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Archiv "Legionellosen: Routinemäßige Trinkwasseruntersuchungen und die Gefahr beim Duschen?" (02.04.1993)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Legionellosen

Routinemäßige

Trinkwasseruntersuchungen und die Gefahr beim Duschen?

Hans-Jochen Grundmann und Franz Daschner

ber die Notwendigkeit und Wirksamkeit ver- schiedener Verhütungs- maßnahmen von Legio- nellosen herrschen nach wie vor un- terschiedliche Ansichten. Das Bun- desgesundheitsamt empfiehlt bei- spielsweise, daß die Warmwasser- temperatur unmittelbar vor dem Mi- schen am Auslaß noch mindestens 55° C betragen muß. In England wird eine Temperatur von 45° C für aus- reichend erachtet (1, 2).

Von verschiedenen deutschen Experten werden routinemäßige Trinkwasseruntersuchungen emp- fohlen. Demgegenüber stellte eine Expertenkommission der WHO fest, daß „. . es keine Hinweise gibt, die es rechtfertigen würden, die Sicher- heit eines Wassersystems auf der Grundlage von Keimzahlen in Was- serproben zu beurteilen", und „Kon- trollmaßnahmen, die sich auf Erfah- rungen mit Ausbrüchen stützen, sind auf ihre langfristige Wirksamkeit und die Kostennutzenbilanz im Rou- tineeinsatz noch nicht evaluiert" (3).

In einer kanadischen Arbeit wurde kürzlich festgestellt, daß in sechs benachbarten Kliniken unter- schiedliche Legionellatypen isoliert wurden, obwohl alle Kliniken aus derselben Wasserquelle gespeist wurden. In einer der Kliniken (Ge- neral Hospital) waren in den letzten acht Jahren 27 Legionellafälle aufge- treten, obwohl die durchschnittliche Wassertemperatur am Wasserhahn 60° C betrug, während in einer ande- ren Klinik (Maternity Hospital) kei- ne einzige Legionelleninfektion auf- getreten war, obwohl die durch- schnittliche Wassertemperatur nur 39° C betrug (4).

Laut BGA erfolgt die Übertra- gung der Infektionen durch Inhalati- on (1). Von diversen Mechanismen, die für die Übertragung von Legio- nellen aus Trinkwasser verantwort- lich gemacht werden, werden immer wieder Duschen an vorderer Stelle genannt. Verschiedene Autoren stel- len jedoch auch andere Infektions- mechanismen zur Diskussion, näm- lich Aspiration und Ingestion (5, 6).

Das Vorkommen von Legionellen im Trinkwasser, die Häufigkeit von Er- krankungsfällen bei Patienten mit HNO-Problemen und Dysphagien, aber auch die Tatsache, daß bereits bei der Erstbeschreibung der Legio- nellenepidemie in Philadelphia eine signifikante Assoziation zwischen dem Trinken von Leitungswasser und Legionellenpneumonie gefun- den wurde, legen den Schluß nahe, daß nicht nur Inhalation, sondern vor allem Aspiration und/oder Inge- stion wichtige Infektionswege dar- stellen (7). Weiterhin ist die Mehr- zahl der Patienten, die in Kliniken überdurchschnittlich häufig Legio- nellenpneumonien erwerben, so schwer krank (zum Beispiel nach Herztransplantation, Lebertrans- plantation, Knochenmarkstransplan- tation usw.), daß sie überhaupt nicht geduscht werden können, so daß zu- mindest Duschaerosole bei diesen Patienten als Übertragungsmodus wegfallen.

Trotzdem konzentriert sich die gegenwärtige Diskussion zur Verhü- tung der Legionellenübertragung aus dem Leitungswasser auf Duschen und die Freisetzung infektiöser Ae- rosole bei Benutzung anderer Sani- täreinrichtungen. In der Mehrzahl der Untersuchungen, zum Infekti-

