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Archiv "Milch und Joghurt als Salmonellenschutz" (03.05.1996)

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D

er Anteil der Bevölkerung über 65 Jahre wird in den kommenden Jahren und Jahr- zehnten deutlich zunehmen, im Jahre 2010 werden über zwölf Mil- lionen Menschen 65 Jahre oder älter sein. Maßnahmen zur Primär- und Se- kundärprävention werden zuneh- mend von Bedeutung, damit bei län- gerem Leben auch die Lebensqualität verbessert wird. Heute gilt als gesi- chert, daß Bewegungsmangel einen eigenständigen Risikofaktor für kar- diovaskuläre Erkrankungen darstellt.

Stellungnahmen der amerikanischen Herzgesellschaft (AHA), der engli- schen Ärztevereinigung (Royal Col- lege of Physicians) sowie der inter- nationalen Sportärztevereinigung (FIMS) gemeinsam mit dem Deut- schen Sportärztebund und der WHO haben dies 1994 im Rahmen einer weltweiten Deklaration bekräftigt (1, 2, 6, 13, 14). Weiterhin ist eindeutig gesichert, daß körperliche Aktivität zur Primär- und Sekundärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen bei- trägt (1, 2).

Schließlich ist auch für andere Krankheiten belegt, daß regelmäßige körperliche Aktivität Ausmaß und Schweregrad der Erkrankung günstig beeinflußt, so bei Bluthochdruck, bei Erkrankungen des Bewegungsappa- rates, bei Osteoporose, Diabetes mel- litus und obstruktiven Atemwegs- erkrankungen (2, 4, 14). Körperliche Aktivität verstärkt eine positive Le- benseinstellung und wird erfolgreich zur Krankheitsbewältigung und sozia- len Eingliederung eingesetzt.

Gefährdung durch körperliche Aktivität

Wenngleich der körperlichen Be- wegung eine hohe positive Bedeutung zukommt, besteht dennoch ein Risiko durch Sportverletzungen und kardia- le Zwischenfälle. Bei strenger Ko- sten-Nutzen-Betrachtung überwiegt jedoch der Nutzen (2, 10). Vorsorge- untersuchungen und fachgerechte

Trainingsberatung durch Sportärzte helfen, Zwischenfälle und Verletzun- gen zu vermeiden.

Mit erhöhtem Risiko verbunden ist die Aufnahme oder Wiederaufnah- me des Trainings nach langer Sport- pause mit zu starker Intensität und fehlendem dosierten Trainingsauf- bau.

Vorsorgeuntersuchungen

Der Wert von Vorsorgeuntersu- chungen vor sportlicher Betätigung war und ist nicht unumstritten. Ver- schiedene Fachgesellschaften haben nach Analyse der aktuellen Literatur jedoch praxisnahe Empfehlungen er- arbeitet. Aus Kostengründen und bei einer noch nicht ausreichenden Zahl von Ärzten mit der Zusatzbezeich- nung Sportmedizin werden heute folgende Empfehlungen gegeben (2, 4, 10):

Vorsorgeuntersuchungen sollten erfolgen:

1 bei asymptomatischen Personen über 40 Jahre (eventuell über 35 Jah-

re), die neu mit intensivem Sport be- ginnen wollen;

1 bei Personen ohne manifeste Er- krankung, jedoch mit einem oder mehreren Risikofaktoren;

1 bei asymptomatischen Personen mit mehr als einem Risikofaktor;

1 bei Personen mit durchgemachten Erkrankungen, speziell des Herz- Kreislauf-Systems.

Die Vorsorgeuntersuchung um- faßt stets den Halte- und Bewegungs- apparat, vor allem aber Herz, Kreis- lauf und Lungen. Aus sportmedizini- scher Sicht ist eine qualifiziert durch- geführte Belastungsuntersuchung ob- ligater Bestandteil einer Vorsorgeun- tersuchung. Wiederholungsuntersu- chungen bei asymptomatischen Per- sonen sollten möglichst alle zwei, mindestens aber alle fünf Jahre erfol- gen, bei Patienten jährlich.

