz

der Freien Universität Berlin Hindenburgdamm 30 1000 Berlin 45 Professor Dr. med.

Walter Siegenthaler Universitätsspital Zürich Departement für Innere Medizin Rämistraße 100

CH-8091 Zürich

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Heft 11 vom 12. März 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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