onsrisiko beim Duschen oder Baden konnten jedoch entweder keine Er- reger in inhalierbaren Aerosolen nachgewiesen werden, oder die Luft- keimzahlen waren so gering, daß die- ser Infektionsweg außerordentlich unwahrscheinlich ist (8, 9). In einer Untersuchung von fünf Duschen in drei Krankenhäusern mit 3 bis 300 Legionellen/ml Leitungswasser konnte an insgesamt acht Stellen in jeder Dusche auch nach 50 Minuten keine einzige Legionelle weder am Boden noch in unmittelbarer Nähe des Duschkopfes nachgewiesen wer- den (10). P. Heeg stellt in einer deut- schen Universitätsklinik fest, daß trotz eines hohen Keimgehaltes im Duschwasser (über 5000 Keime/ml) der Anteil aerosolisierter Mikroor- ganismen vergleichweise gering war, wenn die Brauseköpfe im Normalbe- trieb benutzt wurden. Er folgert aus seinen Untersuchungen, daß bei ei- nem Legionellengehalt des Dusch- wassers von weniger als 1000/ml, aus- genommen bei extrem langen Duschzeiten, die Inhalation von Er- regern unwahrscheinlich ist und da- her die Forderung nach speziell kon- struierten Duschen für Krankenhäu- ser nicht gerechtfertigt erscheint (P.

Heeg, Jahresbericht der Klinikhygie- ne, Universitätsklinikum Tübingen, 1991).

Erstmals 1990 wurde in einer Untersuchung eine signifikante As- soziation zwischen der Häufigkeit der Anwendung von Duschen und der Übertragung von Legionellose nachgewiesen, wobei jedoch über- durchschnittlich oft auch Amöben aus dem Trinkwasser der Klinik iso- liert werden konnten (11). Es ist be- kannt, daß sich Legionellen beson- Dt. Ärztebl. 90, Heft 13, 2. April 1993 (55) A1-965

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ders gut in Amöben vermehren kön- nen. Von anderen Autoren wurde kritisch zu dieser Studie angemerkt, daß andere Einflußvariablen, wie zum Beispiel Zähneputzen, Gurgeln, Benutzen von Munddusche, Ingesti- on von Trinkwasser usw. nicht unter- sucht wurden, so daß eine kausale Verknüpfung von Duschen und Le- gionellose nicht gestattet sei.

Resümee

In der Klinik erkranken fast aus- schließlich schwerkranke Patienten an Legionellose. Die meisten dieser Patienten sind so beeinträchtigt, daß sie nicht geduscht werden können.

Die Rolle von Duschen als Erreger- reservoir ist bisher überwertet, die Rolle von Aspiration und Ingestion hat bisher zu wenig Beachtung ge- funden. Aufwendige Installationssy- steme, spezielle Duschen, Aufheizen des Wassers über 50° C bis 55° C und andere kostenintensive und umwelt- belastende Maßnahmen generell für alle Kliniken, insbesondere für alle Abteilungen einer Klinik, sind so lange nicht gerechtfertigt, bis geklärt ist, durch welche Maßnahmen das Legionellenrisiko vor allem bei den Hochrisiko-Patienten wirklich und dauerhaft gesenkt wird und solange nicht zweifelsfrei feststeht, daß auch wesentlich weniger aufwendige Maß- nahmen zur Reduktion der Keim- zahl wie zum Beispiel längeres Lau- fenlassen der Duschen, der Einbau von Wasserfiltern usw. zum gleichen Erfolg führen.

Die Mehrzahl der internationa- len Experten und auch die WHO leh- nen eine routinemäßige Trinkwasser- untersuchung auf Legionellen ab.

Dt. Ärztebl. 90 (1993) A 1 -965-966 [Heft 13]

Literatur:

1. Seidel, K.: Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Legionellosen. Bundesge- sundheitsblatt 30 (1990) 59-63.

2. Taskgroup: Minimising the risk of legion- naires disease. In technical memoranda 13, 1-24 Yarham Ed. (1991) CIBSE; London.

3. WHO: Epidemiology, prevention and con- trol of legionellosis. Memorandum from a WHO meeting. Bull. WHO 68 (1990) 155-164.

4. Benzyanson, G.; Barbridge, S.; Haldane, D.;

Yell, C.; Marrie, T. J.: Diverse populations of Legionella pneumophila present in the water of geographically clustered institu- tions served by the same water reservoir. J.

Clin. Microbiol. 30 (1992) 570-576.

5. Marrie, T. J.; Haldane, D.; McDonald, S.;

Clark, K.; Fanning, C.; Le Frost-jost, S.;

Benzanson, G.; Joly, J.: Control of endemic nosocomial legionnaires disease by using sterile portable water for high risk patients.

Epidemiol. Infect. 107 (1991) 591-605.

6. Fraser, D. W.; Tsai, T. R.; Orenstein, W.;

Parkin, W. E.; Beechan, H. J. et al.: Legion- naires disease: Description of an epidemic pneumonia. New Engl. J. of Med. 297 (1977) 1189-1197.

