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Mehr messen, besser modellieren!

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Editorial SVT Oktober 2012

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Mehr messen, besser modellieren!

Liebe Leserinnen und Leser,

eine unserer zentralen Aufgaben als Verkehrsingenieur besteht darin, vorhandene oder zukünftige Zustände im Verkehr mit Hilfe geeigneter Kenngrößen quantitativ zu beschreiben. Wie viele Fahrzeugkilometer werden in einem Untersuchungsgebiet heute und zukünftig gefahren? Wie hoch ist der Anteil der einzelnen Verkehrsmittel?

Wie hoch sind die Fahrzeiten und welche Verlustzeiten treten auf? Wie verändert sich die Qualität des Verkehrsablaufs an einem Knotenpunkt bei einer veränderten Knotenpunktsteuerung? Die so ermittelten Zustände ermöglichen es uns in der Verkehrsplanung vorhandene Mängel zu erkennen, potenzielle Maßnahmen zu bewerten und schließlich geeignete Maßnahmen auszuwählen. Im laufenden Betrieb des Verkehrsangebots dienen die Verkehrszustände zum einen der Steuerung der Verkehrsbeeinflussungssysteme und zum anderen der Information der Verkehrsteilnehmer.

Wie ermitteln wir diese Zustände? Wir kombinieren Messungen mit mehr oder weniger komplexen Modellen. Messungen des Verkehrsgeschehens versprechen zwar auf den ersten Blick die besten Daten zur Beschreibung des vorhandenen Zustandes. Weil viele Daten jedoch nicht direkt oder nur sehr aufwändig über Befragungen oder Beobachtungen erfasst werden können, sind ergänzende Modellrechnungen meist unumgänglich. Zudem können Messungen nur Daten für den Ist-Zustand und nicht für zukünftige Zustände liefern. Beispiele für die Verknüpfung von Messdaten mit Modellen gibt es viele. Sie reichen von Verkehrsnachfragemodellen über die Modelle für die Leistungsfähigkeitsnachweise im Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen (HBS) bis hin zu Modellen für die Verkehrslageermittlung im Straßennetz. Fast alle Modelle benötigen dabei sowohl mikroskopische als auch makroskopische Messdaten. Mikroskopische Messdaten erfassen einzelne Verkehrsteilnehmer und liefern beispielsweise Informationen über die Zahl der täglichen Ortsveränderungen eines Menschen, über die Fahrzeiten eines Fahrzeuges zwischen zwei Punkten im Netz oder über die genutzten Zeitlücken an einer vorfahrtsgeregelten Kreuzung. Beispiele für makroskopische Messdaten sind lokal erfasste Verkehrsstärken und Geschwindigkeiten oder Siedlungsstrukturdaten, mit denen sich die Verkehrserzeugung erklären lässt: Einwohnerzahlen, Arbeitsplätze, Einkaufsgelegenheiten, etc.

Es ist unmittelbar einsichtig, dass die Qualität der mit Modellen ermittelten Verkehrszustände vom Umfang und von der Qualität der Eingangsdaten maßgeblich beeinflusst wird. Mehr messen, besser modellieren! Die aktuelle Verkehrslage im Straßennetz lässt sich exakter beschreiben, wenn nicht nur auf lokal gemessene Verkehrsstärken und Geschwindigkeiten zurückgegriffen werden kann, sondern wenn Fahrzeiten direkt gemessen werden. Auch bei den HBS-Verfahren würde an der einen

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Editorial SVT Oktober 2012

2 oder anderen Stelle mehr Empirie die Qualität der Ergebnisse verbessern. Beispielhaft seien hier die Zeitlücken an Kreisverkehren oder der Einfluss von Fußgängern an den Kreisverkehrsausfahrten genannt. Und in der Verkehrsnachfragemodellierung können wir mit den bei Haushaltsbefragungen üblichen Stichprobengrößen zwar Aktivitätenhäufigkeiten, Fahrtweitenverteilungen und Verkehrsmittelpräferenzen statistisch repräsentativ ermitteln. Aber eine direkte Beobachtung der Zielwahl zur Kalibrierung oder zur Validierung der Modelle ist bisher nicht möglich.

Seit einiger Zeit stehen neue Datenquellen für die Anwendung im Verkehrswesen zur Verfügung, die sich bereits in Testanwendungen oder im Praxiseinsatz bewährt haben.

Dazu gehören Floating Car Daten, Daten aus Kennzeichenerfassungssystemen, aus Mobilfunknetzen oder aus Bluetooth-Detektoren. Für etwa 70 Millionen Euro Investitionskosten könnte man die Fahrzeiten im deutschen Autobahnnetz zwischen den Anschlussstellen exakt erfassen und auch die Befolgungsgrade von Verkehrsbeeinflussungssystemen kontinuierlich beobachten. Die Kosten für die Erfassung der Fahrzeiten im Hauptstraßennetz einer Stadt mit Bluetooth-Detektoren belaufen sich grob geschätzt auf gut eine Million Euro. Und Daten aus Mobilfunknetzen (NetFCD) würden es uns ermöglichen sowohl Fahrzeiten als auch die großräumige Zielwahl im Straßen- und Schienenverkehr zu erfassen.

Ja, ich weiß sehr wohl, dass es bei all diesen neuen Datenquellen Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes gibt. Umso wichtiger ist es, dass wir uns dieses Themas annehmen und hier eine bundesweit einheitliche Regel anstreben.

Ja, ich weiß, dass das alles Geld kostet. Aber mehr und genauer messen rechnet sich!

Mehr messen und mit den Messdaten besser modellieren, das schafft bessere Grundlagen für Entscheidungen - in der Verkehrsplanung, in der Verkehrssteuerung und für den einzelnen Verkehrsteilnehmer.

Markus Friedrich

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