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Archiv "Schrittmacher-Therapie heute" (24.02.1984)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

KONGRESS-BERICHT

Neueste Erkenntnisse zur Schritt- machertherapie vermittelte das I.

Thema des VIII. Interdisziplinären Forums der Bundesärztekammer.

Unter der Moderation von Profes- sor Dr. med. Gerhard Riecker, München, sprachen Privatdozent Dr. med. Gerhard Steinbeck, Mün- chen, über „Welche elektrophy- siologischen Untersuchungsme- thoden sollen zur Indikationsstel- lung der Schrittmachertherapie herangezogen werden", Profes- sor Dr. med. Berndt Lüderitz, Bonn, über „Antibradykarde und antitachykarde Schrittmachersy- steme", Professor Dr. med. Frank Nager, Luzern, über „Komplika- tionen der Schrittmachertherapie und Probleme der Überwachung in der ärztlichen Praxis" und Pro- fessor Dr. med. Ludger Seipel, Tü- bingen, über „Prognose der Schrittmachertherapie".

Der Wortlaut der Referate und die anschließende Diskussion werden im Berichtsband über das VIII. In- terdisziplinäre Forum der Bundes- ärztekammer veröffentlicht. Mit dem Erscheinen des Bandes ist um die Mitte des Jahres zu rech- nen.

Die Bedeutung

der Schrittmachertherapie Der Wert der Schrittmacherthera- pie bei bradykarden Herzrhyth- musstörungen mit entsprechen- den klinischen Symptomen ist heute unbestritten.

In der Bundesrepublik Deutsch- land leben gegenwärtig etwa 140 000 Patienten mit implantier- ten Schrittmachern, jährlich wer-

den rund 30 000 — das sind etwa 518 pro Million Einwohner — neu implantiert. Eine recht freizügig gehandhabte Indikationsstellung zur Schrittmacherimplantation hat nun einer kritischen Beurtei- lung Platz gemacht.)

Beispiel: eine Sinusbradykardie ohne klinische Symptome (Schwindel, Synkope) ist keine Indikation zur Schrittmacher- implantation, auch nicht der sym- ptomlose bifaszikuläre Block und gleichfalls nicht der asymptomati- sche hypersensitive Carotissinus.

— Andererseits sind bei gegebe- ner Indikation Versuche, auf me- dikamentösem Wege (z. B. Atro- pin) die Schrittmacher-Implanta- tion zu umgehen, obsolet.

Indikationen

Indikationen zur permanenten Schrittmachertherapie bei sym- ptomatischen bradykarden Rhyth- musstörungen (bedrohlicher Schwindel, Synkopen) sind:

1. Absolute Indikationen 1.1 Sinusknotensyndrom (pathologische Sinus- bradykardie, sinuatriale Blockierungen, Sinus- knotenstillstand) 1.2 Carotissinussyndrom 1.3 Bradyarrhythmia absoluta 1.4 AV-Block II. Grades,

Typ Mobitz

1.5 AV-Block III. Grades 2. Relative Indikationen 2.1 AV-Block II Grades,

Typ Wenckebach 2.2 bifaszikulärer Block

Diagnostische Abklärung der Rhythmusstörungen

Die diagnostische Abklärung der Rhythmusstörung besteht aus fol- genden Stufen:

• Sorgfältig erhobene Anamne- se und körperliche Untersuchung (Ausschluß von nichtrhythmoge- nen Ursachen einer Synkope [z.

B. Aortenstenose, Basilarisinsuffi- zienz, Miktionssynkope] und von medikamentösen nichtkardialen Ursachen einer Bradykardie [z. B.

Herzglykoside, ß-Blocker, Cloni- din, Antiarrhythmika, Hypothy- reose])

• nichtinvasive Untersuchun- gen: Ruhe-EKG, Langzeit-EKG, eventuell Belastungs-EKG. Ist bei einem Patienten mit Schwindel oder Synkopen auch eine 24- Stu nden-Langzeit-EKG-Reg istrie- rung ohne zusätzliche Informatio- nen, so sind darüber hinausge- hende Registrierungen wenig er- folgversprechend und mit einem besonders hohen Zeit- und Ar- beitsaufwand für die Analyse ver- bunden. Bei negativem 24-Stun- den-EKG sollte daher

• eine invasive elektrophysiolo- gische Diagnostik mittels HIS- Bündel-Elektrographie und Vor- hofstimulation, gegebenenfalls zu- sätzlich Ventrikelstimulation, an- geschlossen werden. Diese Metho- den haben für die Diagnostik bra- dykarder Rhythmusstörungen so- wie bestimmter Formen von AV- Überleitungsstörungen praktisch- klinische Bedeutung erlangt.

Anwendungen und Systeme Seit der Erstimplantation eines permanenten Schrittmachers im Jahre 1958 wurden zahlreiche Verbesserungen hinsichtlich der Elektronik, der Lebensdauer ver- schiedener Batterietypen, der Sti- mulationselektroden und des technischen Gesamtaufbaus der elektrischen Schrittmacher ent- wickelt. Die Anwendung der elek- trischen Stimulation des Herzens gliedert sich in die

Schrittmacher-Therapie heute

Bericht über das 1. Hauptthema

des VIII. Interdisziplinären Forums der Bundesärztekammer

„Fortschritt und Fortbildung in der Medizin"

vom 11. bis zum 14. Januar 1984 in Köln

522 (72) Heft 8 vom 24. Februar 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

IJl> temporäre Schrittmacherbe-

handlung (z. B. bei akut auftreten- der Bradykardie im Verlaufe eines Myokardinfarktes) und die

IJl> permanente elektrische Sti-

mulation (z. B. bei bradykarden Herzrhythmusstörungen mit be- drohlichen klinischen Sympto- men).

