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Archiv "Digitalisrefraktäre Herzinsuffizienz: Diagnostik und Therapie" (01.10.1982)

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Einleitung und Definition

Eine Herzinsuffizienz ist durch das Unvermögen des Herzens gekenn- zeichnet, eine ausreichende nutriti- ve Organdurchblutung für sich selbst und die extrakardialen Strom- gebiete aufrechtzuerhalten (3, 10, 13, 16)*). Dadurch entsteht ein Miß- verhältnis zwischen Sauerstoffange- bot und Sauerstoffbedarf, das zu hypoxischen, funktionellen und strukturellen Organrückwirkungen führt (1). Ätiologisch kommen koro- nare, myokardiale und extrakardiale Ursachen in Betracht (Tabelle 1).

Digitalisglykoside gehören zu den weitestgehend akzeptierten und wirksamsten pharmakologischen Maßnahmen zur symptomatischen Behandlung der Myokardinsuf- fizienz (1, 3, 16).

Therapeutisches Ziel ist es, die aus der hohen positiv inotropen Potenz der Digitaliswirkung resultierende myokardiale Kontraktilitätssteige- rung in eine Verbesserung der ven- trikulären Pumpfunktion umzuset- zen. Eine Kausaltherapie wird da- durch nicht erreicht.

Eine digitalisrefraktäre Herzinsuf- fizienz liegt vor, wenn die durch Di- gitalisglykoside angestrebten kon- traktilen und hämodynamischen Auswirkungen (Abnahme von Kar- diomegalie, Lungenstauung, Leber- dämpfung, Ergüssen, Ödemen u. a.) nicht oder nur ungenügend erreicht werden.

Ätiologische Gesichtspunkte Eine Herzinsuffizienz kann durch kardiale und extrakardiale Erkran- kungen entstehen (Tabelle 1).

Die häufigste kardiale, zur Herz- insuffizienz führende Erkrankung ist die koronare Herzkrankheit; die häu- figste extrakardiale Erkrankung mit myokardialer Folgesymptomatik ist die arterielle Hypertonie.

Zwei Drittel aller Patienten mit Herz- insuffizienz entwickeln das kardiale Symptomenbild auf dem Boden ei- ner koronaren und hypertensiven Herzerkrankung, wobei dem arteriel- len Bluthochdruck eine ätiologisch vorrangige Rolle zukommt (5, 8, 10, 12). Bei unzureichend behandelter arterieller Hypertonie selbst wieder- um sterben etwa 40 Prozent der Hy- pertoniker an den Folgen der Herz- hypertrophie und Herzinsuffizienz und etwa 30 Prozent an den Folgen der Koronarinsuffizienz.

Die Summe der extrakardial, allge- mein-internistisch induzierten Herz- insuffizienz (Bluthochdruck, Stoff- wechselstörungen, vaskuläre Risi- kofaktoren, immunologische und hämatologische Systemerkrankun- gen, Endokrinopathien u. a.) ist da- her bilanzmäßig sehr wahrschein- lich höher als die Gesamtheit der eigentlichen kardialen Ursachen der Herzinsuffizienz (primäre Kar- diomyopathien, Herzklappenerkran- kungen u. a.). Oft stellt eine digitalis- refraktäre Herzinsuffizienz mit und

Jede Form einer digitalisre- fraktären Herzinsuffizienz im- pliziert die gedankliche Auf- forderung zur Erkennung der kardialen oder extrakardialen Grunderkrankung. Versagt die Kausaltherapie, sind sym- ptomatisch Digitalisglykoside indiziert. Erweist sich die Herzinsuffizienz als digitalis- refraktär, so kommen additi- ve oder alternative Therapie- maßnahmen zur Anwendung.

ohne Kardiomegalie die kardiale Folgeerkrankung beziehungsweise Organmanifestation einer internisti- schen Allgemeinerkrankung dar:

Herzinsuffizienz bei oligosymptoma- tischer Hyperthyreose, systemischer und koronarer Immunkomplex- vaskulitis, Blutungsanämie, Hypo- thyreose, Polyglobulie (rechtskar- diale Herzinsuffizienz) u. a. Die Dif- ferentialdiagnose der digitalisrefrak- tären Myokardinsuffizienz hat somit neben der nicht ausreichend be- handlungsfähigen Herzerkrankung stets auch die Möglichkeit der Aus- wirkungen primär nicht kardialer Er- krankungen auf die Myokardfunk- tion zu berücksichtigen (3).

