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Archiv "Routinemäßige Trinkwasseruntersuchungen und die Gefahr beim Duschen: Schlußwort" (11.02.1994)

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MEDIZIN

der Grundlage von Keimzahlen im Wassernetz zu beurteilen." Was ge- meint ist, wird wenig vorher im Ab- schnitt „Control of outbreaks" deut- lich, wo es heißt: „The occurrence of such cases demonstrates the need for disease surveillance, monitoring of water quality (including microbio- logical content), and maintenance procedures." Planmäßige mikrobio- logische Untersuchungen sind dem- gemäß notwendig. Sie müssen aber durch Untersuchungen weiterer Fak- toren der Wasserqualität, durch Wartung der wasserführenden Syste- me im Krankenhaus und durch epi- demiologische Überwachung ergänzt werden. Einer der erfahrensten Wis- senschaftler auf diesem Gebiet, V.

L. Yu, bemerkt dazu im Lehrbuch von Mandell et al.: „Thus routine environmental culturing in the ab- sence of known cases may be des- irable for facilities that house pa- tients at risk for legionnaires' disease, including hospitals and nur- sing homes. Routine environmental culturing should certainly be per- formed in hospitals in which organ and bone marrow transplants are performed" (9).

5.: G. u. D. behaupten, daß der Stand der Kenntnisse „aufwendige Installationssysteme, . . . , Aufheizen des Wassers über 50 bis 55° C und an- dere kostenintensive . . . Maßnah- men" nicht rechtfertige. Das erwähn- te WHO-Memorandum zählt unter den bei Ausbrüchen und zur Präven- tion bewährten Maßnahmen auf:

„Maintaining the hot water at > 50°

C up to the point of use;" (dazu muß es in einem konventionellen Boilersy- stem sicherlich auf > 55° C erhitzt werden, d. Verf.), sowie weitere in- stallationstechnische Maßnahmen.

6.: Ferner wird von der WHO empfohlen: „removing . . . condi- tions where static water can be drawn into flowing water (e. g., filters, strainers, bypasses without isolating valves)" und anderes mehr. Von Fil- tern wird also im Gegensatz zu G. u. D.

ausdrücklich abgeraten! Die von G.

u. D. anstelle einer Erhöhung der Wassertemperatur vorgeschlagenen

„weniger aufwendigen Maßnahmen . . . wie zum Beispiel längeres Lau- fenlassen der Duschen, der Einbau von Wasserfiltern" sind vollkommen

DISKUSSION

unsicher und möglicherweise von ge- genteiligem Effekt.

7.: Keine Uneinigkeit, sondern weitgehende internationale Überein-

stimmung besteht über die Prinzipien und Wirksamkeit der Abhilfemaß- nahmen. F. Marc LaForce gibt in dem Standardwerk: „Hospital Infec- tions" von Bennett et al. als Sofort- maßnahme oder intermittierendes Verfahren die Erhitzung des Systems auf 70° C und nachfolgendes Spülen aller Auslässe an, als Dauermaßnah- me den Betrieb der Boiler bei 60° C (8). Das von G. u. D. zitierte CIBSE- Dokument ist eine Empfehlung des Britischen Verbandes der Haustech- nikingenieure ohne spezielle Bezie- hung zum Krankenhaus. Dort wer- den folgende Temperaturen vorge- schlagen: am Boilerauslauf 60° C, im Rücklauf mindestens 50° C, am Was- serhahn mindestens 46° C nach spä- testens einer Minute. Alle Kranken- häuser im U. K. müssen dagegen ent- sprechend einer Unfallverhütungs- vorschrift den „Approved code of practice: The prevention or control of legionellosis (including legion- naires disease)" (6, 7) mit folgenden Vorgaben beachten: Boilertempera- tur 60° C, Temperatur am Wasser- hahn mindestens 50° C nach späte- stens einer Minute. Auch die Angabe im dritten Satz des Artikels von G. u.

D. ist damit für den Krankenhausbe- reich unzutreffend. Im Kaltwasserbe- reich sollen Temperaturen über 20° C vermieden werden. Der nieder- ländische Gesundheitsrat (5) emp- fiehlt ebenfalls die Erhöhung der Wassertemperatur als wirksamste Maßnahme und fordert, daß neue Systeme eine Wassertemperatur von 60° C bis zum Zapfhahn erreichen können müssen.

Das einschlägige Arbeitsblatt W 551 des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (4) sieht vor: Boi- lerbetrieb (bei Großanlagen) bei mindestens 60° C, Temperatur in den Verteilungsleitungen mindestens 55°

C. Das Bundesgesundheitsamt und seine Kommission „Erkennung, Ver- hütung und Bekämpfung von Kran- kenhausinfektionen" fordert in Warmwasserspeichern 60° C, in Zir- kulationsleitungen 55° C, am Auslaß vor dem Mischen 55° C, im Falle er- forderlicher Desinfektionsmaßnah-

men 70° C an den geöffneten Ausläs- sen (2, 3). Es befindet sich damit in weitgehender Übereinstimmung mit den vorher aufgeführten Angaben.