Allgemeine Grundlagen des Trainings

Trainingsziel ist die Verbesserung der überwiegend konditionellen (Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit) und der koordinativen Beanspruchungs- formen (Flexibilität, Koordination).

Die Trainingswirkung hängt vom Trai- ningsreiz (Reizintensität, Reizdichte) und der individuellen Trainierbarkeit ab (Veranlagung). Wirksame Trai- ningsreize setzen eine Mindesthäufig- keit und -dauer des Trainings voraus.

Einige trainingsphysiologische Grund- regeln sind im Textkasten aufgeführt.

Auch im Alter ist ein regelmäßiges Training wirksam, der Trainingszu- wachs erfolgt jedoch langsamer und ist geringer als bei jüngeren Personen.

Unter Breitensport versteht man eine sportliche Betätigung ohne ein Trainingsprogramm zur systemati- schen Leistungssteigerung. Der Sport wird vorwiegend zur Unterhaltung und zum Vergnügen betrieben, ver- bunden mit der Teilnahme an einer Gemeinschaft oder Gruppe (7).

Die Sportarten werden nach dy- namischen und statischen Anteilen

A-1192 (52) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 18, 3. Mai 1996

Trainingsberatung für Sporttreibende

Sport und körperliche Aktivität sind wichtiger Bestandteil einer gesunden Lebensführung und einer Prävention.

Im Vergleich zu anderen Risikofaktoren beraten Ärzte noch zu selten fachge- recht zu Sport und Training. Eine solche Beratung soll einerseits Verletzungen oder gesundheitliche Gefährdungen vermeiden, andererseits erwartet der Patient konkrete Trainingsanleitungen.

Hans-Hermann Dickhuth

1

Herbert Löllgen

2

1 Medizinische Klinik und Poliklinik, Abtei- lung Sportmedizin (Direktor: Prof. Dr. med.

Hans-Hermann Dickhuth), Eberhard-Karls-Uni- versität Tübingen

2 Medizinische Klinik, Kardiologie (Direktor:

Prof. Dr. med. Herbert Löllgen), Klinikum Rem- scheid, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Bochum

(2)

eingeteilt (Tabelle 1). Voruntersu- chungen sind für Personen über 35 Jahre zu empfehlen, für Patienten sind sie obligat. Hier ist mitunter ei- ne fachkardiologische oder pneumo- logische Zusatzuntersuchung not- wendig, um Funktionszustand und Leistungsfähigkeit abschätzen zu können.

Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit

Für Breitensportler und Patien- ten sind Leistungsfähigkeit und Be- lastbarkeit zu unterscheiden. Unter Leistungsfähigkeit versteht man die maximal erreichbare Leistungsstufe für eine gegebene Beanspruchungs- form. Belastbarkeit ist die höchste er-

reichbare Belastungsstufe, auf der noch keine pathologischen Befunde oder Symptome auftreten. Belastbar- keit ist somit die höchste Belastungs- stufe, auf der ein Patient sich belasten

kann, ohne daß eine kardiopulmonale Gefährdung eintritt (1, 2, 7, 8).

Die Empfehlung zur Trainingsin- tensität (Tabelle 2) hängt von der Be- lastbarkeit ab, das heißt von der klini- schen Symptomatik und der kardio- pulmonalen Funktion. Allgemein gilt, daß Meßgrößen in Körperruhe keine Abschätzung der Belastbarkeit zulas- sen. Auch die Leistungsfähigkeit (zum Beispiel in Watt) erlaubt keinen Rückschluß auf die Belastbarkeit (8).