Eine Vielzahl von Pharmaka besitzt akute und chronische, negativ ino- trope Nebenwirkungen, die am ge- sunden Herzen, insbesondere aber am koronarkranken, hypertrophier- ten und dilatierten Herzen die Ent- stehung einer „digitalisrefraktären"

Herzinsuffizienz auszulösen und zu begünstigen vermögen (Tabelle 1).

Die negativ inotrope Eigenwirkung von Betarezeptorenblockern kann bei Überdosierung am vorgeschä- digten Myokard, bei vorbestehender Bradykardie und bei kombiniertem Einsatz mit anderen negativ inotrop wirksamen Pharmaka, zur akuten Herzinsuffizienz führen. Unter den

*) Die in Klammern stehenden Zahlen bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis der Sonderdrucke.

Digitalisrefraktäre Herzinsuffizienz

Diagnostik und Therapie

Bodo E. Strauer

Aus der Medizinischen Klinik I

(Direktor: Professor Dr. med. Gerhard Riecker) der Universität München, Klinikum Großhadern

Ausgabe B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 39 vom 1. Oktober 1982 35

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Herzinsuffizienz

klinisch gebräuchlichen Betarezep- torenblockern kommt dabei dem Propranolol die stärkste relativ kon- traktilitätshemmende Potenz zu (14).

dieser Antiarrhythmika am insuffi- zienten Herzen sollte daher zurück- haltend gestellt werden (14).

Zahlreiche Antiarrhythmika wirken im therapeutisch wirksamen Bereich negativ inotrop. Lidocain und Maxi- lethin haben eine eher geringe kar- diodepressive Wirkung, während unter Verapamil (i. v.), Diphenylhy- dantoin (i. v~) und Disopyramid (i. v., oral) mit einer klinisch relevanten negativ inotropen Wirkung zu rech- nen ist. Die Indikation zum Einsatz

Die bei akuten kardialen Schmerzzu- ständen klinisch gebräuchlichen An- algetika gehen mit zum Teil erhebli- chen Abnahmen der kontraktilen und Pumpfunktion einher.

Morphin, Piritramid, Fentanyl und Tilidin sind dabei nahezu ohne negativen Einfluß auf die kardia- len Funktionsgrößen (Herzindex, Schlagvolumen, Füllungsdruck

0

Kardiale Erkrankungen

~ Vorhof- und Ventrikelmyokard:

~ Koronararterien ·

~ Herzklappen:

~ Perikard:

~ Erregungsbildung und -Ieitung:

Primäre (und sekundäre) Kardiomyopa- thien, angeborene Myokarddefekte, kar- diale Kurzschlußverbindungen

Koronare Herzkrankheit. Koronararterien- anomalien

Herzklappenstenosen und -insuffizienzen Perikarderguß, Perikardkonstriktion Bradykardie- Tachykardie

f) Extrakardiale Erkrankungen mit kardialer Organmanifestation

~ Arterielle Hypertonie:

~ Sekundäre

Kardiomyopathien:

~ Ischämische Herzerkrankungen:

~ Systemische Kollagenosen:

~ Medikamentös- toxisch induzierte Herzinsuffizienz:

hypertensive Herzerkrankung (Hochdruck- herz) mit Herzhypertrophie und Herzinsuf- fizienz

Hyperthyreose, Hypothyreose, Oxalose.

Amyloidose, Hämochromatose. Hyper-

kaliämie, Niereninsuffizienz mit Urämie, Diabetes mellitus, neuromuskuläre Er- krankungen, Akromegalie, infektiöse Myo- karditiden u. a.

Hypoxie, Polyglobulie, Paraproteinämie, Arteriitis (vermindertes 02-Angebot). Ab- norme Druckbelastungen, akute Hoch- druckkrise, akutes Cor pulmonale, abnor- me Volumenbelastungen. Fieber, Phäo- chromozytom (erhöhter 02-Bedarf) Lupus erythematodes, progressive Sklero- dermie, Periarteriitis nodosa, lmmunkom- plexvaskulitis u. a.

Barbiturate, Betarezeptorenblocker, Anal- getika, lnhalationsnarkotika, Antiarrhyth- mika, Adriamycin, Glukokortikoide, Ätha-

nol, Katecholaminexzeß U•. a.