Bei jeder Legionelleninfektion im Krankenhaus stehen der Verwal- tungsdirektor und der leitende Arzt unter dem Verdacht, durch Nachläs- sigkeit die Infektion ermöglicht zu haben, weil als Infektionsquelle Was- ser oder wässrige Aerosole aus Ein- richtungen des Krankenhauses an er- ster Stelle zu vermuten sind. Für de- ren hygienisch einwandfreie Beschaf- fenheit sind sie, zum Beispiel nach der Trinkwasserverordnung, verant- wortlich. Ärzte und Patienten im Krankenhaus haben keinen Anlaß, den Krankenhausträger aus seiner Verpflichtung zu entlassen, einwand- freies Wasser für alle Zwecke im Krankenhaus bereitzustellen und die hierfür erforderlichen Untersuchun- gen und technischen Maßnahmen durchführen zu lassen.

Literatur bei den Verfassern

Prof. Dr. med. Konrad Botzenhart Hygiene-Institut der Universität Silcherstraße 7, 72076 Tübingen Prof. Dr. med. Dirk Schoenen Hygiene-Institut der Universität Sigmund-Freud-Straße 25 53105 Bonn

Schlußwort

Man sollte im Rahmen einer fachlichen Auseinandersetzung viel- leicht Ausdrücke wie „irreführende Zitate" oder „unrichtige Aussagen"

vermeiden, wenn man selbst Schwie- rigkeiten hat, richtig zu zitieren oder Zitate in den richtigen Kontext zu stellen. Der Leser des Deutschen Ärzteblattes hat auch wenig davon, wenn Fachleute die Klinge mit Zita- ten kreuzen, die aus dem Zusammen- hang gerissen sind. Der Hinweis, un- sere Aussagen könnten die Verant- wortlichen zu fahrlässigem Leicht- sinn verleiten, geht vielleicht ein we- nig unter die Gürtellinie, denn umge- kehrt wolln wir ja auch nicht be- haupten, daß die Empfehlungen mancher Hygieniker in Sachen Le- gionellen auch als gewaltiges Arbeits- A-362 (62) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 6, 11. Februar 1994

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MEDIZIN

und Geldbeschaffungsprogramm für möglicherweise nicht ganz ausgela- stete Hygieneinstitute und Installa- teure interpretiert werden könnten.

Hier noch einmal kurz die Kern- aussagen, die wir machen wollten und an denen wir immer noch fest- halten:

Duschen und Duschköpfe sind, wenn überhaupt, nur ein sehr unbe- deutendes Erregerreservoir für Le- gionellosen. Wenn man bei 1000 Le- gionellen/Liter etwa 1,5 Stunden du- schen muß, um auch nur eine einzige Legionelle zu inhalieren, und die meisten Patienten, die in einer Klinik eine Legionellose erwerben, so schwer krank sind, daß sie vorher überhaupt nicht geduscht werden konnten, dann sind das doch zwei sehr starke Argumente. Wenn dann auch noch einer der erfahrensten Wissenschaftler auf dem Gebiet, V.

L. Yu, uns am 14. 1. 1992 auf unsere Frage, welche Publikation nun wirk- lich Duschen als Ursache einer Le- gionellose nachgewiesen hätte, lapi- dar antwortete: „There are none", dann wollen wir dem nichts mehr hinzufügen. Er fährt nämlich dann fort: „We were unable to establish any correlation between showering and legionnaires' disease".

Wir bleiben auch dabei, daß die Mehrzahl der internationalen Exper- ten, und auch die WHO, eine routine- mäßige (!) Trinkwasseruntersuchung auf Legionellen ablehnen. Botzen- hart und Schoenen zitieren den WHO-Bericht zwar richtig, interpre- tieren ihn aber leider falsch, denn die WHO-Empfehlungen stehen nur im Kapitel „Control of outbreaks"! Na- türlich muß man bei Ausbrüchen von Legionellen in Klinken auch das Wasser auf Legionellen untersuchen, aber doch nicht ständig routinemäßig beziehungsweise „planmäßig". Wir wiederholen daher hier nochmals, was die Expertenkommission der WHO generell, also nicht bei Aus- brüchen, feststellt, nämlich, daß „es keine Hinweise gibt, die es rechtferti- gen würden, die Sicherheit eines Wassersystems auf der Grundlage von Keimzahlen in Wasserproben zu beurteilen", und „Kontrollmaßnah- men, die sich auf Erfahrungen mit Ausbrüchen stützen, sind auf ihre langfristige Wirksamkeit und die Ko-