Trainingsbeginn

Die Aufnahme oder Wiederauf- nahme des Trainings nach mehr oder weniger langer Trainingspause sollte nur nach einer Vorsorgeuntersuchung erfolgen. Ein dosiertes Aufbautrai- ning, möglichst unter Anleitung eines Trainers (Verein), ist unbedingt anzu- raten (Textkasten). Dies gilt noch mehr für diejenigen, die im höheren Alter neu mit Sport beginnen.

Bei diesen Personen sind eine eingehende gesundheitliche Untersu- chung und ein qualifiziertes Bela- stungs-EKG erforderlich. Anschlie- ßend erfolgt die sportärztliche Bera- tung. Es sollen solche sportlichen Ak- tivitäten empfohlen werden, die Le- bensstil, Umgebung (Stadt, Land) und Gesundheitszustand berücksich- tigen. Ein Anschluß an einen Verein oder an Krankheitsbildern orientierte Gruppen (Herzgruppen, Diabetes oder andere) ist bei Patienten anzura- ten. Auf verstärkte Aktivitäten im täglichen Leben ist unbedingt hinzu- weisen, zum Beispiel Treppensteigen statt Aufzug fahren, Gehen statt Au- tofahren und anderes mehr.

M E D I Z I N DIE ÜBERSICHT

Tabelle 2

Beurteilung der relativen Intensität der körperlichen Belastung

O2max RPE Beschreibung

HFmax oder HF-Rmax

,35% ,30% ,10 Sehr leicht

35–59% 30–49% 10–11 Recht leicht

60–79% 50–74% 12–13 Etwas anstrengend

80–89% 75–84% 14–16 Anstrengend

.90% .85% .16 Sehr anstrengend

Abkürzungen: V· O2max: maximale Saurstoffaufnahme. Bei Patienten ist meist die höchste erreichte Sauerstoffaufnahme gemeint („peak V· O2“ oder maxV· O2);

HFmax: maximale Herzfrequenz; HF-Rmax: Herzfrequenz-Reserve RPE: Leistungsempfinden („ratings of perceived exertion“) (Tabelle 3) Tabelle 1

Einteilung verschiedener Sportarten nach statischen und dynamischen Anteilen

Dynamische Komponente

Niedrig Mittel Hoch

I. Niedrige statische Billard Baseball Badminton

Komponente Bowling Softball Langlauf-Ski

Kricket Tisch-Tennis Feld-Hockey Curling Tennis (Doppel) Orientierungslauf

Golf Volleyball Laufen (Walking,

Joggen)

Langstreckenlauf Soccer, Fußball Squash Tennis (Einzel) II. Mittlere statische Bogenschießen Fechten Basketball Komponente Autorennen Leichtathletik Eis-Hockey

Tauchen Eiskunstlauf Langlauf-Ski

Reiten Football Fußball

Motorradfahren Rugby Laufen (Mittel- Laufen (Sprint) strecke)

Surfen Schwimmen

Handball III. Hohe statische Bob/Schlitten- Body-Building Boxen

Komponente fahren Ski, Abfahrt Kanu/Kajak-

Leichtathletik Ringen Fahren

(Wurfdisziplinen) Radfahren

Gymnastik Mehrkampf

Karate/Judo (Leichtathletik)

Segeln Rudern

Klettern Eisschnell-Laufen

Wasserski Gewichtheben

Anmerkung: Diese Einteilung stammt aus der amerikanischen Literatur (Maron BJ, 1994) und berücksichtigt auch die dortigen Sportarten.