L _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ __ __ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ __ __ __ __ __ _ _ _ _ _ _ __ __ _ _ _

Tabelle 1: Einteilung und Ätiologie der digitalisrefraktären Herzinsuffizienz

u. a.), während unter Pethidin (Do- lantin®) in therapeutischer Dosie- rung erhebliche Abnahmen (etwa 20 bis 30 Prozent) linksventrikulärer Pumpgrößen und Kontraktilitätsindi- ces auftreten können (14). Diese Wirkungen sind bereits unter klini- schen Steady-State-Bedingungen meßbar, so daß bei einer der Haupt- indikationen, dem akuten Myokard~

infarkt, eine noch stärkere kardiode- pressive Wirkung auftreten könnte.

Der Spättyp der Adriamycin-Toxizi- tät ist durch eine meist irreversible Herzinsuffizienz gekennzeichnet. Durch chronische G/ukokortikoid- Applikation (zum Beispiel Dexame- thason) ist infolge Verlustes an kon- traktiler Myokardsubstanz ( antiana- bole Steroidwirkung) mit einer Steroid-Kardiomyopythie zu rech- nen. Exzessiv hohe Katecholamin- Mengen können zu Myokardnekro- sen führen. Weitere Pharmaka be- ziehungsweise Substanzgruppen mit negativ inotroper Wirkung sind trizyklische Psychopharmaka, lnha- lationsnarkotika, Äthanolol, Cal- ciumantagonisten u. a.

Herzgröße und Herzfunktion Eines der objektivierbaren Zeichen der Hekompensierung einer Herzin- suffizienz im Gefolge der Glykosid- therapie ist die Abnahme bezie- hungsweise Verkleinerung einer ver- größerten Herzsilhouette. Neben weiteren klinischen Befunden (Ab- nahme von Venenstauung, Lungen- stauung, Leberdämpfung, Ödemen, dritter Herzton, Zyanose u. a.) und subjektiver Beschwerdenänderung (insbesondere Besserung von Dys- pnoe und Orthopnoe) ist die rönt- genologisch, echokardiographisch oder palpatorisch und perkutorisch faßbare Herzgrößenänderung als ein einfaches, empirisch gesichertes Kriterium zur nichtinvasiven und kli- nisch ausreichenden Beurteilung der Herzfunktion einzustufen (18 bis 20). Eine dekompensierte Herzinsuf- fizienz geht fast regelhalt mit einer Herzgrößenzunahme einher, wäh- rend umgekehrt eine myokardiale Rekompensierung zu einer Verklei- nerung der Herzgröße führt. Die pa-

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thophysiologische Bedeutung des Parameters „Herzgröße" liegt u. a.

in der engen Beziehung zum ventri- kulären Füllungsvolumen und da- mit zu den vom Füllungsvolumen abhängigen ventrikeldynamischen Größen (Wanddicke-Radius-Rela- tion, Wandspannung, myokardialer Sauerstoffverbrauch u. a.) (18 bis 20).

Digitalistoleranz und Digitalisbedarf

Allgemeinerkrankungen, Arzneimit- telinteraktionen und Wechselwir- kungen zwischen Organfunktionen können zur Änderung von Glykosid- toleranz und Glykosidbedarf führen.

Ein erhöhter Glykosidbedarf (Tabel- le 2) besteht u. a. bei Fieber, Hyper- thyreose, Hyperkaliämie, absoluter Tachyarrhythmie, bei Malabsorp- tions-Syndromen, während ein er- niedrigter Bedarf bei Hypothyre- ose, beim Hypoparathyreoidismus, bei Hypophysen-Vorderlappeninsuf- fizienz, bei Aldosteronismus und Hypoxämie sowie bei Azidose auf- treten kann (3).

Dem entspricht jeweils eine Ände- rung der Glykosidempfindlichkeit, wenn man die globale Dosis-Wir- kung-Relation aus verabfolgter Digi- talismenge und klinisch faßbarer Re- kompensierungspotenz (zum Bei- spiel beurteilbar aus Herzgrößen- abnahme, Ödemausschwemmung, Besserung von Dyspnoe) zugrunde legt. Insofern gibt es eine Vielfalt von Erkrankungen mit sogenannter Digitalisresistenz.