Bei den in den letzten 20 Jahren implantierten Schrittmachersyste- men handelt es sich überwiegend um die Bedarfsstimulation durch eine rechtsventrikulär plazierte Sonde (VVI-System). Durch die Entwicklung moderner physio- logischer Schrittmachersysteme (vorhofgesteuerte Ventrikel- schrittmacher. VAT-System bzw.

vorhof- und ventrikelsynchroni- sierte Doppelkammerschrittma- cher: DDD-System) ergeben sich neue therapeutische Gesichts- punkte. Unter einer physiologi- schen (atrio-ventrikulären) Stimu- lation nimmt der Herzauswurf im Vergleich zur rechtsventrikulären Stimulation je nach Belastungssi- tuation um 20 bis 50 Prozent zu. Bei bestimmten Vorhofrhythmus- störungen (z. B. beim Vorhofflim- mern) verbietet sich allerdings die Anwendung dieser Zweikammer- systeme, hierbei werden auch weiterhin die herkömmlichen rechtsventrikulären Bedarfs- schrittmacher (VVI-System) im- plantiert (G. Steinbeck/München).

Bei der antitachykarden Schritt- machertherapie kommen im we- sentlichen drei Stimulationsme- thoden zur Anwendung:

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Overdrivepacing (Terminie- rung einer Tachykardie durch eine Stimulationsfrequenz, die oberhalb der Tachykardiefre- quenz liegt)

f) kompetitive Stimulation (Un- terbrechung von Tachykardien durch Einzelimpulse) und

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atriale Hochfrequenzstimula- tion (Terminierung supraventriku- lärer Tachykardien und Konver-

sion von Vorhofflattern in Vorhof- flimmern bzw. Sinusrhythmus). ln neuerar Zeit haben automati- sche implantierbare Defibrillato- ren Verwendung gefunden. Ein Detektionssystem erkennt Kam- merflattern oder Kammerflim- mern über eine elektrophysiologi- sche Funktionskontrolle des lin- ken Ventrikels. Bisher wurden et- wa 200 Patienten mit einem auto- matischen Defibrillator versehen.

Über die klinische Praktikabilität ist derzeit noch kein abschließen- des Urteil möglich (B. Lüderitz/

Bonn).

Schrittmacherkomplikationen

Schrittmacherkomplikationen können in operative, infektiöse (1 bis 5 Prozent), batteriebedingte, elektrodenverursachte Störungen sowie in schrittmacherbedingte Arrhythmien und schließlich in hämedynamische Auswirkungen der Schrittmachertherapie unter- teilt werden. Von praktischer Be- deutung ist die Fremdbeeinflus- sung von Herzschrittmachern durch elektromagnetische Felder.

Eine irreversible Zerstörung der Elektronik im Herzschrittmacher wird durch elektromagnetische Felder nicht hervorgerufen. Aller- dings schalten Demand-Schritt- macher auf eine fixe "Störfre- quenz" um, die in den meisten Fällen mit der Stimulationsfre- quenz übereinstimmt.

Störungen der Schrittmacher- funktion sind beim Umgang mit öffentlichen und nichtöffentlichen Funkanlagen grundsätzlich nicht auszuschließen. Unabhängig da- von, ob diese Anlagen kommer- ziell oder privat genutzt und ob sie stationär oder mobil, z. B. in Kraftfahrzeugen oder auf Schif- fen, eingesetzt werden, ist immer eine räumliche Nähe zwischen der Anlage und dem Schrittma- chersystem gegeben. Zu den po- tentiellen Gefahrenquellen zählen auch Elektrokauter (z. B. bei ur- alogischen Eingriffen), Diather- miegeräte, Amateurfunkgeräte**);

Schrittmacher-Therapie

hingegen beeinflussen die Kon- trollanlagen auf Flughäfen die Schrittmacherfunktion in der Re- gel nicht (F. Nager/Luzern).

Einfluß auf Lebensqualität und Lebenserwartung

Ob die Implantation eines Herz- schrittmachers die Lebenserwar- tung der Patienten mit bradykar- den Rhythmusstörungenn verbes- sert, ist nicht eindeutig zu beant- worten; beim totalen AV-Biock mit Adams-Stokes-Anfällen ist der therapeutische Wert der Schritt- macherimplantation unbestritten.

Auch der AV-Biock II. Grades (Typ Mobitz II) hat wegen der relativ hohen Wahrscheinlichkeit eines Übergangs in den totalen AV- Biock eine echte Chance durch prophylaktische Schrittmacherim- plantation.

Dagegen hat sich die Vorstellung nicht immer verwirklichen lassen, durch FrequenzanhebunQ eine Herzinsuffizienz zu bessern oder nach Schrittmacherimplantation eine effektivere Herzinsuffizienz- therapie durchführen zu können. Bei diesen Patienten wird die Le- benserwartung weitgehend durch die Grundkrankheit bestimmt.

Insgesamt ist also im Bereich der Schrittmachertherapie eine ge- wisse Ernüchterung eingetreten.

Allerdings kann bei richtiger Indi- kationsstellung durch die Implan- tation eines Schrittmachers die Lebensqualität der Patienten ent- scheidend verbessert und in den genannten Fällen auch die Le- benserwartung verlängert werden (L. Seipelffübingen).

Professor Dr. med.

Gerhard Riecker

Direktor der Medizinischen Klinik I der Universität Klinikum Großhadern Marchionistraße 15 8000 München 70

••) Biomed. Techn. 1 (1979) 124, DMW 108 (1983) 1083

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 8 vom 24. Februar 1984 (75) 523

Referenzen

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