(3)

Beurteilung der Trainingsintensität

Herzfrequenz: Die Herzfrequenz ist die „klassische“ Größe, aus der Empfehlungen zur Trainingsinten- sität abgeleitet werden. Als Richtlinie gilt aus der ergometrischen Untersu- chung die Formel:

1 Trainingsherzfrequenz = 60 (50 bis 75) Prozent der Herzfrequenzreserve + Ruhe-Herzfrequenz (min21) 1 Herzfrequenzreserve = Maximale Herzfrequenz – Ruhe-Herzfrequenz Vereinfacht gilt auch:

1 Trainingsherzfrequenz = 180 – Alter (J.) (min 21)

Diese Empfehlung gilt für dyna- mische Aktivitäten, sie können auf Watt umgerechnet werden (Ergome- ter, Laufband) oder auf metabolische Äquivalente (MET) der Sauerstoff- aufnahme (1 MET = 3,5 mlV·02/min/

kg). Tabelle 2 zeigt einige Parameter zur Einteilung der Trainingsintensität.

Zu beachten ist, daß die Herzfrequenz in Ruhe und bei Belastung eine nicht unerhebliche Streubreite aufweist.

Leistung: Die erzielte Leistung (in Watt) ist bei Patienten keine ausrei- chend zuverlässige Grundlage zur Trai- ningsbeurteilung. Bei gesunden Perso- nen läßt sich eine grobe Unterteilung treffen: Wer 75 Watt leisten kann, ist in aller Regel in der Lage, leichte Übun- gen und Trainingsbelastungen durch- zuführen. Wer 125 Watt und mehr schafft, kann sich intensiver belasten.

Bei Patienten mit kardialen Er- krankungen wird diese Einteilung auch benutzt (zum Beispiel Herz- gruppenteilnahme), sie berücksichtigt aber nicht die Belastbarkeit (siehe oben). Vor allem Patienten mit mittel- schwerer oder schwerer linksventri- kulärer Funktionsstörung sind oft in der Lage, eine relativ hohe Leistung (in Watt) zu bringen. Dabei kommt es aber zu erheblichen Anstiegen des linksventrikulären Füllungsdruckes und einer Beeinträchtigung der links- ventrikulären Funktion. Die Belast- barkeit wird deutlich überschritten.

Zur sicheren Beurteilung sind weiter- gehende Untersuchungsgrößen her- anzuziehen (5, 8, 11, 12).

Leistungs- und Dyspnoeempfin- den: Für das Leistungs- und Dyspnoe- empfinden (RPE, RPD) gelten die aufgeführten Intensitäten als Richtli-

nie (Tabelle 2 und 3). Wie zahlreiche Untersuchungen ergeben haben, ist die Mehrzahl der Probanden und Pa- tienten in der Lage, die Empfindung für eine bestimmte Leistung oder An- strengung mit dieser Skala abzuschät- zen. RPE unter zwölf bedeutet eine Trainingsintensität von 40 bis 60 Pro- zent der maximalen Leistung, 13 von 60 bis 75 Prozent und 14 bis 16 von 75 bis 90 Prozent. Für Patienten mit ob- struktiven Lungenkrankheiten gelten die entsprechenden Zahlen der Dys- pnoeskala.

Laktatbestimmung: Die Ent- wicklung kleiner und preiswerter Geräte zur Laktatmessung hat die Be- stimmung der Laktatkonzentration

während Belastung populär gemacht.

Die scheinbar einfache „Meßgröße Laktat“ wird aber überschätzt und die zugrundeliegende Physiologie unzu- reichend beachtet (2, 8, 14).

Ein Ausdauertraining soll unter- halb der anaeroben Schwelle erfolgen (Textkasten). Dieser aerob-anaerobe Übergang ist – vereinfacht definiert – der steile, das heißt exponentielle An- stieg der Laktatkonzentration bei stu- fenweise ansteigender Belastung.

Anfänger und wenig geschulte Sport- ler belasten sich häufig zu hoch, das heißt, auf einer gegebenen Be-

lastungsstufe liegen die Laktatwer- te im Bereich oder oberhalb der an- aeroben Schwelle (ein grobes Maß ist 3 bis 4 mmol/l).