Werden dagegen alle jene Faktoren berücksichtigt, die über Verände- rungen von Resorption, Transport, Metabolismus, Elimination und Zell- interaktionen, speziell mit Pharmaka und Hormonen, eine Änderung der sogenannten Digitalisempfindlich- keit auszulösen vermögen (1), dann verringert sich die Anzahl der tat- sächlichen, zellulären Digitalisresi- stenzen proportional zur Aufdek- kung zwischengeschalteter Fak- toren:

Durch zahlreiche Medikamente werden die Resorption, der Metabo-

Hyperkaliämie Hyperthyreose Fieber

Tachyarrhythmia absoluta Malabsorptions-Syndrome Arzneimittelinteraktionen (Cholestyramin, Neomycin, Di- phenylhydantoin, Barbiturate, Rifampicin u. a.)

Tabelle 2: Erhöhter Glykosidbedarf

lismus und die Bioverfügbarkeit ver- mindert (Tabelle 2y (Verminderung der Resorption durch Neomycin, Cholestyramin, Kohle u. a.; gestei- gerter Digitoxinmetabolismus nach Rifampicin; mikrosomale Enzymin- duktion durch Barbiturate, Diphe- nylhydantoin).

(i)

Bei Hyperkaliämie (Erniedrigung der Affinität der Digitalisbindung = Abdissoziation des gebundenen Di- goxins vom Zellmembranrezeptor), Hyperthyreose (Zunahme der zell- membranständigen Glykosidrezep- toren = geringe Rezeptorbesetzung) und unter Canrenoat sowie auch un- ter Diphenylhydantoin (Glykosidver- drängung am Rezeptor) scheint es tatsächliche Änderungen der zellu- lären Digitalisbindungskinetik mit pharmakokinetisch begründbarer Digitalisresistenz zu geben (2).

Gelegentlich kombinieren sich un- terschiedliche pharmakodynami- sche Wirkungen: erniedrigte Digita- lisserumkonzentration und geringe- re Rezeptorbesetzung bei der Hyper- thyreose, die auch unter hoher the- rapeutischer Digitalisdosis, einher- gehend mit normalen Serumdigo- xinkonzentrationen, eine verminder- te Digoxinansprechbarkeit des Myo- kards aufweist.

Schließlich kann sich die Digita- lisempfindlichkeit während des the- rapeutischen oder Spontanverlaufes einer Erkrankung ändern und mit ei- nem vermehrten oder verminderten

Glykosidbedarf einhergehen. Dies ist meist Folge der gezielten Thera- pie der Grundkrankheit, bei deren ausreichender Behandlung sich ein vorher veränderter Glykosidbedarf in Richtung eines Normalverhaltens regularisiert: bei der Substitutions- behandlung einer Hypothyreose (Normalisierung, das heißt Zunahme des erniedrigten Glykosidbedarfes) beziehungsweise der Suppressions- behandlung einer Hyperthyreose (Abnahme des anfangs hohen Gly- kosidbedarfes), bei der immunsup- pressiven Behandlung einer digita- lispflichtigen Lupus-Kardiomyopa- thie (14) oder eines Sklerodermie- herzens (Abnahme des Glykosidbe- darfes), bei der Rekompensierung einer Niereninsuffizienz (Zunahme des Glykosidbedarfes) u. a.

Dabei ist mit vermehrtem Auftreten von Digitalisintoxikationen und möglicher „digitalisrefraktärer"

Myokardinsuffizienz zu rechnen, wenn ein erhöhter Glykosidbedarf durch die Basistherapie, zum Bei- spiel im Therapieverlauf einer Hy- perthyreose, systemischen Immu- nopathie u. a. gesenkt wird.

Differentialtherapie der digitalisrefraktären Herzinsuffizienz

Die Existenz einer Herzinsuffizienz ist nicht gleichbedeutend mit ei- ner Indikation für Digitalisglykoside.

Wenn es gelänge, die einer Herzin- suffizienz zugrunde liegende Grund- erkrankung durch eine gezielte me- dikamentöse Kausaltherapie zu be- handeln, dann wären Digitalisglyko- side zur Therapie der Herzinsuffi- zienz entbehrlich (Tabelle 3).

Bei sogenannter Digitalisrefraktäri- tät und gleichzeitigem Versagen der Basistherapie sind alternativ und ad- ditiv zu den genannten Therapie- prinzipien medikamentöse und nichtmedikamentöse Maßnahmen erforderlich (Tabelle 4).

