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Archiv "60 Jahre Bundesärztekammer: „Wir wissen, was wir wert sind.“" (02.11.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 44⏐⏐2. November 2007 A2983

P O L I T I K

D

er gestrenge Blick des Be- gründers der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutsch- land geht über die Köpfe der Festgäs- te hinweg, die sich am 25. Oktober im Berliner Roten Rathaus zur 60- Jahr-Feier der Bundesärztekammer (BÄK) eingefunden haben. Bis- marcks Reform war, wie Prof. Dr.

med. Dr. phil. Klaus Bergdolt, Di- rektor des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin an der Uni- versität zu Köln, in seinem Festvor- trag „Ärzte und Wettbewerb“ dar- legte, „nicht ganz so unschuldig, wie das manchmal dargestellt wird“. Bismarck habe gesunde Menschen für die boomende Groß- und Schwerindustrie gebraucht. Mit der Reform sollte Deutschland im wirtschaftlichen und militärischen Wettbewerb mit den Großmächten gestärkt werden.

Das rund 20 Quadratmeter große Gemälde „Der Berliner Kongress von 1878“ von Anton von Werner, das den Großen Saal des Rathauses schmückt, zeigt Otto von Bismarck als „ehrlichen Makler“ inmitten der

Außenminister und anderer hoch- rangiger Vertreter der damaligen europäischen Großmächte. Fürsten und Minister gaben der Bundesärz- tekammer zur Jubiläumsveranstal- tung allerdings nicht die Ehre, dafür aber viele Mitglieder des Bundes- tages, die in den Fraktionen für die Gesundheitspolitik zuständig sind.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hatte so kurz vor dem Bundesparteitag der SPD vordringli- chere Termine. Der Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Dr. Klaus Theo Schröder, überbrachte die besten Wünsche der Ministerin, die sich bereits auf dem Weg nach Hamburg befinde. „Des- halb habe ich heute das Vergnügen, mit Ihnen hier zu feiern.“

Die Aufgabenvielfalt der Bun- desärztekammer, betonte Schröder in seinem Grußwort, lasse sich schon an den Themen der Deut- schen Ärztetage ablesen. Als ein kri- tischer Begleiter im deutschen Ge- sundheitswesen habe die Bundes- ärztekammer in den vergangenen Jahrzehnten sehr viel zur Leistungs-

fähigkeit des deutschen Gesund- heitswesens beigetragen. Schröder hob als Verdienste der BÄK das En- gagement für die Qualitätssicherung und ihre wichtige Rolle im Trans- plantationswesen hervor. Trotz Dif- ferenzen in vielen gesundheitspoli- tischen Fragen könne man auf eine ganze Reihe erfolgreicher Koopera- tionen zurückblicken. Dies gelte auch für den gemeinsam von BMG, BÄK und Kassenärztlicher Bundes- vereinigung (KBV) gestifteten Preis zur Aufarbeitung der Geschichte der Ärzteschaft in der NS-Zeit. Das BMG unterstütze das Vorhaben der 60 JAHRE BUNDESÄRZTEKAMMER

„Wir wissen, was wir wert sind.“

Mit einer Veranstaltung im Großen Saal des Roten Rathauses in Berlin wurde das Jubiläum feierlich begangen.

Jörg-Dietrich Hoppe:„Wir haben in Deutschland eine im- plizite Rationierung.

Menschen mit der gleichen Krankheit werden unterschied- lich behandelt.“

Festlich:Der Große Saal im Roten Rat- haus mit dem Gemäl- de „Der Berliner Kon- gress von 1878“ bot den geeigneten Rah- men für die Jubilä- umsfeier.

Fotos:Georg J.Lopata

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A2984 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 44⏐⏐2. November 2007

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beiden Ärzteorganisationen, diese Preisverleihung in einem Zweijah- resrhythmus zu einer regelmäßigen Einrichtung zu machen.

Der KBV-Vorsitzende Dr. med.

