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Archiv "Dysphagie: Wenn Schlucken eine Tortur ist" (28.03.2014)

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A 550 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 13

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28. März 2014

DYSPHAGIE

Wenn Schlucken eine Tortur ist

Das Management von oropharyngealen Dysphagien umfasst neben der Anamnese eine professionelle instrumentelle Ursachenabklärung im Vorfeld der Therapie.

S

chlucken ist eine halbreflek- torische Fähigkeit, die man täglich bis zu 2 000-mal ausführt.

An diesem hochkomplexen Prozess sind 56 Muskelpaare und – neben der zentralen Steuerung – mindes- tens fünf Hirnnerven beteiligt. „Bei mehr als fünf Millionen Menschen ist der Schluckvorgang jedoch ge- stört, Tendenz steigend“, sagte Dr.

med. Christiane Hey, Universität

Frankfurt/Main, auf dem 38. Inter- disziplinären Forum „Fortschritt und Fortbildung in der Medizin“ der Bundesärztekammer in Berlin. Grün- de hierfür seien der demografische Wandel, aber auch eine verbesserte Akutversorgung.

Multiple Erkrankungen aus den unterschiedlichen Fachgebieten kön- nen Schluckstörungen verursachen.

Neurologische Erkrankungen wie Schlaganfall, Demenz oder Parkin- son sind die häufigste Ursache. „Akut tritt bei jedem zweiten Schlagan- fallpatienten eine Dysphagie auf, bei jedem Vierten wird sie sogar chronisch“, berichtete Hay. Auch Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren sowie geriatrische und langzeitin - tubierte Patienten sind häufig be -

troffen. Der Verlust an Lebensqua- lität und eine finanzielle Belastung des Gesundheitssystems durch die Sekundärkomplikationen wie die Aspirationspneumonie und Malnu- trition sind die Folgen.

Zur Abklärung einer Dysphagie seien bildgebende Verfahren uner- lässlich, ergänzte Dr. Arno Olthoff vom Universitätsklinikum Göttin- gen. In der klinischen Routine ste-

hen die flexibel endoskopische Evaluation des Schluckvorganges (FEES) und die Videofluoroskopie (VFSS) zur Verfügung. Beide Ver- fahren erlauben die Untersuchung in aufrechter Position, belasten den Patienten aber mit Röntgenstrahlen.

Gezieltes Akutmanagement bei Schlaganfallpatienten Eine mögliche Alternative zur VFSS könnte die dynamische Echtzeit- Magnetresonanztomographie sein, die – ohne Röntgenbelastungen – 24,3 Bilder pro Sekunde liefert, so Olthoff. Allerdings findet diese Un- tersuchung in liegender Position statt, was zu einer Verlängerung des Schluckvorganges zu führen scheint. „Sie stellte bei unseren Un-

tersuchungen jedoch kein Hinder- nis dar“, berichtete Olthoff.

Die hohe Relevanz einer schlag- anfallbedingten Dysphagie zeigte Priv.-Doz. Dr. med. Tobias Warn- ecke, Klinik und Poliklinik für Neu- rologie des Universitätsklinikums Münster, auf: „Durch die zuneh- mend intensivere Behandlung von akuten Schlaganfallpatienten auf den zertifizierten Stroke-Units wur-

de immer offensichtlicher, welche immense Rolle Schluckstörungen für die Prognose dieser Patienten- gruppe besitzen.“ Bei konsequenter Anwendung der Dysphagiediagnos- tik steige die Zahl der Patienten mit Schluckstörungen auf bis zu 80 Pro- zent beim akuten Schlaganfall.

Durch gezieltes Akutmanagement dieses Symptoms könne das Out - come der Patienten verbessert wer- den. Dazu beigetragen haben in den letzten Jahren eine Erweiterung und Standardisierung von neurologischer Diagnostik und Therapie. So habe die schlaganfallbedingte Dysphagie Eingang in den Zertifizierungskata- log der Deutschen Schlaganfall-Ge- sellschaft (DSG) für Stroke-Units ge- funden und ist Bestandteil der Kom- Beim Schlucken wird die Nahrung durch eine Wellenbewegung der Zunge nach hinten transportiert und löst mit dem Passieren des vorderen Gaumenbogens den Schluckreflex aus (1. Phase). Anschließend (2. Phase) kommt es zu einem Verschluss des Velopharynx sowie der unteren Atemwege. Durch eine Kehlkopfbewegung kann sich der obere Ösophagussphinkter öffnen. Die Nahrung wird daraufhin durch den Zungen- stempel und die Kontraktion der Pharyxmuskulatur in den Ösophagus gepresst (3. Phase).

Abbildung: dpa

M E D I Z I N R E P O R T

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R

R steht für die Blutdruckmes- sung nach Riva-Rocci und wird in mmHg angegeben. Der Turiner Kin- derarzt hat seinerzeit erstmalig den systolischen Blutdruck (BD) mittels Oberarmmanschette palpatorisch be- stimmt. Die Bestimmung des diastoli- schen BD wurde erst durch die Kom- bination von Oberarmstauung und Auskultation durch den russischen Mi- litärarzt Korotkow möglich. RR kann

also strenggenommen nur für den systolischen Blutdruck stehen.