Selbstredend gilt auch für das kli- nisch relevante Beispiel eine Digita- lisüberdosierung mit „digitalisre- fraktärer" Herzinsuffizienz, daß pri- mär die Grunderkrankung behand-

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Herzinsuffizienz

lungspflichtig ist, das heißt Entzug von Digitalisglykosiden, Normalisie- rung bzw. Erhöhung des Serumka- liums, Antiarrhythmika, Atropin, Cholestyramin, gegebenenfalls Fab- Fragmente (6) und Hämofiltration (Digitoxin).

Unter Berücksichtigung der patho- physiologischen Grundlagen bein- halten die alternativen und adjuvan- ten medikamentösen Maßnahmen bei digitalisrefraktärer Herzinsuffi- zienz:

• myokardiale Kontraktilitätsstei- gerung durch positiv inotrop wirksa- me Pharmaka (Dopamin, Dobuta- min, Isoproterenol, Spironolactone, Prenalterol u. a.) (7, 14),

• Senkung der Nachlast (systoli- sche Wandspannung; = „atter- load"-Reduktion) durch überwie- gend arteriell beziehungsweise arte- riolär angreifende Vasodilatatoren (Dihydralazin, Prazosin, Nifedipine u. a.) (18 bis 20),

(0

Senkung der Vorlast (enddiasto- lische Wandspannung; = „preload"- Reduktion) durch Vasodilatatoren mit bevorzugter hämodynamischer Wirkung am venösen Stromgebiet (Diuretika, Nitroglycerin, Isosorbid- dinitrat, Phentolamin u. a.) (9, 17).

• Darüber hinaus gibt es negativ inotrop wirksame Pharmaka (Beta- rezeptorenblocker, sogenannte Cal- ciumantagon isten, Antiarrhythmi-

ka), die bei gegebener Indikation (hypertrophische obstruktive Kar- diomyopathie; hypertensive Herz- erkrankung; dekompensierte konge- stive Kardiomyopathien; Tachyar- rhythmien, ventrikuläre Extrasysto- lie) über arterielle Drucksenkung, Rhythmusnormalisierung, myokar- diale Dehnbarkeitsänderung usw.

zur Rekompensierung einer soge- nannten digitalisrefraktären Herz- insuffizienz beitragen können — auch wenn das Wirkungsprofil die- ser Medikamente — im Unterschied zur üblichen Glykosidwirkung — mit kontraktilitätshemmenden Eigenwir- kungen einhergeht (4).

Prinzipiell sollte zur Verbesserung der Ventrikelfunktion stets ein Medi- kament eingesetzt werden, bei dem eine ausreichende Zunahme der myokardialen Pumpleistung mit ei- ner nur geringen Zunahme des myo- kardialen Sauerstoffverbrauchs ein- hergeht.

Dazu gehören vorrangig „after- load"-senkende Pharmaka, die auch bei normotensiver Blutdrucklage (unter Kontrollierung des systoli- schen Blutdruckes) angewendet werden können.

Zusammenfassung

Eine digitalisrefraktäre Herzinsuf- fizienz entsteht als Folge kardialer und extrakardialer Erkrankungen, bei denen die kausaleTherapie nicht

ausreichend, nicht durchführbar oder nicht verfügbar ist und die sym- ptomatische Behandlung mit Digita- lisglykosiden versagt. Die Diagno- se „digitalisrefraktäre" Herzinsuf- fizienz beinhaltet demzufolge so- wohl die Ausschöpfung der Summe kausaltherapeutischer Maßnahmen als auch die Unwirksamkeit der Digi- talistherapie.

Vor jeder symptomatischen Digita- listherapie steht die gedankliche Aufforderung zur Erkennung und differentialdiagnostischen Einstu- fung der internistischen Grunder- krankung.

Die der Therapie einer Herzinsuffi- zienz vorangehende Diagnostik wird somit neben einer Feststellung der symptomatischen Zeichen der Herz- insuffizienz stets auch das Spektrum der überwiegend ursächlich behan- delbaren Grunderkrankungen diffe- rentialdiagnostisch abwägen.

Bei nicht hinreichend behandlungs- fähiger Grunderkrankung wird der Einsatz von Digitalisglykosiden zur symptomatischen Alternative.

