Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
AUSSPRACHE
Bei begründetem Verdacht auf eine Plasmodium-falciparum-Infektion (Unde venis?) ist es ratsam, den Grundsatz „Keine spezifische The- rapie ohne Erregernachweis" zu verlassen. Die Tropika ist eine po- tentiell lebensgefährliche Infektion.
Der Zustand eines Infizierten kann sich innerhalb kurzer Zeit rapide verschlechtern. Wird die spezifische Behandlung zu spät begonnen — und es können dabei Stunden, etwa ein Transport, entscheidend sein —, ist der Patient nicht mehr zu retten.
Wenn es mangels Sachkenntnis nicht möglich ist, die Erreger ohne Verzug nachzuweisen, erscheint es uns angebracht, folgendermaßen zu verfahren:
() Es werden wenigstens zwei Blut- ausstriche und zwei sogenannte
„Dicke Tropfen" angefertigt. Hierzu wird ein kleiner (!) Tropfen Blut auf einem Objektträger etwa münzgroß ausgebreitet (Kontrolle der Dichte:
Untergelegtes Gedrucktes soll durch das Präparat lesbar sein). Man läßt die Blutschicht eintrocknen.
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Der Patient erhält sofort vier Ta- bletten Resochin, sechs Stunden später weitere zwei Tabletten. Kann der Patient wegen einer Somnolenz keine Tabletten mehr schlucken, so muß das Resochin intramuskulär oder besser in einer Infusion ver- abreicht werden (1 Tabl. = 1 Ampul- le = 250 mg Chloroquindiphosphat= 150 mg Chloroquin-Base). Da die Gefahr eines Blutdruckabfalls be- steht, muß der Kreislauf überwacht werden.
Die Präparate (s. 1) werden unge- färbt an ein kompetentes Laborato- rium oder Institut per Eilboten ein- geschickt und telefonisch angemel- det. Dort steht man auch zur Bera- tung zur Verfügung. Ergibt die Un- tersuchung, daß keine Malaria vor-
liegt, so kann die Resochinbehand- lung abgebrochen werden, ein Schaden für den Patienten ist ex- trem unwahrscheinlich. Im Fall einer Tropika ist jedoch einer deletären Entwicklung mit Sicherheit vorge- beugt worden.
Ob bei einer Tropika-Infektion Korti- koide oder Heparin eine günstige Wirkung haben, ist strittig. Es gibt zahlreiche Veröffentlichungen von kompetenten Autoren, die dies ver- neinen.
Dozent Dr. med. H. M. Seitz Tropenmedizinisches Institut Universität Tübingen
Wilhelmstraße 11, 7400 Tübingen 1
Schlußwort
Der Therapiebeginn mit Resochin schon bei Verdacht einer Malaria tropica, das heißt ohne Erreger- nachweis, wird auch in zwei weite- ren Zuschriften, die eine von Herrn Dr. med. Alexander Boroffka, die an- dere von Herrn Dr. H. J. Mayer, be- fürwortet beziehungsweise für erfor- derlich gehalten.
Ich weise in diesem Zusammenhang noch einmal auf einen Passus mei- ner Ausführungen hin: „Bei jedem auch nur unbestimmten Verdacht ei- ner Malaria tropica muß der Patient mit größter Eile in ein Krankenhaus gebracht werden, das die Möglich- keit des Erregernachweises und der anschließenden Intensivbehandlung bietet. Dabei kommt es auf jede Stunde an, wenn es gilt, die tödli- chen Konsequenzen einer Malaria tropica abzuwenden."
Hieraus geht hervor, daß jeder Fall von Malariaverdacht als ein Notfall von größter Dringlichkeit anzusehen ist. Bei den in Deutschland gegebe- nen Transportverhältnissen kom-
men fatale Verzögerungen der The- rapie wohl äußerst selten durch Zeit- verluste beim Transport, sondern durch verspätete Diagnostik bezie- hungsweise Fehldiagnosen zustan- de. Ausdrücklich habe ich mich da- für ausgesprochen, daß jeder „auch nur unbestimmte Verdacht" als ein entsprechender Eilfall behandelt werden soll und daß man sich nicht durch vordergründige Organmanife- stationen von dem Verdacht einer Malariaerkrankung abbringen las- sen soll.
Wenn die örtlichen Verhältnisse und die Möglichkeiten des Rettungs- dienstes den unverzüglichen Beginn einer kompetenten Diagnostik und Therapie ausnahmsweise nicht er- möglichen, so ist das von Herrn Dr.
Seitz angeratene Vorgehen unbe- dingt gerechtfertigt.
Privatdozent
Dr. med. Wulf Nachtwey
Allgemeines Krankenhaus Altona III. Medizinische Abteilung Paul-Ehrlich-Straße 1 2000 Hamburg 50
ECHO
Zu: „Verhalten bei Reisen in tropi- sche Länder" von Prof. Dr. med.
Helmut Stickt im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT, Heft 25/1977, Seite 1665 ff.
Vorsicht beim Baden in den Tropen!
„Vorsicht beim Baden in den tropischen Ländern hat der Direktor der bayerischen Lan- desimpfanstalt, Professor Hel- mut Stickt, allen Reisenden empfohlen. In der neuesten Ausgabe des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES begründet er seine Warnung vor dem Ba- den im Süßwasser damit, daß in Seen, Oasen und Flüssen Ansteckungsgefahr bestehe.
Dort sollte niemals gebadet werden. Wer sich im Meer er- frischen will, müsse minde- stens drei Kilometer von Fluß- mündungen entfernt ba- den. . ." (Offenbach-Post vom 25. Juni 1977).