Die auskultatorische Bestimmung des systolischen und diastolischen Blutdrucks galt als Fortschritt und ist seit einem Jahrhundert unverändert die Basis für diagnostische und thera- peutische Entscheidungen. Tatsächlich war es ein Rückschritt: Denn Kreislauf- physiologen wie Étienne-Jules Marey in Paris hatten zuvor noch die gesamte Druckkurve im Auge – und nicht nur die beiden Extremwerte. Heute kehren wir aus berechtigtem Grund zurück zur Analyse der gesamten Druckkurve, zum Bespiel aufgezeichnet über der Bra- chialarterie mittels moderner Pulswel- lenanalyse. Nur so sind zwei aktuelle Empfehlungen der Europäischen Ge- sellschaften für Hypertonie und Kardio- logie zu erfüllen (1):

junge Patienten mit systolischer Hypertonie bei der konventionellen Messung über der Armarterie nicht zu behandeln und

die Pulswellengeschwindigkeit als Biomarker der vaskulären Funktion zu messen.

Was haben diese Empfehlungen miteinander zu tun? Die systolische Blutdruckerhöhung bei jungen Men- schen ist meistens bedingt durch eine Amplifikation (Erhöhung) der Druck- welle von der Brustaorta zum Mess- punkt in der Brachialarterie. Betroffen

sind insbesondere große, schlanke, sportliche Jugendliche und junge Er- wachsene. Die Amplifikation ist Aus- druck einer besonderen Gefäßelastizi- tät und/oder eines erhöhten Schlagvo- lumens bei niedrigem aortalem Blut- druck. Die Prognose ist dementspre- chend gut, und eine blutdrucksenken- de Therapie ist nicht erforderlich (2).

Ganz anders ist die Situation bei der isolierten systolischen Hypertonie

im Alter. Hier ist die systolische Druck- erhöhung Folge der erhöhten Reflexion der Druckwelle bei arterieller Gefäß - steifigkeit mit einer Augmentation des systolischen Blutdruckes. Die kon- ventionelle Messung über der Armarte- rie überschätzt den aortalen/zentralen Blutdruck bei jungen Menschen mit elastischen Gefäßen und unterschätzt diesen bei älteren Patienten mit Ge- fäßsteifigkeit und Arteriosklerose.

Eine Differenzierung ist nichtinva- siv nur mittels Pulswellenanalyse möglich. Hierbei wird der aortale Blut- druck über eine Transferfunktion er- rechnet und eine (vorhandene) Aug- mentation direkt abgeleitet. Die Be- stimmung der Pulswellengeschwindig- keit in m/sec ist ein wichtiger Parame- ter der Gefäßelastizität und Prädiktor kardiovaskulärer Ereignisse (3). Der Münchener Physiologe Otto Frank hat 1904 erstmalig die Pulswellenge- schwindigkeit mit 7 m/sec beim Hund beschrieben (4). Auch er hatte noch die gesamte Druckkurve im Auge (5)!

Fazit: RR über der Armarterie ge- messen reicht heute nicht mehr aus, um alle Formen der Hypertonie in je- dem Alter ausreichend genau zu cha- rakterisieren und eine adäquate Risi- kostratifikation zu erstellen.

@

Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit1314

KOMMENTAR

Prof. Dr. med. Martin Middeke, Hypertoniezentrum München

BLUTDRUCKMESSUNG MITTELS PULSWELLENANALYSE

RR reicht nicht mehr

plexbehandlung Schlaganfall des DRG-Systems. Ende 2012 wurden auf Anregung der DSG und der Deutschen Gesellschaft für Neu - rologie erstmalig deutschsprachige Expertenempfehlungen zum „Dys- phagiemanagement in der akuten Schlaganfallphase“ publiziert.

Neben einem standardisierten Aspirationsscreening und der kli - nischen Schluckuntersuchung kom- men zur Detektion stiller As pi - rationen sowie zur detaillierten Analyse des Pathomechanismus der Dysphagie auch apparative Verfah- ren, wie die FEES (modifiziertes Langmore-Protokoll) zum Einsatz.

Je nach Lokalisation des Schlagan- falles können sich die Störungsmus- ter der Dysphagie erheblich unter- scheiden. Entsprechend differen- ziert sind auch die protektiven und rehabilitativen Akutmaßnahmen, die von einer Kostadaptation bis hin zur Schutzintubation reichen.

Cave: Aspirationspneumonien vermeiden

„Im Vordergrund von therapeuti- schen Interventionen stehen vor al- lem das Vermeiden von dysphagie- assoziierten Aspirationen, die Prä- vention von Aspirationspneumo- nien sowie die Wiederherstellung und Verbesserung einer sicheren peroralen Ernährung der betroffe- nen Patienten“, führte Dr. Jörg E.

Bohlender vom Universitätsspital Zürich aus. Eine ursachen- und funktionsorientierte Behandlung von Schluckstörungen sei multimodal und beinhalte

Haltungsänderungen

Erhöhung des sensorischen Inputs vor der Schluckreflex - triggerung

Anwendung von direkten und indirekten Schluckmanövern

diätetische Maßnahmen

Mundhygiene, aber auch

chirurgische Maßnahmen.

Um eine optimale Diagnose und Therapie zu gewährleisten, so Boh- lender, bedarf es der Zusammenar- beit von Spezialisten aus der Hals- Nasen-Ohren-Heilkunde, Pneumolo- gie, Neurologie, Radiologie, Pflege, Physiotherapie, Ergotherapie, Logo- pädie und Ernährungsberatung.

Dr. med. Vera Zylka-Menhorn

M E D I Z I N R E P O R T

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