Trainingsempfehlungen

Für gesunde Probanden (Freizeit und Breitensportler) gilt eine Bela- stungsintensität von 60 bis 75 Prozent der maximalen Leistungsfähigkeit mit einer Dauer von mehr als 30 Minuten pro Trainingseinheit und einer Häu- figkeit von drei oder mehr pro Woche als Richtgröße.

Ein körperliches Training bei Patienten mit koronarer Herzkrank- heit ist wesent- licher Bestand- teil einer nicht- medikamentösen Therapie. Die Wirksamkeit bei Primär- und Se- kundärpräventi- on ist gesichert (1, 2, 4, 6, 13).

Das Ausdauer- training sollte mit einer Inten- sität von 50 bis 75 Prozent der ma- ximalen Belast- barkeit möglichst dreimal pro Wo- che erfolgen. Die Mehrzahl der Pa- tienten mit ko- ronarer Herz- krankheit be- treibt ihr Trai- ning im Rahmen von Herzgrup- pen, die bundes- weit in großer Zahl bestehen. Bei ein- geschränkter Belastbarkeit erfolgt die Teilnahme an Übungsgruppen.

In früheren Jahren wurde Patien- ten mit Herzinsuffizienz stets zur kör- perlichen Schonung geraten. Zahlrei- che Untersuchungen der letzten Jahre haben aber gezeigt, daß eine körperli- che Schonung die periphere Anpas- sung beeinträchtigt und die kardiale Funktion und Belastbarkeit ver- schlechtert. Regelmäßige Bewegung und ein vorsichtiges, dosiertes Trai- ning, in manchen Fällen auch intensi- ves Üben, verbessern die Leistungs-

A-1194 (56) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 18, 3. Mai 1996

Grafik: Schematische Darstellung der Laktatkonzentration, bezogen auf die Leistung (Belastung) in Watt, vor (blaue Kurve) und nach einem Trainingsprogramm (rote Kurve). Der Beginn des steilen Anstieges stellt den aerob-anaeroben Übergang dar.

14 12 10 8 6 4 2 0

R Belastung (Watt)

Laktat (mmol/l)

Grafik

(4)

fähigkeit von Patienten mit Links- herzinsuffizienz. Spezielle Kenntnisse bei Ärzten und Übungsleitern sind für die Betreuung solcher Patienten er- forderlich. Voruntersuchungen bein- halten eine Spiroergometrie und je nach Schweregrad die Rechtsherzka- theteruntersuchung.

Die Trainings- oder Übungsin- tensität liegt bei 70 bis 80 Prozent der höchsten erzielten Sauerstoffaufnah- me („peak V·02“). Diese Größe ent- spricht nicht der maximalen Sauer- stoffaufnahme („maxV·

02“). Bei vor- sichtigem Trainingsbeginn liegt die Intensität bei 60 bis 65 Prozent. Als Richtgröße für die Herzfrequenz gel- ten 60 bis 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz im Belastungstest (Ta- belle 2). Die Spiroergometrie ist aber zur Beurteilung zuverlässiger. Das Leistungsempfinden als Richtwert sollte um 12 bis 13 auf der Borg-Skala liegen. Die Trainingsdauer beträgt an- fangs 10 bis 15 Minuten mit Trainings- einheiten von ein bis zwei Minuten (sogenanntes Intervalltraining), da- nach einer Pause von einer Minute.

Die Trainingshäufigkeit liegt bei zwei bis fünf/Woche, sollte aber an die in- dividuelle Situation des Patienten an- gepaßt werden. Entscheidend ist, daß die Patienten auch außerhalb der Trainingsphasen sich regelmäßig be- wegen.

Leistungsbegrenzend ist bei Pati- enten mit angeborenen oder erworbe- nen Vitien meist die linksventrikuläre Funktion oder das Ausmaß der Ste- nose bei Vitien mit Klappenstenosen (8, 11). Umfang und Intensität des Trainings hängen von der Schwere der Klappenstenose oder -insuffizienz ab sowie von der linksventrikulären Funktion. Patienten mit protheti- schem Klappenersatz gehören eben- falls in diese Gruppe. Zu den Vorun- tersuchungen vor Trainingsbeginn gehören auch Spiroergometrie und im Einzelfall der Rechtsherzkatheter.