Andreas Köhler nannte als gemein- same Aufgaben von Bundesärzte- kammer und Kassenärztlicher Bun- desvereinigung die Sicherung einer guten medizinischen Versorgung und die Vertretung der ärztlichen Interessen. Mit Stolz könne die BÄK auf ihre 60-jährige Geschichte zurückschauen. Sie werde von allen gehört, die in der Gesundheitspoli- tik zu entscheiden hätten. Aller- dings werde es ihr immer schwerer gemacht, ihren Aufgaben nachzu- kommen. Eine überbordende Büro- kratie und immer weniger Honorar führten zur Abwanderung vieler Ärzte ins Ausland. Köhler: „Wir müssen dafür sorgen, dass die Ar-

beit des Arztes wieder mit Freude ausgeübt werden kann.“ Seite an Seite würden sich die Bundesärzte- kammer und Kassenärztliche Bun- desvereinigung gegen die weitere Drangsalierung der Ärzte wenden;

es könne nicht hingenommen wer- den, dass die Politik unangenehme Aufgaben auf die Ärzte und deren Selbstverwaltung abwälze. Köhlers abschließender Appell an den Präsi- denten der Bundesärztekammer be- leuchtete ein wenig ironisch auch das nicht durchgängig spannungs- freie Verhältnis der beiden ärztli-

chen Spitzenverbände: „Eine große Bitte: Bleiben Sie nicht immer ein- fach!“

Der Präsident der Jubilarin, Prof.

Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe, nahm Lob und Glückwünsche der Gratulanten selbstbewusst entge- gen. „Die Bundesärztekammer selbst findet sich gar nicht so unbe- deutend. Wir wissen, was wir wert sind.“ Er beschränkte sich in seinem Schlusswort auf einige wenige An-

merkungen zu Fehlentwicklungen im Gesundheitswesen im vergange- nen Jahrzehnt. Der Staat kümmere sich im Gesundheitswesen immer weniger um die Daseinsvorsorge an sich, sondern vielmehr um die Orga- nisation der Finanzausstattung. Mit Rechtsverordnungen greife er zu- nehmend in die Durchführung der medizinischen Prozeduren ein. Da- hinter stecke die Überzeugung, dass man auf dem Wege der Standardi- sierung die Kosten besser in den Griff bekommen könne. Für Hoppe bedeutet dies einen Paradigmen-

wechsel, der sich gegenwärtig im Gesundheitswesen vollzieht. Auch der vielleicht bald schon mögliche Abschluss von Einzelverträgen zwi- schen Krankenkassen und Kranken- häusern stehe beispielhaft für diese Entwicklung. Derjenige, der be- stimmte Prozeduren am billigsten anbiete, bekomme dann den Zu- schlag. „Kollegen fühlen sich zu- nehmend unwohl, weil sie glauben, dass sie ihren ärztlichen Auftrag

nicht mehr so durchführen können, wie sie möchten.“

Der BÄK-Präsident wies auf drei problematische Themenkomplexe hin, die auch in einem von der Po- litik angebotenen Dialog erörtert werden müssten. Als Ergebnis der jahrelangen Kostendämpfung gebe es in Deutschland eine implizite Rationierung. Dies gebe die Politik nicht zu. Aber: „Wir haben sie.

Menschen mit der gleichen Krank- heit werden in Deutschland unter- schiedlich behandelt.“ Dazu kom- me die zunehmende Bevormun- dung des ärztlichen Handelns durch Dritte in Form von Vorschriften, die stetig neu geschrieben, überprüft und evaluiert werden müssten. Über das Geld, das man dafür ausgebe, werde nicht gesprochen. Das Miss- trauen in das Gesundheitswesen all- gemein habe zugenommen und dringe in der Folge mehr und mehr in die individuelle Arzt-Patienten-

Beziehung ein. I

Thomas Gerst Rückblick:Auf 25

Ausstellungstafeln präsentierte die Bun- desärztekammer auf der Jubiläumsfeier einen Rückblick auf ihre 60-jährige Ge- schichte. Die Wan- derausstellung wird noch einige Wochen im Haus der Bundes- ärztekammer zu se- hen sein; danach wird sie bei verschie- denen Landesärzte- kammern gezeigt.

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