DISKUSSION

sten/Nutzenbilanz im Routineeinsatz noch nicht evaluiert". Was soll im übrigen der arme Kliniker von deut- schen Hygieniker-Empfehlungen hal- ten, von denen der eine ein Legionel- le/ml, der zweite zehn Legionellen/ml und der dritte 100 Legionellen/ml als Gefährdungsgrenze angibt? Wir wür- den meinen, die hygienische Fach- welt sollte sich, zumindest in Deutschland, erst einmal über ge- fährliche Grenzkonzentrationen eini- gen, bevor sie Kliniken aufwendige und teure Routineuntersuchungen aufbürdet, deren Interpretation so- gar für Fachleute mehr als problema- tisch ist. Es sind ja noch nicht einmal Legionellenkeimzahlbestimmungen in Wasser standardisiert. In der neuesten Untersuchung zum Thema

„Legionellen in Krankenhauswasser"

(F. F. Reinthaler et al: Journal of Clinical Microbiology, 31, 1993, S.

1213) schwankten die Keimzahlen auf drei verschiedenen Selektivnähr- böden um den Faktor 10!

Wir müssen Botzenhart und Schoenen leider noch auf einen klei- nen Interpretationsfehler hinweisen:

Selbstverständlich empfiehlt die WHO die Entfernung von allen

„Conditions where static water can be drawn into flowing water (e. g., fil- ters, strainers, etc.)". Mit solchen Fil- tern sind aber Filter im Wassersy- stem selbst, nicht die nach einem Wasserhahn angebrachten endstän- digen, bakteriendichten Filter ge- meint, die wir erwähnt haben. War- um soll weiterhin längeres Laufenlas- sen der Duschen „vollkommen unsi- cher und möglicherweise von gegen- teiligem Effekt" sein, wo doch genau dies auch PD Dr. Heeg, Kranken- haushygieniker in Tübingen, emp- fiehlt? Gibt es hier allein schon in Tübingen zwei völlig konträre An- sichten?

Wir haben zugegebenermaßen eine Keimzahl aus einem Bericht von Heeg falsch zitiert, andererseits ha- ben Botzenhart und Schoenen den

„approved code of practice" aus Eng- land falsch zitiert. Auf den sieben Seiten dieses Regelwerkes wird mit keinem Wort erwähnt, was Botzen- hart und Schoenen behaupten. In diesem Fall steht es also 1:1.

Was das einschlägige Arbeits- blatt des Deutschen Vereins des

Gas- und Wasserfaches empfiehlt, ist vielleicht nicht so sehr relevant, oder sind wir schon so weit, daß uns die deutschen Klempner sagen müssen, was wir hygienisch zu tun haben?

Wer routinemäßige Trinkwas- seruntersuchungen auf Legionellen empfiehlt, müßte fairerweise hinzu- fügen, daß keine der bisher vorge- schlagenen Bekämpfungsmethoden in der Lage ist, Klinikwassersysteme auf Dauer legionellenfrei zu halten.

Wie soll das in den häufig alten Klini- ken mit jahrzehntealten, weit ver- zweigten und häufig blind endigen- den Wassersystemen auch möglich sein? Es kommt doch auch niemand auf die Idee, routinemäßig Nasen/

Rachenabstriche bei allen Bürgern zu empfehlen, denn dort, und nicht im Wassersystem, befinden sich die häufigsten Erreger von tödlichen Pneumonien (Pneumokokken, respi- ratorische Viren, Chlamydien, My- koplasmen). Wenn dann alle sympto- matischen Keimträger einen Mund- schutz tragen würden, wäre das we- nigstens effektiv, wenn auch äußerst unpraktisch. Tatsache ist weiterhin, daß eine Pneumokokken- und Influ- enzaimpfung wesentlich mehr Pneu- monietodesfälle zu einem Bruchteil der Kosten verhindern würde als die ungezielte und teilweise hysterische Suche nach Legionellen.

Hier wird wiederum ein zugege- benermaßen wichtiges gesundheits- politisches Problem in Deutschland, nämlich die vermeidbare tödliche Pneumonie bei abwehrgeschwächten Patienten, vom hygienisch eher un- wichtigen Schwanz her aufgezogen.

Trinkwasseruntersuchungen auf Legionellen sind nur in ganz be- stimmten Kliniken mit ganz bestimm- ten Patienten und unter ganz be- stimmten epidemiologischen Voraus- setzungen notwendig.

Prof. Dr. med. F. D. Daschner Dr. H. J. Grundmann

Institut für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene

Klinikum der

Albert-Ludwigs-Universität Hugstetter Straße 55 79106 Freiburg A-364 (64) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 6, 11. Februar 1994

Referenzen

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