Ein erhöhter arterieller Blutdruck stellt heute eine Indikation zum kör- perlichen Training dar. Dieses entfal- tet eine ähnliche blutdrucksenkende Wirkung wie eine medikamentöse Monotherapie. Vor allem Patienten mit Übergewicht, mildem Hochdruck oder mit noch nicht lange bestehen- dem Hochdruck profitieren vom Trai- ning. Empfehlungen für das Training

sind von der Deutschen Hochdruckli- ga erarbeitet worden. Sie richten sich nach den Blutdruckwerten während eines standardisierten Belastungs- tests, gegebenenfalls nach der Lang- zeitblutdruckmessung. Die Trainings- intensität folgt den üblichen Richt- werten (Textkasten).

Trainingsempfehlungen für Pati- enten mit Rhythmusstörungen richten sich nach der Grundkrankheit und dem Auftreten oder der Provozierbar- keit bei oder durch Belastung. Die In- tensität liegt im gleichen Bereich wie bei anderen kardialen Krankheiten, sie entspricht eher den Empfehlungen wie bei Herzinsuffizienz. Bei Patien- ten mit komplexen ventrikulären Arr- hythmien muß das Training anfänglich

durch ein Langzeit-EKG überwacht werden. Eine Teilnahme an den Herz- gruppen wird gerade bei diesen Pati- enten dringend empfohlen.

Ein regelmäßiges körperliches Training wird nicht nur bei Herz- und Kreislaufkrankheiten, sondern auch bei Lungenkrankheiten mit Erfolg durchgeführt. Allerdings sind die Möglichkeiten für Lungenkranke, sich einer entsprechenden Trainings- gruppe anzuschließen, wegen fehlen- der Gruppen geringer (3).

Bei Patienten mit Asthma bron- chiale gilt ein körperliches Training als wichtiger Bestandteil einer soge- nannten ganzheitlichen Therapie.

Durch ein Trainingsprogramm kann die Leistungsfähigkeit von Asthma- patienten deutlich gebessert werden, sowohl bei Kindern, Jugendlichen als auch älteren Patienten. Auch bei Pati- enten mit chronischer Bronchitis kann durch ein Training die Lei- stungsfähigkeit gesteigert werden.

Vor Trainingsbeginn ist eine einge- hende Lungenfunktionsprüfung er- forderlich.

Bei Asthma und obstruktiver Bronchitis sollte der Einsekunden- wert (FEV1.0) nach Bronchospasmo- lyse etwa über 60 bis 70 Prozent des Sollwertes liegen, eine Ergometerbe- lastung von 50 Watt oder mehr ist eine weitere Voraussetzung für die Teil- nahme an einem Trainingsprogramm.

Die Trainingsempfehlung richtet sich nach der Herzfrequenz (60 bis 80 Prozent der maximalen Herzfre- quenz). Als einfach zu messender bronchopulmonaler Parameter kann der „Peakflow“ unter Belastung ein- gesetzt werden.

Trainingsumfang und -häufig- keit entsprechen den allgemeinen Trainingsempfehlungen (Textkasten).

Zum Trainingsprogramm der Lun- genkranken gehören eine gezielte Atemgymnastik (Atemschulung, Kräftigung der Atemmuskulatur) so- wie die Unterweisung in der Handha- bung von Dosieraerosolen, sofern keine Patientenschulung parallel er- folgt. Bei belastungsinduziertem Asthma hat sich Sport in der Halle bei höheren Temperaturen bewährt, vor allem Schwimmen in der Halle ist zu empfehlen. Bei Belastungs-Asthma sollte vor Sportbeginn ein Bronchodi- latator verabreicht werden.