Ist die Grunderkrankung digitalisre- fraktär, so sind additiv medikamen- töse, diätetische und physikalische Behandlungsformen indiziert, die mit einer Verbesserung der Herzdy- namik einhergehen.

Entsprechende Therapiemaßnah- men lassen sich durch Normalisie-

Internistische Grunderkrankung

Basistherapie Digitalisglykoside Alternative bzw.

adjuvante Maßnahmen

O bekannt

(z. B. sekundäre Kardiomyopathien) O bekannt

(z. B. arterieller Bluthochdruck) O bekannt

(z. B. Immunkomplexvaskulitis)

O nicht bekannt

(z. B. primäre Kardiomyopathien)

ausreichend

ausreichend

nicht ausreichend nicht möglich (Ne- benwirkungen u. a.) nicht möglich

fakultativ

obligat

obligat fakultativ

Tabelle 3: Differentialtherapie der Herzinsuffizienz nach ätiologischen Gesichtspunkten

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rung von Vorlast, Nachlast, Kontrak- tilität und Herzfrequenz erreichen und durch Diuretika, Vasodilatato- ren, positiv inotrope und frequenz- normalisierende Eingriffe klinisch- therapeutisch umsetzen.

Literatur

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Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Bodo E. Strauer Medizinische Klinik I

der Universität München Klinikum Großhadern Marchioninistraße 15 8000 München 70

8

Therapie der kardialen Grundkrankheit

..,. Koronararterien: antianginöse Pharmaka, aortakoronarer Bypass, Lyse von Koronarspasmen, antiphlogistische und immunsuppressive Medikamente (lmmunkomplexvaskulitiden mit koronarer Beteiligung) u. a .

..,. Ventrikelmyokard: Aneu rysmektomie, Calciumantagonisten bei asymmetrischer Ventrikelwandhypertrophie, hypertrophische Kardio- myopathie; Septektomie, korrigierende Ventrikeloperationen u. a.

..,. Herzklappen: Herzklappenoperationen

..,. Perikard: Perikardentlastung (Punktion, Drainage, Fensterung u. a.)

..,. Erregungsbildung und -Ieitung: Frequenznormalisierung infolge Schrittmachertherapie, Antiarrhythmika, Betarezeptorenblocker, Defi- brillation u. a.

f) Therapie der extrakardialen Grundkrankheit

..,. Normalisierung von Bluterkrankungen: Sauerstottzufuhr, Blut- transfusion und gegebenenfalls chirurgische Maßnahmen bei isch- ämischen Kardiomyopathien (akuter und chronischer Blutverlust) u. a.

..,. Normalisierung der Blutviskosität (Piasmapherese, Zytostatika u. a.) bei Paraproteinämien, Polyglobulie, Polyzythämie u. a.

..,. Normalisierung von Hermenstoffwechselstörungen: Substitutions- und Suppressionsbehandlung bei Schilddrüsenerkrankungen u. a.

..,. Normalisierung eines erhöhten Blutdruckes: antihypertensive Maßnahmen, "atterload"-Reduktion

..,. Therapie systemischer lmmunopathien: Immunsuppressiva und Steroide (Lupus-Kardiomyopathie, progressive Sklerodermie, Peri- arteriitis nodosa, systemische Immunerkrankungen mit koronarer und myokardialer Beteiligung)

..,. Therapie renaler Funktionsstörungen (Dialyse, Plasmapherese) ..,. Therapie der Digitalisintoxikation (Digitalisentzug: Normalisierung des Serumkaliums, Diphenylhydantoin, Fab-Fragmente u. a.)

0

Allgemein-therapeutische Maßnahmen

..,. Bettruhe, Lagerung, Sauerstottzufuhr, Diät, Punktionen von Ergüs- sen u. a.

0

Adjuvante Therapie zur Digitalis- und Basistherapie

..,. Kontraktilitätssteigerung durch positiv inotrop wirkende Pharmaka (Dopamin, Dobutamin, Noradrenalin, lsoproterenol, Glucagon, Pre- nalterol u. a.)

..,. "atterload"-Reduktion durch arteriolär angreifende Vasodilatato- ren (Dihydralazin, Hydralazin, Prazosin u. a.)

..,. "preload"-Reduktion (organische Nitrate, Molsidomin, Diuretika u. a.)

Tabelle 4: Therapie der digitalisrefraktären Herzinsuffizienz

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