7. Hanrahan, J. P.; Morse, D. L.; Scharf, V. B.;

Debbie, J. G.; Schmid, G. P.; McKinney, R.

M.; Shayegami, M.: A community hospital outbreak of legionellosis, transmission by portable water. Am. J. Epidem. 125 (1987) 639-649.

Akute Chorioretinitis durch Listeria monocytogenes

Die Listeriose manifestiert sich klinisch als sporadische, akute, gele- gentlich protrahiert und latent ver- laufende Infektionskrankheit; der Häufigkeitsgipfel menschlicher In- fektionen liegt in den Monaten Juli bis Oktober. Der Häufigkeit ihres Vorkommens nach werden fünf Ver- laufsformen unterschieden: eine akut septische Form (a), die Listerio- se des ZNS (b), die glanduläre Form (c), eine lokale Form (d) und schließlich eine chronisch-septische Verlaufsform mit isoliertem Organ- befall (e).

Eine Augenbeteiligung ist mög- lich im Rahmen einer endogenen (zum Beispiel Neugeborenenlisterio- se) oder exogenen Infektion (prädis- ponierte Berufsgruppen: Laboran- ten; Tierärzte, Landwirte); kontami- nierte Nahrung (rohe Kuhmilch, Kä- seprodukte); rohes Fleisch; nicht er- hitzte Bodenfrüchte (L. m. ist ein Bodenbakterium!); asymptomatische menschliche Ausscheider (Besied- lung des Darm und/oder Genital- traktes); abwehrgeschwächte Patien- ten (malignes Grundleiden; Thera- pie mit Immunsuppressiva nach Or- gantransplantationen).

Allgemein am bekanntesten, aber auch am unspezifischsten ist beim Menschen eine Augenbeteili- gung als „Konjunktivitis" (bei Tier- versuchen an Meerschweinchen- und

8. Dennis, P. J. L.; Wright, A. E.; Rutter, D.

A.; Death, J. E.; Janes, B. P. C.: Legionella pneumophila in aerosols from shower baths.

J. Hyg. Camb. 93 (1984) 349-353.

9. Woo, A. H.; Yu, V.; Goetz, A.: Potential in hospital modes of Transmission of Legionel- la pneumophila. Am. J. Med. 80 (1986) 567-572.

10. Breiman, R. F.; Fields, B. S.; Sanden, M. S.;

Volmer, L.; Meier, A.; Spika, J. S.; Associa- tion of shower use with legionnaires disease.

Possible role of amoebae. JAMA 263 (1990) 2924-2926.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Franz Daschner Leiter der Klinikhygiene Universitätsklinikum Freiburg Hugstetter Straße 55

W-7800 Freiburg i. Br.

Kaninchenaugen konnten iatrogen schwere Keratokonjunktivitiden er- zeugt werden). Weniger bekannt ist die hämatogen-endogene Uveitis po- sterior bei generalisierter Listeriose mit Auftreten „chorioidaler Herde".

Der Autor berichtet über eine 16jährige Patientin mit meningiti- scher Symptomatik. Am rechten Au- genhintergrund fanden sich unter- halb des großen temporal-oberen Gefäßbogens frische chorioretiniti- sche Entzündungsherde, am hinte- ren Augenpol eine massive Exsudati- on in Form einer sogenannten Kalk- spritzerfigur. Sehschärfe rechts 0,2.

Die serologische Antikörperdynamik (Listeriose-Widal) ergab jeweils im Grenzbereich liegende Titer; Toxo- plasmose, Leptospirose und Chlamy- diennachweis negativ. Unter kombi- nierter Kortison- (systemisch) und Tetrazyklin-Ampicillintherapie Be- grenzung des okulären Entzün- dungsprozesses mit narbiger Abhei- lung sowie völliger Remission der Makulaexsudationen. Innerhalb von drei Wochen Visusanstieg rechts auf 0,8-1,0 p s. c. Vom ZNS keine Kom- plikationen. him

Huismans, H.: Akute Chorioretinitis durch Listeria monocytogenes. Klin. Mbl. Augen- heilk. 189 (1986): 48-50

Dr. med. Horst Huismans, Augenarzt, von Helmholtzstraße 4, W-2890 Nordenham

A1-966 (56) Dt. Ärztebl. 90, Heft 13, 2 . April 1993

Referenzen

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