M E D I Z I N DIE ÜBERSICHT

Vorschläge für ein körperliches Präventionstraining 1. Schwerpunkt des Trainings:Aus-

dauertraining: Dynamische Be- lastungen größerer Muskelgrup- pen. Ergänzend: Training von Flexibilität, Koordination und Kraft (unter Anleitung)

2. Energieumsatz: Über 1 500 bis 2 000 Kcal/Woche, zum Beispiel:

zwei bis drei Stunden/Woche Laufen, drei bis vier Stunden/

Woche Radfahren oder Schwim- men. Merke: Auch ein geringe- rer Trainingsumfang ist allge- mein und präventivmedizinisch wirksam.

3. Belastungsintensität: Unterhalb der Ausdauerleistungsgrenze (75 bis 85 Prozent der Dauerlei- stungsgrenze, oder 50 bis 75 Pro- zent der maximalen Herzfre- quenz oder der maximalen Sau- erstoffaufnahme, unterhalb der aerob-anaeroben Schwelle) 4. Belastungsdauer: .20 Minu-

ten/Trainingseinheit, möglichst zwei- bis dreimal/Woche 5. Trainingsbeginn: Belastung über

5 Minuten, Erholung 1 bis 3 Minuten, Belastungssteigerung fünf bis 10 Prozent pro Monat.

6. Vorsorgeuntersuchung: Sport- ärztliche Voruntersuchung vor Trainingsbeginn, danach einmal jährlich (mindestens alle 2 Jahre) 7. Alter: Alter schützt vor Training nicht! (Auch im Alter kann man wirksam trainieren!)

(5)

A-1198 (60) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 18, 3. Mai 1996 Ausdauertraining ist das bevor-

zugte Ziel bei Herz- und Lungen- krankheiten sowohl bei der Primär- als auch bei der Sekundärprävention.

Man muß aber heute mit gleichem Nachdruck ein umfassenderes Trai- ningsprogramm fordern, welches die Koordination und Flexibilität verbes- sert. Schließlich kann auch ein dosier- tes Krafttraining unter qualifizierter fachlicher Anleitung (Sportlehrer, Übungsleiter) bei kardialen und pul- monalen Krankheiten durchgeführt werden. Vor allem bei älteren Patien- ten sollte vermehrt ein solches umfas- sendes Trainingskonzept verwirklicht werden, weil damit eine länger dau- ernde Selbstversorgung möglich wird, zugleich werden Stürze und Fraktu- ren im täglichen Leben durch ein sol- ches Training reduziert (2).

Leider haben sich die Erkennt- nisse zur Bedeutung des Trainings noch nicht bei den Krankenkassen und Kostenträgern durchgesetzt, da für Kliniken Räume und Personal für ein Trainingsprogramm in den Pflege- satzverhandlungen nicht zugestanden werden. Hier besteht ein sehr großer Nachholbedarf. Durch ein Training in den Akutkliniken könnte die zuneh- mende Pflegebedürftigkeit vor allem älterer Patienten vermindert werden.

Eine Trainingsbehandlung ist aus sportärztlicher Sicht oft wirksamer als manches Medikament mit zweifelhaf- tem Wirksamkeitsnachweis. Konkret werden für Akutkliniken Sportlehrer und Übungsleiter sowie Ergothera- peuten und Krankengymnasten in sehr viel größerer Zahl benötigt.

Neben dem Training in Gruppen und Vereinen ermöglicht auch der Alltag Übungs- und Trainingsmög- lichkeiten, die unzureichend genutzt werden: Treppensteigen statt Aufzug benutzen, zum Briefkasten gehen

statt zu fahren, Fußmärsche nicht als Belastung, sondern als willkommene Gelegenheit zur Bewegung empfin- den und anderes mehr.

Körperliches Training ist kein Allheilmittel, jedoch eine wichtige Ergänzung zur Primär- und Sekun- därprävention und unverzichtbarer Bestandteil des Behandlungsspek- trums verschiedener Krankheiten.

