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Archiv "Meningokokken C: Unterschätzte Gefahr" (19.07.2010)

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A 1400 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 28–29

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19. Juli 2010

MENINGOKOKKEN C

Unterschätzte Gefahr

Seit Jahren werden in vielen Ländern die meisten Kinder und Jugendlichen gegen Meningokokken C geimpft. In Deutschland dagegen ist nur ein Drittel der Schulkinder geschützt.

V

iele Schülerinnen und Schüler sowie Studierende verbringen jetzt gerade ihre Sommerferien im Ausland oder planen ein Auslands- jahr. Doch nur 20 Prozent der deut- schen Jugendlichen sind gegen Me- ningokokken C geimpft – eine Imp- fung, die für Schulen und Hoch- schulen in einigen Ländern – wie Großbritannien, Spanien oder Bel- gien – eine Grundvoraussetzung ist, wenn man dort lernen oder studie- ren möchte. Und das nicht ohne Grund: Meningokokken verbreiten sich durch Tröpfcheninfektion sehr schnell und verursachen schwere Krankheitsverläufe. Trotz ärztlicher Behandlung sterben in Deutschland zehn Prozent der Infizierten; 20 Pro- zent müssen mit Spätfolgen, wie le- benslanger Taubheit oder einer Am- putation von Gliedmaßen, leben.

„Aus infektiologischer Sicht und aus Sicht der Eltern verstehe ich nicht, warum so viele Kinder und Ju- gendliche in Deutschland nicht geimpft sind“, sagt Dr. med. Thomas Jelinek, Wissenschaftlicher Leiter des Centrums für Reisemedizin (CRM) in Düsseldorf. Obwohl die Ständige Impfkommission (STIKO) die Impfung gegen Meningokokken C seit 2006 empfiehlt, seien immer

noch circa 20 Todesfälle aufgrund von Meningokokken-Infektionen pro Jahr in Deutschland zu beklagen.

Der Verlust an Extremitäten sei noch höher, werde jedoch nicht erfasst.

„Die Beteiligung an der Impfung ist eindeutig zu gering“, bestätigt auch Dr. med. Jan Leidel, Mitglied der STIKO. Mittlerweile seien zwar etwa 70 Prozent der Kleinkinder geimpft. Doch da die Impfung für das zweite Lebensjahr empfohlen werde, hätten es viele Eltern versäumt, sie

bei älteren Kindern nachzuholen.

„Bis zum Tag vor dem 18. Geburtstag übernehmen die Krankenkassen die Kosten. Diese Möglichkeit sollte man nutzen – auch wenn man aktuell keinen Auslandsaufenthalt plant.“

In der Tat ist auch in Deutschland jeder zehnte Einwohner unbemerkt Träger von Meningokokken, die den Rachenraum besiedeln und beim Sprechen, Husten oder Niesen über- tragen werden können. 400 bis 800 Personen erkranken hierzulande jähr- lich daran. „Besonders empfänglich sind Kinder unter vier Jahren“, erklärt Jelinek. Einen zweiten Erkrankungs- gipfel gebe es bei jungen Erwachse- nen zwischen 15 und 24 Jahren.

Typisch für eine Meningokokken- Infektion ist ein sehr schneller Krankheitsbeginn mit hohem Fieber, starken Kopfschmerzen, Nackenstei- fe, Übelkeit und Erbrechen. Bei etwa jedem zweiten Betroffenen treten punktförmige Blutungen unter der Haut auf. Auch eine Meningokok- ken-Meningitis beginnt meist ohne Vorankündigung mit plötzlichem ho- hem Fieber, Schüttelfrost, Gelenk- und Muskelschmerzen, Erbrechen, Nackensteife und Bewusstseinsstö- rungen. „In diesen Situationen ist eine zügige Behandlung erforderlich“, er- läutert Jelinek. Da die Erreger schnell über das Blut gestreut würden, zähle jede Minute. „Nach Möglichkeit soll- ten auch alle, die in den Tagen zuvor Kontakt zum Patienten hatten, pro- phylaktisch ein Antibiotikum erhal- ten“, rät der Infektionsmediziner.

Weltweit* existieren in unter- schiedlicher Verbreitung verschiede- ne Meningokokken-Typen. In Euro- pa sind es vor allem die Typen B und C, wobei in Deutschland der Anteil von Typ B bei etwa 68 Prozent und der von Typ C bei etwa 24 Prozent liegt. „Leider ist eine Immunisierung gegen den Typ B derzeit nicht mög- lich“, sagt Jelinek. Der Impfstoff ge- gen Typ C sei jedoch sehr gut wirk- sam und verträglich. Zumindest teil- weise geschützt ist man damit auch in Afrika und in Teilen Asiens, wo vor allem die Meningokokken- Typen A und C verbreitet sind. ■ Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann

*Genaue Informationen veröffentlicht das Centrum für Reisemedizin auf seiner Internetseite www.impfkontrolle.de.

Die Impfung gegen Meningokokken C gehört seit 2006 zu den von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohle- nen Impfungen für alle Kinder im zweiten Lebensjahr. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen hierfür sowie für Nachholimpfungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr die Kosten. Bei Personen über 18 Jahren hängt die Erstattung vom Grund der Impfung ab. Für Menschen mit chronisch geschwächtem Abwehrsystem zahlen beispielsweise ebenfalls die Krankenkassen. Beruflich erforderliche Imp- fungen werden in der Regel vom Arbeitgeber übernom- men. Darüber hinaus sind zahlreiche gesetzliche Kranken- kassen dazu übergegangen, auch Impfungen für private Auslandsreisen zu übernehmen. Eine Liste der Kranken- kassen veröffentlicht das CRM unter www.crm.de.

ZUR KOSTENÜBERNAHME

Meningokokken- Sepsis: Klinisches Bild am Knie eines Kleinkindes

Foto: Prof. Dr. Hansjörg Cremer

M E D I Z I N R E P O R T

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