Alle Ärzte sollten sportmedizinische Kenntnisse besitzen. Da aber nicht al- le Ärzte sportmedizinisch ausgebildet sind und mitunter Vorbehalte dem Training und dem Sport gegenüber haben, sollte der Patient in Zweifels- fällen einen Arzt zur Beratung aufsu-

chen, der neben seinem „Hauptge- biet“ auch die Zusatzbezeichnung Sportmedizin besitzt. Alle Ärzte sind gefordert, diesen Beratungsbereich verstärkt zu betreiben. Nicht-Ärzte tun dies schon lange mit Erfolg.

Informationen über Training bei Herz- und Lungenkrankheiten sind bei allen Sportärztebünden bezie- hungsweise dem Deutschen Sportärz- tebund (Heidelberg) erhältlich, bei der Deutschen Gesellschaft für kardiologi- sche Prävention und Rehabilitation (DGPR, Koblenz) sowie bei allen Lan- dessportbünden. Nachdrücklich soll- ten die Patienten auf die örtlichen Sportvereine verwiesen werden, die heute in großem Umfang mit bewähr- ten Übungsleitern Sportprogramme zur Gesunderhaltung und bei Krank- heiten anbieten. Bei Fitneßzentren ist auf ein Gütesiegel zu achten, vor allem aber auf die Empfehlung des Deut- schen Sportärztebundes.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1996; 93: A-1192–1198 [Heft 18]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.

Anschrift der Verfasser:

Prof. Dr. med.

Hans-Hermann Dickhuth

Medizinische Klinik und Poliklinik Abteilung Sportmedizin

Hölderlinstraße 11 72074 Tübingen

Prof. Dr. med. Herbert Löllgen Medizinische Klinik, Kardiologie Klinikum Remscheid

Burger Straße 211 42859 Remscheid Tabelle 3

Einteilung des

Leistungs- und Dyspnoeempfindens

6 6

7 Sehr, sehr 7 Sehr, sehr

leicht gering

8 8

9 Sehr leicht 9 Sehr gering

10 10

11 Recht leicht 11 gering

12 12

13 Etwas 13 ziemlich anstrengend stark

14 14

15 Anstrengend 15 stark

16 16

17 Sehr 17 Sehr anstrengend stark

18 18

19 Sehr, sehr 19 Sehr, sehr anstrengend stark

20 20 zu stark, geht

nicht mehr Der Beginn der Skalen bei 6 beruht auf der nicht-linearen Beziehung zur Lei- stungsfähigkeit (in Watt) (Links: Skala des Leistungsempfindens; Rechts: Skala des Dyspnoeempfindens)

Zumindestens im Tierversuch schützen kalziumhaltige Milch und Joghurtbakterien vor einer Salmonel- leninfektion. Ratten wurden mit Sal- monella enteritidis infiziert und er- hielten am darauffolgenden Tag kal- ziumhaltige und kalziumfreie Milch oder Joghurt. Unter normaler Milch

und Joghurt war eine deutliche Stei- gerung der Resistenz gegenüber einer Salmonelleninfektion zu verzeich- nen, die auf eine Abnahme der lumi- nalen zytolytischen Aktivität oder ei- ne Abnahme der für das Wachstum der Bakterien notwendigen Eisenio- nen zurückzuführen war. Ob aller-

dings diese Beobachtungen auch für den Menschen zutreffen, ist derzeit

noch nicht bekannt. W

Bovee-Oudenhoven I, Termont D, Dek- ker R, Van der Meer R: Calcium in milk and fermentation by yoghurt bacteria in- crease the resistance of rats to salmonel- la infection, Gut 1996; 38: 59–65 Department of Nutrition, Netherlands Institute for Dairy Research, Ede, Nie- derlande

Milch und Joghurt als Salmonellenschutz

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